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Ockhams Rasiermesser
#16
(19-12-2015, 01:23)Edwin schrieb: Edwin schrieb:

Verantwortungsvolles Handeln kann, meines Erachtens, auch ohne eine höhere Instantz bzw. außermenschliche Referenz stattfinden. Das beweisen täglich, verantwortungsvoll handelnde Atheisten. Moral hat seinen Ursprung nicht in der Religion. Die Religion bedient sich der Moral. (In gewissen Punkten han man die Religion aber dann auch benutzt um Moral zu verankern, keine Frage).

Dem ersten Teil würde ich zustimmen.  Man muss zudem feststellen, dass es sicher viele Ungläubige gibt, die moralisch besser handeln als manche Gläubige. Die Frage ist also vielmehr, ob Religion  und moralisches Handeln nicht den gleichen Ursprung haben.

Zitat:Aristoteles bezeichnete den Mensch ja als "zoon poltikon" also ein Gesellschaftstier um es mal grob zu übersetzen. Moral ist notwendig da wir gesellige (soziale) Tiere sind um die Gruppe zusammen zu halten.
Insofern ist es nicht verwunderlich dass auch andere soziale Tiere soetwas wie Moral entwickelt haben. Da kann man sich fragen ob ein Eisbär (als Einzelgämger) eine Moral braucht?
Aber auf welche Gruppe bezieht sich gesellschaftliches Handeln und handelt die Gruppe in sich nicht gegen andere Gruppen unsozial, handelt sie gar bewusst sozial nur innerhalb der eigenen Gruppe und reagiert sie auf andere Gruppen ablehnend, da dies die Gruppenidentität stärkt, im gleichen Maße wie das solidarische Handeln innerhalb der Gruppe diese stärkt.
In der Frühzeit der Menschen  hatte man ein ausgeprägtes Stammesdenken. "Zoon politikon" setzte sich im  sozialen Verhalten innerhalb der eigenen Gruppe um. Die ersten Götter waren auch immer Stammesgötter, die ihre schützende Hand über die eigene Sippe hielten. Der Monotheismus war auch nicht frei davon: Das Judentum und seine persönliche Bindung an den einen Gott, der die Juden zum "auserwählten Volk" erklärte. Später Christus, der ebenfalls betonte, nur zu den verlorenen Schafen Israels gesandt worden zu sein (siehe Mt 15,24) und eben keinen Bund mit der ganzen Welt machte, sondern den Bund mit Israel (Siehe Jeremia 31,31). Zwar zeigt die weitere Beschreibung des Gesprächs zwischen Jesus und der kananäischen Frau, dass Gottes Barmherzigkeit nicht von einem Bund abhängig ist, aber zumindest betont Christus, zu wem er gesandt wurde. Der Wechsel von Religion zu Politik zeigt sich aber auch sehr deutlich, wenn wir uns die heutige Flüchtlingsproblematik ansehen. Ich habe unzählige Gespräche mit Katholiken geführt. Von Gottes Barmherzigkeit ist dort kaum was zu spüren. Man könnte fast glauben, diese Leute denken Gott wäre zu uns Deutschen geschickt worden und Jesus müsse erst einmal einen Asylantrag stellen. Gut, dass es auch viele Katholiken gibt, die sich offen für Flüchtlinge zeigen, ist ein anderes Thema, für viele sehr traditionelle geht es bei Kirche aber mehr um einen Kulturkampf als um Nächstenliebe (ein Grund übrigens, warum ich vom Katholizismus zum Islam konvertiert bin).
Es ist also irgendwie so, dass "zoon politikon" sich immer auf eine bestimmte Gruppe konzentriert und der gruppenübergreifende Gedanke fehlt. Den braucht aber eine Moral, wenn sie diese menschelnde Begrenztheit überwinden will: Daher glaube ich, dass ein Gott, der hinter den kulturellen Schablonen steht, jener ist, dem die wahre Moral entspringt.
Zitat:Ich glaube aber auch, dass es auch ohne dieses Konstrukt möglich ist eine humane Gesellschaf durch verantwortungsvolles Handeln zu errichten.(aus Erkenntnis über die Folgen des eigenen Handelns, sich selbst, der Gesellschaft und der Umwelt gegenüber).

Bisweilen sehe ich in unser Gesellschaft eher eine gegenteilige Entwicklung. Sogar in den großen Kirchen ist erkennbar, dass der Gedanke, gegenüber Gott in Pflichten zu stehen, für viele mindestens genauso absurd geworden ist wie der Gedanke, gegenüber der Gesellschaft und dem Nächsten in Pflichten zu stehen. Dabei sollte es hier eine Einheit zwischen Staat, Gesellschaft und Individuum geben: durch die Pflichten gegenüber Gott erfüllt man auch die Pflichten gegenüber seinem Nächsten.
Das ist auch ein Gedanke des Naturrechts, den die Kirche aber - zumindest hat es den Anschein - fallen gelassen hat, weil sie sich seit geraumer Zeit eher bemüht, sich nicht nach dem Wort Gottes auszurichten, sondern ihre Positionen mit der Gesellschaft abzugleichen, um ihrem Mitgliederschwund entgegen zu wirken.
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#17
Zitat:Ekkard schrieb:
Das wäre mir neu?!

