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Gott als "das Unendliche"?
#16
Hi Epicharm :)
"Offenbarung" meinte ich nicht im Sinne des Buchs "Apokalypse" der Bibel, sondern als Summe aller historisch bezeugten Ereignisse, die den Menschen erkennbar machten, dass es Diesen G0TT gab und gibt, und etwas ueber die Groessen-Ordnung, die Sein eigenes Wesen von unserem unterscheidet.
Das begann ja reichlich lange vor dem letzt-entstandenen biblischen Dokument "Apokalypse Johanni". Und das ist auch vor nun rund 1900 Jahren formuliert worden vor einem Hintergrund Leuten in Kleinasien, die solche Bilder nicht als besonders kryptisch empfanden, weil es dort und damals eine ganze solche LiteraturKategorie "Apokalypsen" gab.

Erwartest Du von Dokumenten aus Zeiten anderer, deren inhaltliches Erbe der Lehre bis zu uns reicht, dass die alle so formuliert und uebersetzbar sind, dass das jedem Nachherigen auf Anhieb ein Klartext sein kann? Dasselbe Recht wie Du haette ich dann doch auch, und die ganze Zeit hindurch jeder, seit Moses - auf die Bibelbuecher bezoogen.
Was fuer ein Text sollte so etwas leisten?
Und wieso waere das noetig, damit ich oder Du G0TT als "weise" anerkenntest?
Die jeweilige Religionsgemeinschaft stellte diese Dokumente als "inmitten" ihrer Lehre zusammen und als "heilig" heraus aus anderer Literatur, was man etwas abgekuerzt als "inspirierte Texte und daher G0TTES Wort" bezeichnet, aber G0TT fegte nicht die Leute beiseite, um selber zu tippen, wenn sie lediglich mit ihren zeitlichen Wortschaetzen bezeugen, wie bestimmte Situationen waren und ihnen ueberliefert wurden. Wir nehmen eben als Glaeubige an, dass ER uns da mit heranzieht, einander als Menschen soweit ueber den Weg zu trauen, dass wir einem Zeugen glauben, dass er das so erlebt hat oder gesagt bekam und es zusammen unsere Lehre umschreibt, in der Mitte davon ER bei uns ist.

- Ist das, was Du erwaehnst, ueberhaupt ein Kriterium egal wessen Buechern gegenueber? - Normale Buecher erfordern auch eine gewisse Geduld der Leser, sich einzudenken in die Materie, je nach Art des Buchs. Heilige Buecher erfordern, die Lehre von den Vertretern der Lehre zu kennen, und erst vor diesem Hintergrund kommen die Texte zur annaehernd korrekten Einordnung.

Mich beschaeftigt es eher, ob ich diesem meinem G0TT und Seiner Gemeinde je weise genug werden koennte.

@Hi, Lea :)
ich denk mir das so, dass alle Versuche, G0TT - wie wir IHN voraussetzen als mit der Menschheit in Kontakt getreten - als IHN Selbst nur ganz schwach beschreiben zu koennen, wir muessen aus bezeugten Ereignissen folgern. Direkter kann man es kaum erwarten. In den Bereich gehoeren die philosophisch theoretischen Zuschreibungen von "Attributen" wie das "immerwaehrende in Sich Ruhen, wo Zeit und Raum noch nicht relevant sind"
- weil ER beides schuf, was uns "offenbart" wurde und in unseren Traditionen durch zig-tausende empirische Kleinigkeiten erlebbar wurde, glaubhaft ist. Damit ist aber fuer uns schon die Ausdenkbarkeit, was das bedeute, beendet. Es hat auch keine direkte Relevanz betreffs des Haltens der Gebote und der Feststellbarhkeit, dass es optimale Gebote fuer das Wohlergehen der meisten schon in dieser Welt sind, wenn man sich danach richtet. Das Praxis-Problem ist bekannt: neue Geborene kommen immerfort hinzu, wissen davon noch nix und probieren lieber erstmal alles Moegliche anders. Der Tag wird nicht kommen, dass alle Menschen auch nur 10 Jahre lang irgendein Gebot halten und befolgen wuerden.
Die Mystiker erleben eine Art von Entgrenzung des Erlebens von Raum und Zeit, damit wird nach unserer Auffassung unter freundlicher Nachhilfe G0TTES eine Art "Ahnung" moeglich, um was es geht.

