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Katharer – Ketzer
#16
@ Sinai

Zum Stellenwert der Offb

Die Katharer haben nicht nur jene Texte abgelehnt, die ethisch verwerflich sind, sondern ausnahmslos alle Texte des Alten Testaments. Sie gingen davon aus, dass alle diese Texte durch Einflüsterungen des Satans entstanden waren.

Was das Neue Testament betrifft hat man alle Texte desselben unter der Annahme, dass es sich um Worte Jesu bzw. um Texte von Aposteln bzw. Apostelgefährten handelt, ausnahmslos als verbindlich angesehen. Die Offb stand u. a. auch deshalb in hohem Ansehen, weil sie vom bevorstehenden Ende des Satans (Offb 20,10) berichtet.

Darüber hinaus wurden von den Katharern einige apokryphe Texte geschätzt, zB die "Interrogatio Johannis", zumal auch diese den Sturz des Satans (und das Ende der Engelseelen) zum Thema hat.

A. Borst spricht das auf S. 122 seines Werks über die Katharer an.
MfG B.
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#17
Ich hatte das ja schon angesprochen, aber es ist vielleicht noch wert zu wiederholen, dass, wenn man die ganze Welt und selbst den eigenen Koerper als schlecht, da ein Werk Satans ansieht, die Zerstoerung dieser Welt, was auch den menschlichen Leib einschliesst, natuerlich mit dem Sieg ueber Satan gleichzusetzen ist.
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#18
Ja. So dürften sie wohl gedacht haben.

Einzig die sog. Vollendeten konnten sich ihren Vorstellungen nach durch strengste Askese vom Zugriff des Satans befreien.
MfG B.
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#19
(10-11-2013, 02:07)Bion schrieb: Die behauptete Vorliebe der späten Katharer für die Offb lässt sich nach A. Borst durch Akten der Inquisition belegen.

Als Beleg angeführt wird: Act. Inq. Taurin. 1388, Amati 2, 60.

Die Katharer sind mir logisch nicht verständlich.
Jedenfalls nicht nach dem vorliegenden Quellenmaterial.

Sie lehnten den grausamen Gott des AT ab, und daher das gesamte AT.
Bis hierher ist noch alles logisch nachvollziehbar.

Das NT akzeptierten sie, weil eine Religion der Nächstenliebe.
Auch dies ist nachvollziehbar.
Allerdings erscheint es dennoch unlogisch, daß sie Jesus akzeptierten.
Denn Jesus sagt ja von sich, der "Sohn" des von ihnen abgelehnten Gottes zu sein.
Außerdem sagt Jesus, daß er von den Propheten vorhergesagt wurde.
Wenn jemand (Katharer) das AT ablehnt, und damit auch die Propheten, wie kann er dann glücklich mit einem von den Propheten vorhergesagten Jesus sein ?
Das Christentum wuchs doch auf dem Boden des Judentums. Im NT wird berichtet, daß Jesus im Tempel war.

Ein paar Jahrzehnte nach dem Ende des irdischen Wirkens Jesu erschien die Apokalypse. Die ist ja noch viel grausamer als das AT. Da wird damit geprahlt, daß viele Menschen getötet werden sollen.
Viel mehr als im gesamten AT.


Ob Akten der Inquisition als verläßliche Quelle angesehen werden können ??
Die Inquisition arbeitete mit Drohung und Folter. Jedes beliebige "Geständnis" konnte so von ihr erzwungen werden.

Wäre es denkbar, daß die Inquisition nur deshalb behauptete, daß die Katharer eine "Vorliebe" für die Apokalypse hatten, um diese Gruppe zu diskreditieren ?
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#20
(17-11-2013, 00:31)Sinai schrieb: Wäre es denkbar, daß die Inquisition nur deshalb behauptete, daß die Katharer eine "Vorliebe" für die Apokalypse hatten, um diese Gruppe zu diskreditieren ?

Nein, welchen Sinn sollte es machen, eine christliche Gruppierung durch deren Vorliebe fuer einen kanonischen christlichen Text zu diskreditieren? Ich verstehe da Deine Logik nicht.

Und warum gehst Du nicht mal auf die im Thread bereits gemachten Erklaerungen ein?

Vielleicht hilft Dir auch beim Verstehen, wenn Du Dich etwas ueber Doketismus beliest.
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#21
(17-11-2013, 00:40)Ulan schrieb: welchen Sinn sollte es machen, eine christliche Gruppierung durch deren Vorliebe fuer einen kanonischen christlichen Text zu diskreditieren?