Demokratisch ist hier vielleicht das falsche Wort gewesen, aber Dogma wird oft missverstanden. Ein Dogma ist im Grunde ein Glaubenssatz, den die Kirche schon immer geglaubt hat. Da man in der Kirche davon ausgeht, dass die Gesamtheit der Gläubigen nicht irren kann, wird die Bestätigung eines Dogmas durch den Papst als unfehlbar betrachtet, sofern der Papst mit der Überzeugung bestätigt, dass er "ex cathedra" handelt. Ein Dogma ist also die Bekräftigung eines schon immer geglaubten Glaubensinhaltes.

Manche Menschen haben die falsche Vorstellung, dass der Papst quasi absolutistischer Alleinherrscher wäre und munter Dogmen erlassen könnte, wie er wollte. Tatsächlich geht aber einem solchen Dogma eine umfassende Prüfung voraus: Es werden alle päpstliche Universitäten, alle Bischöfe, Kardinäle, Bistümer usw usf befragt, um herauszubekommen, ob ein Glaubensinhalt wirklich von allen - bzw. der Mehrheit aller - Katholiken geglaubt wird, nur dann kann dieser Glaubensinhalt Dogma sein. Ein Dogma ist aber auch eine zeitbedingte Form für einen angeblich zeitlosen Inhalt.

Deswegen gibt es auch relativ wenige Dogmen und die Päpste tun sich auch sehr schwer damit, Dogmen zu deklarieren. Damit steht die Kirche natürlich vor der Frage, was mit den päpstlichen Entscheidungen ist, die gesetzt wurden, bevor die Idee des Dogmas in der Kirche aufkam und zur Lehre der Kirche wurde.

Andere Probleme sind: die meisten der Gläubigen glaubt oft an die Grundfeste des Glaubens nicht mehr. Eine heutige Prüfung, welche Glaubensinhalte noch von allen Gläubigen geglaubt werden, könnte zu interessanten Ergebnissen führen. Außerdem stellt sich die Frage, wie ehrlich der Glaube doch ist, die Kirche hat - und besonders seit dem 2. Vatikanum - die Katechese sehr betont: die Eingliederung des Menschen in die Kirche verbunden mit der Vermittlung der Glaubensinhalte. Dazu kommt, dass das Gewissen in der Kirche zwar als Stimme Gottes definiert wird, aber doch an den Normen der Kirche geprägt werden soll: Die Kirche prägt und lehrt das Individuum im Sinne ihrer Dogmen und versucht den Einzelmaßstab an die Norm anzupassen, glaubt aber dann, an der "individuellen" Glaubenshaltung, die sie vorher geprägt hat, die Bestätigung für ihr eigenes Glaubensbild ableiten zu können. Das ist in sich natürlich absurd.

Zitat:Umgekehrt führt aber autoritäres Gehabe noch weniger zum Ziel einer lebenswerten Gesellschaft.

Das hängt m.E. mit der Frage zusammen, auf welche Autorität sich jemand beruft. Die Demokratie, die Wissenschaftlichkeit, den Zeitgeist? Oder andere.

Zitat:Öhm; wo kommt denn diese umwerfende Erkenntnis her? Du beschreibst hier und in den nicht zitierten Teilen kirchliches Gebaren, das den historischen Erfahrungen völlig widerspricht.

Sicher, das ist ja ein Grundproblem der Kirche: dass sie keine Einheit darstellt, sondern heute Positionen vertritt, die nicht nur der Geschichte, sondern auch dem früher Geglaubten widersprechen. Der Grund ist erklärbar: die Kirche versucht, in der westlichen Welt irgendwie zu überleben. Das tut sie aber nicht, indem sie ihr Lebensmodell als eine gültige Alternative zum materialistischen Mainstream verkauft, sondern indem sie um Kompatibilität mit den säkularen Entwicklungen ringt. Das Feigenblatt der persönlichen Gottesbeziehung ohne eine wirkliche Katechese, wie eine Glaubensbeziehung wirklich gelebt werden kann, trägt hier eine Mitverantwortung: wenn die Menschen aufhören zu beten, verlieren sie die Basis.
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#18
(19-12-2015, 08:42)Abraham schrieb:
Zitat:Ekkard schrieb:
Das wäre mir neu?!

Demokratisch ist hier vielleicht das falsche Wort gewesen, aber Dogma wird oft missverstanden. Ein Dogma ist im Grunde ein Glaubenssatz, den die Kirche schon immer geglaubt hat. Da man in der Kirche davon ausgeht, dass die Gesamtheit der Gläubigen nicht irren kann, wird die Bestätigung eines Dogmas durch den Papst als unfehlbar betrachtet, sofern der Papst mit der Überzeugung bestätigt, dass er "ex cathedra" handelt. Ein Dogma ist also die Bekräftigung eines schon immer geglaubten Glaubensinhaltes.

Dogma (δόγμα = Meinung, von δοκεῖν = scheinen) ist seinem ursprünglichen Wortsinn nach das, was als richtig erscheint (als richtig erkannt wird).

Der Begriff hat eine erhebliche Bedeutungsbreite und in seiner Wortgeschichte häufig Sinnverschiebungen erfahren.

