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Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Druckversion

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RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Bezogen auf das Christentum benennt Wikipedia drei Bedeutungen:

Zitat:Im Neuen Testament gibt es drei griechische Wörter, die mit heilig übersetzt werden:
1. ἅγιος – hagios – die Übersetzung des hebräischen qadosch in der Septuaginta, im Lateinischen dann mit sanctus übersetzt. Es ist mit Abstand der häufigste der drei Begriffe im Neuen Testament. Diese Bezeichnung wird für den Heiligen Geist gebraucht, für die Heiligen (die, die Jesus Christus ihren Herrn nennen), damit sind nicht die gesetzlich Frommen gemeint, sondern die von Gott Berufenen.
2. ὅσιος – hosios – die Übersetzung des hebräischen chasid in der Septuaginta. Mit chasid oder hosios wird der bezeichnet, der gemäß den göttlichen Geboten handelt – die Heiligung des Lebenswandels fällt unter diesen Begriff.
3. ἱερός – hieros – im Lateinischen dann mit sacer übersetzt. Das, was der göttlichen Macht gehört oder von ihr erfüllt ist – der Gegensatz zu hieros ist profan.



RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Ekkard - 09-09-2012

Jo! Das, was ich unter dem Wort "heilig" in "Heilige Schrift" verstehe, kommt der Nr. 3 recht nahe. Nur sehe ich die Lage noch sachlicher: "Dem Göttlichen zugeordnet" (also höchtens in Gedanken "erfüllt").
Für mich ist eine "Heilige Schrift" einfach eine "sakrale Schrift" im Gegensatz zu einer profanen, weltlichen.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Univers - 09-09-2012

(09-09-2012, 09:47)Ekkard schrieb: Für mich ist eine "Heilige Schrift" einfach eine "sakrale Schrift" im Gegensatz zu einer profanen, weltlichen.

Kann jeder so sehen, wenn er das will, doch worin der Unterschied zwischen einer als "heilig" bezeichneten Schrift und zum Beispiel einem Roman liegt, ist hiermit immer noch nicht vollzogen worden. Die Ansicht liegt immer noch auf der personenbezogenen bzw. persönlichen Heiligkeit.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Natürlich muss man ein Bezugssystem herstellen - für wen ist es heilig (und warum)? wer bestimmt die Heiligkeit eines Textes?

In Bezug auf profane Literatur (etwa den Don Quixotte oder den Ulysses) ist "heilig" im übertragenen Sinne zu verstehen, etwa so wie die Bedeutung des Begriffes "grün" im Sinne von "noch nicht reif" vom ursprünglichen Bezugssystem "Früchte" auch auf Menschen übertragen werden kann ("grün sein hinter den Ohren").


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Ekkard - 09-09-2012

Ein Roman hat bestenfalls einige begeisterte Leser, ein Buch für den Gottesdienstgebrauch, ein Glaubensbuch ist er deshalb nicht.

Ich meine, du gehst die Frage zu kompliziert, weil (wahrscheinlich) inhaltlich an.
Die Bibel ist das Glaubensbuch der Christenheit, der Koran das des Islam und die Thora das des Judentums. Es ist einfach eine gängige Zuordnung. Natürlich geht das Verhalten im Einzelnen/Verhältnis des Einzelnen darüber hinaus (u. U. weit).


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Also für mich sind bestimmte "profane" literarische Werke schon "heilig", etwa die Texte von Rilke oder von T. S. Eliot. Bibel und Koran dagegen nicht. Dann schon eher das Dau De Dsching.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Ekkard - 09-09-2012

Das kann ja sein, ist aber eine inhalts- und personenbezogene Heiligkeit. Man lässt gewissermaßen auf diese Texte "nichts kommen" (nichts Negatives, Kritisches).