Eine Zeit-Dimension hat ER vor diesem Hintergrund Sich Selbst angelegt, weil wir da hinein geschaffen sind und da hinein unsere Moeglichkeiten haben, IHN ueberhaupt wahrzunehmen als Jemanden Bestimmten. Da haelt ER Sich beim Beurteilen, ob wir ein Gebot befolgen, an das Nacheinander von Ursache und Wirkung, indem einer erst wissen muss, dass es geboten wurde, um es dann zu tun oder lassen. Nach unserer Erfahrung ist ER mit Menschen nicht willkuerlich.

Krass gesprochen: Willkuer waere es, wenn einer sagte: ich bestrafe dich heute fuer etwas, was uebermorgen mal verboten wird.
Oder gar: ich verhaenge Dinge, die du als Lohn oder Strafe bewertest, einfach nach dem Giesskannen-Prinzip, denn mir kannste sowieso nichts tun, ich bin nicht anfassbar, bin viel zu gross fuer deinereins. - Das dachten noch Heiden zur Zeit des biblischen Hiob.
So ein G*tt waere als nicht besonders gross und faehig einzuschaetzen.

Unserer gefaellt uns ueber die Massen, weil ER es schafft, uns frei zu lassen, wo es uns auf Freiheiten ankommt, und trotzdem aus dem Gewebe der freien Entscheidungen aller das Ganze in bestimmte von IHM gewuenschte Richtungen zu entwickeln. Das trauen wir IHM inzwischen zu, anfangs nicht - es war lernbar.

mfG WiT :)
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#17
Hallo WiT,

ich beschreibe die Widersprüche, die entstehen, wenn man Gott als Ursache von allem Sein (einschließlich der Zeit), als unendlich weise, als allmächtig, als gerecht und barmherzig, usw. mit den Kriterien der Logik untersucht. Die Untersuchungen haben Klügere als ich, immer wieder, von der Antike an bis in die heutige Zeit, vorgenommen. Was ich rezipiert  habe und was mir vernünftig scheint, gebe ich wieder.

Stell Dir einen allmächtigen und gleichzeitig allgütigen Gott vor und schau Dir die Welt an!?

Mit freundlichen Grüßen Epicharm
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#18
Epicharm schrieb:Das Paradoxon der Zeitlosigkeit Gottes
v. Viktor Weichbold, Theologe, Philosoph und Arzt

Gott steht außerhalb der Zeit, das bedeutet:
Für ihn gibt es kein Vorher und Nachher und keine ablaufenden Prozesse. Es herrscht Stillstand: Gott kann nichts tun, denn Aktivität würde entweder zeitliche Differenz (im Sinne von: vorher – nachher) oder das Nebeneinanderbestehen von Widersprüchen (zugleich so und anders) bedeuten.

Guten Abend, Epicharm.

Schön, wieder einmal einen Beitrag von Dir zu lesen.

Wenn o.g. stimmt (und es scheint schlüssig, auch das, was Du interpretatorisch dann danach schriebst), kann der Mensch Deiner Meinung nach trotzdem Gott "erfahren", und wenn ja, wie? Zu einer Er-Fahrung gehören ja Zeit und Raum.

Und generell: Wenn o.g. stimmt, ist es dann nicht im Tiefsten sinnlos, über "Gott" zu "reden"?

Viele Grüsse

Petrus
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#19
Hi Epicharm :)
Oki, ich stelle mir vor - sehe mir an - unser Problem ist, dass die Autoren, welche Dich anleiteten, ueber diese Dinge zu denken, den heidnischen G*ttesbegriff hatten, den diese Basis-Philosophen hatten, sie holen also logisch und philosophisch das Maximum heraus und haeufen unvereinbare Kriterien auf den postulierten G*ttes-Begriff.
Judentum und letztlich auch Christentum und Islam entstanden aber ganz anders. Denen, von denen wir diese Religionen verdanken, wurde nichts versprochen, das an unserer Freiheit scheitern muss.

