Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Tricks der Theologen
#1
'The Evolution of Confusion' by Dan Dennett, AAI 2009

Dieser Vortrag geht eine Stunde. Um euch das zu ersparen, habe ich ihn nachfolgend zusammengefasst.


Dennet über seine Studie über Pfarrer - sechs an der Zahl -, die heimlich Atheisten sind (keineswegs eine Ausnahme).
Anfangs zählt er die Gründe auf, warum sich atheistische Pfarrer selten outen:
-finanzielles Risiko
-man hat ja nichts anderes gelernt
-traut es sich selbst nicht zu
-möchte Mitmenschen nicht verletzen

Dann erklärt Dennet, wie sie in diese Lage kommen:
Sie gehen ins Priesterseminar und kommen ungläubig raus,
da sie realisieren, wie die Bibel tatsächlich geschrieben wurde.
Das desillusioniert sie.
Anmerkung von mir: Es gibt den Spruch, je intensiver man die Bibel studiert, desto ungläubiger wird man.

Im Priesterseminar lernen sie die Fähigkeit:
-Die Wahrheit über die Bibel zu interpretieren. Von ihren Professoren lernen sie die widersprüchlichen Unwegbarkeiten mit Eloquenz zu umschiffen.
-Die Enthüllung der Wahrheit über die Bibel zu vermeiden.

Dann fragt sich Dennet, warum Theologie existiert, warum also so viele junge Menschen mit Eifer Theologie studieren.
Er erinnert sich scherzhaft an die Anekdote "Wenn etwas nicht Wert ist es zu machen, ist es nicht Wert es gut zu machen."
Zu den Gründen:
Wer sind die Nutznießer der Theologie? Es sind die Pfarrer, die eine Antwort auf die Frage benötigen, was sie ihrer Gemeinde erzählen können.
Diese lesen die neuesten Arbeiten von Theologen, da sich das Christentum ständig ändert.
Um allgemein Unlogik zu elimieren.
Dennet gibt den Spruch "Theologen sind die 'Strippenzieher' der Religion"
und fasst so die heutige Theologie zusammen.

Regeln einer guten Interpretation (Tricks der Theologen):
-Es ist keine offensichtliche Lüge.
-Man muss es mit ernstem Gesicht sagen können.
-Es darf bei Skeptikern keine Neugier entfachen.
-Es sollte profund erscheinen.

Dann führt er einen neuen Begriff "Tiefigkeit" ein:
-Eine Tiefigkeit ist eine Aussage, die profund erscheint, da sie logisch schlecht formuliert ist.
-Sie hat zwei Bedeutungen und balanciert unsicher zwischen ihnen.
-Eine Bedeutung ist wahr aber trivial und die andere ist falsch, wäre aber erschütternd, falls wahr. Dies führt dazu, dass man beeindruckt ist von einer "tiefigen" Aussage.
Er bringt ein Beispiel. Bitte anschnallen.
"Liebe ist nur ein Wort."
Die triviale Bedeutung: L i e b e. So wie Kuh nur ein Wort ist.
Die zweite Bedeutung: Sie ist eine Emotion, etwas Wunderbares oder eine Illusion. Aber nicht ein Wort *kopfschüttel*.

Solche Tiefigkeit erklärt er als "Benutzungs/Erwähnungs-Fehler", den Theologen gerne machen, was aber ein elementarer Irrtum ist.
Wenn man bspw. über das Wort Liebe sprechen möchte, sollte man es in Anführungsstrichen schreiben,
da man das Wort erwähnt und nicht benutzt. Also hier der Unterschied Wort gegenüber Konzept.
Dann bringt er beispielhaft den Buchtitel "Die Evolution von Gott". Hier ist nicht Gott an sich gemeint, sondern die Evolution des Konzepts Gott.
Ein Benutzungs/Erwähnungs-Fehler.
Weiteres Beispiel: "Gott ist buchstäblich das, was wir eine Metapher nennen würden."
Darauf sagt Dennet, er glaube an Metaphern, also müsste er an Gott glauben. *lach*
Dann bringt er noch zahlreich weitere Beispiele.
Anmerkung von mir: Solche "Tiefigkeit" ist also ein einfach zu durchschauender Trick der Theologen - man muss aber erstmal darauf kommen.
Sich nicht von sowas beeindrucken lassen! Ist lediglich Wortverdreherei.

