Der neue Atheismus - Druckversion +- Religionsforum (Forum Religion) (https://religionsforum.de) +-- Forum: Verwandtes und Sonstiges (https://religionsforum.de/forumdisplay.php?fid=27) +--- Forum: Atheismus und Agnostizismus (https://religionsforum.de/forumdisplay.php?fid=16) +--- Thema: Der neue Atheismus (/showthread.php?tid=5422) |
Der neue Atheismus - Karla - 18-08-2011 Ich bin vorhin zufällig auf einen Artikel aus der FAZ gestoßen, der gut in die Diskussion über den "neuen Atheismus" einführen kann. Ich bin selber ein wenig erschrocken, weil dieser Artikel meine eigenen Überlegungen teilweise sehr stützt, und das ist sicher auch der Grund, warum ich ihn hier kopiere. Ich habe in der FAZ noch zwei weitere Artikel - direkt zu Dawkins - gefunden, die allerdings auch nicht sehr positiv sind. Eventuell könnte man einen Thread speziell zu Dawkins aufmachen, wo Stellungnahmen zu ihm gesammelt werden könnten. Verfasser dieses Artikels nun ist John Gray. Er wird am Ende des Artikels so vorgestellt: Zitat:John Gray ist einer der bekanntesten britischen Philosophen. Er lehrt an der London School of Economics. Zuletzt erschien „Black Mass: Apocalyptic Religion and the Death of Utopia“. Der Artikel ist 2008 verfasst worden, und inzwischen lehrt Gray dort nicht mehr. Das deutsche und das englische Wikipedia haben je einen Artikel über ihn: *http://de.wikipedia.org/wiki/John_N._Gray *http://en.wikipedia.org/wiki/John_N._Gray Ich zitiere den Artikel stark gekürzt, und zwar erst mal die Hälfte. Der zweite Teil wird dann - ebenfalls stark gekürzt - ein andermal folgen. Er ist im Prinzip eine Vertiefung des ersten Teils, die Diskussion kann also sofort beginnen. Ich schlage vor, dass man in unserer Diskussion mit einem Brainstorming beginnt, also jeder sich Gedanken aus dem Artikel herauspicken kann, die er beleuchten möchte. RE: Der neue Atheismus - Karla - 18-08-2011 Zitat:Was führen die Atheisten im Schilde? RE: Der neue Atheismus - Theodora - 18-08-2011 Beide Positionen, die des Atheismus und Theismus - in ihrer herkömmlichen, normativ-starren Form - erscheinen mir wie leere Gebäude, in dem Nichts und Niemand zu Hause ist. Diese Zuordnungen und rein ideologischen Grabenkämpfe, haben mit der Wirklichkeit des Menschen wenig zu tun. Die ist nämlich "mannigfaltig" und läßt sich mit Definitionen nicht einsperren. Das wäre eine feine Sache, zu behaupten, es gäbe sowas wie: da ist der Atheismus und der Atheist und dort der Theismus und der dazugehörige Gläubige. Wie einfach man sich die Welt stricken kann. Den Strich durch die Rechnung macht dann jeder Mensch mit seinem Ohr, Auge, seinen menschlichen Sinnen, Beziehungen und Erfahrungen im Leben in der Welt. Schon ist jeder Mystiker und das Konstrukt "Ismus", das muß scheitern. Irgendwann. In einer Zeitenwende - und wir befinden uns in einer sehr heftigen -, nimmt das Zufluchtsuchen in eine Gemeinschaft, die Suche nach Sinn und Geborgenheit, nach Welterklärung zu. RE: Der neue Atheismus - Gundi - 18-08-2011 Hallo Karla, ich habe mir den Artikel mal durchgelesen und würde insofern mitgehen, dass Vertreter des "neuen Atheismus" wie Dawkins oder, im deutschsprachigen Raum, Schmidt-Salomon wirklich sehr einseitig und plump an das Thema Religion herangehen und mit ihrer offenen Feindlichkeit vieles der von ihnen als negativ angeklagten Gesichtspunkte der Religionen einfach übernehmen. Schade finde ich es dass der Artikel selbst auch gegen Ende hin in Verallgemeinerungen und Leeraussagen verfällt. Zum Beispiel folgender Ausschnitt: (18-08-2011, 01:20)John Grey schrieb: Weniger Aufmerksamkeit schenkt er der Tatsache, dass einige der brutalsten Verbrechen der neueren Zeit von Regimen verübt werden, die ihre Greueltaten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen begründeten. [...] Hierfür würde ich gerne mal ein Beispiel bekommen, welches Regime ihre Greultaten mit "wissenschaftlichen