- "maechtig" und "guetig" sind nicht automatisch unabhaengig voneinander postulierbare Attribute. Das ueberein bringen zu wollen ist vermutlich sowas wie die Idee, einer, der "alles kann, was er will" koenne "natuerlich" auch ein Brett mit nur 1 Seite machen oder ein viereckiges Dreieck zeichnen. Religion dieser Art versteht sich stets unkomplizierter, indem man sie erstmal macht.
Sieh es mal so: viele haben einem schon "Auschwitz" unter die Nase gerieben - aber ich weiss von keinem, der wirklich drin war, der das getan haette - in so einem polarisierenden Angriff auf IHN. Das tun Leute, die davon hoeren, die sich nicht vorstellen koennen, dass selbst so etwas klein bei klein wie der taegliche Staub rieselte und auf diese Art "auf einmal" Menschen wie denen um uns und uns selber moeglich war. Damit dispensiert man sich schon wieder vom Menschsein und der unvorstellbaren Verwobenheit der Motive.
Der gedachte maechtige G0TT war nach unserer Auffassung aus Barmherzigkeit und sowieso wegen Seiner Gegenwaertigkeit ebenso in den Opfern mitgefangen da und ebenso Zeuge, was direkt in den Taetern ablief, was sie glaubten, dort zu tun, ER ist Zeuge.
Es ist unheimlich - ganz bestimmt - aber der Mensch hat die Freiheit, zu suendigen - auch so etwas. Uebelzunehmen, zu be-und-verklagen wie auch verzeihen oder nicht-verzeihen - das steht den Getroffenen zu, keinem Stellvertreter.
Soziale Ungerechtigkeit - das koennen wir aktuuell so einfach beobachten - entsteht aus Arglosem an sich denken, aus auch-an-sich-denken-Muessen und aud Nicht-Wissen, wohin sich etwas, was man tut, auswirkt. Usere eher agnostisch gepraegte Gegenwart macht sich keinen Kummer darum, jemanden zu beschuldigen und gnadenlos darauf festzukleben - wozu im weitesten Sinne auch diese Ueberlegungen gehoeren, das, was uns als Mit-Leid zu weh tut, etwas empoert weiter zu ueberweisen an den G0TT - "einer muss es doch gewesen sein, und wenn die Frommen G0TT maechtig nennen, dann unterliess Der was. Punkt."

Dies ist aber komplizierter fuer einen nicht Praktizierenden der Religion. Es gibt mehr Komponenten des Da-Seins als die logischen. Wir haben mit der Zeit auch davon vieles verinnerlicht. Das haben die Nicht-Glaeubigen ihrerseits auch (nicht-Logisches eintrainiert).

- ich nenn das mal vergleichend Liebe. Liebe sucht und findet unendlich viele Einzelheiten, die bestaetigen, dass liebenswert ist, was man sowieso schon so liebt. Wer nicht liebt, macht das Gegenteil: fasst zusammen, um besser verurteilen zu koennen. Aus etwas mehr Abstand laesst sich besser vernichten, was man nicht-liebt, verstehst Du?

Liebende wollen eben genau keinen noch groesseren Abstand und kein "objektives" Urteilen. Mag sein, es ist absurd, wenn ein Fisch im Netz Liebe zu seinem Fischer empfindet. Aber das ist eine der religioesen Machbarkeiten. Die komplette Andersartigkeit ist gegeben, dennoch trauen wir dieser Zusage, dass es auch fuer den verliebten "Fisch" in dem Fall eine erfahrbare Gegenliebe seitens des "Fischers" gibt.
Das ist probierbar und nachvollziehbar wie Liebe unter Menschen. Mehr wissen wir darueber im Grunde ja auch nicht genau, wieso sowas geht.

mfG WiT :)
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#20
Dann bedeutet ein Mehr (Anwachsen) an Liebe, ein Grösserwerden von Verstehen, inneres Wachstum und Nähe zum Schöpfer? Verinnerlichung der Liebe, entgrenzt (gleich den Mystikern)...in einer begrenzten Welt und Existenz.
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#21
Petrus schrieb:Wenn o.g. stimmt (und es scheint schlüssig, auch das, was Du interpretatorisch dann danach schriebst), kann der Mensch Deiner Meinung nach trotzdem Gott "erfahren", und wenn ja, wie? Zu einer Er-Fahrung gehören ja Zeit und Raum.

