19-02-2003, 14:01
Die Lehre Zarathustras, die mehrere Jahrhunderte lang die ethische Richtlinie im grosspersischen Reich bestimmt, ist heute kaum mehr bekannt. Es gibt zur Zeit nur noch ca. 200.000 Anhaenger Zarathustras. Die meisten Zarathustra-Anhaenger, etwa 100.000, leben als Parsen in Indien. Die Parsen sind die Nachkommen der persischen Zarathustrier, die vor allem im 9. Jahrhundert wegen Repressalien durch die Moslems von Persien aus nach Indien auswanderten. Wenn man einen Perser fragt, was er ueber Zarathustra weiss, bekommt man sehr oft die Antwort, dass die Zarathustrier Feueranbeter und deshalb genauso wie alle anderen Unglaeubigen, wie etwa die Juden und Christen, als unrein zu betrachten seien. In Deutschland ist Zarathustra weitgehend unbekannt, allenfalls wird bei einer Frage nach ihm der bekannte Titel des Nitsche-Buches "Also sprach Zarathustra" genannt.
I. Handelt es sich bei dem ersten in der Geschichte erwaehnten Monotheismus um eine Philosophie oder eine Religion?
Bei genauer Betrachtung der Lehre Zarathustras erkennt man, dass Zarathustra sich nicht anmasst, mit Gott, dem Schoepfer eines Weltalls, das nach unserem jetzigen Wissen ca. 26 Milliarden Lichtjahre umfasst und in jeder Hinsicht ausserhalb unserer Vorstellungskraft liegt, persoenlich in Kontakt getreten zu sein. Da monotheistische Religionen aber vornehmlich auf dem Fundarnent beruhen, dass der Religionsstifter eine enge Verbindung mit dem Schoepfer der Welt eingeht, kann man die Lehre Zarathustras und ihre zugrundeliegende Philosophie nicht in die Reihe dieser Religionen einordnen. Zarathustra hat stets von seinen eigenen Gedanken und Ueberlegungen gesprochen und ist nur ueber diesen Weg auf den Weltenschoepfer gestossen.
Das Leben Zarathustras
Wir besitzen weder Quellen ueber den Zeitraum, in dem Zarathustra gelebt hat, noch genaue Angaben ueber den Ort seines Lebens und Wirkens. Man nimmt an, dass er zwischen 1000 bis 600 v. Chr. gelebt hat. Manche Autoren legen das Zeitalter Zarathustras aber auch in die Zeit bis vor 4000 v. Christus.
Weshalb hat Zarathustra den Kampf gegen den zeitgenoessischen Mitrakult aufgenommen?
Wir wissen z. B. aus verbliebenen Schriften des Achaemeniderkoenigs Darius d. Grossen anlaesslich der Einweihung des Suezkanals, dass dieser Ahura Mazda (Gott) als Erschaffer von Himmel und Erde verehrt.
,,Ein grosser Gott (ist) Ahuramazda, der jenen Himmel schuf, der diese Erde schuf, der den Menschen schuf, der die Segensfuelle schuf fuer den Menschen, der den Darius zum Koenig machte, der dem Koenig Darius die Herrschaft verlieh, die gross (ist), die gute Rosse (und) gute Menschen besitzt."
,,Es spricht der Koenig Darius: Ic(h) bi(n) Perser. Von Persien aus erobe(rt)e ich Aegypten. Ich be(fa)hl, diesen (Kana)l zu graben von dem Strome namens Nil, der in AEgypten flie(sst, na)ch dem Meere, das von Persien ausgeht. D(a) wurde dieser Kanal gegraben, s(o, wie) ich befohlen hatte, un(d Schiffe) fuhren von Aegypten du(rch dies) en Kanal nach Per(sien s)o, wie (es) mei(n Wille war)."
Auch Herodot, ein griechischer Geschichtsschreiber, hat in seinem ersten Buch bestaetigt, dass die alten Perser Monotheisten waren und im Gegensatz zu den Griechen nichts fuer Goetzenbilder uebrig hatten und diese Sitte der Griechen toericht fanden. Ein monotheistisch ueberzeugter Zarathustra konnte deshalb auch die im Mitraglauben praktizierte Goetzenverehrung nicht akzeptieren. Auch andere Braeuche der Mitraverehrung, wie das Blutopfer oder der Genuss von Rauschgetraenken, das Haoma, widersprachen seiner Leitlinie von ,,gut zu denken" und haben ihn unter anderem veranlasst, seine Lehre und Philosophie dem Mitrakult entgegenzusetzen.
