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Gibt es Zufall?
#1
Question 
Was ist Zufall? Etwas das man nicht oder noch nicht berechnen kann? Warum unterscheiden sich dann die Nachkommastellen der Zahl Pi mathematisch in nichts von Zufallszahlen, wo es aber doch Formeln für Berechnung dieser Nachkommastellen von Pi gibt? (Ich hätte auch e oder ln(2) oder z.B. sqrt(2) nehmen können).

Und das ist das große Rätsel. Gibt es überhaupt Zufall, oder konnte man ihn vorherberechnen, wenn man nur die richtige Formel besaß?

Eine Redundanz in der Abfolge der Nachkommastellen bedeutet eine mathematische Reduzierbarkeit und die Vorhersagbarkeit der nächsten Nachkommastelle. Aber wenn man sich Abfolge der Nachkommastellen der Zahl Pi ansieht:

3,141592653589793238462643383279502884197169399375105820974944592307816...

dann gibt es keine erkennbare Struktur. Keine Redundanz, keine Reduzierbarkeit, keine Vorhersagemöglichkeit der nächsten Ziffer. Aber doch ist doch die Ziffernfolge mathematisch ausgerechnet worden, mit einer Formel!

Zufall per Formel? :bduh:

Man kann aber nun mathematisch zeigen, dass das nicht einmal eine besondere Eigenschaft von der Zahl Pi ist, sondern von jeder beliebigen transzendenten Zahl, zum Beispiel e=2,7182818…, der Eulerschen Zahl, oder zum Beispiel ln(2), der natürliche Logarithmus der Zahl 2, und so weiter. Jede beliebige Zahlensequenz ist in Pi oder sonst einer transzendenten Zahl enthalten.

Wenn man nun zum Beispiel 01=„a“, 02=„b“ setzen würde, und 26=„z“ und so weiter und dann lange genug wartet und genügend viele Nachkommastellen ausrechnet, dann erhält man irgendwann einmal jede gewünschte Sequenz, zum Beispiel den kompletten Bibeltext oder den Text jedes beliebigen anderen Buches, oder den soeben gelesenen Text.

Das bedeutete, dass die komplette Information der Welt letztlich in den Nachkommastellen von Pi oder jeder anderen beliebigen transzendenten Zahl abgespeichert war. Mathematisch gesehen, war in Pi sozusagen der gesamte Formalismus der Mathematik vorhanden. So, als wäre Pi die Urformel und das Urgeheimnis der Mathematik.
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#2
ich habe von dem ganzen Beitrag genauso viel verstanden wie wenn sich mein Wellensittich mit mir "unterhält"....
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#3
Hi Qtipie,

eine sehr interessante Fragestellung, die du hier formulierst! Die Bedeutung des Zufalls.
Du fragst danach ob es überhaupt Zufall gibt oder ob er einfach ein Mangel an möglicher Determination z. B. durch eine mathematische Formel ist. Ich glaube die Antwort gibt uns die Erfahrung hier selbst. Zufall bedeutet hier in jedem Falle, dass hier etwas an den Grenzen unserer menschlichen Vernunft liegt. Das würde auch vielfach mit unserem allgemeinen Sprachgebrauch übereinstimmen, indem wir das was wir nicht auf eine vernünftige Ursache zurückführen können als zufällig ansehen. So ergibt sich daraus, dass eine Sache entweder ohne Causa (Ursache) ist oder die Art und Weise der Causalität (der Verursachung) nicht angemessen erklärbar ist.

Aber mir scheint dem Zufall noch eine tiefere Bedeutung inne zu wohnen, nämlich die der Ziel-/Sinnlosigkeit. Und dies sind die beiden besonders Relevanten. Etwas das zufällig ist, hat in aller Regel keinen dauerhaften Bestand. Es ist Zufallsprodukt, es ist nicht gezielt entstanden und hat damit auch keinen Wert.
Nicht gemeint sind damit "Zufalls"-Entdeckungen, denn hier wird dann die Causalität erklärbar. Das zuvor Unsinnige, Unbestimmte, Nicht-Ableitbare ist nun wiederholbar, einordbar.