In biblischer Verwendung ist der Begriff "Dogma" mehrdeutig. In 4 Makk 4,23 steht "Dogma" für Verordnung. Im NT werden kaiserliche Edikte (Lk 2,1; Apg 17,7) ebenso "Dogma" genannt wie die Satzungen der Tora (Eph 2,15: Kol 2,14.21).

In frühkirchlichen Dokumenten steht es - ohne tiefere Bedeutung – vielfach für jedwede "Lehre" (beispielsweise in einem Brief Gregors I. zur "verkehrten Lehre des Arius" …perversum Arii dogma…).

Wenn man Dogma heute mit "durch die Gesamtheit der Kirche getragene und in Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist als richtig erkannte, unabänderliche Glaubenssätze" definiert, hat das einen Schönheitsfehler, nämlich den, dass es beim Zustandekommen von Dogmen immer wieder auch zu Kirchenspaltungen gekommen war und dass es - insbesondere in frühchristlicher Zeit - eine Vielzahl christlicher Gruppierungen mit erheblich unterschiedlichen Glaubensvorstellungen gab.

Die "Gesamtheit der Kirche" war also immer jene Gruppe, die sich – oft auch mit Hilfe der Staatsmacht - durchgesetzt hatte.
MfG B.
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#19
Interessant ist, dass die "päpstliche Unfehlbarkeit", die mit dem Dogma in Verbindung steht, selbst ein Dogma ist, das erst 1870 (1. Vatikanisches Konzil) bestätigt wurde. Meine Mutmaßung ist, dass man in der unsicheren Zeit eine Möglichkeit finden wollte, wie man die zentralen Punkte des Glaubens verbindlich und gültig festhalten kann. Das scheint mir allerdings unmöglich zu sein, wenn man dem Grundsatz "Gottes Wort in Menschen Wort" folgt und die Schrift generell für interpretationsbedürftig hält. Dann ist man im wissenschaftlichen Diskurs verfangen. Das war auch ein Kritikpunkt an der kritisch-historischen Exegese: dass sie kein Argument des Glaubens über sich akzeptieren kann, sondern - was in ihrer Natur der Sache liegt - zwangsläufig die wissenschaftliche Analytik als den relevanten Bezugspunkt sehen muss, ich glaube Ratzinger hatte diese Kritik vorgebracht. Womit eben das passiert, was passieren muss: der Glaube wird zerlegt und entzieht sich der eigenen Basis. Dann hilft allerdings auch kein Dogma mehr, weil die Gläubigen längst den kulturell-historischen Blick auf den Glauben haben und damit gar nicht mehr darin vertrauen können, dass was sie lesen Wort Gottes ist. Die Spaltungen sind letztlich ein gutes Beispiel für dieses Problem.
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#20
Hallo Edwin,
ich komme nochmals auf dein Statement zurück:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Ursprünglich ist das "verantwortungsvolle Handeln" aber kein Thema der Religion. das wurde sie erst im Laufe der Zeit als man moralische Vorstellungen religiös fundamentiert hat.
Ich hatte dem widersprochen. Religion hat zwei Aufgaben: Zum Einen soll sie die Schicksalsmächte besänftigen, zum Anderen die Gemeinschaft fördern. Ich sehe keine davon lösbare Position der Moral, die vorher schon da gewesen sein könnte. Vor allem: Vor was? Vielleicht ist das aber auch eine Diskussion um „Huhn oder Ei“? Und wir können die Positionen so stehen lassen.

(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: (Dass) religiöses Denken und moralisches Denken eigentlich getrennte Phänomene sind, auch wenn sie zusammen eine besondere Wirkung zeigen.
Ja, stimmt. Das sind die beiden zuvor genannten „Aufgaben“.

(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Jedoch verkennst du offensichtlich, dass auch Moral Wissenschaft ist. Naturwissen in höchster Ausprägung!
Ja, ja, man kann über Ethik sehr viel wissen. Dasselbe gilt für Literatur, Musik, Kunst oder Mathematik. Aber wir müssen uns darauf verständigen, dass diese Art Wissen keine Wissenschaft ist. Wissenschaft ist Methodenlehre, nicht das Wissen selbst. Und für Religion gilt dasselbe. Was man mit religiösem Wissen hat, ist keine Sachkunde, sondern Deutungskunde, Wertvorstellung, allgemeiner: Sollenskunde, Gemeinschaftskunde.

Sinn und Bedeutung …
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Letzteres ist ja nunmal Wissenschaft, und Tradition heißt nichts anderes als Glauben und Wissen über Generationen weiterzugeben. Dabei kann also auch Wissen und Glauben weitergegeben werden, welche womöglich gottfrei (nicht religiös) sind. Somit kann man Tradition auch nicht zwangsläufig mit Religion gleichsetzen! immer Vorausgesetzt Religion hat noch einen Gottbezug.
Ich verwende den Begriff „Wissenschaft“ ganz anders, nämlich allein auf der Sachebene, also mehr im Sinne von Naturwissenschaft: Dinge und Eigenschaften, die man empirisch, experimentell, messend an Sachen und nicht an Meinungen und Vorstellungen fest machen kann. Zweifellos kann man über soziale Zusammenhänge, über den Wert der (Nächsten-)Liebe, über die Wertmaßstäbe ganzer Gesellschaften, über Mythologie usw. sehr viel wissen. Aber im Sinne einer sachorientierten Methodenlehre ist das keine Wissenschaft. Es sind u. U. detaillierte, durchaus wertvolle Kenntnisse. Deswegen hat nach meiner Meinung Religion auch nichts mit Wissenschaft (i. S. von Sachwissen schaffen) zu tun.

