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Boddhisattva-Ideal
#1
Hallo erstmal,

also ich muss, bevor meine Frage auch "sinnvoll" erscheint wohl erst einmal etwas erklären.

Mein buddhistischer Hintergrund ist der Theravada-Buddhismus, und damit bin ich auch sehr glücklich. In diesem Zusammenhang habe ich aber nur ein Problem, mir leuchtet das Bodhisattva-Ideal einfach nicht ein, sorry.

Wie kann ein Wesen einem beim erreichen des Nirvana helfen? Das scheint mir unlogisch? Und noch mehr, wie sollte ich einem anderen in seiner Erlösung helfen können, wenn ich "erleuchtet" bin, denn dann bin ich doch im Nirvana, also, um es mal SEHR einfach zu sagen, "nicht mehr ansprechbar...."

Wie seht ihr das Bodisattva-Ideal, und wie könnt ihr mir das eventuell so erklären, das es für einen "Traditionellen" ;) Sinn macht?

Danke,

Jazzter
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#2
Hallo Jazzter,
Zitat:Wie kann ein Wesen einem beim erreichen des Nirvana helfen? Das scheint mir unlogisch? Und noch mehr, wie sollte ich einem anderen in seiner Erlösung helfen können, wenn ich "erleuchtet" bin, denn dann bin ich doch im Nirvana, also, um es mal SEHR einfach zu sagen, "nicht mehr ansprechbar...."

Wie seht ihr das Bodisattva-Ideal, und wie könnt ihr mir das eventuell so erklären, das es für einen "Traditionellen" ;) Sinn macht?

Welche Fessel könnte ein Wesen daran hindern, einem anderen beim Erreichen des Nirvana zu helfen, wenn es, wie der Bodhisattva-Weg aussagt, auf den Eintritt ins Nirvana absichlich verzichtet zu diesem Zweck? Daß 'Erleuchtung' nicht vollautomatisch augenblicklichen Eintritt ins Parinirvana bedeutet, geht ja schon aus dem Palikanon hervor - sonst hätte ja der Buddha überhaupt nicht lehren können. Aber ein anderes Problem hat als 'Bodhisattva-Dilemma' sogar Eingang in die moderne Logik gefunden :) - ein Bodhisattva gelobt ja, nicht eher ins Nirvana einzugehen als bis alle fühlenden Wesen dort eingetrudelt sind. Wenn dies (nach 84.000 kalpas oder so) eingetreten ist, dann stehen also sämtliche Bodhisattvas vor der Tür und keiner kann hinein, weil jeder einzelne ja nur als letzter 'reindarf, er also immer nur sagen kann "Nach Ihnen, werter Kollege!" So entsteht die paradoxe Situation, dass alle Wesen Nirvana erlangt haben - außer den Bodhisattvas...

Meine persönliche Meinung ist, dass jeder Begriff - ob jetzt 'Bodhisattva', 'Nirvana', 'Samsara', 'Erleuchtung' etc. etc., nur ein Upaya ist, ein (begrenzt) hilfreiches Mittel, um eine im Prinzip unbenennbare Wirklichkeit irgendwie mitteilbar zu machen - und das Modell, die Vorstellung 'Bodhisattva', kann meiner Meinung nach sehr hilfreich sein :)

Sarva mangalam
() qilin
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In der Buddhismusliste (de.buddhismus.l) ist vor ein paar Jahren einmal ein thread über das Bodhisattva-Ideal gelaufen - ich konnte mich aber an nichts genaues mehr erinnern, mußte erst im Archiv nachsehen - im April 2001 hat Johannes, der Moderator, diesen Passus aus einem Buch von Walpola Rahula gepostet:

Das Bodhisattva-Ideal im Buddhismus

Es ist ein besonders im Westen weit verbreiteter Glaube, daß das Ideal des Theravada-Buddhismus, den man praktisch mit dem Hinayana-Buddhismus gleichsetzt, darin besteht, ein Arahant [Arhat, d.Ü] zu werden, während es das Mahayana-Ideal sei, ein Bodhisattva zu werden und schließlich den Zustand eines Buddha zu erreichen. Es muß kategorisch festgestellt werden, daß dies falsch ist. Diese Vorstellung wurde von einigen frühen Orientalisten zu einer Zeit verbreitet, als buddhistische Studien im Westen noch in den Kinderschuhen steckten. Und andere, die ihnen folgten, akzeptierten diese Idee, ohne sich die Mühe zu machen, dem Problem auf den Grund zu gehen, indem sie die Texte und lebendigen Traditionen in buddhistischen Ländern untersucht hätten. Es ist aber eine Tatsache, dass beide - Theravada und Mahayana - das Bodhisattva-Ideal einmütig als das höchste wertschätzen.

Die Begriffe Hinayana (Kleines Fahrzeug) und Mahayana (Großes Fahrzeug) sind der Theravada Literatur in der Pali-Sprache unbekannt. Man findet sie nicht im Pali-Kanon (Tripitaka) oder in den Kommentaren zum Tripitaka und nicht einmal in den Pali Chroniken von Ceylon, dem Dipavamsa und dem Mahavamsa. Das Dipavamsa (ungefähr im 4. Jh. u.Z.) sowie Pali Kommentare erwähnen die Vitandavadins, offensichtlich eine Sekte von abweichlerischen Buddhisten mit einigen unorthodoxen Ansichten zu einigen Punkten in den Lehren des Buddha. Der Vitandavadin und der Theravadin zitieren beide die gleichen Autoritäten und benennen die Sutras des Tripitaka, um ihre Positionen zu stützen, wobei ein Unterschied lediglich in der Art und Weise ihrer Interpretationen besteht. Das Mahavamsa (5. Jh. u.Z.) und ein Kommentar zum Abhidhamma beziehen sich auf Vetulla oder Vetulyavadins (Sanskrit: Vaitulyavadin) anstatt auf Vitandavadin. Nach Aussage der Texte mag es nicht falsch sein anzunehmen, daß diese beiden Begriffe - Vitanda und Vetulya - die gleiche Schule oder Sekte bezeichneten.

Aus dem Abhidhamma-Samuccaya, einem maßgeblichen philosophischen Mahayana-Text (4. Jh. u.Z.), erfahren wir, daß die Begriffe Vaitulya und Vaipulya synonym gebraucht werden und daß es sich bei Vaipulya um den Bodhisattva-Pitaka handelt. Nun aber gehört der Bodhisattva-Pitaka eindeutig zum Mahayana. Also bedeutet Vaitulya unzweifelhaft Mahayana.

Wir können also sicher sein, daß sich die Begriffe Vitanda und Vetulya, die in den Pali Chroniken und Kommentaren benutzt werden, auf den Mahayana beziehen. Die Begriffe Hinayana und Mahayana aber waren ihnen unbekannt, oder sie wurden von ihnen nicht beachtet bzw. nicht anerkannt.

Von den Gelehrten wird allgemein akzeptiert, daß die Begriffe Hinayana und Mahayana spätere Erfindungen sind. Historisch gesehen existierte der Theravada lange bevor diese Begriffe aufkamen. Der Theravada, der als die ursprüngliche Lehre des Buddha galt, wurde im 3. Jh. v.u.Z. - während der Zeit des Königs Asoka in Indien - nach Ceylon eingeführt und dort verbreitet. Zu dieser Zeit gab es nichts, was dort Mahayana genannt wurde. Mahayana als solcher trat viel später auf, ungefähr zu Beginn des Christlichen Zeitalters. Ohne Mahayana konnte es auch keinen Hinayana geben. Der Buddhismus, der mit seinem Tripitaka und den Kommentaren im 3. Jh. v.u.Z. nach Sri Lanka kam, erhielt sich dort unverändert als Theravada, und er spielte auch keine Rolle im Hinayana-Mahayana-Streit, der sich später in Indien entwickelte. Es erscheint daher nicht legitim, den Theravada einer dieser beiden Richtungen zuzuordnen.

