Karla
07-12-2010, 21:08
Da mit dem Begriff 'Beweis' mitunter ungenau, missverständlich oder gar fahrlässig umgegangen wird, sollte man hier vielleicht einmal sammeln, was alles unter 'Beweis' verstanden wird.
Ich will damit nicht primär darauf hinaus, dass es nur eine einzig gültige Definition gibt. Denn die gibt es nicht. Jeder hat das Recht, seine eigenen Definitionen aufzustellen.
Wenn man aber miteinander kommunizieren will, sollte man sein eigenes Verständnis von 'Beweis' darlegen, da man ansonsten aneinander vorbeiredet.
Ich selber plädiere für eine Definition von 'Beweis', die sich eingebürgert hat und sowohl in der Wissenschaft als auch im alltäglichen Umgang miteinander für mich funktioniert und Sinn macht.
Dazu dann nachher.
Angeregt zu diesem Thread wurde ich durch diesen Disput hier
Harmageddon Beitrag 23.
Der Begriff 'Beweis' wird sowohl umgangsprachlich als auch wissenschaftlich benutzt.
I.
In der Umgangsprache kann folgender Disput vorkommen:
"A. Du liebst mich nicht mehr.
B. Doch, ich liebe dich noch.
A. Beweis es."
In Schauertragödien kann es nun passieren, dass B sich den Arm abhackt, um seine Liebe 'zu beweisen'.
Ob B das als Beweis annimmt, ist aber offen. Denn die Tat von B kann auch geschehen sein, weil B aus irgendeinem Grund wollte, dass A ihm/ihr glaubt, obwohl in Wirklichkeit keine Liebe mehr vorhanden ist.
Möglich aber ist auch, dass B selber nicht genau weiß, ob es Liebe ist oder nicht. Gefühle - genauso wie Überzeugungen - sind oft oder meist oder immer ambivalent und entziehen sich daher der Beweisbarkeit.
Andererseits kann aber A plötzlich 'verstehen', dass B ihn/sie noch liebt, weil dies an irgendeiner Handlung oder Reaktion für A klar wird.
Ein Beweis ist das zwar - innerhalb meiner Definition - noch immer nicht, aber innerhalb der zwischenmenschlichen Beziehung sind 'Beweise' sowieso nicht der Kitt, der sie ermöglicht.
II.
'Beweis' hängt mit "Faktum', 'Tatsache' zusammen.
Fakten und Tatsachen können bewiesen werden. Aber erst dann, wenn man definiert hat, was ein Fakt oder eine Tatsache ist.
Goethe ist am 28. August 1749 geboren, heißt es, und zwar Mittag Klock zwölf. Ist das ein Fakt?
Wenn man den Gregorianischen Kalender als Definitonsebene benutzt, wenn klar definiert ist, was "geboren" heißt, dann können auch in der Historie Fakten vorkommen.
Wann der Erste Weltkrieg begonnen hat - da hingegen schwanken die Aussagen. Denn "beginnen" ist im Verhältnis zu einem Abstraktum und Sammelbegriff wie "Krieg" nicht eindeutig definierbar.
Noch schwieriger wird es bei der sogenannten Ursachenforschung. Was die Ursache eines geschichtlichen Phänomens ist, ist letztlich nicht festzukopfen, da Geschichtliches mehr oder weniger dahinfließt und das eine das andere bewirkt. Jede Ursache hat eine oder mehrere andere Ursachen, und man muss, will man überhaupt Ursachenforschung betreiben, irgendwo bewusst einen Schnitt ansetzen - mit dem Bewusstsein, dass dieser Schnitt nicht letztgültig ist.
Wann der (tödliche) Schuss von Sarajewo war, hingegen, kann man präzise angeben, weil da die Definitionsebenen ausreichend sind und es genügend Zeugen für den Schuss gab.
III.
ZIemlich sonnenklar ist auch, wenn man entscheiden soll, ob ein Gegenstand ein Stuhl oder ein Tisch ist. Man kann "beweisen", dass Ding X ein Tisch ist, weil man vorher definiert hat, was ein Tisch ist.
Schwierig hingegen wird es dann, wenn zum Beispiel
a. ein Ding vorliegt, dass sowohl an einen Stuhl als auch an einen Tisch erinnert. Dann kann man weder verifizieren, dass das ein Tisch ist noch es falsifizieren.
Man muss neue Definitionen aufstellen.
b. Drogen geniommen hat, in Fieberträumen liegt oder Ähnliches.
Da kann es passieren, dass ein Tisch nicht mehr als Tisch erkannt wird.
Die Definitonsmenge muss also auch das Bewusstsein der beweisenden Person enthalten. Tisch ist nur dann Tisch, wenn der Urteilende den und den Bewusstseinsstand hat.
IY.
Beweis (Logik)
"Allgemein ist ein Beweis die gültige Herleitung der Richtigkeit (Verifikation) oder Unrichtigkeit (Falsifikation) einer Aussage aus wahren Prämissen, das heißt ein förmlicher, sich nur auf als wahr anerkannte Prämissen stützender und zumindest vom Anspruch her über jeden Zweifel erhabener Nachweis dafür, dass die zu beweisende Aussage zutrifft."
://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_%28Logik%29
Diese Definition finde ich - weitgehend - sinnvoll und unterstütze ich.
IY.
Beweis (Rechtswesen)
Den führe ich jetzt erst mal nicht mehr aus, sondern verlinke nur den entsprechenden Wikipedia-Artikel:
://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_%28Rechtswesen%29
Das sind meine ersten Gedanken zu diesem Thema, keine festen Behauptungen, wohl aber für mich erst mal handhabbare Überlegungen.
