Einheit vs. Offenheit - Druckversion +- Religionsforum (Forum Religion) (https://religionsforum.de) +-- Forum: Religionen (https://religionsforum.de/forumdisplay.php?fid=26) +--- Forum: fernöstliche Religionen (https://religionsforum.de/forumdisplay.php?fid=9) +--- Thema: Einheit vs. Offenheit (/showthread.php?tid=5053) |
Einheit vs. Offenheit - qilin - 21-12-2010 Von einem Freund bin ich zu dem hier vorgestellten Buch 'Mystik - der wahre Weg zu Gott?' gefragt worden, was denn der Vertreter der Buddhistischen Akademie (ebenfalls ein alter Freund) zu P. Willigis Jäger zu sagen hatte. Ich habe das kurz zusammengefasst, und dann ist mir aufgefallen dass dieses Thema wohl auch hier 'reinpassen würde - da es (neben dem Christentum) Buddhismus und Hinduismus betrifft, stelle ich den Text in keines der Unterforen... Zitat:Franz-Johannes schreibt einen kurzen aber schwergewichtigen Beitrag - er anerkennt prinzipiell Willigis' Zielsetzung, ist aber der Meinung dass sie im Widerspruch zum Buddhismus steht. So schreibt er RE: Einheit vs. Offenheit - t.logemann - 21-12-2010 Hallo qillin, Für mich stellt sich da die Frage, ob Einheit und Offenheit tatsächlich so gegensätzlich sind, das sie sich nicht "unter einen Hut bringen lassen"...? RE: Einheit vs. Offenheit - Theodora - 21-12-2010 Auch Offenheit führt zur Einheit. Die Einheit besteht immer und braucht die Offenheit, sowie die Einheit zur Offenheit führt. RE: Einheit vs. Offenheit - qilin - 21-12-2010 Hm - ich bin da nicht ganz Eins mit mir :icon_wink: Einerseits ist der Gedanke von Advaita bestechend; andererseits - wenn Alles Eins ist; Gut und Böse, Richtig und Unrichtig, Himmel und Hölle - wohin müsste es denn dann noch offen sein :question: Es ist doch p.def. Alles in dem Einen enthalten... RE: Einheit vs. Offenheit - t.logemann - 22-12-2010 Lieber qillin, Was ist Dunkelheit -das Fehlen von Licht oder ein eigenständiger Zustand? Was ist Kälte - das Fehlen von Wärme oder ein eigenständiger Zustand? Was ist Hass - das Fehlen von Liebe oder ein eigenständiger Zustand? Begründet sich die augenscheinliche Dualität nicht eher in der Mangelerscheinung der Einheit? RE: Einheit vs. Offenheit - Schmettermotte - 22-12-2010 Die ersten beiden sind physikalische Tatsachen. Dunkelheit ist das Fehlen von Licht, Kälte das Fehlen von Wärme also Energie. Hass ist eine emotionale Sache, die da nicht reinpasst. Möglicherweise kann man menschliche Emotionen als Kreis betrachten, den man nicht nur zur Hälfte erleben kann und die somit zwangsweise als Einheit auftreten muss, aber das ist Spekulation. RE: Einheit vs. Offenheit - Karla - 22-12-2010 (22-12-2010, 11:01)t.logemann schrieb: Begründet sich die augenscheinliche Dualität nicht eher in der Mangelerscheinung der Einheit? Für mich ist diese Aussage im Moment reine Begriffsspielerei. Ich kann die obige Unterscheidung zwischen "Einheit" und "Offenheit" sehr gut nachvollziehen, sobald sie nicht nur Begrifsspielerei ist, sondern konkrete Folgen für das Verhalten hat. Wer lernen will, nur die "Einheit" in allem zu erkennen, könnte dazu neigen, das Einzelne zu verachten, es gar in sich auszuschalten. Eines allerdings verstehe ich nicht -> (21-12-2010, 11:29)qilin schrieb: In seiner Zielsetzung ist Willigis Jäger somit - philosophisch gesehen - streng platonisch-monistisch Inwiefern soll das Platonische monistisch sein? Es ist doch ganz im Gegenteil dualistisch, hat den Dualismus des abendländischen Denkens geradezu begründet. Das sieht man auch an diesem Satz -> (21-12-2010, 11:29)qilin schrieb: Einheit schließt das Identische ein und das Nichtidentische, die Vielheit, aus. Einheit und Vielheit sind hier einander entgegengesetzt, also liegt hier Dualismus pur vor. Dieser Satz hingegen -> (21-12-2010, 11:29)qilin schrieb: Die Offenheit schließt nichts ein und nichts aus, sie gibt allem Raum, lässt alles zu. verzichtet auf dualistische Gegensätze, wenn ich das richtig sehe. Ersterer - also der, der nach Einheit sucht -, ist immer im Kampf. Im Kampf gegen das Viele, gegen das, was er als Illusion bezeichnet. Er muss immer etwas "abtöten". Allerdings beziehe ich mich bezüglich Buddhismus nur auf das, was oben geschrieben wurde. Ob das so stimmt, ist eine andere Sache. Ich habe Buddhisten kennengelernt, die ebenfalls im Kampf sind, und auch im Kampf gegen die Illusion. Sie wollen eigentlich überhaupt nichts mehr als existent zulassen. Alles und jedes soll als Illusion erkannt werden. RE: Einheit vs. Offenheit - t.logemann - 22-12-2010 Es stellt sich die Frage ob "Einheit" die Vielfältigkeit grundsätzlich ausschliesst? RE: Einheit vs. Offenheit - Karla - 22-12-2010 Das ist eine rein Definitionsfrage von Begriffen. Ich kann die Begriffe so definieren, dass sie quasi synonym sind, ich kann sie so definieren, dass sie einander ausschließen, ich kann sie so definieren, dass sie miteinander vereinbar sind. Geht es um Wahnehmung und Erfahrung, so kann man je nach ideolgoischem Überbau sich so trimmen, dass man nur noch Einheit wahrnimmt, oder man kann sich so trimmen, dass man überall das Offene sieht, oder man kann sich so trimmen, dass man hinter dem Offenen das Einheitliche und hinter dem Einheitlichen das Offene wahrnimmt. Also eine Frage der Selbsterziehung. RE: Einheit vs. Offenheit - qilin - 22-12-2010 (22-12-2010, 11:01)t.logemann schrieb: Was ist Hass - das Fehlen von Liebe oder ein eigenständiger Zustand? Falls es so wäre, würde das doch bedeuten, dass Offenheit nicht sein kann wo Einheit ist - sie sich also nicht 'unter einen Hut bringen lassen', wie Du meintest Vielleicht hilft da Dein Beispiel weiter - Hass ist doch nicht das Fehlen von Liebe, die beiden liegen sehr oft eng beieinander; das Gegenteil beider scheint mir eher Gleichgültigkeit zu sein. Ebenso könnte man das Gegenteil von Einheit und Offenheit etwa Abschottung nennen (ohne eine von beiden so negativ zu sehen wie 'Hass'...) :question: RE: Einheit vs. Offenheit - qilin - 22-12-2010 (22-12-2010, 11:36)Karla schrieb: Wer lernen will, nur die "Einheit" in allem zu erkennen, könnte dazu neigen, das Einzelne zu verachten, es gar in sich auszuschalten. Genau das war ein Hauptvorwurf der Inquisition einem berühmten Monisten gegenüber - Giordano Bruno: "Er bestreitet, dass das individuell Seiende wahrhaft existiert - es existiere zwar, aber nichtig/eitel (vanitas)" - von ihm stammt der Satz "Alles was wirklich ist, ist nichts Anderes als 'die absolute, unendliche Einheit'" - mit dem o.a. Umkehrschluss... Zitat:Inwiefern soll das Platonische monistisch sein? Es ist doch ganz im Gegenteil dualistisch, hat den Dualismus des abendländischen Denkens geradezu begründet. Ich weiß nicht wie weit Franz-Johannes mit der griechischen Philosophie vertraut ist; zweifellos versteht er aber sehr viel von der buddhistischen - Zitat:Allerdings beziehe ich mich bezüglich Buddhismus nur auf das, was oben geschrieben wurde. Ob das so stimmt, ist eine andere Sache. Ich habe Buddhisten kennengelernt, die ebenfalls im Kampf sind, und auch im Kampf gegen die Illusion. Sie wollen eigentlich überhaupt nichts mehr als existent zulassen. Alles und jedes soll als Illusion erkannt werden. Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke in dieser Schärfe auch neu war. Der angestrengte Kampf gegen Illusion, das 'nichts mehr als existent zulassen' scheint mir aber doch auch eher eine neue 'Verhaftung an Vorstellungen' zu sein |