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Gott als "das Unendliche"?
#31
Epicharm schrieb:Das Paradoxon der Zeitlosigkeit Gottes
v. Viktor Weichbold, Theologe, Philosoph und Arzt
...
Entweder ist Gott außerhalb der Zeit, dann kann er nichts tun.
Oder er tut etwas, dann ist er nicht außerhalb der Zeit. ...
Die Überlegung enthält mindestens einen Denkfehler, der für die historische Vergangenheit verzeihlich ist:
Unsere Welt kann durch eine zeitlose Operatorengleichung beschrieben werden (Wheeler-de Witt-Gleichung), in dem jedes Subsystem einem Zeitablauf unterliegt. Mehr noch: In Singularitäten (Urknall, Schwarze Löcher) ist die Gravitation so groß, dass die Zeit stehen bleibt. Gleichwohl sorgen quantenphysikalische Fluktuationen dafür, dass etwas (Dramatisches) geschieht.
Die Zeitdimension ist also nur heute, 14 Mrd. Jahre nach den Anfängen eine überschaubar berechenbare Größe. Daraus kann man aber nicht schließen, dass dies immer so war und überall so ist.

Im Übrigen kann man sich Gott auch in Analogie zum Magnetismus vorstellen: Solange keine magnetischen Dipole vorhanden sind, existiert zwar der Magnetismus. Nachweisbar wird er aber erst, wenn Dipole vorhanden sind. So kann man sich Gott als eine "immer schon vorhandene Größe" vorstellen, die aber erst nach dem Schöpfungsakt manifest wird. Aus unserer Perspektive sieht das so aus, als hätte sich Gott im Augenblick der Schöpfung selbst geschaffen, weil es für uns ein Zuvor nicht gibt. (Einmal mehr mit der Warnvermerk: Ich glaube ...)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#32
Melmoth schrieb:Möchte gern mal eine Frage hier zur Diskussion stellen, die mich zur Zeit beschäftigt – und zwar, ob es allgemein und religionsübergreifend als wesentliche Eigenschaft Gottes gesehen wird, unendlich zu sein? Also weder räumlich noch zeitlich begrenzt, unendlich in seinen Möglichkeiten, Eigenschaften etc…. Ist Unendlichkeit das, was gewissermaßen Gott göttlich macht?

Hallo Melmoth!
Ich werde versuchen die Frage aus panentheistischer Sicht zu beantworten.

Es ist nicht so dass Gott ausserhalb von Raum und Zeit steht, sondern dass es sich bei Raum und Zeit um Illusionen handelt. Raum und Zeit sind Bewusstseinsphaenomene unseres Gehirns, die keine Wirklichkeiten sind.
Auch die moderne Physik geht davon aus, dass es sich lediglich um Illusionen handelt. Zu lesen in einer etwas aelteren Ausgabe Der "Bild der Wissenschaft''.

Es ist auch nicht so, dass Gott ausserhalb seiner Schöpfung steht. Der Schöpfer und die Schöpfung sind ein und dasselbe. Materie ist somit nur die physische Erscheinungsform Gottes, also eine Tranformation bzw. Inkarnation seines Geistes.
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#33
edt schrieb:Es ist nicht so dass Gott ausserhalb von Raum und Zeit steht, sondern dass es sich bei Raum und Zeit um Illusionen handelt. Raum und Zeit sind Bewusstseinsphaenomene unseres Gehirns, die keine Wirklichkeiten sind.
Auch die moderne Physik geht davon aus, dass es sich lediglich um Illusionen handelt. Zu lesen in einer etwas aelteren Ausgabe Der "Bild der Wissenschaft''.

Das ist wohl eher eine dürftige wissenschaftstheoretische Beschreibung der menschlichen Wahrnehmungen. Selbst wenn man der Überzeugung ist, dass der Mensch die Dinge der Natur nicht an sich zu erkennen und man zugesteht das alles Erkennen subjektabhängig ist, heist das nicht, dass die menschliche Grundvoraussetzungen Illsuionen sind.
So sind räumliche Ausdehnung und zeitliche Veränderung nicht nur Erkenntnisprinzipen, oder wie du sie nennst Bewusstseinsphänomene, sondern auch emprisch nachweisbare Tatsachen. Wenn Zeit nur eine Illusion unseres Gehirns wäre bzw. ein Bewusstseinsphänomen, dann erklär mir mal wie so dein Körper altert.

etd schrieb:Es ist auch nicht so, dass Gott ausserhalb seiner Schöpfung steht. Der Schöpfer und die Schöpfung sind ein und dasselbe. Materie ist somit nur die physische Erscheinungsform Gottes, also eine Tranformation bzw. Inkarnation seines Geistes.