2 Beispiele zur Veranschaulichung:

1. Zufalls-Entdeckung des Solariesierungseffekts

Der Überlieferung zur Folge war es reiner Zufall, dass Nathaniel Hayward (1807-1865) den "Solarisierungseffekt" entdeckte. Nämlich, dass sich nach Einmischen von Schwefel und unter der Einwirkung von Sonnenlicht eine Verhärtung in0 der Kautschuk-Oberfläche bemerkbar macht. Dieser Zufall lieferte die Grundlage für die heutige Nutzung des Gummis.

Hier wird der Zufall wie folgt bestimmt. Er geschieht nicht gezielt, ist aber ansonsten determinierbar (bestimmbar), da die Ereignisse wiederholbar sind. Der Schwefel lässt sich jeder Zeit wieder dem Kautschuk zu führen, die Erforschung dieses Umstandes lässt die zufälligen Bedingungen bestimmbar werden und löst somit die Ziel-/Sinnlosigkeit des Vorgangs auf, macht in rational erklärbar.

2. Der Zufall der Evolution

Biologen erklären uns heute sehr oft, dass die Ergebnisse der Evolution einzig und allein durch natürliche Selektion entstanden sind. Die Art und Weise der natürlichen Zuchtwahl, d.h. das jeweilige, sich immer wieder ändernde Zusammenspiel der verschiedenen Selektionsfaktoren, hat dazu geführt, dass wir beim "Jetzt"-Stadium der Evolution angekommen sind, die keineswegs abgeschlossen ist.
Zufall soll hier jeweils das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren sein. Zwar ist hier (mehr oder weniger) ableitbar und bestimmbar wie diese oder jene Entwicklung eingetreten ist, aber sie hätte unter anderen Vorzeichen, d.h. anderen Selektionsfaktoren auch vollkommen anders aussehen können.

Hier steht also nicht das Wie? in Frage wie oben, sondern das Warum?
Warum ist der Mensch so wie er ist und nicht anders als er ist? Ist er Zufallsprodukt eines willkürlichen natürlichen Mechanismus oder ist er ein determiniertes Wesen, das somit Ziel und Sinn hat.
Die Frage des Warums? des Zufalls geht hier in die Metaebene der Philosophie über.

Diese Frage ist auch nicht nur akademisch. Denn wenn wir dem Zufälligen nur eine geringe oder sogar keine eigentlich Seinsberechtigung zu schreiben, dann wird dies besonders im Hinblick auf die Würde des Menschen interessant. Gerade im Hinblick des Kontraktualismus der Aufklärung, der die Sicherung der Würde des Menschen als einen Vertrag, als eine notwendige Konvention des Menschen ansieht, bekommt diese Frage eine hohe Aktualität. Denn die Überzeugungen haben sich geändert. Heute existiert nicht mehr das Naturrechtsdenken des 18./19 Jahrhunderts, sondern vielfach ein darwinistisch-evolutionistisches Weltbild, dass immer mehr auch auf soziale Wirklichkeiten gedeutet wird.
Kardinal Schönborn macht dies z.B. in seinem Buch "Ziel oder Zufall" (s.u.) deutlich. Der Mensch der nur als Übergangserscheinung im "ewigen" Prozess der Evolution gesehen wird, hat keine ihm selbst innewohnende Dignität, kein Recht auf Bestand. Er ist ohne Ziel und ohne Sinn, zufällig und ohne Dauer. Mir scheint dies die gravierendste Bedeutung des Zufalls zu sein: Man nimmt dem Zufälligen seine Würde. Auch das kennen wir aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, z.B. wenn wir einen Erfolg als zufällig degradieren. Gefährlich wird es, wenn so eine Überzeugung allgemeine Konvention wird.


Zusammenfassend zu diesen keineswegs umfassenden Überlegungen und weiteren Denkanstössen möchte ich noch mal kurz zusammenfassen:

Der Zufall ist meiner Einschätzung nach eine Sache deren Ursache oder Ursächlichkeit weder bestimmbar, noch ableitbar ist und die daher weder Ziel, noch Sinn hat und deshalb in aller Regel kein Recht auf Existenz oder keine ihr selbst innewohnende oder von etwas oder jemanden ableitbare Würde besitzt.