Das Volk hatte doch riesen Schiß vor der Apokalypse. Eine Heidenangst !

Das Volk haßte die Apokalypse. Nur traute sich das keiner zuzugeben, da diese Schrift des Hasses und des Verderbens unverständlicherweise im Kanon der Bibel war.

Christen des Mittelalters liebten die christliche Lehre der Nächstenliebe, aber vor der Apokalypse hatten sie Angst.

Wenn nun die Inquisition sagte, daß die Katharer eine "Vorliebe" für die (vom Volk insgeheim gehaßte) Apokalypse hatten, so machte sie die Katharer zum Freiwild. Die Katharer verloren dadurch alle Sympathisanten in der Christenheit.
Ein geschickter Schachzug.

Die Inquisition wußte doch ganz genau, daß das Volk die Apokalypse haßt.
(Auch wenn sie tausendmal kanonisiert war.)
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#22
Im Übrigen ist ja die katholische Kirche auch nicht glücklich mit der Apokalypse.
Nie wird bei einem Gottesdienst aus diesem eigentlich verhaßten Buch vorgelesen. Offiziell kanonisiert, man kriegt es nicht mehr raus aus der Bibel, aber von der katholischen Kirche gemieden.

Endzeitliche Sekten wie damals die Hussiten und heute die Zeugen Jehovas sind die einzigen, denen die Apokalypse gefällt !
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#23
Also wirklich, die Inquisition sollte mithilfe eines kanonischen christlichen Textes versuchen, eine Anti-Stimmung zu erzeugen? Das waere ketzerisch. Von der Inquisition. Sehr glaubhaft. Ausserdem ist die Apokalypse selbst heute noch in weiten christlichen Kreisen aeusserst geschaetzt.

Ausserdem eruebrigt sich das, da es offensichtlich keine Anti-Stimmung gegen die Katharer gegeben hat. Ihr Problem war eher, dass sie zu beliebt waren, und dass der sie unterstuetzende Fuerst etwas hatte, das einer der Nachbarn haben wollte.

Des weiteren, ich bleibe dabei, lies ueber Doketismus nach, dann solltest Du die Sache mit der Apokalypse ohne weitere Schwierigkeiten verstehen.
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#24
(17-11-2013, 01:04)Sinai schrieb: Im Übrigen ist ja die katholische Kirche auch nicht glücklich mit der Apokalypse.
Nie wird bei einem Gottesdienst aus diesem eigentlich verhaßten Buch vorgelesen. Offiziell kanonisiert, man kriegt es nicht mehr raus aus der Bibel, aber von der katholischen Kirche gemieden.

Endzeitliche Sekten wie damals die Hussiten und heute die Zeugen Jehovas sind die einzigen, denen die Apokalypse gefällt !
Wie bei den Templern war bei den Katharern auch reiche Beute zu machen.
Sollte man bei religiösen Kriegen nie ausser Acht lassen.
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#25
(17-11-2013, 00:31)Sinai schrieb: Allerdings erscheint es dennoch unlogisch, daß sie Jesus akzeptierten.
Denn Jesus sagt ja von sich, der "Sohn" des von ihnen abgelehnten Gottes zu sein.

Ich hatte ueber das hier druebergelesen, und ich denke mal, hier liegt das Missverstaendnis. Die Katharer waren Doketisten und (zum Teil) Dualisten, d.h., Jesus war natuerlich fuer sie nicht der Sohn des Gottes des AT (also Satans).

Vielleicht hilft es auch, die von Bion erwaehnte Interrogatio Johannis zu lesen. Eine deutsche Version habe ich jetzt nicht gefunden, aber gnosis.org hat zwei englische Versionen, falls Dir das gelaeufig ist:

'http://gnosis.org/library/Interrogatio_Johannis.html
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#26
(17-11-2013, 01:08)Ulan schrieb: Ausserdem eruebrigt sich das, da es offensichtlich keine Anti-Stimmung gegen die Katharer gegeben hat. Ihr Problem war eher, dass sie zu beliebt waren,...

So ist es!

Daher waren auch vornehmlich Dominikaner aufgerufen gewesen, gegen die Katharer anzupredigen, zumal sich deren Lebensweise nicht allzu sehr von jener der Katharer-Elite, den Vollendeten, abhob.
MfG B.
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#27
(17-11-2013, 00:40)Ulan schrieb: Vielleicht hilft Dir auch beim Verstehen, wenn Du Dich etwas ueber Doketismus beliest.