Hallo Petrus,

Du stellst die Gretchenfrage (von der anderen Richtung her).

Wer darf ihn nennen und wer bekennen: Ich glaub an IHN?, ist ein Teil der Antwort.

Agnostiker meinen zu wissen, dass sie nichts wissen. Es geht ihnen wie Sokrates, der die vermeintlich weisesten Athener um Erklärung der Dinge bat und erkannte, dass das Orakel recht hatte, das verkündet hatte, er, Sokrates, sei der Weiseste, weil er als einziger seine Beschränktheit zu erkennen in der Lage war.

Gotteserfahrung? Etwas, das man so nennen darf, hatte ich, als ich in der Wüste eine Nacht verbrachte und zum Himmel schaute. Man schaut in die Ewigkeit und erkennt wie unbedeutend die eigene Existenz ist. Das sind Augenblicke, in denen ich vom Agnostiker zum Pantheisten werde.

Liebe Grüße von Epicharm
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#22
WiTaimre schrieb:Hi Epicharm :)
Oki, ich stelle mir vor - sehe mir an - unser Problem ist, dass die Autoren, welche Dich anleiteten, ueber diese Dinge zu denken, den heidnischen G*ttesbegriff hatten, den diese Basis-Philosophen hatten, sie holen also logisch und philosophisch das Maximum heraus und haeufen unvereinbare Kriterien auf den postulierten G*ttes-Begriff.

Hallo WiT,

Du hast es erkannt. Man leitet das, was man zu wissen glaubt, aus dem ab, was man gehört und gelesen hat. Die Auswahl trifft jeder der eigenen Neigung nach. Und ich kann nicht abstreiten, dass mir Rousseau, Kant, Hegel, Feuerbach, und Russel näher stehen als Anselm v. C., Thomas v. Aquino, Schleiermacher, Kierkegaard, etc. (um einige zu nennen).

Da ich der grundsätzlichen Auffassung bin, dass die Anwendung der Logik bei der Betrachtung von Religion nicht hilfreich ist (weil solche Untersuchungen oft in Paradoxien münden), werde ich das auch schon wieder unterlassen. Es sollte nicht mehr als eine Fingerübung gewesen sein.

Grüße v. Epicharm
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#23
Epicharm schrieb:Das sind Augenblicke, in denen ich vom Agnostiker zum Pantheisten werde.

Danke, Epicharm,

Deine Antworten sind für mich eine wirkliche Bereicherung.

Liebe Grüsse

Petrus
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#24
Schöne "Fingerübung"...

Gretchenfrage: Kann das Geschöpf den Schöpfer begreifen? Reicht menschliche Logik aus, um die Logik auch nur annähernd darszustellen, die erstmal die menschliche Logik ermöglichte? Oder: Repräsentiert der Ziegelstein im Fundament des Empire-State-Building das ganze Gebäude?....
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#25
Epicharm schrieb:Wenn wir sagen, dass Gott die Ursache dafür ist, dass überhaupt etwas existiert (wie es die Theologen tun), dann muss Gott auch der Schöpfer der Zeit sein, d.h. ohne Gott gibt es auch keine Zeit. [...]
2. Fall: Wenn wir sagen, dass etwas geschaffen wurde oder dass ein Ereignis verursacht wurde, dann setzen wir das Vergehen von Zeit voraus. Ereignis A kann Ereignis B dann und nur dann verursachen, wenn folgende vier Bedingungen gegeben sind ...