Jetzt zu dem, was ich als „unausrottbaren Unsinn“ bezeichnet hatte:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Letztlich ist Gott, …, ein geistiges Konstrukt für die geistige Begrenztheit oder, mal provokant formuliert, ein Begriff für die geistige Kapitulation bei bestimmten Fragestellungen (Ursprung, Sinn etc.)! (soll nicht negativ klingen, man muss halt seine Grenzen kennen)^^
Ekkard schrieb:Das ist leider jener unausrottbare Unsinn, der stets verbreitet wird, aber falsch ist und im Grund Ursache für diesen Thread. Die „Verantwortung vor Gott“ ist so gut wie jede Art sozialen Gewissens. Denn sowohl die Tradition als auch (atheistischer) Humanismus hinterfragen die Art der Gesellschaft, in der wir leben wollen. Die Tradition tut dies in Form von Regeln (Du sollst …) und Gleichnissen. Ohne Gottesbezug geht das genauso mit Grundgesetz und Gesetzbüchern sowie Gerichtsentscheidungen.
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: ich kann deinen Ausführungen nicht ganz folgen um zu dem Schluss zu kommen das es "Unsinn" sei!
Ein Philosoph meinte mal, wenn es Gott nicht schon gäbe müsste man ihn erfinden. ich meine er wurde erfunden, eben als das beschriebene Konstrukt. Ich persönlich empfinde die Entwicklung der Antwort Gott als einen hochkreativen und schöpferischen Akt menschlichen Denkens. Dadurch wurde es möglich Antworten auf Fragen zu erhalten welche nicht beantworten werden konnten (auch irgendwann auf moralische Fragen). Ein genialer Akt!
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Ich kann darin keinen Unsinn erkennen grad. Bitte kläre mich dahingehend nochmal auf, ich möchte natürlich keinen Unsinn verbreiten und lasse mich gerne belehren.
Der „Unsinn“ bezog sich auf das „geistiges Konstrukt für die geistige Begrenztheit oder … ein Begriff für die geistige Kapitulation". Das Gemeinschaftswesen Mensch folgt in seiner Gesellschaft deren Normen, die er (sie) als Gewissen verinnerlicht. Da gibt es keine „Kapitulation“ vor „gewissen Fragestellungen“. Das Einzige, was unter moderner Sicht unverständlich wirkt, sind die alten (z. B. christlichen) Mythen.
Ich denke auch, dass der Glaube (buchstäblich) keine Fragen beantwortet, sondern Wertvorstellungen setzt. Transportmittel sind Mythen (also Gottesgeschichten, Gleichnisse, biblische Literatur). Der häufigste Fehler ist die Wörtlichnahme solcher alten Texte. Eigentlich sind sie die Aufforderung, über das eigene Tun Rechenschaft abzulegen.
Soweit die Mythen angeblich Fragen beantworten (sollen), werden sie unsinnig interpretiert.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#21
(20-12-2015, 01:52)Ekkard schrieb:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Ursprünglich ist das "verantwortungsvolle Handeln" aber kein Thema der Religion. das wurde sie erst im Laufe der Zeit als man moralische Vorstellungen religiös fundamentiert hat.
Ich hatte dem widersprochen. Religion hat zwei Aufgaben: Zum Einen soll sie die Schicksalsmächte besänftigen, zum Anderen die Gemeinschaft fördern. Ich sehe keine davon lösbare Position der Moral, die vorher schon da gewesen sein könnte. Vor allem: Vor was? Vielleicht ist das aber auch eine Diskussion um „Huhn oder Ei“? Und wir können die Positionen so stehen lassen.

Ja, soweit stimm ich dir auch zu, was die heutige Funktion vom Religion angeht.
Ich sehe den Ursprung der Religion allerdings tatsächlich losgelöst von moralischen Fragen.
Gott taucht m.E. nicht als Antwort auf, wenn ich wissen will wie ich mit meinem Nächsten umzugehen hab, mal ganz plump ausgedrückt.
Gott stellt eine Antwort auf die "großen" Fragen dar. Wo kommen wir her wo gehen wir hin, Leben nach dem Tod, Fragen nach dem Ursprung und Sinn von allem. Diese sind nicht wirklich moralisch, oder?
Im Anschluss hat man Gott mit Moral behangen (und mit vielem mehr). Aber sein Auftauchen verdankt er meiner Meinung nach nicht zwingend der Moral.

Das mit der Moral, dass sie vorher schon da war, bezog sich auf den Umstand, dass man auch bei einigen sozialen Tieren eine Verhaltensweise beobachten kann, welche wir bei uns als Moral bezeichnen. Diesen Tieren wird aber jede Religiösität abgesprochen.