Gleichwohl werden sie nicht als Glaubensgrundlage einer Glaubensgemeinschaft verwendet. Der Rahmen ist einfach die größere Gesellschaft (gleichartig) Glaubender.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Nein, es geht um mehr - gerade bei Don Quichotte und Ulysses oder Shakespeares Dramen. Diese Texte haben neue Horizonte eröffnet, die Welt war danach anders als zuvor. Sie spiegeln essentielle und existentielle Wahrheiten wider und haben gleichzeitig neue Formen geschaffen. Dies macht sie heilig. Und natürlich sind sie für bestimmte Menschengruppen, etwa Literatur- und Sprachwissenschaftler, eine Art Bibel.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Lelinda - 09-09-2012

(09-09-2012, 09:26)Univers schrieb: Mit dem richtigen Vertrauen alles schaffen zu können, wird von manchen sehr scharf kritisiert. Einer der vielen Gründe dafür liegt darin, dass ein Vertrauen vorliegt und trotzdem nicht erreicht wird, was erwünscht war.

Ich behaupte ja nicht, dass es funktioniert! Ich halte das für einen folgenschweren Irrtum (sei es von Jesus oder von den Urchristen). Und es hat sicher schon etliche Leute gegeben, z.B. kranke Kinder, die ernsthaft geglaubt haben, dass man sich gesundbeten oder -glauben könnte und dann furchtbar enttäuscht wurden.

Trotzdem ist das in meinen Augen die Aussage der Über-Wasser-Gehen-Geschichte. Eine falsche Aussage, die aber anscheinend geglaubt wurde. Was natürlich bedeutet, dass dann derjenige, der nicht gesund würde oder zumindest nicht erreicht, was er wollte, nicht genug glauben würde - was Jesus in den Evangelien ja dauernd behauptet.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - Lelinda - 09-09-2012

Der Unterschied zwischen Büchern wie Bibel, Koran, Thora usw. und anspruchsvoller Science fiction-Literatur wie "Herr der Ringe", in der es ebenfalls um Gut und Böse und um metaphysische Dinge geht, ist doch ganz einfach:

Bei Literatur gibt der Autor von Anfang an zu, dass es sich nur um eine Erfindung handelt, mögen die pseudo-religiösen "Wahrheiten" und mystischen Figuren auch noch so gut und glaubwürdig ausgearbeitet sein. Es mag etliche Fan-Clubs geben, aber niemand behauptet ernsthaft, die Geschichten hätten irgendeinen Bezug zur Wirklichkeit. Es ist erlaubt, ohne schlechtes Gewissen über Charakter und Handlungen der Romanfiguren zu diskutieren.

Bei den obengenannten religiösen Schriften ist es umgekehrt: Da wird von den Autoren behauptet, es handele sich um göttliche Offenbarungen, und jeder, der daran zweifelt, muss zumindest seine Loyalität hinterfragen oder gilt sofort als Ungläubiger. Diskussionen über die Glaubwürdigkeit werden entweder gar nicht oder nur zögernd zugelassen. Und wer über die darin beschriebenen Taten einer als heilig geltenden Person diskutiert, wird von vielen Strenggläubigen in die Schranken verwiesen.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - indymaya - 09-09-2012

(09-09-2012, 11:48)Lelinda schrieb: Der Unterschied zwischen Büchern wie Bibel, Koran, Thora usw. und anspruchsvoller Science fiction-Literatur wie "Herr der Ringe",

Gott ist heilig. Bücher nicht, nur das Wort Gottes in ihnen.
Der Mensch muß erkennen, ob es sich um Gottes Wort, Harry Potter oder satanische Verse handelt.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Steht in den meisten Fällen auf dem Buchtitel.
Gottes Wort? Kann Gott sprechen?


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - indymaya - 09-09-2012

(09-09-2012, 17:41)schmalhans schrieb: Steht in den meisten Fällen auf dem Buchtitel.
Gottes Wort? Kann Gott sprechen?
Gott ist für Menschen "Geist", kannst Du denken?


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - schmalhans - 09-09-2012

Ja, deshalb sehe ich keine Geister oder andere Gespenster.


RE: Brauchen wir h e i l i g e Schriften ? - indymaya - 09-09-2012

(09-09-2012, 17:46)schmalhans schrieb: Ja, deshalb sehe ich keine Geister oder andere Gespenster.
Deshalb singt man auch: "Die Gedanken sind frei...", weil man sie nicht sehen kann, sind aber trotzdem keine Gespenster.