22-07-2009, 23:50
(22-07-2009, 11:09)Ekkard schrieb: Naturwissenschaftliche Erkenntnis ist dadurch gekennzeichnet, dass sie im Sinne ideologischer Auseinandersetzung wertfreie Weltbeschreibung liefert. Das ist eins ihrer Konstruktionsmerkmale.…
Um es ganz klar auszudrücken: Wer seinen Atheismus mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis begründet, täuscht sich und andere.
(22-07-2009, 20:01)melek schrieb: Könntest du das bitte näher ausführen ?Sagen wir so: Sinn, Wert und Urteil sind nicht Gegenstand der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise. Bei „Deutung“ bin ich mir nicht ganz so sicher. Das Wort ist mehrdeutig. Es kommt also auf dessen Kontext an.
Ich erahne zwar, verstehe aber nicht so ganz, wie du das meinst.
(22-07-2009, 20:01)melek schrieb: Klar: Naturwissenschaft beschreibt lediglich beobachtbare Vorgänge.
Aber wenn in diesen Beobachtungen kein Wirken Gottes gesehen werden kann, bzw. die Beobachtungen einem Wirken Gottes sogar widersprechen (z.B. Zufallsfaktor beim Mutationsauftreten in Sachen Evolution), ist dann die "Deutung" nicht schon mit dabei?
Die naturwissenschaftliche Methodenlehre schließt nur Wirkungen ein, die jederzeit von jedermann an jedem Ort wiederholbar sind. Der Grund für diese Vorschrift ist, Wunder auszuschließen. Diese sind im Allgemeinen von der Betrachtung ausgeschlossen. (Es mag sie geben, sie sind aber nicht in diesem Sinne „objektivierbar“).
Ferner stützt sich die naturwissenschaftliche Methodenlehre auf unbedingte, innerweltliche Kausalität. Stößt ein Naturwissenschaftler auf etwas Unerklärliches, dann gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder intensive Ursachenforschung oder das Bekenntnis: ich weiß es nicht. In diesen Fällen werden andere Institute zur Sachaufklärung eingeschaltet. (Es gibt viele Sachverhalte, die derzeit noch nicht aufgeklärt werden konnten.)
„Deutung“ kann natürlich in einer Veröffentlichung mitgeliefert werden. Also z. B. die „geometrische Deutung“ der Schwerkraft (A. Einstein). Aber dies ist keine Deutung im weltanschaulichen Sinn, sondern eine Rückführung auf ein bestimmtes mathematisches Modell.
(22-07-2009, 22:38)humanist schrieb: @ EkkardSorry, dass ich widerspreche, du bist offenbar mit der Methode nicht sehr vertraut?! Deutung im oben angegebenen Sinne, also im Hinblick auf ein logisches Modell: ja. Sobald die Deutung jedoch ins Weltanschauliche übergreift, handelt es sich um eine Verletzung der Methode.
Du wirfst der Naturwissenschaft vor, dass sie manchmal deuten muss.
Nun, das liegt daran, dass nicht immer wie in der Physik simuliert werden oder wie in der Mathematik eindeutig bewiesen werden kann.
Speziell in der Hirnforschung muss nunmal interpretiert werden, solange keine Simulation des Gehirns verfügbar ist.
Aber nach wissenschaftlicher Methodik vorgehend, muss objektiv geschlussfolgert werden.
Und wenn man sich gewissen Entscheidungen erst im Nachhinein bewusst wird, hat sie logischerweise das Unterbewusstsein zuvor getroffen.
Es muss dazu keine Simulation der Bewusstseinsvorgänge, d. h. ein Funktionsmodell des Gehirns vorliegen. Man kann natürlich phänomenologisch vorgehen.
Ich bin mir schon von der Selbstbeobachtung her über gewisse Vorentscheidungen meiner diversen Bewusstseinsschichten im Klaren. Jeder Satz braucht eine gewisse Zeit, bis er für mich plausibel vor meinem „inneren Auge“ steht. Wer schreibt da? Es geht doch nichts über ein gut trainiertes Unterbewusstsein! – behaupte ich immer.
Sobald aber das Wort „Illusion“ in Zusammenhang mit dem Ich-Bewusstsein auftaucht, dann klingeln bei mir die Alarmglocken. Denn dies ist eine unzulässige Wertung der Ich-Empfindung.
(22-07-2009, 22:38)humanist schrieb: Natürlich kann man die Überzeugungen von Atheisten als Ideologie ansehen. Vielleicht macht man es sich damit aber auch zu leicht.Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass (naturwissenschaftliche) Fakten nichts mit dem Weltbild des Atheismus zu tun haben. Das ist schlicht ein Schwindel, der gerne „den Gläubigen“ entgegen gehalten wird. Atheismus ist von Nihilismus über Materialismus und Humanismus bis Idealismus eine bunte Mischung aus weltanschaulichen Überzeugungen. Viele Atheisten sind nicht einmal im Ansatz bereit, ein klares Bekenntnis abzuliefern. Lieber verschummeln sie hier und da mal ein paar Brocken antireligiöser Propaganda, die dann in solchen Worten wie Ich-Illusion hervor leuchten.
Wir sind ja keine dummen Menschen, die sich ein willkürliches Weltbild erschaffen. Wir gehen möglichst von Fakten aus.
(22-07-2009, 22:38)humanist schrieb: Ich möchte nochmal etwas zum Thema Moral beisteuern. Spiegelneuronen haben viel mit Mitleid zu tun. Sieht man Jemanden leiden, versucht das Gehirn den Schmerz nachzubilden. Mitleid ist also mindestens zum Teil angeboren. Hat wohl wie viele Gehirn-Funktionen einen evolutionären Zweck: Den Leuten in der Gruppe/Familie zu helfen. Da bewahrheitet sich der Spruch "tue keinem Anderen etwas an, was du nicht willst, das man dir antut".Nein, lieber Humanist: Letzteres ist ein Bekenntnis und Mitleid die Wertung eines Gefühls. Die Tatsache, dass es Spiegelneuronen gibt, kann genauso gut „gottgegeben“ gedeutet werden, wie überhaupt alles, wie der Mensch konstruiert ist. Daran ändert auch die Lehre von der Entwicklungsgeschichte nichts.
Es ist Ausdruck eines oder auch deines Bekenntnisses zum Materialismus. Und dieses Bekenntnis ist das Primäre, alles andere ist sekundär.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Ekkard