Die Fundamente der Lehre Zarathustras
Neben dem Eingottglauben basiert die Philosophie Zarathustras auf den drei Grundsaetzen ,,gut zu denken", ,,gut zu reden" und ,,gut zu handeln". So berichtet Herodot in seinem ersten Buch, Absatz 136 ueber die alten Perser:
,,Die Knaben lernen vom fuenften bis zum zwanzigsten nur dreierlei: Reiten, Bogenschiessen und die Wahrheit sagen"
und aus Herodot, Buch 1, Absatz 138:
,,Was sich nicht schickt, davon spricht man auch nicht. Nichts aber halten sie fuer so schimpflich als zu luegen, danach aber, Schulden zu machen; dies besonders deshalb, weil sie glauben, wer Schulden habe, muesse sich gelegentlich auch aufs Luegen legen".
Zarathustra ist anscheinend zu der Ueberzeugung gelangt, dass alle Ereignisse unserer Welt auf Ursache und Wirkung beruhen. Wenn wir uns alle gute Taten verschreiben, dann kann uns auch nur Gutes geschehen, und wenn wir umgekehrt Boeses tun, dann wird uns zwangslaeufig auch nur Boeses widerfahren. Bestiehlt z. B. jemand seinen Mitmenschen, muss er sich nicht wundern, wenn er eines Tages auch bestohlen wird. In der Lehre Zarathustras ist kein Platz fuer Anbiedern an Gott oder die Bestechung Gottes, mit dem Ziel, sich einen Platz im Paradies anzueignen. Deshalb sind fuer Zarathustra und seine Anhaenger materielle Zuwendungen an den Klerus sowie das Beten nicht unbedingt erforderlich. Damit unterscheidet sich die Lehre Zarathustras von anderen Religionen. Das Gebet hat in erster Linie die Funktion der Programmierung. Es soll den vorhandenen Glauben auffrischen, vertiefen, und damit die Abhaengigkeit der Menschen von den Geistlichen festigen. So wird es moeglich, dass die Glaeubigen ihr Leben lang vom Klerus ausgebeutet werden. Deshalb sind Religionskriege, die vom Klerus angezettelt werden, als nichts anderes als als Kriege um Marktanteile zu betrachten.
FARAVAHAR
Nach der Ueberlieferung ist ,,Faravahar" ein Symbol unseres Geistes, der bereits vor unserer Geburt existierte und auch nach unserem Tod weiter existiert. Man darf dieses Symbol aber nicht, wie es leider manche Autoren tun, als ein Bild von Ahura Mazda (Gott) betrachten. Wie uns Herodot berichtet, gab es im alten Persien fuer Ahura Mazda kein Bildnis, sondern es wurde das Symbol des Lichtes bzw. des Feuers fuer ilm gewaehlt. Das Symbol des Geistes, Faravahar, enthaelt entgegenwir- kende Kraefte, die von manchen Autoren so verstanden werden, dass Ahura Mazda (Gott) mit Ahriman (Teufel) staendig im Kampf liegt. Dabei handelt es sich aber um ein Missverstaendnis. Dieser Kampf, so wie er im Bildnis des Faravahar zum Ausdruck kommt, spielt sich nach Zarathustra staendig im Geist der Menschen ab und fuehrt damit letztlich zum Reifeprozeß des Menschen. Dieser immerwaehrende innere Kampf des Menschen ist noetig, damit der Geist sein vorlaeufiges Ziel erreicht und beim Verlassen des diesseitigen Koerpers genug Schliff hat, um sich dann, je nachdem wie er sich im Leben verhalten hat, von einer hoeheren Ebene seiner spaeteren Existenz dem Endziel zu naehern.
Aus dem Faravahar, das unseren guten Geist mit den beiden Kraeften ,,sepanta mevnu" (Kraft des Guten) und ,,akkara meynu" (Kraft des Boesen) darstellt, laesst sich ableiten, dass jeder von uns sich selbst gegenueber verpflichtet ist, die uns innewohnende Kraft des Guten zu staerken und die Kraft des Boesen in uns zu unterdruecken.