Ein Beispiel möchte ich aber noch bringen.
Karen Armstrong:
1. "Gott ist kein Sein.
2. Kein Sein ist Gott."

1. ist ausgeklügelte Theologie
2. ist kruder Atheismus.
Sie sind logisch äquivalent.

Am Ende seines Vortrages wirbt er dafür, zu erforschen, wie Religion entstanden ist,
indem man gedanklich Reverse-Engineering betreibt. Er sieht Religion als ein Ergebnis der Evolution an.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Zitieren
#2
Zitat:Anmerkung von mir: Es gibt den Spruch, je intensiver man die Bibel studiert, desto ungläubiger wird man.

Ja, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Zitieren
#3
Romero, du bringst es auf den Punkt. Ich habe viel Bibel gelesen, weil ich besonders in Foren gesehen habe, dass andere viel mehr wussten; aber ich habe sie nicht studiert. Dass ich weiterhin Christ bin, liegt an meiner Gemeinde, nicht an der Bibel. Die "Tricks der Theologen" klingeln plausibel. Auf der anderen Seite macht sich der einfache, "normale Volksglaube" an Dingen fest, die regelmäßig zum Unglauben führen, wenn man dahinter kommt. Das beginnt bei der Auferstehung, umrundet den Schöpfungsmythos und endet bei der Existenzfrage Gottes.

Ich habe ja selbt ein Vierteljahrhundert lang die Frage nach der Religion geleugnet, verdrängt oder verlacht, bis mir klar geworden ist: Jeder Mensch bewegt sich in einem Kosmos von Wertvorstellungen, die aus der Tradition seiner Mitmenschen stammen, aus seiner Gesellschaft. Und Wertvorstellungen folgen logisch weder aus der Geschichte noch aus der wissenschaftlichen Entwicklung, sondern sind Konventionen die ihrerseits die Gesellschaft prägen. So haben wir einen rückgekoppelten Prozess. Die Traditionen führen auf Konventionen, diese wiederum beeinflussen die Tradition.

So ist es auch kein Wunder, wenn sich bestimmte Konventionen lockern oder auflösen. Der eigentliche Trick des Gottesglaubens ist die Verankerung besonders schützenswerter Konventionen, um sie damit der Verfügung besonders der Herrschenden zu entziehen.

Deshalb sehe ich den Gottesglauben als ein wichtiges Instrument des menschlichen Geistes an, über sich eine Institution (wie einen juristischen Vertragspartner) anzuerkennen, die bestimmte Regeln der allgemeinen Verfügbarkeit entzieht; Beipiele: Tötungsverbot, Lebens- und Umweltschutz, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde, Nächstenliebe, Feindesliebe, Gesetzestreue u.s.w..

An einer solchen Stelle der Überlegungen angelangt, fragt man sich schließlich: Warum das alles ersetzen durch einen künstlichen, ethischen Überbau, wenn die Tradition doch das Werkzeug bereits liefert - alles eine Frage der ökonomischen Vernunft.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#4
Zurück zu "den Theologen": Also so ganz stimmt das natürlich alles nicht. In erster Linie erforschen Theologen, wie die Traditionen zustande gekommen sind und wie sich die Sprache von der Antike bis heute der religiösen Aussagen bemächtigt hat und umgekehrt. Das Alles kann ein gottloser Theologe genauso gut erforschen, wie ein gläubiger. Erst, wenn es darum geht, verschiedene Deutungsmuster der Vergangenheit zu einer neuen Gegenwartsstruktur zu verarbeiten, wird es der Ungläubige schwer haben - es sei denn er/sie findet einen eigenen Zugang zu den Konventionen der Gegenwart.
Ich denke, dass es eine bewusste Trickserei gar nicht gibt, sondern dass gläubige wie ungläubige Theologen erschreckt vermeiden, von Konventionen zu sprechen. Denn damit wäre ja eine Verfügbarkeit bei ihrer Festlegung bzw. Festhalten verbunden. Da sei Gott vor!
Von einem analytischen Standpunkt aus betrachtet, ist das so.
Die Frage ist nur: Ist das deshalb auch "richtig" im Sinne einer empfundenen Welt- und Sinnheimat für die meisten Menschen? Muss ich nicht fürchten, dass mein Leben Manipulationsmasse der Mächtigen wird, die ausser ihren eigenen Konventionen nichts mehr über sich anerkennen?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#5
Jede Begegnung eines Wissenden mit einem Unwissenden ist konfliktbehaftet.
Dies gilt für jede wissenschaftliche Disziplin. dies gilt für Theologen ebenso wie für Ingenieure, Juristen, oder einen Schmied.