Interessant wäre aber mal zu beobachten, ob diese Tiere Verhaltensweisen zeigen, welche wir bei uns als religiös bezeichnen. Was das aber für Verhaltensweisen sein sollen, um sie klar religiös zu benennen, wird mehr als schwer. Aber ich find die Fragestellung echt nicht schlecht. Man stelle sich nur vor man würde eine Primatenart (außer den Menschen) plötzlich beten sehen und Opfer darbringen o.ä.. Dann wär was los.
Das "Vorher" aber auch mal auf die Bibel bezogen. Waren Adam und Eva schon moralisch und religiös bevor sie von der Frucht der Erkenntnis aßen? Moralisch könnten sie durchaus gewesen sein, da es dafür keine Erkenntnis (im menschlichen Sinne) bedarf aber waren sie auch schon religiös?




(20-12-2015, 01:52)Ekkard schrieb:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Jedoch verkennst du offensichtlich, dass auch Moral Wissenschaft ist. Naturwissen in höchster Ausprägung!
Ja, ja, man kann über Ethik sehr viel wissen. Dasselbe gilt für Literatur, Musik, Kunst oder Mathematik. Aber wir müssen uns darauf verständigen, dass diese Art Wissen keine Wissenschaft ist. Wissenschaft ist Methodenlehre, nicht das Wissen selbst. Und für Religion gilt dasselbe. Was man mit religiösem Wissen hat, ist keine Sachkunde, sondern Deutungskunde, Wertvorstellung, allgemeiner: Sollenskunde, Gemeinschaftskunde.

Nunja, im Grunde geb ich dir ja Recht. Aber auch in den Naturwissenschaften wie Biologie spielt Verhalten eine große Rolle. Es hat auch viel mit Methodik zu tun zu wissen, wie ich mit meiner Umwelt agiere und wie sie darauf reagiert, unbelebte wie belebte Natur. Insofern würd ich der Moral/Ethik den wissenschaftlichen Aspekt nicht ganz absprechen wollen (auch da kann man empirsch, experimentell und messend vorgehen).

(20-12-2015, 01:52)Ekkard schrieb:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Letzteres ist ja nunmal Wissenschaft, und Tradition heißt nichts anderes als Glauben und Wissen über Generationen weiterzugeben. Dabei kann also auch Wissen und Glauben weitergegeben werden, welche womöglich gottfrei (nicht religiös) sind. Somit kann man Tradition auch nicht zwangsläufig mit Religion gleichsetzen! immer Vorausgesetzt Religion hat noch einen Gottbezug.
Ich verwende den Begriff „Wissenschaft“ ganz anders, nämlich allein auf der Sachebene, also mehr im Sinne von Naturwissenschaft: Dinge und Eigenschaften, die man empirisch, experimentell, messend an Sachen und nicht an Meinungen und Vorstellungen fest machen kann. Zweifellos kann man über soziale Zusammenhänge, über den Wert der (Nächsten-)Liebe, über die Wertmaßstäbe ganzer Gesellschaften, über Mythologie usw. sehr viel wissen. Aber im Sinne einer sachorientierten Methodenlehre ist das keine Wissenschaft. Es sind u. U. detaillierte, durchaus wertvolle Kenntnisse. Deswegen hat nach meiner Meinung Religion auch nichts mit Wissenschaft (i. S. von Sachwissen schaffen) zu tun.

Hier stimme ich Dir zu, Religion ist keine Wissenschaft.
Hab meinen Satz da glaub ich unglücklich erstellt, sollte nicht so klingen als hielte ich Religion für Wissenschaft.

Ich erkenne an, dass Religion heute überwiegend moralisch orientiert ist. Ich sehe den Ursprung aber weiterhin nicht moralisch induziert.
Ich habe daher Schwierigkeiten, Moral und Religion als "siamesischen Zwilling" zu betrachten.
Ich würde sie eher wie zwei Haare vergleichen, die zwar den gleichen gemeinsamen Ursprung haben (Lebewesen) aber doch nebeneinander wachsen und wo jedes dennoch seine eigene Wurzel (separaten Ursprung) hat. Bei der heutigen Begutachtung dieser beiden Haare zeigt sich mir eine Rastalocke o.s.ä., welche so ineinander werdreht sind, dass man sie für zusammengehörig hält. (traurige an dem Beispiel ist, das man rasieren müsste um das zu entflechten).
Ich weiß Vergleiche hinken aber ich fand ihn mal ganz schön um zu verdeutlichen was ich meine.
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#22
(20-12-2015, 01:52)Ekkard schrieb:
(18-12-2015, 19:06)Edwin schrieb: Ich kann darin keinen Unsinn erkennen grad. Bitte kläre mich dahingehend nochmal auf, ich möchte natürlich keinen Unsinn verbreiten und lasse mich gerne belehren.
Der „Unsinn“ bezog sich auf das „geistiges Konstrukt für die geistige Begrenztheit oder … ein Begriff für die geistige Kapitulation". Das Gemeinschaftswesen Mensch folgt in seiner Gesellschaft deren Normen, die er (sie) als Gewissen verinnerlicht. Da gibt es keine „Kapitulation“ vor „gewissen Fragestellungen“. Das Einzige, was unter moderner Sicht unverständlich wirkt, sind die alten (z. B. christlichen) Mythen.
Ich denke auch, dass der Glaube (buchstäblich) keine Fragen beantwortet, sondern Wertvorstellungen setzt. Transportmittel sind Mythen (also Gottesgeschichten, Gleichnisse, biblische Literatur). Der häufigste Fehler ist die Wörtlichnahme solcher alten Texte. Eigentlich sind sie die Aufforderung, über das eigene Tun Rechenschaft abzulegen.
Soweit die Mythen angeblich Fragen beantworten (sollen), werden sie unsinnig interpretiert.