Damit soll der Weg zur Entwicklung unseres Geistes geebnet und ein erfuelltes Leben erreicht werden. Im alten Persien war deshalb die Trauer um verstorbene Angehoerige nicht ueblich, denn wenn man davon ausgeht, dass der Geist unserer Lieben und Angehoerigen nach Ablauf unseres diesseitigen Lebens einen Reifeprozess hinter sich gebracht hat, der es ihm erlaubt, von einer hoeheren Stufe aus seinen Weg zum ewigen Licht, dem Endziel, fortzusetzen, ist die Trauer um Verstorbene nicht angebracht, auch wenn dies schwerfallen mag. Eine zentrale Aussage der Lehre Zarathustras ist, dass jeder fuer seine Taten selbst verantwortlich ist. Diese UEberlegung sowie die Achtung vor Andersdenkenden fuehrte dazu, dass im Vergleich zu anderen Religionen der missionarische Eifer bei den Anhaengern Zarathustras weniger ausgepraegt war. Es gibt meines Wissens, abgesehen von den aus politischen Gruenden gefuehrten kriegerischen Handlungen, nur zwei Beispiele, bei denen die Toleranz gegenueber Andersdenkenden ausser Acht gelassen wurde. Ursachen dafuer lagen wahrscheinlich im politischen und persoenlichen Umfeld der jeweiligen Herrscher. Zu nennen waere die Zerstoerung der Akropolis unter Xerxes 1. aus der Achaemenidendynastie. Vermutlich wurde diese Untat unter dem Einfluss des Klerus ausgefuehrt, da Gottesbilder und Gotteshaeuser verpoent waren. Des weiteres waere Anuschirwan aus der Sassanidendynastie aufzufuehren, der die Glaeubigen der Masdak-Religion verfolgen und hinrichten liess. Hintergrund dafuer war, dass Anuschirwan im Gegensatz zu seinem Vater, der zeitweilig unter dem Einfluss der Masdak-Religion stand, die sozialistische Ideologie dieser Religion, die selbst Frauen als gemeinsames Eigentum betrachteten und untereinander zur Verfuegung stellten, nicht akzeptieren konnte. Wenn wir den Lauf der Geschichte betrachten, koennen wir feststellen, dass die Grundsaetze der Lehre Zarathustras, etwa in Bezug auf Umwelt oder unser zwischenmenschliches Leben, selbst nach ein paar tausend Jahren der Zivilisation noch ihre Gueltigkeit besitzen. Dies ist um so bemerkenswerter, als dass andere Religionen die Empfehlungen Zarathustras nicht nur ausser Acht liessen, sondern sogar gegen sie Stellung nahmen.
Im grosspersischen Reich, unter dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter, hatten Frauen hohe Staatsaemter innehatten und sogar als Koeniginnen (z. B. Purandokht) die Geschicke ihres Landes in ihren Haenden hatten.
Die alten Geschichtsschreibern, wie Herodot, ueberlieferten, dass die alten Perser sehr viel Wert auf die Sauberhaltung ihrer Umwelt legten. Es sollte alles getan werden, um Wasser, Luft, Feuer und Erde, die sogenanten vier Elemente, rein zu halten. Es eruebrigt sich wohl darauf hinzuweisen, wie aktuell diese Problematik in unserer Zeit ist.
In der Lehre Zarathustras wurde im Gegensatz zu anderen Religionen Sklavenhaltung abgelehnt. Deshalb wurde auch Persepolis im Unterschied zu anderen Grossbauten des Altertums ohne Sklavenarbeit erbaut. Traegheit, Faulheit und das Leben auf Kosten anderer wurde im hoechsten Masse verachtet, und jeder war verpflichtet, durch moeglichst eigene Arbeit und Muehen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Goetzen- sowie Steinverehrung und Gotteshaeuser aus Lehm oder Stein waren in Altpersien nicht ueblich. ,,Goetterbilder, Tempel und Altare errichteten sie nicht, halten es sogar fuer toericht, es zu tun, meiner Meinung nach deshalb, weil sie den Goettern keine menschliche Gestalt zuschreiben wie etwa die Griechen". Gott kann allenfalls in den Herzen oder im Geiste des Menschen wohnen, aber nicht in den von Menschen ge- schaffenen Bauten. Das Licht bzw. das Feuer nahm in der Philosophie Zarathustras einen hohen Stellenwert ein. Es wurde als das Symbol fuer Gott gewaehlt, da es der sauberste Gegenstand auf unserer Erde ist, und durch nichts verunreinigt werden kann. Deshalb werden die Anhaenger Zarathustras aus Unwissenheit oder Bosheit oft als Feueranbeter betrachtet oder beschimpft. Dies geschieht sogar von Religionen, die selbst dieses Symbol fuer ihren Gott uebernahmen. Blutopfer, welche wir von anderen Religionen kennen, haben in der Philosopie Zarathustras keinen Platz und waren sogar in ihrer einzigen authentischen Schrift, der Gatha, ausdruecklich verboten.
