Petrus schrieb:Oh, liebe Karla, da ziehst Du aber Schlüsse, ohne mich auch nur im Geringsten zu kennen
Ich habe Dich vermutlich mit jemandem verwechselt, aus einem anderen Forum mit einem ähnlichen NIck. Aber es spielt keine Rolle. Denn ich habe meinen Schluss aus Deiner Replik gezogen. Und die passte nicht zu Junas Aussage.
Zitat:Und b) sei ergänzt, dass ich von der Logik her komme, mein Nebenfach im Studium war die Mathematik.
Das Sprechen ist nicht auf mathematischer Logik aufgebaut, Petrus, das Sprechen ist ein Kommunikationsmittel und will oft viel Widersprüchliches gleichzeitig ausdrücken. Wenn Juna sich fragt, ob die verschiedenen Gottesbilder nicht zu Zweifeln führen, dann benutzt sie die Sprache, so wie sie entstanden und gebräuchlich ist, keine Sprache der Mathematik.
Zitat:REIN LOGISCH kann man nicht so argumentieren wie Juna, das hat mit "tricksen" NICHTS zu tun.
1. Sie hat ja auch gar nicht beansprucht, innerhalb der Logik zu argumentieren.
2. Hätte sie es aber, hätte sie keinen Fehler gemacht.
Juna hatte geschrieben:
"Würde man aus jeder Religion und glaubensrichtung ein Mensch auswählen und alle in einen Raum setzen und sie über gott diskutieren lassen würde man sehen wie viele meinungen und verschiedene ansichten es gibt!
Lässt diese tatsache nicht schon zweifel zu."
Ja, diese Tatsache lässt Zweifel zu. Zweifel an der Frage, ob es einen Gott gibt (so lese ich ihren Subtext). Diese Aussage verletzt keine Logik, auch keine mathematische. Zumal Juna ja klar geschrieben hat:
"Ich würde sagen es gibt viele argumente gegen gott doch sie lassen sich alle nicht beweisen!"
3. Deine Analogie aber - weil das bei "Liebe" keinen Zweifel zulässt, kann es auch bei "Gott" keinen zulassen - ist unzulässig ("getrickst"). Denn Du hast nicht nachgewiesen, dass in beiden Fällen das Gleiche gilt. Und das kannst Du auch nicht nachweisen. Denn hier liegen semantische Verhältnisse vor, die mit der groben mathematischen Logik nicht zu erfassen sind.
Deine Analogie mit dem Stoßzahn des Elefanten macht den gleichen Fehler. Du behauptest lediglich, dass dieses Beispiel auch für Gott zutrifft. Und beide Analogien - Liebe, Stoßzahn - sind Dinge, deren Existenz keiner bezweifeln würde. Darum sind das Trickanalogien.
Zitat:Genauso ist es in Junas Beispiel: 100 Leute unterhalten sich über Gott. Und jeder sagt etwas anderes über ihn aus. Dann sagt das viel über das Gottesverständnis der 100 aus, über die Sichtweise, wie sie sich Gott vorstellen. Über die Betrachtungsweise der 100, über ihre Wünsche, über ihre Phantasien. Aber es sagt ***rein logisch*** NICHTS darüber aus, was Gott ist, wie Gott ist, und schon gar nicht, ob es ihn gibt.
Juna hat ja auch nirgends gesagt, was diese Tatsache "rein logisch" aussagt. Eventuell sind ihr die Grenzen der Logik ganz egal? Sie ist sehr jung und hat existentielle Fragen. Wolltest Du ihr klarmachen, sie dürfe hier ihre Zweifel nicht äußern, bevor sie einen Logikkurs gemacht hat?? Dann müsste ich andererseits Dir empfehlen, einen Semantikkurs zu machen...;)
So, das war zu dem, was Juna sagte.
Wenn ich jetzt mal aber davon absehe und auf eigene Rechnung argumentiere, dann schließe ich - wenn auch nicht auf logischer, sondern a. auf psychologischer, b. auf sprachsemantischer Ebene - ebenfalls, dass die Aussage "Es gibt einen Gott" keinen Sinn macht.
zu a. lasse ich erst mal aus
zu b: das Wort "geben" ist vermutlich innerhalb der menschlichen Kommunikation erfunden worden, um von konkreten Dingen aussagen zu können, ob es sie gibt oder nicht. Will man dieses Wort sprachphilosophisch klären, kommt man sogar schon bei konkreten Dingen in Untiefen, wenn man das rein Pragmatische verlässt. Wenn ein Kiosk alle seine Briefmarken verkauft hat, dann sagt der Verkäufer: "Es gibt keine Briefmarken mehr". Aber er meint nur: "Ich habe keine mehr hier im Kiosk." Wenn in der DDR gesagt wurde: "Es gibt keine Bananen", dann war gemeint, dass sie in der ganzen DDR nicht zu kaufen waren. Mit dem Subtext: "Im Großen und Ganzen". Denn ob einige Läden doch Bananen haben, wollte man damit nicht anzweifeln.
Ich kann also schon bei konkreten Sachen nicht sagen, dass es sie nirgends gibt. Das Wort "geben" ist dafür gar nicht geschaffen worden. Sondern soll nur etwas ausdrücken, was das Gegenüber auch sofort versteht. "Gibt es was zu tun"? Ja, da liegt Arbeit. "Gibt es heute Schnee"? Nach dem Wetterbericht ja.