Ok, das mit Kapitulation war ja extra provokativ gemeint. Und ja der Geist kapituliert ja auch gar nicht, da er sich ja Abhilfe schafft durch das Konstrukt, ok.
Der Mensch hat ja Fragen an sich und seine Umwelt. Mit andern Worten er hat Bedarf nach Antworten.
Das Wort Neugier finde ich hier sehr schön. Der Mensch ist gierig nach Neuem, auch nach Antworten.
Wenn ein Mensch also eine Frage erstellt, dann mit dem Anspruch die "wahre" Antwort zu finden. (ich geb zu, dass dieser Anspruch teils schnell beiseite gelegt wid und es nur noch um "gute" Antworten geht und nicht mehr um wahre, aber das ist eine anderes Thema) Wie diese Antwort gefunden werden kann bleibt jetzt mal dahingestellt.

Letzlich ist der Mensch mit Antworten konfrontiert, welche er aus bestimmten Fragestellungen heraus ableitet. Eine dieser Antworten war nun einmal irgendwann Gott. Mit Gott war man in der Lage eine Antwort auf (nicht nur) eine Frage zu geben, welche es schafft, und dass ist doch das Phänomen, Menschen zu beglücken (bzw. befriedigen in ihrem Antwortbedarf). Hierin liegt das große Kunststück, dieses Konstruktes.

Nun zu meinem Konstrukt. Warum glaub ich es sei ein Konstrukt.
Schaut man sich die moderne Gottesvorstellung an so lässt das keinen Zweifel an einem geistigen Konstrukt.
Haben die Religionen anfangs noch die Götter in der unbelebten und belebten Natur gesehen, so hat doch die Erkenntnis über diese Objekte und Geschöpfe sehr rasch dazu geführt sie nichtmehr als göttlich anzusehn. Nach dem Motto was ich zähmen kann kann wohl kaum Ursache und Träger von allem sein. Folglich musste es etwas sein, was nicht konkret lebt aber eben auch nicht konkret unbelebt ist, es musste mindestens menschliche Eigenschaften haben, aber da der Mensch es nun auch nicht ist (das wusste der Mensch ganz genau) musste es also noch größere Fähigkeiten haben. Hier sind wir dann irgendwann bei der Allmacht. So, nun hat man so ein (menschliches) Konstrukt, wendet es an und schaut wie es wirkt. Und siehe da die Wirkung auf die Antwortsuchenden ist mitunter beeindruckend. Nun kann man damit auch moralischen Fragestellungen abarbeiten.

Nun ergibt sich aber nicht selten das Problem, dass es entweder mehrere Antworten zu geben scheint oder so gut wie keine. (nur im Idealfall erzeugt eine Frage auch nur eine Antwort) Bei mehreren Antworten muss man nun weiterforschen um die "richtige" herauszufiltern. Wenn nun aber (noch) keine Antwort zu finden ist wird eben spekuliert. Hier konstruiert dann der Geist eine mögliche Antwort. Warum aber macht man das? Scheinbar ist der Geist nicht willig diese Lücke als Lücke zu belassen. Das meint ich mit Konstrukt für die geistige Begrenztheit. Ich weiß es klingt so negativ, aber das ist es nicht. Es gibt nunmal Fragen, auf die man womöglich nie eine wahre Antwort erhalten kann, dennoch hält uns das nicht davon ab Antworten zu kreieren die uns helfen den Fragetrieb zu besänftigen. Ich glaube schon das sie das ernst nahmen und nicht als Konstrukt aufgefasst haben.

Ich muss jetzt mal die Frage an dich stellen, was du glaubt wie es zur Antwort Gott kam? So recht komm ich da nicht ganz hinter. Wie kam es deiner Meinung nach zu dieser Antwort?
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#23
(26-12-2015, 23:38)Edwin schrieb: Ich muss jetzt mal die Frage an dich stellen, was du glaubt wie es zur Antwort Gott kam? So recht komm ich da nicht ganz hinter. Wie kam es deiner Meinung nach zu dieser Antwort?
Verfolgt man die historische Entwicklung wird man vom Animismus (die Naturgewalten gelten als handelnde Personen) ausgehen und über Gottheiten und Dämonen bis zur Eingottlehre kommen.

Die Schicksalsmächte als blinde, taube und gefühllose, natürliche Entwicklungen zu betrachten, ist eine Denkweise, die sich erst in der Neuzeit entwickelt hat. Im Wesentlichen beruht diese Sichtweise auf einem Irrtum: Die Antwort: "Gott ist für das Dasein, die Welt und den Rest verantwortlich", ist und beschreibt keine Ursache-Wirkungsbeziehung, sondern allein eine (theologische) Methode, Schicksalsschläge und schicksalhafte Fragestellungen mental zu meistern. Abgesehen davon ist "Gott" (genauer: Die Vorstellung von Gott) die Selbstverpflichtung, jederzeit das eigene Handeln zu verantworten. Dies einmal erkannt, wäre die Vorstellung eines Gottes obsolet. Bleibt nur die Frage, ob Menschen nicht eben doch nach einem "personalen Halt" (z. B. Vater, Mutter, König, Christus) suchen. Einen Vorteil hat die Gottesvorstellung: Sie übertrifft jede menschliche Autorität (man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen! ApG 5, 29). Das ist ein wunderbares Zeugnis dafür, dass der Mensch von aller menschlichen Autorität frei sein soll.