Danke für den Hinweis, aber der brachte mich auch nicht weiter.

Es gibt unzählige verschiedene Lehren des Doketismus
Das ist nicht eine Lehre, jeder versteht da etwas ganz anderes.
Der Doketismus existierte nicht, es gab diverse Doketismen.

Möglicherweise ist der "kleinste gemeinsame Nenner" all dieser Lehren, daß die Materie "niedrig und böse" sei, und daß Jesus nur einen "Scheinleib" hatte, das heißt, er war kein echter Mensch aus Fleisch und Blut, sondern hatte sozusagen eine Art von Astralleib (?), der aber offenbar handfest genug war, daß dies den Römern nicht auffiel, als sie Jesus kreuzigten.

Ziemlich seltsame Lehren.

Auf welche dieser verschiedenen Lehren spielst Du an ?
Auf die des Markion, die des Satornil oder auf eine der übrigen Autoren ?
In der Literatur findet man ein halbes Dutzend verschiedener Richtungen.

Die Katharer waren keine winzige Splittergruppe, keine kleine Sekte von Fanatikern.
Denn sie beherrschten die südfranzösische Stadt Albi samt bäuerlichem Umland.
Unvorstellbar, daß die Massen an irgendwelche Spinnereien von Astralkörpern glaubten.

An so etwas glaubte allenfalls der harte Kern der Gemeinschaft, die sogenannten „Vollendeten“ – wie sie sich innerhalb der Katharergemeinschaft selbst nannten. So eine Fanatikergruppe gibt es in jeder Religion, das sind immer nur ein Prozent der Gläubigen.

Aber den Massen konnte man niemals irgendwelche obskure Sonderlehren von "Astralkörpern" einreden.

In und um Albi lebten tausende Bauern, Schafhirten, Handwerker. Solche Leute wollten eine handfeste Religion und ließen sich nicht durch weltfremde Lehren vereinnahmen.
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#28
(17-11-2013, 01:08)Ulan schrieb: ich bleibe dabei, lies ueber Doketismus nach, dann solltest Du die Sache mit der Apokalypse ohne weitere Schwierigkeiten verstehen.

Meine Frage:

Was hat der Doketismus mit der Apokalypse zu tun ? ?
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#29
(17-11-2013, 19:29)Sinai schrieb: Möglicherweise ist der "kleinste gemeinsame Nenner" all dieser Lehren, daß die Materie "niedrig und böse" sei, und daß Jesus nur einen "Scheinleib" hatte, das heißt, er war kein echter Mensch aus Fleisch und Blut, sondern hatte sozusagen eine Art von Astralleib (?), der aber offenbar handfest genug war, daß dies den Römern nicht auffiel, als sie Jesus kreuzigten.

Ziemlich seltsame Lehren.

Na siehste, ist doch nicht so schwer. Es gibt also unsere materielle Welt, zu der auch unser Koerper gehoert, und die spirituelle Welt (was Du "Astralkoerper" nennst), aus der unsere Seelen stammen. Genau genommen sind unsere Seelen die von Engeln, die vom Teufel in der Materie gefangen wurden, was Dir klar geworden sein sollte, falls Du den Link zu der Katharer-Literatur, den ich Dir gegeben habe, gelesen hast.

(17-11-2013, 19:29)Sinai schrieb: Auf welche dieser verschiedenen Lehren spielst Du an ?
Auf die des Markion, die des Satornil oder auf eine der übrigen Autoren ?
In der Literatur findet man ein halbes Dutzend verschiedener Richtungen.

Das Thema hier heisst "Katharer", richtig? Also spiele ich auf den Doketismus der Katharer an. Die Katharer waren, wie ich schon erwaehnt hatte, Doketisten und Dualisten.

(17-11-2013, 19:29)Sinai schrieb: Unvorstellbar, daß die Massen an irgendwelche Spinnereien von Astralkörpern glaubten.

An so etwas glaubte allenfalls der harte Kern der Gemeinschaft, die sogenannten „Vollendeten“ – wie sie sich innerhalb der Katharergemeinschaft selbst nannten. So eine Fanatikergruppe gibt es in jeder Religion, das sind immer nur ein Prozent der Gläubigen.

Aber den Massen konnte man niemals irgendwelche obskure Sonderlehren von "Astralkörpern" einreden.