In jedem Fall ist es meines Erachtens die Aufgabe des Wissenden, dem Unwissenden den Weg zum Wssen zu zeigen.

Gehen muß jeder diesen Weg dann jeder selbst

Gruß Dornbusch
Zitieren
#6
Sehr richtig. Nur verwechseln sich Gläubige oft selbst mit Wissenden. Sie sind aber eben Gläubige.

Ich möchte dazu das Gleichnis Jesu anführen:

Zitat:(Matthäus 7,24 -27) 24 Jeder, der diese meine Worte hört und danach handelt, ist einem klugen Mann gleich, der sein Haus auf Fels gebaut hat. 25 Da gingen Regengüsse nieder, Sturzbäche kamen, und Winde wehten und warfen sich gegen das Haus, und es stürzte nicht ein. Denn Fels war sein Fundament. 26 Und jeder, der diese meine Worte hört und nicht danach handelt, ist einem törichten Mann gleich, der sein Haus auf Sand gebaut hat. 27 Da gingen Regengüsse nieder, Sturzbäche kamen, Winde wehten und schlugen gegen das Haus, und es stürzte ein, und sein Sturz war gewaltig.

Er hätte es nicht besser sagen können, nur dass er da etwas verwechselt. Die Wissenschaft ist es, die ihr Haus auf dem stabilen Fels der Vernunft und reproduzierbaren Beobachtung baut, sich selbst immer wieder in Frage stellt um Festigkeit dieses Felsens zu überprüfen.
Religion hingegen basiert auf wackligen, nicht beweisbaren Behauptungen, Dogmen und der Offenbarung einiger selbsternannten "Propheten". Dieses Gebilde auf dem sandigen Grund des Glaubens würde bei ein wenig Wind und Wetter sofort einstürzen, wenn nicht Gläubige mit aller Mühsal jeden einzelnen Stein festhalten und sich mit grossem Aufwand gegen die schwankenden Mauern stemmen würden, auf dass sie nicht einbrechen. Darum reagieren sie auch immer so nervös, wenn ein Atheist, der gemütlich auf der Terrasse seines Felsengrundhauses einen Drink schlürft, mal wieder hustet und damit einen Windstoss Richtung Wackelbude Glauben loslässt.
Zitieren
#7
Die Frage ist ja, wenn man als Theologe oder Pfarrer erkennt, man glaubt nicht mehr an Gott, sollte man dann nicht daraus Konsequenzen ziehen? Das Thema ähnelt sehr dem der homosexuellen Priester. Die Kirche toleriert soetwas offensichtlich nicht, sonst wären sie nicht in dieser Zwangslage.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Zitieren
#8
(02-11-2009, 15:44)Ekkard schrieb: Romero, du bringst es auf den Punkt. Ich habe viel Bibel gelesen, weil ich besonders in Foren gesehen habe, dass andere viel mehr wussten; aber ich habe sie nicht studiert. Dass ich weiterhin Christ bin, liegt an meiner Gemeinde, nicht an der Bibel. Die "Tricks der Theologen" klingeln plausibel. Auf der anderen Seite macht sich der einfache, "normale Volksglaube" an Dingen fest, die regelmäßig zum Unglauben führen, wenn man dahinter kommt. Das beginnt bei der Auferstehung, umrundet den Schöpfungsmythos und endet bei der Existenzfrage Gottes

soweit ich weiß, ist der glaube an die auferstehung nicht "einfacher, normaler Volksglaube", sondern basis auch der christlichen theologie