Der Mahayana beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Bodhisattvayana oder dem Fahrzeug des Bodhisattva. Aber er ignoriert nicht die beiden anderen: den Sravaka-yana und den Pratyekabuddha-yana. So widmet beispielsweise Asanga, der Begründer des Yogacara-Systems, in seinem Hauptwerk, dem Yogacara-Bhumishastra, zwei Abschnitte des Bodhisattvabhumi dem Sravakabhumi und dem Pratyekabuddha-bhumi. Das beweist, daß alle drei Yanas gebührende Beachtung innerhalb des Mahayana erfahren. Der Status eines Sravakas oder eines Pratyekabuddhas aber ist dem eines Bodhisattva untergeordnet. Das stimmt mit der Theravada-Tradition überein, die ebenfalls davon ausgeht, daß man ein Bodhisattva werden und den Status eines völlig erwachten Buddha erreichen kann; aber wenn das nicht möglich ist, kann man den Status eines Pratyekabuddha oder eines Sravaka entsprechend den jeweiligen Fähigkeiten erlangen. Diese drei "Stände" können als drei [verschiedene] Zustände auf demselben Pfad betrachtet werden. Und in der Tat führt das Sandhinirmocana-Sutra (ein Mahayana-Sutra) ganz klar aus, daß der Sravakayana und der Mahayana ein [einziges] Yana bilden, den Ekayana, und daß sie nicht zwei verschiedene und voneinander getrennte 'Fahrzeuge' sind.
______________________
Ich weiß nicht ob Du damit viel anfangen kannst - auch die westlichen Theravadins sind in ihrer Textrezeption alles andere als einheitlich. Jedenfalls war dieser Text Anfang einer langen Diskussion zwischen Vertretern sehr verschiedener Standpunkte...
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#3
Hallo Jazzter, hallo qilin.

Ich denke S.H. der Dalai Lama hat das genau auf den Punkt gebracht. Die eigentliche buddhistische Lehre ist atheistisch. Allerdings gibt es viele verschiedene Menschen, und so muss sich auch das Dharma an verschiedene Charaktere anpassen. Das Boddhisatva-Ideal, bzw. der Glaube daran, kann helfen, das Nirvana zu erreichen, muss es allerdings nicht.

Zumindest ist das meine Meinung. :wink:

Viele Grüße, Nicolas :roll:
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#4
Ich bezog mich auf die spezifische Vorstellung von Boddhisattvas als Karma-träger oder Umwandler von Fremdkarma. Das erscheint mir unlogisch.

Die Sache mit den Boddhisattvas vor der Tür find ich interessant. Aber denkt ihr wirklich, dass alle, die dem Buddhismus folgen und erlöschen, tatsächlich auch Boddhisattvas sein müssen? Denke ich nicht zwingend.

Auch denke ich, dass ein Boddhisattva ja mit einem anderen Boddhisattva in soweit kommunizieren kann, dass bei "zu Zug" kommen.

Danke,

Jazzter
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#5
Hi Jazzter,
Zitat:Ich bezog mich auf die spezifische Vorstellung von Boddhisattvas als Karma-träger oder Umwandler von Fremdkarma. Das erscheint mir unlogisch.
Mir auch. Der Bodhisattva ist kein Bauarbeiter, der Karma von einer Baustelle zur anderen umschaufelt. Das sind IMHO magische Vorstellungen - möglicherweise hilfreiche, aber eben Vorstellungen.
Zitat:Die Sache mit den Boddhisattvas vor der Tür find ich interessant. Aber denkt ihr wirklich, dass alle, die dem Buddhismus folgen und erlöschen, tatsächlich auch Boddhisattvas sein müssen? Denke ich nicht zwingend.
Nein, bloß nicht - was gäbe das dann für ein Gedränge am Ende! :lol:
Im Ernst: Was im Dharma könnte jemand dazu zwingen, einen bestimmten Weg zu beschreiten? Schon die Aussage, dass ein bestimmter Status (oder Weg) einem anderen über- oder untergeordnet wäre, scheint mir äußerst suspekt - ähnlich dem Streit zwischen Dreijährigen, ob der Bagger oder das Flugzeug 'besser' sind - wenn beide aus Legosteinen bestehen... ;)

() qilin
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#6
Da kann ich dir zustimmen :)

Danke,

Jazzter
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