Hier scheint mir der grundlegende Widerspruch deiner These klar erkenntlich zu sein. Als erstes akzeptierst du bzw. stellst zumindest fest, dass nach theologischer Sicht Zeit eine geschaffene Dimension ist, deren Sein, in dem Falle, dass wir eine Schöpfung annehmen, von Gott verursacht ist.
Die Bedingungen des 1. Falls sind hier nicht andwendbar, da sie nicht von einer monistischen Causalität ausgehen. Der 2. Fall ist aber auch nicht anwendbar. Wie kann denn, um beim Beispiel Zeit zu bleiben, der Schöpfungsakt der Zeit zeitlich vor der Schaffung der Zeit angesiedelt sein? Der Schöpfungsakt A der die Dimension Zeit erschafft und zwar ex nihilo (aus dem Nichts), kann zeitlich nicht mehr eingeholt werden. Folglich kann man hier auch nicht von einem Ereignis A das zeitlich vor dem Resultat B liegt sprechen.
Im Falle der Zeit kann lediglich von einer ontologischen Schöpfung gesprochen werden. Das bedeutet, dass die Zeit, die nicht ist und durch den Schöpfungsakt ins Sein tritt. Alles aber was vor dieser creatio ex nihilo (Schöpfung aus dem Nichts) ist, kann zeitlich nicht reformuliert werden. Daher ist die Zeit keine Dimension mit der Schöpfung oder ein Akt der Schöpfung erklärt werden könnte, da sie selbst Resultat dieses Vorgangs ist. Die Wirkung (Zeit) aber kann niemals die Ursache (Schöpfung) selbst bestimmen, sondern die Ursache bestimmt die Wirkung. Daher ist der von dir konstruierte 2. Fall eine unzureichende Beschreibung für den Fall eines Schöpfungsaktes ex nihilo.

Du führst daher - wie du selbst feststellst - deine eigenen Überlegungen, da durch falsche Voraussetzungen bestimmt, selbst ad absurdum: "Damit Gott den Beginn der Zeit verursacht haben kann, muss also bereits die Existenz von Zeit vorausgesetzt werden! Es musste also bereits Zeit vergehen, damit Gott die Zeit schaffen konnte. Das aber ist absurd - woher sollte die Zeit kommen, die bereits vergeht, bevor sie geschaffen wurde? Es ist also unmöglich, dass etwas den Beginn der Zeit verursacht haben kann."


Epicharm schrieb:1. Ereignis A liegt zeitlich vor dem Ereignis B.
2. Ereignis A muss in einem räumlichen Kontinuum mit B stattgefunden haben.
3. Ereignis A muss das Potenzial haben, B hervorzubringen
4. Ereignis A muss Energie auf das Ereignis B übertragen haben

Ist eine dieser vier Bedingungen (Zeit, Raum, Potentialität, Energieübertragung) nicht gegeben, so kann man nicht von verursachen reden. Jede der Voraussetzungen muss erfüllt sein. Das gilt auch, wenn wir davon reden, dass Gott das Universum geschaffen (= verursacht) hat.

Das von mir oben gesagte lässt sich fast gänzlich auf alle weiteren Bedingungen anwenden, die du bzw. Viktor Weichbold postulierst. Um es mal auf folgende Weise auszudrücken. Ihr begeht hier den klassischen Fehler der Gottesbeweise. Wie Nikolaus Cusanus, Kant und unzählige andere Philosophen festgestellt haben, sind die Bedingungen die wir für Causalursächlichkeiten in unserer Wirklichkeit wahrnehmen nicht anwendbar auf eine erste Ursache. Es ist nicht möglich eine erste Ursache, die Gott ist, in den Dimension und Bedingungen ihrer Wirkungen zu erfassen und zu beschreiben.

Presbyter
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#26
Presbyter schrieb:Es ist nicht möglich eine erste Ursache, die Gott ist, in den Dimension und Bedingungen ihrer Wirkungen zu erfassen und zu beschreiben.

Ja, die ERSTE URSACHE ist das Problem. Gott ist die Ursache seiner selbst. Th. v. Aquino, N. v. Kues, Descartes, Leibniz (da alles Seiende eine Ursache haben muss, müsse Gott die Ursache seiner selbst sein) und die Neuscholastiker lassen grüßen. Beweisführungen, an deren Spitze ein Axiom steht, sind entbehrlich. Die Position von Kant in dieser Frage können wir, wenn Du willst, im Bereich Philosophie untersuchen.

Dass die Logik kein geeignetes Werkzeug für Untersuchungen in Glaubensfragen ist und ich mich in meinen Ausführungen dazu auch nicht allzu ernst nehme, habe ich schon angemerkt. Denkfehler, die Du erkannt zu haben meinst, will ich nicht einräumen.