___________________
Schönborn, Christoph: Ziel oder Zufall?. Schöpfung und Evolution aus der Sicht eines vernünftigen Glaubens., Freiburg, 2007.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#4
(19-09-2008, 19:43)Presbyter schrieb: Der Zufall ist meiner Einschätzung nach eine Sache deren Ursache oder Ursächlichkeit weder bestimmbar, noch ableitbar ist und die daher weder Ziel, noch Sinn hat und deshalb in aller Regel kein Recht auf Existenz oder keine ihr selbst innewohnende oder von etwas oder jemanden ableitbare Würde besitzt.

Um es kurz zu fassen, Du glaubst nicht an Zufall.
Ich auch nicht.
Wobei mir auch der Beitrag von Qtipie recht gut gefällt...

Im Koran steht dass Gott der Beste Rechner ist, der Größte Mathematiker, die Welt ist komplett mathematisch aufgebaut und weit außerhalb unseres Verständnisses dafür.
Der Begriff "Zufall" bezeichnet nur unsere Unfähigkeit die Kausalität zu berechnen.
So kennt Gott jedes Sandkorn und weiß wie sich ein Wassertropfen verteilt wenn er auf einen Stein fällt, und das bei jedem Gewitter.
Wir können nicht einmal einen Tropfen berechnen.
"Zufall" ist ein Begriff den die Menschen zu Hilfe nehmen wenn sie nicht weiterwissen, deshalb sollte man diesen Begriff
auch manchmal bei einer Diskussion zulassen auch wenn man weiß dass es ihn eigentlich nicht gibt.
Es ist eine Brücke für unser Verständnis der Dinge, eine Krücke eher die man benutzen kann
um nicht Stunden lange Erklärungen von sich geben zu müssen.
Man kann auch nicht Jedem verständlich machen was die Kausalität letztendlich bedeutet wenn wir die Atomphysik betrachten.
Coffee2
Alleine schon die Tatsache, dass die Elemente mathematisch angeordnet sind sollte einem etwas nachdenklich machen.
Und so ist es sicher auch kein "Zufall", dass der Koran auch eine mathematische Ordnung hat
mit der seine Vollkommenheit bewiesen werden kann.
Und man kann sogar eine Verbindung zum Periodensystem der Elemente finden.
Auch wenn Viele diese Tatsache in den Bereich der Fabeln schieben so ist das dennoch sehr bemerkenswert
und sollte uns nicht von der Bewunderung dafür abhalten.
Aber das gehört eigentlich woanders einmal besprochen.

Wenn wir verschiedene Flüssigkeiten in einer Retorte gut durchmischen nennen wir die Verteilung der Atome "zufällig"
weil wir im Entferntesten nicht in der Lage sind, dieses mathematische System zu begreifen.
Welche Größe hat Gott wenn Er bei allem was sich mischt schon vorher weiß was dabei herauskommt
und wo sich die einzelnen Elektronen und Teile befinden die wir noch nicht einmal wahrnehmen können!

"Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten"

Gruß,
Wojciech
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#5
Diese Frage hat einen physikalischen und einen philosophischen Aspekt und wäre eine willkommene Bereicherung unseres Philosophie-Forums (hallo Gerhard: verschieben?)
Physik:
In der Quantenphysik kennen kennen wir den Zufall, dessen Resultate einer (schwachen) Determinierung gehorchen: Im Einzelfal nicht berechenbar, in der statistischen Vielheit sehr wohl. Beispiel: Es ist nicht vorhersagbar, wo ein Elektron nach Durcheilen eines Doppelspaltes landet. Dieses Ereignis ist indeterminiert, also absolut zufällig. Allerdings ergibt sich bei hinreichend vielen Ereignissen dieser Art ein Interferenzmuster.
Ähnliches gilt für den radioaktiven Zerfall. Das einzelne Ergeignis ist unbestimmt. Die Lebensdauer aber ein wohlbekannte Größe.