Der Doketismus war eine fuehrende Richtung im fruehen Christentum, also ein Massenphaenomen, und das hat sich anscheinend bis in die Katharer-Zeit nie geaendert. Es war immer eine der Hauptrichtungen im Christentum und nicht "irgendeine obskure Sonderlehre". Die Marcioniten z.B. machten wahrscheinlich ein Drittel des fruehen Christentums aus.

Das einzige, was hier verwunderlich ist, ist, dass es heute so eine untergeordnete Rolle spielt. Anklaenge findet man vielleicht bei den Quaekern, aber nur sehr milde. Geschichtlich gesehen war der Doketismus schon immer eine der Hauptloesungen fuer das Gottesproblem Jesu und die Theodizee. Im Prinzip ist Doketismus weniger absurd als die Trinitaetslehre und ist fuer "die Massen" viel leichter verstaendlich.

(17-11-2013, 19:29)Sinai schrieb: Aber den Massen konnte man niemals irgendwelche obskure Sonderlehren von "Astralkörpern" einreden. In und um Albi lebten tausende Bauern, Schafhirten, Handwerker. Solche Leute wollten eine handfeste Religion und ließen sich nicht durch weltfremde Lehren vereinnahmen.

Das ist reine Spekulation Deinerseits, die mit der Realitaet leider nichts zu tun hat. Du kennst ja den Spruch, "man kann das Pferd zum Wasser fuehren, ..."

(17-11-2013, 19:29)Sinai schrieb: Meine Frage:

Was hat der Doketismus mit der Apokalypse zu tun ? ?


Diese Frage ist Dir jetzt mehrfach beantwortet worden und ist auch ausfuehrlich in dem Link beantwortet, aber sei's drum, hier noch ein letztes Mal eine Erklaerung der Lehre der Katharer:

Satan hatte waehrend seines Verrats an Gott mit seinen Machenschaften ein Drittel der Engel auf seine Seite gezogen. Um sich selbst als Herrscher der Welt einzusetzen, schuf er das Land zwischen Himmel und Meer und besiedelte es mit allerlei Getier. Schliesslich schuf er die Koerper eines Mannes und einer Frau aus Ton und brachte durch einen Trick ein paar Engel dazu, dass sie in diese Tonkoerper einzogen. Dadurch wurden diese Tonkoerper als Menschen zum Leben erweckt, beseelt durch den Geist der gefangenen Engel. Die Materie, die Welt und alles, was darin lebt, sind also Satans Werk und demnach boese. Himmlisch sind einzig die menschlichen Seelen, gefangene Engel.

Spaeter fuehrten Satans Einfluesterungen dazu, dass einige dieser Menschen zu seinen Propheten wurden und seine Luegen verbreiteten, und die Niederschrift dieser Luegen Satans ist heute als das Alte Testament bekannt. D.h., der Gott des alten Testaments ist niemand anderes als Satan.

Der wahre Gott jedoch ist sich dieser Machenschaften bewusst, aber hat beschlossen, Satan sieben Tage lang (was fuer ihn dasselbe wie sieben Zeitalter ist) gewaehren zu lassen, hauptsaechlich, um den gefallenen Engeln Gelegenheit zu geben, sich zu laeutern. Nun hat er aber seinen Sohn in die Welt geschickt, um den gefangenen Engeln (= den menschlichen Seelen) die Erloesung zu verkuenden. Dieser Sohn materialisierte sich in einem Koerper aus himmlischer Materie (was du "Astralkoerper" nanntest).

Die Erloesung der Welt wird durch die vollkommene Zerstoerung von Satans Werk, d.h., der ganzen Welt, in der wir leben, mit allen Tieren und Menschen, passieren, und die Zerstoerung der menschlichen Koerper wird ihre Seelen = Engel freisetzen, damit sie in das himmlische Reich zurueckkehren koennen.

Das heisst also, die Apokalypse ist letzlich dasselbe wie Erloesung und Himmelfahrt. Jetzt sollte also klar sein, warum die Katharer die Apokalypse herbeisehnten. Die gerechten Seelen wuerden als Engel im Reich des wahren Gottes im Himmel ewig weiterleben, waehrend Satan und seine boesen Diener auf ewig dem Feuer uebergeben wuerden. Apokalypse = Auferstehung.
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#30
(18-11-2013, 03:06)Ulan schrieb: hier noch ein letztes Mal eine Erklaerung der Lehre der Katharer:

Das war das erste Mal, daß Du die Lehre der Katharer inhaltlich geschildert hast.

Danke!
Ist interessant was diese Leute damals geglaubt haben.
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