Also "Gott!" ist dar historische Endpunkt der Vorstellung von personifizierten Schicksalsmächten. Dieser Endpunkt wird von den drei abrahamitischen Religionen (Juden-, Christentum, Islam) mit einer großen Zahl göttlicher Eigenheiten, Geschichten oder Anweisungen ausgeschmückt. Aber weiter gekommen sind die Religionen an dieser Stelle nicht. Im Gegenteil, sie schleppen eine Menge zeitbedingter Vorstellungen aus der Antike hinein in die Neuzeit.


(26-12-2015, 23:38)Edwin schrieb: Haben die Religionen anfangs noch die Götter in der unbelebten und belebten Natur gesehen, so hat doch die Erkenntnis über diese Objekte und Geschöpfe sehr rasch dazu geführt sie nichtmehr als göttlich anzusehn.
Na, so rasch dann auch wieder nicht. Erst die modernen Methoden der Naturwissenschaften haben hinreichende "Objekt-Erkenntnis" erbracht, um die Sachbezüge z. B. der Bibel als überholt zu entlarven. (Nur darum geht es gar nicht! Die Botschaft der Bibel ist: Überprüfe deine Handlungsweise; dient sie den Mitmenschen? Wie das im Einzelnen mythologisch übermittelt wird, ist belanglos.)


(26-12-2015, 23:38)Edwin schrieb: Nun ergibt sich aber nicht selten das Problem, dass es entweder mehrere Antworten zu geben scheint oder so gut wie keine. ...
Ganz recht! Es ist eine gute Methode bei schwierigen Fragen zunächst zu prüfen, ob die Frage überhaupt eine Antwortmenge zulässt. Manche Fragestellungen basieren auf der sachlichen Seinsebene, fragen aber nach Beziehungen. Beispiel: Macht Liebe blind? "Blind" ist eine Sachfrage nach der Funktionsweise der Wahrnehmung, während "Liebe" sich auf der Beziehungsebene abspielt. Folglich ist diese Frage Unsinn (enthält mindestens einen Kategorienfehler), wenn man nicht den übertragenen Sinn ins Kalkül einbezieht.

Anderes Beispiel: Mit der Frage nach der Allmacht Gottes fängt man sich auch (mindestens) einen Kategorienfehler ein und es gibt einfach keine Antworten (siehe "Der schwerste Stein"): Die Eigenschaft (Ebene der Eigenschaften) einer Person (Gott, personale Ebene) darf sich nicht selbst entgegen stehen, sonst entsteht eine leere Antwortmenge!
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#24
(27-12-2015, 19:30)Ekkard schrieb: Die Schicksalsmächte als blinde, taube und gefühllose, natürliche Entwicklungen zu betrachten, ist eine Denkweise, die sich erst in der Neuzeit entwickelt hat. Im Wesentlichen beruht diese Sichtweise auf einem Irrtum: Die Antwort: "Gott ist für das Dasein, die Welt und den Rest verantwortlich", ist und beschreibt keine Ursache-Wirkungsbeziehung, sondern allein eine (theologische) Methode, Schicksalsschläge und schicksalhafte Fragestellungen mental zu meistern.
Dem ersten Satz stimm ich zu. ich denke, das kommt daher, dass man den personifizierten (vermenschlichten) Überbau, versuchte abzuschütteln um zu schaun was dann da "nackt" zurückbleibt.
Korrigiere mich bitte wenn ich den letzten Satz jetzt falschrum verstanden haben sollte. Letzteres ist doch auch eine sehr neuzeitliche Auffassung von Gott ("eine (theologische) Methode...Fragestellungen mental zu meistern").
Ich meine schon, dass früher vorallem aber auch heute noch Gläubige in Gott aber auch eine Ursache-Wirkung-Beziehung sahen bzw. sehen. Dass, sie das nicht ist, dem stimm ich zu aber sie wird dafür benutzt.

(27-12-2015, 19:30)Ekkard schrieb: Bleibt nur die Frage, ob Menschen nicht eben doch nach einem "personalen Halt" (z. B. Vater, Mutter, König, Christus) suchen. Einen Vorteil hat die Gottesvorstellung: Sie übertrifft jede menschliche Autorität (man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen! ApG 5, 29). Das ist ein wunderbares Zeugnis dafür, dass der Mensch von aller menschlichen Autorität frei sein soll.

Die Frage kann man denke ich mit ja beantworten. Menschen suchen nach persönlichen sowie gesellschaftlichen Halt (wenn auch nicht immer im religiösen Umfeld).
Hierfür kann eine höhere Autorität durchaus Vorteile entwickeln, das glaube ich auch.
Leider ist der Missbrauch, solcher Vorstellungen (durch sich selbst oder andere Menschen) ein großes Übel. Aktzeptiert man erst einmal solch eine Autorität, der man den größten Gehorsam zugesteht, so kann das schnell ausarten. Das hängt dann vom Überhang dieser Autorität ab. Wie "soll die Autorität sein" und wird sie vermittelt? Bei den abrahimitischen Religionen über die Schriften (und den "Gelehrten" mit der Deutungshoheit). Der Überhang ist dann oftmals problematisch wie sich bei religiösem Streit immerwieder zeigt.