In der Physik gibt es aber noch einen "klassischen" Zufall, der bei sehr instabilen Systemen auftritt und nichts mit dem quantenmechanischen Zufall zu tun hat: Beispiele sind das chaotische Pendel, das astronomische Mehrkörperproblem (n>2) oder die Kerzenflamme. In diesen und ähnlichen Fällen ergibt die Theorie Lösungen, die nicht mehr konsistent berechenbar sind, weil infinitesimale Abweichungen der Anfangsbedingungen und minimale äußere Einflüsse das System im Laufe der Zeit ins Chaos treiben.

Bis vor noch nicht langer Zeit galten jene Lösungen als unzulässig oder "unphysikalisch"; diese Ansicht wurde revidiert, als man diese Systeme (insbesondere unser Wetter) numerisch auf großen Rechnern simulieren lernte. Das systematisch Abgleiten ins Chaos ist Teil unserer deterministischen, klassischen Physik - wir werden damit leben müssen genau wie in der Mathematik mit den irrationalen (unendliche, nichtperiodische Dezimalbrüche) und den transzendenten Zahlen (keine Lösung algebraischer Gleichungen) mit ihren berechenbaren aber zufälligen Ziffernfolgen.

Philosophie:
Wir sprechen vom Zufall, wenn ein Ereignis nicht auf eine erkennbare Ursache zurückzuführen ist.
Bei dieser Definition gibt es zusätzlich den "reinen Zufall", bei dem die Ursache prinzipiell nicht erkannt werden kann. Im quantenmechanischen Fall handelt es sich einwandfrei um "reine Zufälle" im Einzelfall.
Meine persönliche Meinung ist auch, dass die chaotischen, klassischen Systeme in diese Kategorie fallen.
Die übrigen Zufälle beruhen auf menschlichem Informationsverlust. Auch die besten Theorien mit ihren scheinbar fest gefügten Formeln kümmern sich um die "wesentlichen Einflussgrößen" und ihre Verknüpfung und vernachlässigen die "übrige Welt", sofern sich im Laufe der Zeit nicht etwas anderes ergibt. Alle Theorien sind daher "vorläufig" und unsere Messungen mit zufälligen Fehlern behaftet.

@Qtipie
Qtipie schrieb:Das bedeutete, dass die komplette Information der Welt letztlich in den Nachkommastellen von Pi oder jeder anderen beliebigen transzendenten Zahl abgespeichert war. Mathematisch gesehen, war in Pi sozusagen der gesamte Formalismus der Mathematik vorhanden. So, als wäre Pi die Urformel und das Urgeheimnis der Mathematik.
Dagegen fallen mir folgende Einwände ein:
1. Die Berechnungs- und der Lesezeiten: Um einen längeren Text in der Zahl Pi zu finden, brauchte man beträchtlich mehr Zeit als das Universum bisher gedauert hat.
2. Der Text ist abhängig von der Art der Codierung. Und damit ist in Pi absolut nichts enthalten, was ohne Zutun des Beobachtersystems (des Menschen) existiert.
3. Die Interpretation: Nehmen wir eine völlig andere Zivilisation. Diese würde in "unseren" Texten überhaupt keine sinnvolle Information finden. Jene Informationen, die unsere Kulturen ausmachen, sind unter anderen Denkvoraussetzungen völlig sinnleer.
4. Außerdem ist in Pi allenfalls eine Information enthalten, nicht aber "die Welt".

Du schreibst ein paar Zeilen vor dem o. g. Zitat: "Zufall per Formel".
Ganz recht! Deshalb spricht man auch von Pseudo-Zufallszahlen. Dass solche Reihen (im Bildungsgesetz enthalten) nicht "ganz Ohne" sind, magst Du an dem chaotischen Verhalten der Punktemuster der Fraktale erkennen. Das Unendliche (hier im Bildungsgesetz) übersteigt recht häufig unsere Alltagsanschauungen!