Weshalb geriet die Lehre Zarathustras im Laufe der Zeit in Vergessenheit?
Da Zarathustra seinen Anhaengern predigte, dass jeder einzelne mit seinem Denken, Reden und Hadeln fuer sich alleine die Verantwortung traegt, konnten die Geistlichen der Bevoelkerung schlecht vorgaukeln, dass sie fuer das jenseitige Wohlergehen zustaendig seien und je nach Bedarf, das Paradies versprechen oder mit der Hoelle drohen konnten. Zum anderen lehnte Zarathustra Blutopfer ab, die vom Klerus auch als Mittel der Ausbeutung ihrer Mitmenschen benutzt wurden. Wenn schliesslich noch Gotteshaeuser und Altaere als ueberfluessig angesehen wurden, ist es nicht verwunderlich, dass der Klerus sich mit der Lehre und Philosophie Zarathustras nicht abfinden konnte. Nicht nur Unterkuenfte und Arbeitsplaetze der Geistlichen waren in Gefahr, sondern auch ihr Wohlstand und ihre hohe Stellung in der Bevoelkerung. Deshalb bemuehten sie sich mit Erfolg darum, dass nach dem Ableben Zarathustras seine Lehre schnell in Vergessenheit geriet, indem sie vorzarathustrische Braeuche wieder aufnahmen. Schliesslich wurde auch wieder die Verehrung Mitras und Anahitas propagiert. Wir wissen z.B., dass schon Xerxes
aus der Achamenidendynastie neben Ahura Mazda auch die Goetzen Mitra und Anahita verehrte. Neben dieser inneren Unterwanderung der Lehre Zarathustras durch den Klerus gab es zwei aeussere Ereignisse, die nachhaltig ihren Untergang besiegelten. Es gilt aber an dieser Stelle anzumerken, dass bei beiden aeusseren Einwirkungen auf Persien die Arroganz der persischen Machthaber und Geistlichkeit sowie der Verrat weniger machthungriger Perser eine nicht zu unterschaetzende Rolle spielten.
Als erstes waere der Sieg Alexanders ueber die Achaemenidendynastie und seine Brandsetzung Persepolis, der Kulturstaette Persiens, zu nennen. Mit dem Brand der Bibliotheken wurden die gesamten Aufzeichnungen der persischen Kultur, Philosophie und Wissenschaft vernichtet. Die Griechen haben es aber anscheinend nicht versaeumt, Teile dieser Buecher vor ihrer Vernichtung ins Griechische zu uebersetzen, die dann als griechische Wissenschaft und Philosophie die westliche Kultur grundlegend mitpraegten. Das zweite einschneidende Ereignis war die Eroberung Persiens durch die Araber. Die arabischen Soldaten wurden unter ihrem Herrscher Omar mit der Verheissung in den Krieg geschickt, dass sie im Falle eines Sieges mit irdischen Guetern, die sie den unterworfenen Persern wegnehmen duerften, belohnt wuerden. Ausserdem sei es der Wille Allahs, dass die Frauen und Kinder der Besiegten versklavt und vergewaltigt werden konnten. Sollten sie aber im Kampf umkommen, wuerde Allah sie als Maertyrer direkt ins Paradies aufnehmen und sie mit allen Annehmlichkeiten, wie etwa der Bereitstellung von Engeln fuer ihre Wuensche, begluecken. Damit war die zweifellos hohe Kultur der alten Perser, wie sie sich auch in der Lehre Zarathustras manifestierte, ihrem Untergang geweiht. Durch die barbarische Unterwerfung der Perser, die Vernichtung der persischen Buecher und das Verbot der persischen Sprache ueber Jahrhunderte hinweg ist es den Arabern schliesslich gelungen, einen grossen Teil des persischen Volkes so weit von ihrer eigenen Kultur zu entwurzeln, dass sie sogar heute noch auf die Vergewaltiger und auf die Vergewaltigungen ihrer eigenen Ahnen stolz sind und hoffen, einmal mit den Vergewaltigern ihrer Vorfahren im Paradies zusammenzukommen. Um sich das Paradies nicht zu verscherzen, haben grosse Teile der persischen Bevoelkerung immer noch panische Angst davor, sich ueber die Wurzeln ihrer eigenen als auch der arabischen Geschichte Klarheit zu verschaffen und begnuegen sich somit mit Vorstellungen, die jenseits aller Logik sind.
