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(03-11-2009, 20:42)humanist schrieb: Im Moment gibt es in Philosophie und Neurowissenschaft keine Eindeutigkeit, ob es freien Willen gibt. Man wird abwarten müssen.
das hauptproblem scheint mir darin zu bestehen, daß eben die definition des "freien willens" nicht eindeutig geklärt ist
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 21:08 von Romero.)
(02-11-2009, 16:28)humanist schrieb: Spontanentscheidungen werden im Gehirn bereits unbewusst getroffen, bevor sich die Person dieser bewusst wird. Aber wie verhält es sich bei folgenschweren Entscheidungen, bei denen das Bewusstsein involviert zu sein scheint?
Aktuelle Forschungen weisen darauf hin, dass das Bewusstsein erst im Laufe des Aufwachsens entsteht und lediglich vom Gehirn vorgetäuscht wird; ein Produkt der neuronalen Verschaltungen.
M. E. gibt es keinen freien Willen. Man lebt allerdings so, als ob es ihn gäbe. Sonst könnte man Verbrecher nicht für ihre Taten zur Rechenschaft ziehen, da sie nicht anders hätten handeln können, als ihr Gehirn ihnen vorschreibt.
Ich stimme eher mit dieser Ansicht überein. Unsere Entscheidungen sind reaktionen auf Ketten von Eindrücken, die uns beeinflusst haben. Wenn ich heute entscheide ein Auto zu kaufen, mag die Lobrede meines Vaters über seinen neuen Volvo vor 20 Jahren einen einfluss darauf haben, wie die letzte Fiat-Werbung, die ich gesehen habe (nur ein Beispiel).
Es ist wie wenn ich einen Würfel schmeisse. Eigentlich kann er physikalisch gar nicht anders fallen, als er es tut, denn ich gebe ihm eine bestimmte Wurfgeschwindigkeit mit, einen bestimmten Auftreffwinkel auf einem gewissen Untergrund, die Beschaffenheit des Würfels spielt auch noch eine Rolle, und natürlich wie er auf dem - sagen wir - Tisch auftrifft, auf den ich ihn geworfen habe. Wenn ich in der Lage wäre, ihn unter genau den gleichen Bedingungen (Schwankungen im Gebäude, leichteste Erschütterungen der Erde, Luftwiderstand, Luftfeuchtigkeit, Durchzug etc.) genau gleich zu werfen und an den genau gleichen Ort im genau gleichen Winkel, dann fällt der Würfen wieder genau so, wie zuvor.
Nur ist dieser Vorgang viel eben viel zu komplex, als dass ich ihn grossartig berechnen könnte, geschweige denn ihn zu wiederholen, und daher ist und bleibt das Ergebnis vom Werfen eines Würfels für mich als Mensch Zufall. Und wegen dieser nicht erfassbaren Komplexität der Informationsbearbeitung in meinem Gehirn, die noch viel mehr Eindrücke verarbeitet, als das blosse Werfen eines Würfels, lebe ich die Illusion, frei Entscheiden zu können, was ich tue. Und selbstverständlich auch die Konsequenzen dieser Entscheidungen zu tragen.
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Zitat:Wenn ich in der Lage wäre, ihn unter genau den gleichen Bedingungen (Schwankungen im Gebäude, leichteste Erschütterungen der Erde, Luftwiderstand, Luftfeuchtigkeit, Durchzug etc.) genau gleich zu werfen und an den genau gleichen Ort im genau gleichen Winkel, dann fällt der Würfen wieder genau so, wie zuvor.
Das ist Spekulation.
(Aber frag' mich nicht warum. :P)
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 21:39 von Romero.)
Ich finds logisch, aber ein Stückweit ist es natürlich Spekulation, da hast du recht, denn ausprobiert hab ichs freilich nicht
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Romero hat mit seiner Würfel-Analogie schon recht. Solch ein Sachverhalt lässt sich mit den Newtonschen Gesetzen voraussagen. Im Kosmos der Teilchen hingegen gibt es sowas wie Zufall. Dieser hat aber nicht den großen Einfluss auf unsere Welt - so wie ich das verstehe.