MfG Epicharm
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#27
Epicharm schrieb:Mit dem Unvergänglichen haben wir keine Erfahrung, wir können die Ewigkeit weder empirisch noch logisch erfassen. Und wer versucht, die Logik auf solche Dinge anzuwenden, wird mit den Paradoxien, die den Denkübungen entspringen, leben müssen.

Dass sich Unendlichkeit nie empirisch erfassen lässt, ist klar. Zu beobachten ist nur, dass scheinbare Vergänglichkeit gar keine Vergänglichkeit ist, sondern nur Verwandlung – siehe Energieerhaltung bei ständiger Umwandlung, oder die Unmöglichkeit, irgendetwas wirklich zu vernichten (so dass nichts mehr davon übrig bleibt), statt nur seine Form zu ändern. Durch solche Vorgänge wird Ewigkeit schon denkbar, so abstrakt sie auch bleibt, wenn man bedenkt, dass dieser Wandel der Erscheinungsformen bei gleichbleibendem „Ausgangsmaterial“ problemlos ins Unendliche so fortdauern könnte.
Dass diese Beobachtungen zwangsläufig nur über einen zeitlich begrenzten Zeitraum stattgefunden haben, innerhalb dessen sie sich nicht verändert haben, und daraus nicht vorausgesagt werden darf, dass sie sich nicht ändern können, ist mir bewusst. Also wird man keine Gewissheit darüber erreichen können, ob es Unendlichkeit gibt, aber so lange es gleich gut denkbar ist, dass es sie gibt, wie dass es sie nicht gibt, wird die Logik es wohl immer wieder damit aufnehmen. So lange man sich bewusst bleibt, dass man am Ende eben immer noch nichts weiß, sondern nur manches für wahrscheinlicher und anderes für weniger wahrscheinlich eingeschätzt hat, sehe ich auch keinen Grund, dem Verstand dieses Spielchen zu missgönnen.

Die Erklärung, warum Gott die Zeit nicht geschaffen haben kann, finde ich durchaus plausibel, allerdings mag es ja, wie du sagst, „weder neu noch originell“ sein, dass Gott die Zeit ist, aber was wäre damit, dass Gottes Wesen natürlich nicht darin besteht, nur die Zeit zu sein, sondern dass die Zeit eine seiner unzähligen „Eigenschaften“/ Erscheinungsformen ist? Dann wäre sie weder vor ihm da gewesen noch hätte er sie verursachen müssen. Das mag genauso wenig neu oder originell sein wie der Chronos der Griechen, aber einen wirklich neuen Gedanken zu finden dürfte eh schwer werden – eine neue Ausdrucksform für einen irgendwann schon mal dagewesenen Gedanken zu finden ist ja meist schon schwer genug.


Epicharm schrieb:Stell Dir einen allmächtigen und gleichzeitig allgütigen Gott vor und schau Dir die Welt an!?

Okay, mal vom zeitlichen Aspekt, der etwas den Vordergrund eingenommen hat, zu den Eigenschaften. Gerade wenn Gott unendlich wäre, unbegrenzt in seinen Eigenschaften und Möglichkeiten, wieso sollte die Welt dann nicht so sein, wie sie ist? Güte als eine Eigenschaft, schön und gut – aber doch nicht nur diese Güte. Würden sich die Eigenschaften Gottes auf solche beschränken, die dem Menschen, einer einzigen von nun wirklich vielen Lebensformen, als „gut“ gelten, wäre es mit der Unbegrenztheit nicht weit her. Gottes „Persönlichkeit“ (in Ermangelung eines besseren Begriffs – bitte nicht als Hinweis auf eine personale Gottheit nehmen) wäre doch genau da eingegrenzt, wo das beginnt, was nicht mehr als „gut“ gilt.
Und wenn Gott so begrenzt wäre, wäre die Frage, was es gibt, was die Macht hätte, ihn zu begrenzen. Da bräuchte es schonmal etwas neben Gott – und wo etwas ist, was nicht Gott ist, ist Gott nicht unendlich. Das ist nebenbei auch der Grund, weshalb ich die Unterteilung in Schöpfer und Schöpfung (als etwas, was nicht Gott ist) so problematisch finde.
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#28
@WiTaimre: Danke für den historischen Exkurs, interessant ist das allemal, auch wenn mich einiges bei Aristoteles schmunzeln lässt. Also nicht die Definition Gottes als rein geistig, die ist ja weit verbreitet und sicher nicht Anlass zum Grinsen (es fällt mir nur schwer, sie nachzuvollziehen), sondern diese sehr, hm, technischen Kriterien. Bloß weil es für den Menschen blöd wäre, wenn er sich nicht drauf verlassen könnte, dass Gott konstant ist, muss Gott auch konstant sein - naja, und davon, dass er die Anzahl von Personen festlegt, die die Existenz einer Gottheit bezeugen müssen, mal ganz zu schweigen. Aber diese Argumente würde wohl heute auch kaum noch einer bringen, und da muss man wohl den riesigen zeitlichen Abstand berücksichtigen. Wir werden es ja leider nicht mehr miterleben, welche der Dinge, die vielen von uns heute logisch erscheinen, spätere Generationen mal zum Lachen bringen werden *g*