Dann ist in der Tat alles eines Wesens, und das ist Gott. Damit ist aber auch die Frage nach der Überzeitlichkeit Gottes absurd. Indessen gibt übrigens meines erachtens der Pantheismus keine brauchbare Erklärung dafür, warum es in der Natur und im Kosmos dennoch wesentliche Unterschiede gibt? Die Frage nach dem warum ist hier nicht zu beantworten, im besonderen nicht warum Gott überhaupt ist und warum er alles ist!



Melmoth schrieb:Möchte gern mal eine Frage hier zur Diskussion stellen, die mich zur Zeit beschäftigt – und zwar, ob es allgemein und religionsübergreifend als wesentliche Eigenschaft Gottes gesehen wird, unendlich zu sein? Also weder räumlich noch zeitlich begrenzt, unendlich in seinen Möglichkeiten, Eigenschaften etc…. Ist Unendlichkeit das, was gewissermaßen Gott göttlich macht?

Die christliche Theologie und Philosophie würde das verneinen. Die Unendlichkeit Gottes ist nicht das Wesen Gottes. Besser ist hier auch von Über-Zeitlichkeit oder traditioneller von Ewigkeit zu sprechen, denn letzlich übersteigt es unsere Vorstellungskraft uns etwas auserhalb der Zeit vorzustellen, weil Zeit zu den Grundbedigungen menschlichen Lebens gehört.
Nach christlichen Glauben ist Gott ein Schöpfer, d.h. er hat etwas geschaffen was vor nicht war. Die Schöpfung ist also aus dem Nichts von ihm geschaffen worden. Und zu dieser Schöpfung gehört die Zeit, d.h. aber nicht das wir bis zu einem Punkt 0 zurückgehen können und sagen da hat es angefangen, weil der Zustand vor der Schöpfung nicht zeitlich einzuholen ist (sie ist ja selbst geschaffen). Man bezeichnet das als ontologische (seinsmäßige) Schöpfung.
Gott ist und war und wird schon immer sein, auch ohne die Zeit (man beachte das sprachliche Problem mit den Tempora). Was Gott zu Gott macht ist er selbst, dass Wesen Gottes ist das er Gott ist, alles andere sind nur affirmative (er ist ewig, vollkommen, allmächtig etc.) oder negative (er ist sprachlich nicht zu erfassen, nicht zu erkennen, etc.) Beschreibungen.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#34
Presbyter schrieb:So sind räumliche Ausdehnung und zeitliche Veränderung nicht nur Erkenntnisprinzipen, oder wie du sie nennst Bewusstseinsphänomene, sondern auch emprisch nachweisbare Tatsachen. Wenn Zeit nur eine Illusion unseres Gehirns wäre bzw. ein Bewusstseinsphänomen, dann erklär mir mal wie so dein Körper altert.

Nein, ich hab doch geschrieben dass die moderne Physik mit Raum und Zeit nicht mehr rechnet.

Nach panentheistischer Auffassung gibt es für Gott kein Werden, für ihn gibt es nur das Nun. Auch das altern passiert im Jetzt. Unser Gehirn laesst der Vergangenheit keine Gültigkeit zu, weil es für diese Frequenzen nicht geschaltet ist.
Ich muss zugeben, dass auch für mich die Vorstellung von Raum- Zeitlosigkeit zu radikal erscheint, und ich es nicht genauer erklaeren kann. Aber man kann sich das wie einen Traum vorstellen. Im Traum glaubt man auch, dass man in der Wirklichkeit ist, bis man aufwacht und feststellt, das es nur ein Traum war. So aehnlich ist es bei Mystikern. Mystiker erwachen zu einem höheren Bewusstsein und fühlen eine Raum- und Zeitlosigkeit.

Früher dachte man auch Raum und Zeit seien absolut, weil man das so "wahrnahm''. Bis aber Einstein kam und sie als relativ erklaerte.
Und was der heutige Stand der Physik ist, hab ich ja bereits geschrieben.