Sind Luftwiderstand, Reibung, Gewichtskraft, Masse, Geschwindigkeit etc. bekannt, sollte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die Augenzahl vorhersagen lassen. Solche Physik lässt sich simulieren.
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Welche Zufälle meinst du denn genau? Ich weiss zuwenig über Teilchenphysik.
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(03-11-2009, 21:39)humanist schrieb: Romero hat mit seiner Würfel-Analogie schon recht.
Ja, wahrscheinlich. ;)
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 22:14 von petronius.)
(03-11-2009, 21:05)Romero schrieb: Es ist wie wenn ich einen Würfel schmeisse. Eigentlich kann er physikalisch gar nicht anders fallen, als er es tut, denn ich gebe ihm eine bestimmte Wurfgeschwindigkeit mit, einen bestimmten Auftreffwinkel auf einem gewissen Untergrund, die Beschaffenheit des Würfels spielt auch noch eine Rolle, und natürlich wie er auf dem - sagen wir - Tisch auftrifft, auf den ich ihn geworfen habe. Wenn ich in der Lage wäre, ihn unter genau den gleichen Bedingungen (Schwankungen im Gebäude, leichteste Erschütterungen der Erde, Luftwiderstand, Luftfeuchtigkeit, Durchzug etc.) genau gleich zu werfen und an den genau gleichen Ort im genau gleichen Winkel, dann fällt der Würfen wieder genau so, wie zuvor
eine sehr treffende analogie, würde ich meinen
ohne damit zu postulieren, der "freie wille" sei in gleicher weise nur durch physikalische randbedingungen bestimmt
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Ich bin nicht sicher, ob ich damit vorbei schiesse. Aber ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Würfel nicht weiss, dass er fällt und dass er ein Würfel ist.
Angenommen wir wären Würfel, würden wir dann unter den gleichen Bedingungen immer gleich fallen?
Wobei dabei die Frage nach dem Wesen des Bewusstseins aufgeworfen wird.
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 22:41 von Romero.)
Es geht ja zu einem grossen Teil um unser Gehirn an sich. "Dass wir wissen, dass wir fallen" ist eine chemische Reaktion des Lichts, das auf unsere Netzhaut fällt und unserem Gehirn eine Information weiterleitet, die es gemäss Neuronenverknüpfung verarbeitet. Nehmen wir an ein Riese schmeisst dich wie einen Würfel auf den Tisch, innerhalb der Sekundenbruchteile in denen du fällst, tust du gar nichts - aber auch gar nichts - bewusst. Dein Gehirn erarbeitet eine Schutzstrategie, und veranlasst dich dazu z.B. die Hände vors Gesicht zu ziehen.
Wenn dir jemand einen Ball aufs Gesicht zu wirfst, wirst du immer deine Hände hochziehen (wenn dein Gehirn nicht gerade langsam ist - wenn doch, dann wirst du aber immer zu langsam dafür sein) um dich zu schützen. Auch mehrmals hintereinander.
Es sei denn, du willst explizit, dass der Ball in dein Gesicht klatscht, aber das bedarf trainings, hier nicht zu reagieren, du must es deinem Hirn explizit befehlen. Dies könnte man nun als freien Willen definieren, doch schon kommt wieder eine Kette von Kausalitäten zum Vorschein: Wieso willst du überhaupt, dass dir ein Ball ins Gesicht klatscht? Ist es eine Mutprobe? Dann sind hier wieder chemische, hormonelle Vorgänge im Hintergrund, die dir Marionette quasi befehlen vor deinen Freunden den Helden zu spielen. Bist du Masochist? Dann sind hier ebenfalls falsch gekoppelte Neuronen schuld (Vermutung meinerseits, ich habe kein fundiertes Wissen über Masochismus). Warum gibt es diese hormonellen Vorgänge die - meist männlichen - Lebewesen befehlen, sich wie ein Idiot aufzuführen, um vor anderen besser dazustehen? Hierzu müssen wir wieder eine Kette evolutionärer Begebenheiten in Betracht ziehen.... und den letzten Jackie Chan Film....