Die Sache mit der reinen Geistigkeit Gottes ist da wirklich schon interessanter. Gerade in Verbindung mit Unendlichkeit fällt mir die Vorstellung schwer. Da kommt jetzt doch das Thema Unendlichkeit und Dualismus ins Spiel. Wie schon am Ende des letzten Beitrags geschrieben, hätte eine Unendlichkeit und Unbegrenztheit Gottes meiner Meinung nach die Konsequenz, dass es nichts geben könnte, was nicht Gott wäre, weil die Existenz von etwas, das nicht Gott ist, Gott eben in seiner eigenen Existenz begrenzen würde.

Sollte das Thema auf irgendein Interesse stoßen, würde ich allerdings vorschlagen, damit zwecks Übersichtlichkeit wirklich in einen anderen Thread umzuziehen - ich mach mal einen auf, mehr als leerstehen kann er ja nicht *g*
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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#29
Melmoth schrieb:(Wird) es allgemein und religionsübergreifend als wesentliche Eigenschaft Gottes gesehen ..., unendlich zu sein? Also weder räumlich noch zeitlich begrenzt, unendlich in seinen Möglichkeiten, Eigenschaften etc…. Ist Unendlichkeit das, was gewissermaßen Gott göttlich macht?
Was wir untereinander mitteilen können, wurde im Verlaufe des Threads deutlich. Ich möchte noch eine Facette aus meiner Sicht hinzufügen:
Über Gottes Eigenschaften zu kommunizieren ist im philosophischen Sinne ein riskantes Abenteuer. Denn die Eigenschaftsbegriffe zum Thema "Gott" sind im weitesten Sinne Konventionen aus einer langen Tradition. Selbst die Akzeptanz uralter Offenbarungen macht da keine Ausnahme.
Der im Eingangsbeitrag vorausgesetzten Gleichwertigkeit von "Unendlichkeit" und "Gott", müsste ein unter allen Umständen unbestreitbares Axiom zugrundeliegen: so ähnlich wie die Abzählmethode der natürlichen Zahlen: "Man kann zu jeder beliebigen Zahl die Einheit dazuzählen".
Eine derartiges Axiom ist für eine Wesenheit, die buchstäblich alles erzeugt haben soll, nicht vorstellbar. Anderenfalls müssten Informationen aus einem Teilbereich der Welt, den übergeordneten Bereich beschreiben können! (Wenn man das Problem so formuliert, sieht man sofort die physische Unmöglichkeit).
Es wird daher niemanden ernsthaft wundern, dass man mit Hilfe von allerlei Aussagen, die sich Laien und Priester ausdenken könnten, nichts beweisen kann.
So unterschiedlich die Menschen sind, so weit sind auch die Eigenschaften gestreut, die dem Göttlichen zugeordnet werden - natürlich auch die Unendlichkeit (von was überhaupt?) aber eben nicht nur.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#30
Ekkard schrieb:... Es wird daher niemanden ernsthaft wundern, dass man mit Hilfe von allerlei Aussagen, die sich Laien und Priester ausdenken könnten, nichts beweisen kann ...

"Götter definieren sich als Summe ausschließlich positiver Eigenschaften. Ewigkeit, Allmacht und Güte sind nur die wichtigsten." Keiner
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