Wie seht Ihr das?
Ich will damit nicht primär darauf hinaus, dass es nur eine einzig gültige Definition gibt. Denn die gibt es nicht. Jeder hat das Recht, seine eigenen Definitionen aufzustellen.
Wenn man aber miteinander kommunizieren will, sollte man sein eigenes Verständnis von 'Beweis' darlegen, da man ansonsten aneinander vorbeiredet.
Ich selber plädiere für eine Definition von 'Beweis', die sich eingebürgert hat und sowohl in der Wissenschaft als auch im alltäglichen Umgang miteinander für mich funktioniert und Sinn macht.
Dazu dann nachher.
Angeregt zu diesem Thread wurde ich durch diesen Disput hier
Harmageddon Beitrag 23.
Der Begriff 'Beweis' wird sowohl umgangsprachlich als auch wissenschaftlich benutzt.
I.
In der Umgangsprache kann folgender Disput vorkommen:
"A. Du liebst mich nicht mehr.
B. Doch, ich liebe dich noch.
A. Beweis es."
In Schauertragödien kann es nun passieren, dass B sich den Arm abhackt, um seine Liebe 'zu beweisen'.
Ob B das als Beweis annimmt, ist aber offen. Denn die Tat von B kann auch geschehen sein, weil B aus irgendeinem Grund wollte, dass A ihm/ihr glaubt, obwohl in Wirklichkeit keine Liebe mehr vorhanden ist.
Möglich aber ist auch, dass B selber nicht genau weiß, ob es Liebe ist oder nicht. Gefühle - genauso wie Überzeugungen - sind oft oder meist oder immer ambivalent und entziehen sich daher der Beweisbarkeit.
Andererseits kann aber A plötzlich 'verstehen', dass B ihn/sie noch liebt, weil dies an irgendeiner Handlung oder Reaktion für A klar wird.
Ein Beweis ist das zwar - innerhalb meiner Definition - noch immer nicht, aber innerhalb der zwischenmenschlichen Beziehung sind 'Beweise' sowieso nicht der Kitt, der sie ermöglicht.
II.
'Beweis' hängt mit "Faktum', 'Tatsache' zusammen.
Fakten und Tatsachen können bewiesen werden. Aber erst dann, wenn man definiert hat, was ein Fakt oder eine Tatsache ist.
Goethe ist am 28. August 1749 geboren, heißt es, und zwar Mittag Klock zwölf. Ist das ein Fakt?
Wenn man den Gregorianischen Kalender als Definitonsebene benutzt, wenn klar definiert ist, was "geboren" heißt, dann können auch in der Historie Fakten vorkommen.
Wann der Erste Weltkrieg begonnen hat - da hingegen schwanken die Aussagen. Denn "beginnen" ist im Verhältnis zu einem Abstraktum und Sammelbegriff wie "Krieg" nicht eindeutig definierbar.
Noch schwieriger wird es bei der sogenannten Ursachenforschung. Was die Ursache eines geschichtlichen Phänomens ist, ist letztlich nicht festzukopfen, da Geschichtliches mehr oder weniger dahinfließt und das eine das andere bewirkt. Jede Ursache hat eine oder mehrere andere Ursachen, und man muss, will man überhaupt Ursachenforschung betreiben, irgendwo bewusst einen Schnitt ansetzen - mit dem Bewusstsein, dass dieser Schnitt nicht letztgültig ist.
Wann der (tödliche) Schuss von Sarajewo war, hingegen, kann man präzise angeben, weil da die Definitionsebenen ausreichend sind und es genügend Zeugen für den Schuss gab.
III.
ZIemlich sonnenklar ist auch, wenn man entscheiden soll, ob ein Gegenstand ein Stuhl oder ein Tisch ist. Man kann "beweisen", dass Ding X ein Tisch ist, weil man vorher definiert hat, was ein Tisch ist.
Schwierig hingegen wird es dann, wenn zum Beispiel
a. ein Ding vorliegt, dass sowohl an einen Stuhl als auch an einen Tisch erinnert. Dann kann man weder verifizieren, dass das ein Tisch ist noch es falsifizieren.
Man muss neue Definitionen aufstellen.
b. Drogen geniommen hat, in Fieberträumen liegt oder Ähnliches.
Da kann es passieren, dass ein Tisch nicht mehr als Tisch erkannt wird.
Die Definitonsmenge muss also auch das Bewusstsein der beweisenden Person enthalten. Tisch ist nur dann Tisch, wenn der Urteilende den und den Bewusstseinsstand hat.
IY.
Beweis (Logik)
"Allgemein ist ein Beweis die gültige Herleitung der Richtigkeit (Verifikation) oder Unrichtigkeit (Falsifikation) einer Aussage aus wahren Prämissen, das heißt ein förmlicher, sich nur auf als wahr anerkannte Prämissen stützender und zumindest vom Anspruch her über jeden Zweifel erhabener Nachweis dafür, dass die zu beweisende Aussage zutrifft."
://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_%28Logik%29
Diese Definition finde ich - weitgehend - sinnvoll und unterstütze ich.
IY.
Beweis (Rechtswesen)
Den führe ich jetzt erst mal nicht mehr aus, sondern verlinke nur den entsprechenden Wikipedia-Artikel:
://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_%28Rechtswesen%29
Das sind meine ersten Gedanken zu diesem Thema, keine festen Behauptungen, wohl aber für mich erst mal handhabbare Überlegungen.
Wie seht Ihr das?