Zitat:Indessen gibt übrigens meines erachtens der Pantheismus keine brauchbare Erklärung dafür, warum es in der Natur und im Kosmos dennoch wesentliche Unterschiede gibt?

Richtig, der Pantheismus kann diese Fragen nicht beantworten, im Panentheismus jedoch werden die Lebensfragen intuitiv durch die Gotteserkenntnis gelöst.
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#35
Das geschriebene hier beschreibt es sehr schön.

Zitat:Brahman, das Ewige, ist jenseits von Zeit, Raum und Ursächlichkeit. Zeit wird durch die Abfolge von Ereignissen verursacht. Sie ist eine Schöpfung des Geistes. Wie kann es in der Ewigkeit Zeit geben? Raum ist der Abstand zwischen zwei Objekten. Wie kann es Raum geben, wenn Du das Selbst überall fühlst und wahrnimmst. In dieser Welt hat alles eine Ursache. Der Samen ist die Ursache für den Baum usw. Wie kann es eine Ursache für Brahman geben, das die Ursache ohne Ursache ist, in sich selbst existiert und nicht die Folge von irgend etwas ist?

Quelle: http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Artikel/A...chlichkeit
----------------------------------------------------------------

Zeit nur eine Illusion
http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/...29939.html
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#36
Ist zwar schon etwas länger her, aber trotzdem noch danke an edt und Presbyter für die beiden unterschiedlichen Sichtweisen! Ich finde es immernoch interessant, wie verschiedene Philosophien und Religionen das sehen.

(04-08-2008, 23:40)Presbyter schrieb: Indessen gibt übrigens meines erachtens der Pantheismus keine brauchbare Erklärung dafür, warum es in der Natur und im Kosmos dennoch wesentliche Unterschiede gibt? Die Frage nach dem warum ist hier nicht zu beantworten, im besonderen nicht warum Gott überhaupt ist und warum er alles ist!

Stimmt schon, das ist eine Schwachstelle. Intuitiv scheint es mir zwar schlichtweg sinnvoll, dass es Unterschiede gibt - weil das Göttliche, um alles zu schein, auch alle Gegensätze sein muss, die es gibt, und weil die sich aufheben, quasi zu nichts neutralisieren würden, so dass es nicht alles sondern nichts wäre, wenn es dies alles nicht in verschiedenen Existenzformen wäre - aber logisch scheint mir die Begründung ziemlich zirkulär und nicht viel zu taugen :icon_confused:
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#37
Willkommen zurück, Melmoth!

(24-08-2008, 01:33)Melmoth schrieb: Intuitiv scheint es mir zwar schlichtweg sinnvoll, dass es Unterschiede gibt - weil das Göttliche, um alles zu schein, auch alle Gegensätze sein muss, die es gibt, und weil die sich aufheben, quasi zu nichts neutralisieren würden,

Ich glaube da liegt ein Missverständnis vor. Gegensätze und alles herum was existiert neutralisiert sich nicht zu einem Nichts, da die Dinge metaphysich oder spirituell eins sind und nicht mathematisch.

Gruß!
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#38
Hi edt!

Bei dem Versuch, mir vorzustellen, wie diese Gottheit alles in einem sein soll (alles beinhaltet ja z.B. auch gerade den Gegensatz von Einheit und Vielheit... :icon_confused:), ohne es zugleich in der Vielfalt unserer Welt zu sein, habe ich zugegebenermaßen das Gefühl, dass sich mir jeden Moment die Gehirnwindungen verknoten - was aber wenig über den Gedanken und dafür wahrscheinlich viel über meine Gehirnwindungen aussagt *g* Ich grübel noch mal ein bisschen drüber nach...
Danke für den Hinweis mit der (nicht funktionierenden) mathematischen Einheit, da käme am Ende, wenn man die Gegensätze so plump aufrechnet, wie ich es tun wollte, tatsächlich nichts raus und keine Einheit, die alles ist.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#39
Götter und menschliche Seelen haben eins gemeinsam - beide werden als unsichtbar, ewig und unendlich geglaubt - oder ?
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#40
@Keiner: Das ist sicherlich meistens so. Ich kenne allerdings auch (neu)heidnische Menschen, deren Götter keinesfalls ewig und unendlich sind - und für mich persönlich wäre die Frage nach der Unsichtbarkeit z.B. so eine Sache :icon_confused: Also stimme ich mal für: oft, aber nicht zwangsläufig ;)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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