[Dr. Bahram Varza]
I. Handelt es sich bei dem ersten in der Geschichte erwaehnten Monotheismus um eine Philosophie oder eine Religion?
Bei genauer Betrachtung der Lehre Zarathustras erkennt man, dass Zarathustra sich nicht anmasst, mit Gott, dem Schoepfer eines Weltalls, das nach unserem jetzigen Wissen ca. 26 Milliarden Lichtjahre umfasst und in jeder Hinsicht ausserhalb unserer Vorstellungskraft liegt, persoenlich in Kontakt getreten zu sein. Da monotheistische Religionen aber vornehmlich auf dem Fundarnent beruhen, dass der Religionsstifter eine enge Verbindung mit dem Schoepfer der Welt eingeht, kann man die Lehre Zarathustras und ihre zugrundeliegende Philosophie nicht in die Reihe dieser Religionen einordnen. Zarathustra hat stets von seinen eigenen Gedanken und Ueberlegungen gesprochen und ist nur ueber diesen Weg auf den Weltenschoepfer gestossen.
Das Leben Zarathustras
Wir besitzen weder Quellen ueber den Zeitraum, in dem Zarathustra gelebt hat, noch genaue Angaben ueber den Ort seines Lebens und Wirkens. Man nimmt an, dass er zwischen 1000 bis 600 v. Chr. gelebt hat. Manche Autoren legen das Zeitalter Zarathustras aber auch in die Zeit bis vor 4000 v. Christus.
Weshalb hat Zarathustra den Kampf gegen den zeitgenoessischen Mitrakult aufgenommen?
Wir wissen z. B. aus verbliebenen Schriften des Achaemeniderkoenigs Darius d. Grossen anlaesslich der Einweihung des Suezkanals, dass dieser Ahura Mazda (Gott) als Erschaffer von Himmel und Erde verehrt.
,,Ein grosser Gott (ist) Ahuramazda, der jenen Himmel schuf, der diese Erde schuf, der den Menschen schuf, der die Segensfuelle schuf fuer den Menschen, der den Darius zum Koenig machte, der dem Koenig Darius die Herrschaft verlieh, die gross (ist), die gute Rosse (und) gute Menschen besitzt."
,,Es spricht der Koenig Darius: Ic(h) bi(n) Perser. Von Persien aus erobe(rt)e ich Aegypten. Ich be(fa)hl, diesen (Kana)l zu graben von dem Strome namens Nil, der in AEgypten flie(sst, na)ch dem Meere, das von Persien ausgeht. D(a) wurde dieser Kanal gegraben, s(o, wie) ich befohlen hatte, un(d Schiffe) fuhren von Aegypten du(rch dies) en Kanal nach Per(sien s)o, wie (es) mei(n Wille war)."
Auch Herodot, ein griechischer Geschichtsschreiber, hat in seinem ersten Buch bestaetigt, dass die alten Perser Monotheisten waren und im Gegensatz zu den Griechen nichts fuer Goetzenbilder uebrig hatten und diese Sitte der Griechen toericht fanden. Ein monotheistisch ueberzeugter Zarathustra konnte deshalb auch die im Mitraglauben praktizierte Goetzenverehrung nicht akzeptieren. Auch andere Braeuche der Mitraverehrung, wie das Blutopfer oder der Genuss von Rauschgetraenken, das Haoma, widersprachen seiner Leitlinie von ,,gut zu denken" und haben ihn unter anderem veranlasst, seine Lehre und Philosophie dem Mitrakult entgegenzusetzen.