@Presbyter
Presbyter schrieb:Der Zufall ist meiner Einschätzung nach eine Sache deren Ursache oder Ursächlichkeit weder bestimmbar, noch ableitbar ist und die daher weder Ziel, noch Sinn hat und deshalb in aller Regel kein Recht auf Existenz oder keine ihr selbst innewohnende oder von etwas oder jemanden ableitbare Würde besitzt.
Der Definition stimme ich zu. Allerdings widerspreche ich der Beurteilung: Auch wenn der Mensch durch die Entwicklungsgeschichte geworden ist, in dem Variation und Selektion die entscheidenden Faktoren waren, sagt das nichts über "Recht auf Existenz" irgendeines der Elemente oder des Menschen (ich denke, Letzteres war auch nicht gemeint).
Die Würde des Menschen ergibt sich aus einem gesellschaftlichen Konsens, der letztlich zu Kulturleistungen wie z. B. "Ethik" oder "Kunst" führt. Dadurch ist Menschsein vielmehr geprägt, als durch die Elemente der Entwicklungsgeschichte.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
Hallo Wojciech,
Du schreibst dem Sinne nach: Ich glaube nicht an Zufall. "Zufall" ist keine Frage des Glaubens, sondern der Definition (siehe meinen vorherigen Beitrag). Glauben, d. h. die aktive Umsetzung einer Lehre) kann man nur Wertvorstellungen, Beurteilungsgrundlagen und Vorbilder. Die Definition von "Zufall" gehört m. E. nicht dazu. Anderenfalls müsstest Du begründen können, wen oder was Du mit "Zufall" qualifizieren zu können glaubst.

Was Presbyter in seinen letzten vier Zeilen geschrieben hat (Zufall, weder Sinn noch Ziel), erscheint mir in diesem Licht auch unzutreffend – seine Beurteilung, sofern sie überhaupt so beabsichtigt war, kommt aus einer ganz anderen Ecke und hat mit dem Begriff "Zufall" nicht das Geringste zu tun.

(19-09-2008, 23:54)wojciech schrieb: Im Koran steht dass Gott der Beste Rechner ist, der Größte Mathematiker, die Welt ist komplett mathematisch aufgebaut und weit außerhalb unseres Verständnisses dafür.
Das ist eine ganz andere und zwar tatsächlich eine Glaubensfrage.

wojciech schrieb:Der Begriff "Zufall" bezeichnet nur unsere Unfähigkeit die Kausalität zu berechnen.
Dies ist nach allen Regeln der Wissenschaft eine viel zu einseitige Auslegung des Begriffes. Diese Definition ist mithin unzureichend bzw. geht an der Wirklichkeit (an bekannten Wirkungen) vorbei.

wojciech schrieb:So kennt Gott jedes Sandkorn und weiß wie sich ein Wassertropfen verteilt wenn er auf einen Stein fällt, und das bei jedem Gewitter. …
Das, lieber Wojciech, gehört zu den Dingen, die der Mythologie (der Lehre von den Geheimnissen Gottes) zuzurechnen sind. Das mag jeder in der Form der "eigenen" Religion glauben. Niemand weiß, ob Gott dies in jedem Einzelfall und jetzt überhaupt wissen will – oder erst am Ende der Zeit. Wir diskutieren aber einen schlichten, irdischen Sachverhalt in der Jetztzeit.

wojciech schrieb:Wir können nicht einmal einen Tropfen berechnen.
Entweder ist diese Aussage unsinnig – nämlich dann, wenn mit "berechnen" gemeint ist, dass dadurch ein Wassertropfen geschaffen wird.
Wenn die Aussage aber einen empirischen Sinn haben soll, dann ist sie falsch: Selbstverständlich kann man das Verhalten des Wassers, wenn es sich unter gewissen Randbedingungen in Tropfen auflöst, berechnen. Und wie bei allen theoretischen Berechnungen gilt die immerwährende Einschränkung: "im Wesentlichen".
Es wäre eine viel zu strenge Forderung, dass auch alle Nebeneffekte Ergebnis der Berechnung zu sein haben. Und diese Forderung steckt in deiner folgenden Aussage:
wojciech schrieb:"Zufall" ist ein Begriff den die Menschen zu Hilfe nehmen wenn sie nicht weiterwissen, ….
Dem widerspreche ich aus der Erfahrung mit Zufällen aller Art, mit denen man als Wissenschaftler täglich zu tun hat. Die Essenz menschlicher Erfahrungen (Theorien) umfassen grundsätzlich nur das Wesentliche unter Vernachlässigung zufälliger Einflüsse, die heute so und morgen anders wirken.
Unter diesen zufälligen Einflüssen gibt es in der Tat solche, die im Prinzip nicht bestimmbar sind. Das hat damit zu tun, dass der physikalische/physische Bestimmungsprozess (Messprozess / Beobachtung) nur einen Teil der Einflussfaktoren selektiert und damit andere unterdrückt. Das hat nichts mit unserem Unwissen zu tun, welches sich aus mangelnder Genauigkeit ergibt, also an einem vom Experimentator / Beobachter verschuldeten Kenntnisverlust.