Aber auch Entscheidungen, über die du lange nachdenken kannst, sind davon betroffen. Nehmen wir die Entscheidung ob du heiraten willst oder nicht. Glaubst du, DU entscheidest das? Ich behaupte: Wir glauben es zwar, und empfinden es so. Aber in Wirklichkeit sind das doch wieder chemische Prozesse im Hirn, die bei deinen Erwägungen die Scheidung oder glückliche Ehe der Eltern in Betracht ziehen, den Zeitungsartikel über häusliche Gewalt den du gestern gelesen hast, die Meinung deiner Freunde, die Wünsche deiner Partnerin, welche alle wieder durch andere Kausalitätsketten entstanden sind.
Schwer zu erklären, ich hoffe du kannst meinen Gedankengängen folgen, die hier so rausgesprudelt sind? ^^ Über die Dimension des ganzen Nachzudenken, und die Kausalitätsketten weiter zurückzuverfolgen, würde dem Gehirn irgendwann einen Kurzschluss beibringen, weshalb es gar nicht erst anfängt dir das Bewusst zu machen, sondern uns schlicht und einfach den freien Willen "vorgaukelt".
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 22:44 von petronius.)
(03-11-2009, 21:42)Romero schrieb: Welche Zufälle meinst du denn genau? Ich weiss zuwenig über Teilchenphysik.
vielleicht ist damit gemeint, daß auf quantenebene die makroskopisch geltenden prinzipien von realität und lokalität
(umschrieben also:
(Atomare) Objekte existieren unabhängig von menschlichen Beobachtungen - "realität"
Der Raum bewirkt eine effektive Trennung von Objekten - "lokalität"
http://diepresse.com/home/techscience/wi...0/index.do )
offenbar nicht mehr unbedingt gelten. für die lokalität scheint zeilinger das mit seinen verschränkungsexperimenten bereits nachgewiesen zu haben, und zweifelt darauf basierend auch den anspruch der realität an
ob man die daraus vielleicht abzuleitende negation von kausalität als "zufall" bezeichnen möchte, ist imho geschmackssache
oder aber barabbas bezieht sich auf die unvorhersagbarkeit komplexer datensätze qua unschärfe
oder...
...ich lasse meinen horizont erweitern
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(03-11-2009, 22:20)Barabbas schrieb: Ich bin nicht sicher, ob ich damit vorbei schiesse. Aber ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Würfel nicht weiss, dass er fällt und dass er ein Würfel ist
das wäre dann die nichtphysikalische randbedingung
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 03-11-2009, 23:08 von Barabbas.)
Nun, ich bin da noch nicht ganz gestiegen, aber ich meinte die Probleme die "Realität" betreffend.
Zitat:das wäre dann die nichtphysikalische randbedingung Icon_smile
Ok.
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Zitat:Schwer zu erklären, ich hoffe du kannst meinen Gedankengängen folgen, die hier so rausgesprudelt sind? ^^ Über die Dimension des ganzen Nachzudenken, und die Kausalitätsketten weiter zurückzuverfolgen, würde dem Gehirn irgendwann einen Kurzschluss beibringen, weshalb es gar nicht erst anfängt dir das Bewusst zu machen, sondern uns schlicht und einfach den freien Willen "vorgaukelt".
Interessant. Die Illusion des Freien Willens ist determiniert. :P
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(03-11-2009, 22:52)Barabbas schrieb: Nun, ich bin da noch nicht ganz gestiegen, aber ich meinte die Probleme die "Realität" betreffend
ein problem dabei ist z.b., daß wir ohne postulat der realität (im sinne der oben mit bezug auf die quantenphysik vorgenommenen definition des realismus) in unserer alltagsexistenz gar nicht zurecht kämen
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