Die Fundamente der Lehre Zarathustras
Neben dem Eingottglauben basiert die Philosophie Zarathustras auf den drei Grundsaetzen ,,gut zu denken", ,,gut zu reden" und ,,gut zu handeln". So berichtet Herodot in seinem ersten Buch, Absatz 136 ueber die alten Perser:
,,Die Knaben lernen vom fuenften bis zum zwanzigsten nur dreierlei: Reiten, Bogenschiessen und die Wahrheit sagen"
und aus Herodot, Buch 1, Absatz 138:
,,Was sich nicht schickt, davon spricht man auch nicht. Nichts aber halten sie fuer so schimpflich als zu luegen, danach aber, Schulden zu machen; dies besonders deshalb, weil sie glauben, wer Schulden habe, muesse sich gelegentlich auch aufs Luegen legen".
Zarathustra ist anscheinend zu der Ueberzeugung gelangt, dass alle Ereignisse unserer Welt auf Ursache und Wirkung beruhen. Wenn wir uns alle gute Taten verschreiben, dann kann uns auch nur Gutes geschehen, und wenn wir umgekehrt Boeses tun, dann wird uns zwangslaeufig auch nur Boeses widerfahren. Bestiehlt z. B. jemand seinen Mitmenschen, muss er sich nicht wundern, wenn er eines Tages auch bestohlen wird. In der Lehre Zarathustras ist kein Platz fuer Anbiedern an Gott oder die Bestechung Gottes, mit dem Ziel, sich einen Platz im Paradies anzueignen. Deshalb sind fuer Zarathustra und seine Anhaenger materielle Zuwendungen an den Klerus sowie das Beten nicht unbedingt erforderlich. Damit unterscheidet sich die Lehre Zarathustras von anderen Religionen. Das Gebet hat in erster Linie die Funktion der Programmierung. Es soll den vorhandenen Glauben auffrischen, vertiefen, und damit die Abhaengigkeit der Menschen von den Geistlichen festigen. So wird es moeglich, dass die Glaeubigen ihr Leben lang vom Klerus ausgebeutet werden. Deshalb sind Religionskriege, die vom Klerus angezettelt werden, als nichts anderes als als Kriege um Marktanteile zu betrachten.
FARAVAHAR
Nach der Ueberlieferung ist ,,Faravahar" ein Symbol unseres Geistes, der bereits vor unserer Geburt existierte und auch nach unserem Tod weiter existiert. Man darf dieses Symbol aber nicht, wie es leider manche Autoren tun, als ein Bild von Ahura Mazda (Gott) betrachten. Wie uns Herodot berichtet, gab es im alten Persien fuer Ahura Mazda kein Bildnis, sondern es wurde das Symbol des Lichtes bzw. des Feuers fuer ilm gewaehlt. Das Symbol des Geistes, Faravahar, enthaelt entgegenwir- kende Kraefte, die von manchen Autoren so verstanden werden, dass Ahura Mazda (Gott) mit Ahriman (Teufel) staendig im Kampf liegt. Dabei handelt es sich aber um ein Missverstaendnis. Dieser Kampf, so wie er im Bildnis des Faravahar zum Ausdruck kommt, spielt sich nach Zarathustra staendig im Geist der Menschen ab und fuehrt damit letztlich zum Reifeprozeß des Menschen. Dieser immerwaehrende innere Kampf des Menschen ist noetig, damit der Geist sein vorlaeufiges Ziel erreicht und beim Verlassen des diesseitigen Koerpers genug Schliff hat, um sich dann, je nachdem wie er sich im Leben verhalten hat, von einer hoeheren Ebene seiner spaeteren Existenz dem Endziel zu naehern.
Aus dem Faravahar, das unseren guten Geist mit den beiden Kraeften ,,sepanta mevnu" (Kraft des Guten) und ,,akkara meynu" (Kraft des Boesen) darstellt, laesst sich ableiten, dass jeder von uns sich selbst gegenueber verpflichtet ist, die uns innewohnende Kraft des Guten zu staerken und die Kraft des Boesen in uns zu unterdruecken.
Damit soll der Weg zur Entwicklung unseres Geistes geebnet und ein erfuelltes Leben erreicht werden. Im alten Persien war deshalb die Trauer um verstorbene Angehoerige nicht ueblich, denn wenn man davon ausgeht, dass der Geist unserer Lieben und Angehoerigen nach Ablauf unseres diesseitigen Lebens einen Reifeprozess hinter sich gebracht hat, der es ihm erlaubt, von einer hoeheren Stufe aus seinen Weg zum ewigen Licht, dem Endziel, fortzusetzen, ist die Trauer um Verstorbene nicht angebracht, auch wenn dies schwerfallen mag. Eine zentrale Aussage der Lehre Zarathustras ist, dass jeder fuer seine Taten selbst verantwortlich ist. Diese UEberlegung sowie die Achtung vor Andersdenkenden fuehrte dazu, dass im Vergleich zu anderen Religionen der missionarische Eifer bei den Anhaengern Zarathustras weniger ausgepraegt war. Es gibt meines Wissens, abgesehen von den aus politischen Gruenden gefuehrten kriegerischen Handlungen, nur zwei Beispiele, bei denen die Toleranz gegenueber Andersdenkenden ausser Acht gelassen wurde. Ursachen dafuer lagen wahrscheinlich im politischen und persoenlichen Umfeld der jeweiligen Herrscher. Zu nennen waere die Zerstoerung der Akropolis unter Xerxes 1. aus der Achaemenidendynastie. Vermutlich wurde diese Untat unter dem Einfluss des Klerus ausgefuehrt, da Gottesbilder und Gotteshaeuser verpoent waren. Des weiteres waere Anuschirwan aus der Sassanidendynastie aufzufuehren, der die Glaeubigen der Masdak-Religion verfolgen und hinrichten liess. Hintergrund dafuer war, dass Anuschirwan im Gegensatz zu seinem Vater, der zeitweilig unter dem Einfluss der Masdak-Religion stand, die sozialistische Ideologie dieser Religion, die selbst Frauen als gemeinsames Eigentum betrachteten und untereinander zur Verfuegung stellten, nicht akzeptieren konnte. Wenn wir den Lauf der Geschichte betrachten, koennen wir feststellen, dass die Grundsaetze der Lehre Zarathustras, etwa in Bezug auf Umwelt oder unser zwischenmenschliches Leben, selbst nach ein paar tausend Jahren der Zivilisation noch ihre Gueltigkeit besitzen. Dies ist um so bemerkenswerter, als dass andere Religionen die Empfehlungen Zarathustras nicht nur ausser Acht liessen, sondern sogar gegen sie Stellung nahmen.
Im grosspersischen Reich, unter dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter, hatten Frauen hohe Staatsaemter innehatten und sogar als Koeniginnen (z. B. Purandokht) die Geschicke ihres Landes in ihren Haenden hatten.
Die alten Geschichtsschreibern, wie Herodot, ueberlieferten, dass die alten Perser sehr viel Wert auf die Sauberhaltung ihrer Umwelt legten. Es sollte alles getan werden, um Wasser, Luft, Feuer und Erde, die sogenanten vier Elemente, rein zu halten. Es eruebrigt sich wohl darauf hinzuweisen, wie aktuell diese Problematik in unserer Zeit ist.
In der Lehre Zarathustras wurde im Gegensatz zu anderen Religionen Sklavenhaltung abgelehnt. Deshalb wurde auch Persepolis im Unterschied zu anderen Grossbauten des Altertums ohne Sklavenarbeit erbaut. Traegheit, Faulheit und das Leben auf Kosten anderer wurde im hoechsten Masse verachtet, und jeder war verpflichtet, durch moeglichst eigene Arbeit und Muehen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Goetzen- sowie Steinverehrung und Gotteshaeuser aus Lehm oder Stein waren in Altpersien nicht ueblich. ,,Goetterbilder, Tempel und Altare errichteten sie nicht, halten es sogar fuer toericht, es zu tun, meiner Meinung nach deshalb, weil sie den Goettern keine menschliche Gestalt zuschreiben wie etwa die Griechen". Gott kann allenfalls in den Herzen oder im Geiste des Menschen wohnen, aber nicht in den von Menschen ge- schaffenen Bauten. Das Licht bzw. das Feuer nahm in der Philosophie Zarathustras einen hohen Stellenwert ein. Es wurde als das Symbol fuer Gott gewaehlt, da es der sauberste Gegenstand auf unserer Erde ist, und durch nichts verunreinigt werden kann. Deshalb werden die Anhaenger Zarathustras aus Unwissenheit oder Bosheit oft als Feueranbeter betrachtet oder beschimpft. Dies geschieht sogar von Religionen, die selbst dieses Symbol fuer ihren Gott uebernahmen. Blutopfer, welche wir von anderen Religionen kennen, haben in der Philosopie Zarathustras keinen Platz und waren sogar in ihrer einzigen authentischen Schrift, der Gatha, ausdruecklich verboten.
Weshalb geriet die Lehre Zarathustras im Laufe der Zeit in Vergessenheit?
Da Zarathustra seinen Anhaengern predigte, dass jeder einzelne mit seinem Denken, Reden und Hadeln fuer sich alleine die Verantwortung traegt, konnten die Geistlichen der Bevoelkerung schlecht vorgaukeln, dass sie fuer das jenseitige Wohlergehen zustaendig seien und je nach Bedarf, das Paradies versprechen oder mit der Hoelle drohen konnten. Zum anderen lehnte Zarathustra Blutopfer ab, die vom Klerus auch als Mittel der Ausbeutung ihrer Mitmenschen benutzt wurden. Wenn schliesslich noch Gotteshaeuser und Altaere als ueberfluessig angesehen wurden, ist es nicht verwunderlich, dass der Klerus sich mit der Lehre und Philosophie Zarathustras nicht abfinden konnte. Nicht nur Unterkuenfte und Arbeitsplaetze der Geistlichen waren in Gefahr, sondern auch ihr Wohlstand und ihre hohe Stellung in der Bevoelkerung. Deshalb bemuehten sie sich mit Erfolg darum, dass nach dem Ableben Zarathustras seine Lehre schnell in Vergessenheit geriet, indem sie vorzarathustrische Braeuche wieder aufnahmen. Schliesslich wurde auch wieder die Verehrung Mitras und Anahitas propagiert. Wir wissen z.B., dass schon Xerxes
aus der Achamenidendynastie neben Ahura Mazda auch die Goetzen Mitra und Anahita verehrte. Neben dieser inneren Unterwanderung der Lehre Zarathustras durch den Klerus gab es zwei aeussere Ereignisse, die nachhaltig ihren Untergang besiegelten. Es gilt aber an dieser Stelle anzumerken, dass bei beiden aeusseren Einwirkungen auf Persien die Arroganz der persischen Machthaber und Geistlichkeit sowie der Verrat weniger machthungriger Perser eine nicht zu unterschaetzende Rolle spielten.
Als erstes waere der Sieg Alexanders ueber die Achaemenidendynastie und seine Brandsetzung Persepolis, der Kulturstaette Persiens, zu nennen. Mit dem Brand der Bibliotheken wurden die gesamten Aufzeichnungen der persischen Kultur, Philosophie und Wissenschaft vernichtet. Die Griechen haben es aber anscheinend nicht versaeumt, Teile dieser Buecher vor ihrer Vernichtung ins Griechische zu uebersetzen, die dann als griechische Wissenschaft und Philosophie die westliche Kultur grundlegend mitpraegten. Das zweite einschneidende Ereignis war die Eroberung Persiens durch die Araber. Die arabischen Soldaten wurden unter ihrem Herrscher Omar mit der Verheissung in den Krieg geschickt, dass sie im Falle eines Sieges mit irdischen Guetern, die sie den unterworfenen Persern wegnehmen duerften, belohnt wuerden. Ausserdem sei es der Wille Allahs, dass die Frauen und Kinder der Besiegten versklavt und vergewaltigt werden konnten. Sollten sie aber im Kampf umkommen, wuerde Allah sie als Maertyrer direkt ins Paradies aufnehmen und sie mit allen Annehmlichkeiten, wie etwa der Bereitstellung von Engeln fuer ihre Wuensche, begluecken. Damit war die zweifellos hohe Kultur der alten Perser, wie sie sich auch in der Lehre Zarathustras manifestierte, ihrem Untergang geweiht. Durch die barbarische Unterwerfung der Perser, die Vernichtung der persischen Buecher und das Verbot der persischen Sprache ueber Jahrhunderte hinweg ist es den Arabern schliesslich gelungen, einen grossen Teil des persischen Volkes so weit von ihrer eigenen Kultur zu entwurzeln, dass sie sogar heute noch auf die Vergewaltiger und auf die Vergewaltigungen ihrer eigenen Ahnen stolz sind und hoffen, einmal mit den Vergewaltigern ihrer Vorfahren im Paradies zusammenzukommen. Um sich das Paradies nicht zu verscherzen, haben grosse Teile der persischen Bevoelkerung immer noch panische Angst davor, sich ueber die Wurzeln ihrer eigenen als auch der arabischen Geschichte Klarheit zu verschaffen und begnuegen sich somit mit Vorstellungen, die jenseits aller Logik sind.
[Dr. Bahram Varza]