wojciech schrieb:Alleine schon die Tatsache, dass die Elemente mathematisch angeordnet sind sollte einem etwas nachdenklich machen.
Die Sache ist eindeutig geklärt und hängt mit der Körnigkeit und Organisation von Materie zusammen. Mir ist daher nicht klar, was du hier andeuten willst.
Du neigst dazu, Glaube und Mathematik (möglicherweise auch Philosophie) zu mythologisieren. Es ist schlicht keine Frage des "Zufalls" oder der "Bestimmtheit", ob eine Heilige Schrift "mathematisch aufgebaut" ist oder nicht. "Mathematisch" ist fast alles, was Menschenbeziehungen angeht. Die Meisten merken nicht einmal, das simples Tratschen einen mathematischen Gehalt hat: Wer, wann mit wem was gemacht oder unterlassen hat usw. ist auf der mathematischen Ebene "Codierung von Beziehungen" – also mathematisch. Mathematik mag für Viele äußerst ästhetisch wirken, aber eine mythologische Überhöhung steht dieser Disziplin menschlichen Denkens nicht zu.
wojciech schrieb:Aber das gehört eigentlich woanders einmal besprochen.
Ganz recht erkannt!

wojciech schrieb:Welche Größe hat Gott wenn Er bei allem was sich mischt schon vorher weiß was dabei herauskommt …
Sorry, lieber Wojciech, das kann man auch sarkastisch formulieren: Was muss dieser Gott für Pedant sein, dass ER sich mit solchem Kleinkram beschäftigt. Ich will Dir nicht Deinen Glauben abspenstig machen, nur: Gott ist nicht das Thema, wenn es um "Zufall" oder "Bestimmtheit" geht, zumal gerade die Quantenphysik oder Fraktale zeigen, dass Zufälle die schönsten Muster erzeugen.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Ich glaube auch nicht an Zufälle.

Nehmen wir mal eine Person der seinen Flug verpasst, und später herauskriegt, dass das Flugzeug abgestürzt ist. Diese Person wird nur die materiellen Vorgänge sehen. Er verschläft sich, findet zu spät ein Taxi, und das Flugzeug stürtzt ab. Ein Mystiker oder ein Erleuchteter wird aber nicht nur die materiellen Vorgänge sehen, sondern darin auch eine viel tiefere Dimension erkennen, die geistigen Vorgänge.

So ähnlich, als wenn wir uns einen Film anschauen würden. Wir wissen nicht was eigentlich im Filmstudio passiert, was hinter den Dreharbeiten vor sich geht. Wir sehen uns nur den Film an.
Der Film ist in diesem Fall die materielle Welt, das Filmstudio die geistige Welt.
Ich bezeichne diesen Geist als den Geist Gottes.
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#8
(21-09-2008, 13:27)edt schrieb: Ich glaube auch nicht an Zufälle.
Ich sagte es schon, Zufall ist nicht eine Frage des Wertens, Urteilens oder der Werteordnung, bei der es um Akzeptanz geht. So könntest du genau so gut behaupten: "Ich glaube nicht an die Partikelströme von der Sonne!" Sie sind messbar, sie bewirken etwas. Bei Zufällen ist dies physikalisch genauso.
edt schrieb:Nehmen wir mal eine Person der seinen Flug verpasst, und später herauskriegt, dass das Flugzeug abgestürzt ist.
Das mag eine legitime Deutung oder eine Empfindung sein; tatsächlich ist es aber Zufall, ganz einfach, weil das Verpassen eines Anschluss-Fluges, einer Bahnfahrt, eines Taxis fast jeden Flug mit einem gewissen Prozentsatz trifft. Wenn also ein Flug in der Katastrophe endet, so gibt es immer Welche, die ihn verpasst haben. Man mag glauben, was man will von Schicksalsfügung über Gottes Eingreifen - die Wahrheit ist wesentlich nüchterner!