(02-11-2009, 15:44)Ekkard schrieb: Deshalb sehe ich den Gottesglauben als ein wichtiges Instrument des menschlichen Geistes an, über sich eine Institution (wie einen juristischen Vertragspartner) anzuerkennen, die bestimmte Regeln der allgemeinen Verfügbarkeit entzieht; Beipiele: Tötungsverbot, Lebens- und Umweltschutz, Gerechtigkeit, Solidarität, Menschenwürde, Nächstenliebe, Feindesliebe, Gesetzestreue u.s.w..

An einer solchen Stelle der Überlegungen angelangt, fragt man sich schließlich: Warum das alles ersetzen durch einen künstlichen, ethischen Überbau, wenn die Tradition doch das Werkzeug bereits liefert - alles eine Frage der ökonomischen Vernunft

weil diese tradition eben nicht sich auf die vermittlung unangefochten positiver werte beschränkt, sondern auch sehr viel übles im gepäck hat

es ist z.b. keine "frage der ökonomischen vernunft", sich den theoretisch freundschaftlichen umgang mit den mitmenschen (stichwort: nächstenliebe) durch die sehr praktische dämonisierung homosexueller zu erkaufen

du begehst immer den slben fehler, dir aus dem gesamtpaket nur das herauszupicken, was dir gerade gefällt, den rest zu negieren, und das paket als nonplusultra hinzustellen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#9
Richtig. Existenz Gottes, Auferstehung und Schöpfung sind die Basis der christlichen Theologie, nicht irgendwelcher Volksglaube.
Zitieren
#10
Romero,
jetzt verstehe ich deinen Einwand. Du hast natürlich Recht: Wenn man den Glauben allein auf dogmatische Lehraussagen stützt (oder historisch-mythologische Geschichten), dann bricht er wirklich irgendwann zusammen. Dann fehlt vor allem das Motiv, an ihm festzuhalten, weil das alles von außen kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#11
Genau, so meinte ich das. Danke Ekkard

Das macht meiner Meinung nach das Christentum an sich aus. Klar, es gibt Leute die sich als Christen bezeichnen, obwohl sie nicht die Ge-und Verbote in der Bibel beachten, sondern ihren Glauben auf was anderes gründen. Aber da könnte ich auch Vishnu anbeten und behaupten ich sei ein Moslem. Nur weil ich sage, ich sei einer, bin ich noch lange keiner. Ich bete ja den "falschen Gott" an.
Zitieren
#12
Zitat:Aber da könnte ich auch Vishnu anbeten und behaupten ich sei ein Moslem

Das ist tatsächlich mein Bekenntnis, ;) so muss ich weder auf Schwein noch auf Rind verzichten. Ich kann schliesslich nicht nur von Gemüse leben.
VERFÜGUNG ZUR ABSICHERUNG GEGEN TÖRICHTE KRITIKEN :
Wer diese Zeilen liest, prüfe zur rechten Zeit,
Einfaches und unwissendes Publikum gebe sich nicht damit ab,
Astrologen, Dummköpfe, Sprachunkundige, sollten sich fernhalten,
Wer auf andere Weise vorgeht, ist zu recht dazu bestimmt.
Nostradamus, Prophezeiungen Centurie 6 Vers 100
Zitieren
#13
*GGG* Eine gute Wahl.
Zitieren
#14
(02-11-2009, 21:57)Barabbas schrieb: Ich kann schliesslich nicht nur von Gemüse leben.

Dann bin ich wohl eine Untote :-P
Gruß
Motte

Zitieren
#15
Dann hattest du an Halloween sicher deinen grossen Auftritt Icon_wink
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste