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Examensarbeit
#16
Danke für eure Hilfe.

Ich hänge im Moment etwas an dem Tuch fest. Es ähnelt viel mehr einem Gebetsschal, als einem Handtuch. Allerdings kann ich mit diesem Muster nichts spezielles finden. Hat jemand eine Ahnung, was er bedeuten könnte?
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#17
Lieber Epicharm,
danke für Deine Erklärungen, ich kenne mich recht wenig mit dieser Kunst aus, zugegeben, aber jetzt interessiert es mich schon ein wenig.
Was mich noch interessiert sind dies Skulpturen von Engeln und Dämonen die fast an jeder Kirche zu finden sind,
woher kommt denn das und was soll es bezwecken?
Z.B. eine Dachrinne mit Wasser speienden Löwen o.Ä.

Hier habe ich ein Foto von einer ev. Kirche in Weißenburg/Bay. bin mir aber nicht ganz sicher ob es dort war.
Überall Bilder, Figuren und Köpfe und Gold.
Und außer mir kein Mensch...
Ich hatte ein Gefühl wie in einem Museum.

Gruß,
Wojciech
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#18
Hi lillifer,
ich habe mir gerade die Beiträge hier durchgelesen. Epicharms Anmerkungen zu dem Bild sind von großer Kenntnis und exakter Beobachtung geleitet und daher sicher eine große Hilfe. Mir selbst sind aber auch noch einige Dinge aufgefallen:

1. Gabriel ist definitiv als Diakon dargestellt. Er trägt Albe und Stola! Die Stola wird vom Diakon von der linken Schulter zur rechten Hüfte getragen, anders als die Priesterliche, die zu dieser Zeit vor der Brust gekreuzt und die Bischöfliche die parallel um den Hals gelegt wird.
Engel als Diakone (gr. diakonos = (Tisch-)Diener) darzustellen ist allgemeiner Usus in der Ikonographie, da sie als Diener des himmlischen Thrones gelten, wie Epicharm bereits angemerkt hat.


2. Bin ich mir ziemlich sicher, dass das Tuch kein Gebetsschal ist, da es keine kirchliche Tradition hierfür gibt. Sinnvoller erscheint mir folgende Deutung:
Der Schal bildet eine symbolische Einheit mit dem (Wasser-)Kessel. Somit wäre das Tuch ein Lavabotuch, das zur Reinigung dient. Hier gäbe es eine Parallele zur Liturgie in der der Priester nach den Opfergebeten und vor dem Hochgebet seine Hände reinigt und mit einem Lavabotuch abtrocknet (das Gebet habe ich gerade nicht parat, liefere es aber nach). Im Hochgebet werden die Opfergaben Brot und Wein in Leib und Blut Christi gewandelt.... In Maria ist Christus Mensch geworden. Beides wird theologisch als leibliche Präsenz Christi verstanden. Das Symbol der Reinigung durch Kessel und Lavabotuch entspricht hier der Reinheit Mariens, die ohne Erbsünde empfangen wurde (Maria Immaculata) und weiterhin für die Ganzhingabe Mariens an Gott.


3. Das Buch das Maria liest und das auf dem Tisch.
Hier spekuliere ich, aber mir scheint es, als würden die beiden Bücher Altes und Neues Testament symbolisieren. Dabei wäre das Buch auf dem Tisch das alte Testament der Propheten und Erzväter, während das Buch, welches Maria liest und mit einem Tuch ehrfürchtig hält, das Neue Testament/Evangelium wäre. Die Schriftrolle die dabei vom Buch auf dem Tisch zu Maria und dem zweiten Buch hindeutet, könnte der Psalter sein, der generell als Verbindungsglied zwischen Alten und Neuen Testament/Evangelium angesehen wird.
Alles zusammen steht für das Wort Gottes (Logos), das nach dem Prolog des Johannesevangeliums Christus selbst ist. Auch die Worte die im Angelusgebet eine Rolle spielen unterstreichen diese These:
"Der Engel brachte Maria die Botschaft und sie empfing vom Heiligen Geist. Ave Maria....
"Und Maria sprach: Siehe ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort. Ave Maria....
"Und das Wort ist Fleisch geworden (die kirchl. Praxis sieht zu diesen Worten eine Verneigung vor) und hat unter uns gewohnt. (Joh, 1, 14) Ave Maria..."


4. Die goldenen Flügel könnten meiner Einschätzung nach für die Herrlichkeit Gottes stehen. Grundsätzlich gilt, dass im biblischen Kontext Engel nicht aus eigener Vollmacht, sondern in der Vollmacht Gottes handeln. Vor allem im Alten Testament wird oft nicht konsequent zwischen dem Handeln Gottes und dem Handeln Gottes durch einen Engel unterschieden. Daher scheint die Deutung nahe, dass die goldenen Flügel für die Herrlichkeit und Macht Gottes stehen. Dazu würde auch die Schriftstelle aus der Verkündigung Gabriels an Mariens passen:
"Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten..." (Lk 1, 35)



5. Unsicher bin ich mir noch bezüglich der Bedeutung der beiden Stäbe neben dem Thron Salomos. Sie haben die Form eines bischöflichen Krummstabes, was auf den Hirtendienst Christi verweisen könnte. Grundsätzlich fällt auf, dass Maria nur an den Thron angelehnt ist und nicht auf ihm sitzt, um anzudeuten, dass nicht sie, sondern ihre Leibesfrucht Christus Erbe Salomos ist. Christus stammt nach Mt. Kap. 1, nicht nur aus dem Hause David und somit auch Salomos, sondern auch aus dem Stamm Juda, sodass natürlich auch folgende Worte hier gelten könnten:

"Nie weicht das Zepter von Juda, der Führer(Hirten)stab von seinen Füssen, bis sein Herrscher kommt und ihm gebührt der Gehorsam der Völker." (Gen 49, 10)

und natürlich

"Du sollst mein Volk Israel weiden, und du sollst Fürst sein über Israel." (2 Sam 5,2)



So weit die Dinge die mir noch aufgefallen sind.
Omnis mundi creatura quasi liber et pictura nobis est et speculum.
-
Jedes Geschöpf der Welt ist sozusagen ein Buch und Bild und ein Spiegel für uns.
(Alanus ab Insulis, Theologe, Philosoph und Dichter)
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#19
(20-09-2008, 15:37)wojciech schrieb: Was mich noch interessiert sind dies Skulpturen von Engeln und Dämonen die fast an jeder Kirche zu finden sind,
woher kommt denn das und was soll es bezwecken?
Z.B. eine Dachrinne mit Wasser speienden Löwen o.Ä.

Hallo Wojciech,

der Löwe ist in der Ikonografie ein vieldeutiges Wesen.

In der profanen Kunst (und in der Heraldik) ist er ein Macht- und Herrschaftssymbol, ein Sinnbild für Kraft und Tapferkeit.

Als Attribut ist er für folgende Personen gebräuchlich: Adrianuns, Agapitus, Chrysantus und Daria, Daniel, Euphemia, Hieronymus, Januarius, Markus, Martina, Samson, Thekla und Vitus.

Einem Löwen den Dorn aus der Pranke ziehend: Hieronymus.

Löwen, die ein Grab ausscharren: Paulus Eremita und Maria Ägyptica.

Darüber hinaus entzieht sich die ikonografische Deutung des Löwen häufig der präzisen Zuordnung. Als Wasserspeier am Kirchenäußeren ist er (wie Drachen, Fratzen, u. dgl.) ein Dämonensymbol. Die Dämonen haben dort dienende Funktion und werden so in ihrer Macht neutralisiert. Löwen als Träger von Säulen (Kirchenportal von San Zeno in Verona), Löwenköpfe auf Kirchentüren (Türklopfer, Türzieher) habe vergleichbare Bedeutung. Dort sind sie Wächter des Tores, gleichzeitig aber Gegenbild der Kirche, der Ort, den Raubtiere nicht betreten.

In der Bildformel des "Psalm-Christus" (Ps 91,13) ist der Löwe der Antichrist (dazu: Basilisk = Tod, Aspis = Sünde, Drache = Teufel).

Positiv besetzt ist der Löwe als Evangelistensymbol (Markus), als Wächter des Thrones (Salomo) und als Löwe von Juda (Jakobssegen Gen. 49,9), der (in der Offb. 5,5) zum Christussymbol wird. Natürlich auch als Attribut von Heiligen.

Engeldarstellungen in der christlichen Kunst sind ein weites Feld. Von der ältesten bekannten Darstellung in der Priscillakatakombe, ein Mann in Tunika und Pallium (Mantel), ohne Flügel, ohne Bart, in seiner Bedeutung umstritten, dann bärtige Engel, z.B. auf einem Sarkophag in San Sebastiano, Rom, später durch die Epochen der Kunst männlich, weiblich oder androgyn gezeichnet (in verschiedensten Bedeutungen und Funktionen), immer dienend oder im Auftrag wirkend, bis zu lieblichen Putti im Barock und Rokoko, Kirchenräume überladend, manchmal mit durchaus erotischer Ausstrahlung, den Betrachter erfreuend.

Es ist kaum möglich, das Thema hier umfassend zu behandeln. Engeldarstellungen in Bildern und Skulpturen können von tiefer ikonografischer Bedeutung und Aussage, aber auch ohne eine solche, als schmückendes Beiwerk in Kirchenräumen (Rokoko) gedacht sein

MfG E.
MfG B.
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#20
"Grundsätzlich fällt auf, dass Maria nur an den Thron angelehnt ist und nicht auf ihm sitzt, um anzudeuten, dass nicht sie, sondern ihre Leibesfrucht Christus Erbe Salomos ist."

Das ist eine interessante Deutung. Da man bei genauer Betrachtung Marias einen sternförmiges Lichtglanz auf ihrem Gewand erkennen kann, habe ich einen Bezug zum Titel der "Himmelskönigin" hergestellt. Ich habe unter anderem den Thron Salomons und das Bild des "Leeren Throns" angesprochen. Habe es aber letztlich so gedeutet, dass Maria, die auf der Fußstütze der Bank sitzt, zu Beginn der Verkündigungsszene noch nicht den Titel der Himmelskönigin trägt. Und sie sich somit auf der Vorstufe zum Thron befindet. Das habe ich mir jedoch alles selber ausgedacht und ich bin mir nicht sicher, ob man das so interpretieren kann. Deine Deutung erscheint mir auch sehr sinnvoll.
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