(27-12-2015, 19:30)Ekkard schrieb: Also "Gott!" ist dar historische Endpunkt der Vorstellung von personifizierten Schicksalsmächten. Dieser Endpunkt wird von den drei abrahamitischen Religionen (Juden-, Christentum, Islam) mit einer großen Zahl göttlicher Eigenheiten, Geschichten oder Anweisungen ausgeschmückt. Aber weiter gekommen sind die Religionen an dieser Stelle nicht. Im Gegenteil, sie schleppen eine Menge zeitbedingter Vorstellungen aus der Antike hinein in die Neuzeit.

Da bin ich ganz bei dir.
Vielleicht setzt hier ja gerade die neue Entwicklung an, die den auf eins reduzierten personifizierten Schicksalmächten nun auch noch das personalisierte reduziert. Wo wir dann bei der neuzeitlichen Auffasung der stummen, tauben, gefühlosen Schicksalsmächte wären. Vorallem die starke Vermenschlichung ist ja immer wieder ein kontroverses Thema.

(27-12-2015, 19:30)Ekkard schrieb: Na, so rasch dann auch wieder nicht. Erst die modernen Methoden der Naturwissenschaften haben hinreichende "Objekt-Erkenntnis" erbracht, um die Sachbezüge z. B. der Bibel als überholt zu entlarven. (Nur darum geht es gar nicht! Die Botschaft der Bibel ist: Überprüfe deine Handlungsweise; dient sie den Mitmenschen? Wie das im Einzelnen mythologisch übermittelt wird, ist belanglos.)

Ja gut, rasch ist relativ, hast schon recht. Sicher die modernen Naturwissenschaften haben massiv entlavt aber auch früher war der Mensch schon ein "Naturwissenschaftler", wenn auch nicht mit der akkuraten Methodik von heute.

Zur Bibel, ja das mag die Botschaft sein (die ich so auch gutheißen würde) wozu brauch man da nochmal Gott? Glaub, wir kommen dann in den Bereich der Pädagogik hab ich das Gefühl.

(27-12-2015, 19:30)Ekkard schrieb: Ganz recht! Es ist eine gute Methode bei schwierigen Fragen zunächst zu prüfen, ob die Frage überhaupt eine Antwortmenge zulässt.

Jawoll, das ist insgesamt ein spannendes Thema, werd dazu bald mal einen Thread eröffnen, hab da schon paar Fragen im Hinterkopf.
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#25
Natürlich habe ich historische und neuzeitliche Auffassungen der Fragestellung gemäß (historischer Verlauf) unmittelbar nacheinander aufgeführt. Ich denke, wir liegen da auch gar nicht weit auseinander.

(28-12-2015, 15:27)Edwin schrieb: Ich meine schon, dass früher vorallem aber auch heute noch Gläubige in Gott aber auch eine Ursache-Wirkung-Beziehung sahen bzw. sehen. Dass, sie das nicht ist, dem stimm ich zu aber sie wird dafür benutzt.
Gewiss! Ich weise halt nur darauf hin, dass wir außer von Menschen nieder geschriebenen "Offenbarungen" keine realen Informationen über Gott haben. Folglich kann aller Bezug auf Gott nur Deutung, Zuversicht, Unterwerfung, letztlich also Vorstellung sein.    

Zum Thema "Gottesvorstellung" als Letzt-Instanz:

(28-12-2015, 15:27)Edwin schrieb: Leider ist der Missbrauch, solcher Vorstellungen (durch sich selbst oder andere Menschen) ein großes Übel.
Ganz recht! Aber der Missbrauch geschieht durch einen Menschen, dem ich als Gläubiger im Vertrauen auf Gott den Gehorsam versagen kann. Es ist ein Kennzeichen eines mangelnden Gottesglaubens, den religiösen Führern hinterher zu laufen. Diese erhalten durch ihren ideologischen Missbrauch jene verkehrte Autortät (Befehlsgewalt), die Gott zusteht.

Die individuelle Unlogik besteht in der Akzeptanz der angemaßten Autorität von Führern, vermutlich, weil Gott eine so abstrakte, wenig fassbare Instanz ist. Der Mensch mit der Kalaschnikow strahlt da schon sehr viel mehr Autorität aus.

(28-12-2015, 15:27)Edwin schrieb: Zur Bibel, ja das mag die Botschaft sein (die ich so auch gutheißen würde) wozu brauch man da nochmal Gott? Glaub, wir kommen dann in den Bereich der Pädagogik hab ich das Gefühl.
Deswegen bezeichne ich mich als "atheistischen Christen". Für mich ist die Bergpredigt und ihre Ethik der Achtsamkeit (Augenhöhe) und Güte die zentrale religiöse Instanz. Oder Gott steckt in der Summe gütiger Beziehungen möglichst aller Menschen.

Allerdings "braucht" man solche Vorstellungen förderlicher Beziehungen. Anderenfalls wird man erst durch viele scheiternde Beziehungen klug.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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