Als die Sprache sich dann aber verfeinerte und auch über innere Zustände was aussagen wollte, wurde es schwieriger. "Gibt es das, was ich heute Nacht geträumt habe?" Jetzt kommt darauf an, welche semantischen Merkmale man dem Wort "geben" nun erweiternd hinzufügen will. Wenn ich die Bilder meines Traumes noch voll im Kopf habe, dann "gibt" es diese Bilder, falls ich das Merkmal "wahrnehmbar" hinzufüge. Was ich wahrnehme, gibt es dann. Aber nur, weil ich das Wort "geben" so definiert habe. Wenn ich definiere: "Geben" bedeutet immer, dass zwei es gleichzeitig wahrnehmen können, dann gibt es keine Träume. Der, der die Bilder im Kopf hat, hat nun kein Wort mehr für das, was er wahrnimmt. Er kann nun nicht mehr sagen, dass es diese Bilder in seinem Kopf "gibt". Es sei denn, er akzeptiert diese Definition nicht. Dann kann er es doch wieder sagen. ;)
Gehe ich nun noch einen Schritt weiter zu einer "Vorstellung", die ein Mensch hat. Da gilt Ähnliches. Diese Vorstellung gibt es, weil ein Mensch sie ja hat. Soll aber "geben" so verstanden werden, dass auch ein zweiter Mensch diese Vorstellung haben muss - dann müssen wir passen. Denn wir können das nicht überprüfen.
Entweder also verzichten wir darauf, zu irgendetwas, das nur innerlich ist, zu sagen, dass es das "gibt" - oder wir erweitern semantisch den Begriff, sodass er auch zu dem passt, was nur ein einzelner als existent wahrnimmt.
Jetzt nehme ich mal statt des Wortes "geben" das Wort sein". Und schon kommen wir absolut ins Schleudern. "Das ist eine Banane" - was sage ich damit aus? Ich sage damit aus: Ich habe etwas als Banane definiert. Das, was da liegt, passt in allen Merkmalen mit meiner Definition überein. Also ist das eine Banane.
Das Merkmal "seiend" sagt in diesem Fall also nichts weiter als dies, das dieses Ding da mit den definierten Merkmalen übereinstimmt.
Ich denke, dafür ist das Wort "sein" geschaffen worden. Für den pragmatischen Umgang. "Ist dieser Pilz giftig?" "Ja, um Himmels willen, wirf ihn weg."
Nicht geschaffen ist dieses Wort für die Frage: "Ist dieser Pilz?"Dazu müsste man dann wieder dem Wort "sein" ein weiteres Merkmal hinzufügen, um das beantworten zu können. Soll "sein" bedeuten: Wir können ihn sehen und essen, und er sättigt uns - hat also alle Merkmale, die wir ihm in Bezug zu uns gegeben haben: dann existiert er, dann "ist" er. Esse ich aber andauernd Pilze und werde nicht einen Deut satter, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich entweder bekifft bin oder träume oder ähnliches. Diese Pilze nenne ich dann also "nicht-seiend".
In einem anderen Sinne sind sie aber sehr wohl seiend, weil ich ja immerhin das Gefühl habe, dass ich sie andauernd esse.
Mit all dem will ich sagen, dass ich über die Existenz von Wortinhalten nur das sagen kann, was ich definiert habe. Ich kann die Sprache nicht verlassen mit meinem Wort. Es ist immer Sprache, keine außersprachliche Tatsache.
Und genauso ist es mit dem Wort "Gott". Das Wort wurde tradiert. Irgendetwas spüre ich, wenn ich so durch den Wald spaziere oder durch das Leben. Irgendetwas Namenloses. Aber nun stoße ich auf einen Namen. Ah, denke ich, das, was ich spüre, wird wohl das sein, was der Name "Gott" sagt.
Wenn wir Intersubjektivität beobachten - wenn quasi alle ein Kribbeln im Bauch kennen, wenn sie in dunkle Männer- oder Mädchenaugen gucken und dieses Kribbeln dankbar als Merkmal eines langüberlieferten Wortes akzeptieren ("Verliebtheit") -:
dann sagen wir: "Verliebtheit gibt es". Das ist aber auch nur eine pragmatische Entscheidung. Wir sagen das so, damit alle Verliebte miteinander kommunizieren können. Das ist eine sprachliche Übereinkunft, sonst nichts.
Das aber, was wirklich in uns spürbar ist - also dieses Kribbeln -, ist da, unabhängig davon, ob das Wort dafür existiert.
Das Wort "Gott" hat aber diese Intersubjektivität nicht in gleichem Maße. Darum sind viele nicht gewillt, zu sagen: "Gott gibt es". Entweder, weil sie diese namenlosen Gefühle nicht kennen, oder aber, weil sie dafür bessere Worte gefunden haben. Denn das Wort "Gott" hat ja hunderte von weiteren Merkmalen bekommen im Laufe von tausenden von Jahren. Die ist nicht jeder bereit gleich miteinzukaufen, wenn er nur ein Wort sucht für seine Gefühle bei Frost und an der See und auf einem Dreitausender.
Hier gilt das Gleiche wie oben bei der Frage, ob ein Pilz wirklich "ist":
Wörter und ihre Merkmale sind sprachlich geschaffen und können außerhalb nicht existieren. Außerhalb der Sprache macht die Aussage "Gott ist" keinen Sinn. Das, was ich außersprachlich erfasse, ist kein Bereich der Sprache und schon gar nicht der Logik.
Das heißt aber noch lange nicht, dass das, was empfunden, gespürt, gewusst wird, nicht dennoch in aller Klarheit vorhanden ist - und dass man gar nicht das Wort "Gott" meinen muss, sondern es nur bequemerweise benutzt.