Das Bild von der Filmbühne vermag ich in diesem Zusammenhang nicht nachzuvollziehen. Das Problem der "verdeckten Ursachen" (Filmemacher) wurde in der Quantenphysik des Langen und Breiten erörtert und messtechnisch untersucht: Es gibt einfach keinen Anhaltspunkt dafür. Im Gegenteil, wirklich alles zeigt, dass die Determiniertheit allein in der Vielzahl der Ereignisse liegt, z. B. in dem von mir erwähnten Interferenzmuster am Doppelspalt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
Der französische Astronom, Mathematiker, Physiker und Philosoph Pierre Simon Marquis de Laplace sagte schon Ende 18.Jahrhunderts:
„Es ist also so, dass wir einer Schwäche des menschlichen Geistes einer der schönsten und genialsten mathematischen Theorien verdanken, die Wissenschaft von Zufall und Wahrscheinlichkeit.“
Zufall ist also die Unfähigkeit, die gesamte Ordnung zu verstehen. Auch wenn dies die gegenwärtige Physik versucht abzustreiten, ist die Theorie Laplaces immer noch die beste Erklärung, warum der Mensch glaubt, es gäbe einen Zufall.
Der französische Mathematiker und Philosoph Henri Poincaré aus dem 19.Jahrhundert machte zu diesem Thema die folgende Bemerkung: „Eine sehr kleine Ursache, die wir nicht bemerken, bewirkt einen beachtlichen Effekt, den wir nicht übersehen können, und dann sagen wir, der Effekt sei Zufällig.“
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#10
Nietzsche schrieb:So wie jeder Sieger spricht
Sprichst du "Zufall gibt es nicht"

:cheesygrin:
() qilin
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#11
(22-09-2008, 14:12)qilin schrieb:
Nietzsche schrieb:So wie jeder Sieger spricht
Sprichst du "Zufall gibt es nicht"

Nietzsche sieht den Zufall. Es kommt ihm darauf an, die Zufälle auszunutzen. Die »erhabene Zufälligkeit« beherrscht ihm das Dasein. »Der Mensch der höchsten Geistigkeit und Kraft fühlt sich jedem Zufall gewachsen, aber auch ganz in den Schneeflocken der Zufälle drin.« Diese Zufälligkeit aber wird für Nietzsche immer mehr zu einem verwundert hingenommenen Sinn: »Was ihr Zufall heißt ihr selber seid das, was euch zufällt!« Das Leben hindurch finden sich bei ihm Andeutungen, wie ganz bestimmte ihn betreffende Ereignisse ihm in der größten Zufälligkeit gerade einen geheimen Sinn zeigen, und am Ende schreibt er: »Es gibt keine Zufälle mehr.« :cheesygrin:
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#12
Genau das meinte ich - im Nachhinein kann man in jede Zufälligkeit 'geheimen Sinn' hineingeheimnissen
- so wie man im Nachhinein in jeder Prophezeiung die prophezeite Wahrheit erkennen kann... Evil5 :pray:
() qilin
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#13
(21-09-2008, 20:45)Ekkard schrieb: Bei Zufällen ist dies physikalisch genauso.

Und genau da liegt auch der Fehler.
Du wirfst Zufall und physikalische Gesetze in einen Topf, indem du glaubst, dass die physikalischen Gesetze die Ursachen seien und nicht die Wirkungen. Ferner beschränkst du dich auf die physische Welt.
Die physische Welt ist für dich Ursache und nicht Wirkung. Bei mir ist es genau umgekehrt.

Nehmen wir mal das Universum. Wie wir wissen ist das Universum ziemlich komplex. Wir sind nicht imstande uns zu erklären, wer, was, so etwas unglaubliches und komplexes, wie das Univerum hervorbringen kann.
Glaubst du, das sich alles von selbst organisieren kann, oder ob da nicht was tieferes dahinter steckt?