Erkenntnissen" begründet. Auch das nicht auszurottende Argument Hitlers Verbrechen würden sich auf atheistische Grundsätze beziehen erscheint mir in dieser simplen Form zu einfach. Das dritte Reich war kein religionsfreier Staat. Die Kirche und vor allem auch Gott spielten eine nicht unbedeutende Rolle. (18-08-2011, 01:20)John Grey schrieb: Dass die Verbrechen der Nationalsozialisten etwas mit Atheismus zu tun haben könnten, wird von Dawkins bestritten. „Entscheidend ist nicht“, erklärt er in „Der Gotteswahn“, „ob Hitler und Stalin Atheisten waren, sondern ob der Atheismus systematisch Menschen dazu bringt, Schlimmes zu tun. Dafür gibt es nicht den geringsten Beweis.“ Das ist naiv. Hitler, ein großer Freund der Wissenschaften, war tief beeindruckt von einem vulgarisierten Darwinismus und der Eugenik, die aus dem Materialismus der Aufklärung hervorgegangen waren. RE: Der neue Atheismus - Karla - 18-08-2011 Hallo Gundi, die Zitate lässt Du unter meinem Namen laufen, bitte ändere das, sei so lieb. Ich habe sie nicht geschrieben. Der Autor ist John Gray. Nachtrag. Super. Danke. RE: Der neue Atheismus - Ekkard - 18-08-2011 A- und Theismus oder genauer Weltanschauungen spiegeln das Wesen des Menschen als Rudel"tier" wider. Die einzelnen Ausprägungen, oben -Ismen genannt, sind normalverteilte individuelle Teilansichten, die zwischen Herrschenden und Beherrschten, Zufriedenen und Frustrierten, Gaunern und Moralisten, Wissenschaftlern und Laien in einer Gesellschaft differenzieren. Wenn man den Artikel so liest, scheinen die einzelnen Ismen darauf aus zu sein, Anhänger zu rekrutieren. Und in der Tat, Menschen in stabilen, Gesellschaften mit verlässlichen Ansichten sind stark im Vorteil und rufen eine Gegenbewegung hervor. So darf mit einiger Berechtigung erwartet werden, dass ein überbetontes Laissez-faire! zu einer strengeren Gangart führt oder eine betont strenge theistische Religion zu einem gegenteiligen Gesellschaftsmodell - Atheismus, der Einfachheit halber. Meines Erachtens besteht kein Grund, die eigene Weltanschauung ständig zu wechseln, und darin bestärken mich die bisher gelesenen Ausführungen des zitierten Artikels. Quasi das Gegenteil erscheint mir der rechte Weg zu sein: Integration nach dem Paulus-Motto: Prüfet alles und behaltet das Beste (für das Leben im jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld). RE: Der neue Atheismus - David - 18-08-2011 der artikel wird den autoren die in ihm herablassend kritisiert werden nicht gerecht. ich muss sagen dass dawkins "god delusion" keine grossartigen neuen ideen enthält, grösstenteils aus polemik besteht und seine populärwissenschaftlichen werke sehr viel besser sind, aber die argumente, mit denen grey seine thesen stuetzt sind ebenso abgegriffen wie oft widerlegt. atheismus fuert nicht unbedingt zu verstössen gegen humes gesetz. RE: Der neue Atheismus - David - 18-08-2011 die ausschnitte, die du zitiert hast enthalten die drei standartargumente "atheismus ist auch nur eine religion" "dawkins etc. mögen von wissenschaft eine ahnung haben, aus der theologie sollen sie sich raushalten" und "hitler, stalin, mao etc waren atheisten -> der atheismus ist böse" RE: Der neue Atheismus - petronius - 19-08-2011 (18-08-2011, 01:16)Karla schrieb: Ich zitiere den Artikel stark gekürzt, und zwar erst mal die Hälfte. Der zweite Teil wird dann - ebenfalls stark gekürzt - ein andermal folgen. Er ist im Prinzip eine Vertiefung des ersten Teils, die Diskussion kann also sofort beginnen ich antworte stark gekürzt und picke mir dazu folgendes heraus: "Der eifernde Atheismus reproduziert einige der übelsten Eigenschaften von Christentum und Islam" meine meinung: dieser hr. gray ist ein weiterer paranoider strohmannbauer, nichts weiter o ja, ich seh sie vor mir, die bluttriefenden kreuzzüge der atheisten, die lodernden scheiterhaufen, auf denen atheisten ihre dissidenten verbrennen, die dschihadistischen terrormassaker im namen des atheismus, um endlich an den biervulkan zu kommen... sorry, ich kann solche unkenrufer nicht ernst nehmen. es gibt diesen herbeifantasierten "neuen atheismus" schlicht nicht RE: Der neue Atheismus - Gundi - 19-08-2011 Man muss nicht gleich auf Scheiterhaufen und Kreuzzüge schließen, wenn man dem Atheismus einen missionarische Eifer unterstellt. Nach deiner Argumentation ist auch das Christentum heute nicht mehr "angreifbar", da es weder Terror, noch Verbrennungen und Kreuzzüge durchführt. Was aber zweifelsohne besteht, ist der Versuch von einigen Vetretern des sogenannten "neuen Atheismus" Religion aufgrund einiger schlechter Dinge als negativ im Generellen abzustempeln. Ob du das nun als Strohmann siehst oder als Tatsache ist hierbei zweitrangig. RE: Der neue Atheismus - petronius - 19-08-2011 (19-08-2011, 12:52)Gundi schrieb: Man muss nicht gleich auf Scheiterhaufen und Kreuzzüge schließen, wenn man dem Atheismus einen missionarische Eifer unterstellt nein, aber wenn man diesen "missionarischen eifer" und auch sonst so einiges mit dem der religionen gleichsetzt (19-08-2011, 12:52)Gundi schrieb: Nach deiner Argumentation ist auch das Christentum heute nicht mehr "angreifbar", da es weder Terror, noch Verbrennungen und Kreuzzüge durchführt selbstverständlich weswegen sollte man es auch angreifen, wenn es sich nichts zuschulden kommen ließe? wo es dies aber tut, wird man darauf hinweisen dürfen, ja müssen (19-08-2011, 12:52)Gundi schrieb: . was ihnen als privatmeinung ebenso zusteht wie auch religiösen, die z.b. nichtgläubigen per se keine moralische basis (weil ohne gott) zugestehen und man wird beide für ihre verallgemeinerungen kritisieren dürfen, ja müssen (19-08-2011, 12:52)Gundi schrieb: Ob du das nun als Strohmann siehst oder als Tatsache ist hierbei zweitrangig. erstrangig ist, daß es diesen weltverschwörerisch postulierten totalitären atheismus nicht gibt RE: Der neue Atheismus - Romero - 19-08-2011 Das Problem ist hier, dass sehr vielen Gläubigen - und das liegt in der Natur ihres Glaubens - selbst sachliche Gegenargumente oft als persönliche Angriffe aufgefasst werden. Für viele ist ihr persönlicher Glaube endgültig und unanfechtbar (auch für andere, obwohl persönlich), sie möchten ihn mit der Welt teilen und sind dann schockiert, dass es noch andere - verbotene- Ansichten gibt, bzw. diese so offen kommuniziert werden, wo man sich doch schämen sollte, wenn man kein "wahrer Gläubiger" ist. Das ist nicht nur bei sogenannten religiösen Fanatikern zu beobachten. Wir hatten das hier im Forum in der Vergangenheit ja auch schon öfter. Diese Gläubigen empfinden Argumentation für den Atheismus als extrem aggressive Mission gegen ihren wahren Glauben, und geben sich dann der Vorstellung hin, es existiere eine atheistische Organisation, mit dem Ziel, die Welt zum Atheismus zu bekehren (natürlich denken sie so - das Muster kenne sie ja aus der eigenen Religion). Und da aggressive Bekehrung ja erfahrungsgemäss funktionieren kann, haben viele Gläubige Angst vor so einem militanten "neuen Atheismus", der aber de facto gar nicht existent ist - er ist vielmehr ein Postulat verunsicherter Gläubiger, die sich damit einen neuen gemeinsamen "Feind" schaffen, der sie zusammenschweissen soll. Quasi der Teufel Version 2.0 RE: Der neue Atheismus - Mustafa - 19-08-2011 Ein Merkmal der "neuen Atheisten" ist neben ihrer Wissenschaftsgläubigkeit auch die feste Überzeugung, dass ihre Argumente immer nur sachlich gehaltene Fakten auf Basis wissenschaftlicher Arbeit darstellen. RE: Der neue Atheismus - Romero - 20-08-2011 Was sowohl bei "alten", als auch bei "neuen" Atheisten weitaus häufiger tatsächlich der Fall ist, als bei Gläubigen. RE: Der neue Atheismus - Mustafa - 20-08-2011 Bei den "alten" nicht unbedingt. Die waren sich noch der Un-Göttlichkeit von Wissenschaft und Logik bewusst. *g* |