Oder nehmen wir mal dein Beispiel mit den Partikelströmen von der Sonne, die physikalisch messbar sind.
Woher willst du wissen, wenn die Sonne diese verursacht, dass es sich um die primären Vorgänge handelt und nicht um die sekundären? Vielleicht sind die Partikelströme die Wirkungen und die Ursache liegt in etwas, was man physikalisch nicht messen kann.

Es geht einfach um die Dinge die wir uns nicht erklären können wie das komplexe Universum, Bewusstsein, Placebo-Effekt, oder überhaupt unsere Existenz. Wenn es um solche Dinge geht, dann wird der Zufall zu einer Glaubenssache.
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#14
Machen wir es uns doch einfach.
Solange man nicht glaubt dass Der Verursacher der Schöpfung Allah
Al-Bary; der Erschaffer, der alles aus dem Nichts erschuf,
Al-Chaliq; der Schöpfer,
Al-Latief; der das Feinste in allen Dimensionen erfasst,
Al-Mubdi; der Beginnende, der Urheber alles Geschaffenen aus dem Nichts,
ist, solange kann man unbesorgt an Zufall glauben.

Glaubt man aber an einen Gott Der
Al-Hasieb; der genau Berechnende,
Al-Wasi'; der Weite, der mit Seiner Wohltätigkeit und Seinem Wissen alles Umfassende,
Al-Hakiem; der Allweise,
Al-Quadir; der zu allem Fähige, der Besitzer aller Macht und Autorität
ist, dann hat der Zufall keine Chance mehr.

Es macht auch keinen Sinn darüber zu diskutieren was Menschen als Zufall anschauen,
denn letztendlich ist der Glaube an Zufall gleichbedeutend wie "nicht wissen warum..."
zusammen mit "nicht glauben an Gottes Allwissenheit".

Wenn man an Zufall glaubt weil man die Kausalität nicht bis zu allem Ursprung zurückverfolgen kann
wird man auch Gott nicht als Al-Quadir; der zu allem Fähige, der Besitzer aller Macht und Autorität, erkennen können.

Wer an den Zufall glaubt lästert in gewisser Weise schon Gott, weil man Ihm nicht die Allmacht und
die Ursache von Allem zugesteht und dem Zufall, der auf nichts gründet, eine Schöpfungsrolle zuspricht.

Ich kann natürlich gut verstehen, dass viele Menschen nicht glauben können dass Allah alle Atome
und ihre einzelnen Wirkungen kennt, aber das ist einseitiges und einschränkendes Denken
weil man Gott nicht für fähig hält, alles umfassend zu wissen.
Und Viele halten Ihn auch nicht für fähig, die Welten und die Sonnen auf ihren Bahnen zu halten,
aber dass es geschieht sehen wir jeden Tag.


Gruß,
Wojciech
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#15
Es erstaunt mich, mit welcher Nonchalance Glaube und Zufall zusammengebracht wird - so als sei der Zufall der Feind des Glaubenden.
Wojciech schrieb:Wer an den Zufall glaubt, lästert in gewisser Weise schon Gott, weil man Ihm nicht die Allmacht und die Ursache von Allem zugesteht und dem Zufall, der auf nichts gründet, eine Schöpfungsrolle zuspricht.
Ich stelle bei Gläubigen eine unüberbietbare Unbescheidenheit fest, Begriffe für sich zu vereinnahmen bis hin zur krassen Fehlinterpretation der Aussagen von Herrn Laplace. Laplace lobt nur die mathematische Behandlung der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die "Schwäche des menschlichen Geistes" ist lediglich der Verzicht, alle minimalen, unbedeutenden Effekte einzeln zu verfolgen und durch eine Verteilung pauschal abzuhandeln.
Die naturwissenschaftliche Methode liefert folglich "statistisch abgesicherte" Ergebnisse – mehr nicht!
Für meinen Glauben würde die Ergebnisinterpretation: "Gott steckt hinter allen Zufällen", geradezu einem "Gottesexperiment" gleichkommen, einem empirischen Gottesbeweis.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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