(15-11-2009, 17:06)humanist schrieb: Warum darf man mit dem heutigen Wissen und Denken nicht die damalige Sichtweise überprüfen?
Wie du sagtest, baute das damalige Wissen stark auf Autoritäten auf.
Wenn ich keine göttliche Inspiration voraussetze, muss ich mir die Denkweise der Autoren vor Augen führen.
In gewisser Hinsicht hast du damit Recht. Nur finde ich es problematisch ihnen Verfälschungen vorzuwerfen. Ein Urteil, das auf einem Verständnis von Wahrheit gründet, das diese Leute gar nicht kannten. Ihre Intention war vielleicht nicht zugunsten einer Marketingstrategie zu verfälschen sondern die Wahrheit so wiederzugeben, wie sie sie verstanden.
(15-11-2009, 17:06)humanist schrieb: Mit einfach gestrickt meinte ich: Menschen ohne fundierte Wissensbasis und ohne durchgängig logische Denkweise.
Mit der heutigen Bildung hätten die Autoren sicher einiges anders geschrieben.
Da stimme ich zu.
(15-11-2009, 17:06)humanist schrieb: Wenn die Erbsünde für alle Menschen gleichermaßen gelten soll, ist es wichtig, dass alle diese auch fühlen.
Weil Jesus soetwas gefühlt hatte, sehe ich nicht als Grund an, dies zu verallgemeinern.
Vielleicht hätte er, platt gesprochen, mal zum Psychiater gehen sollen. Ich denke auch nicht, dass Jesus
die Erbsünde ins Spiel gebracht hat, sondern eher die nachfolgenden Autoren.
Wieder verlangst du logische Stringenz. Du sagst: "Wenn die Erbsünde ein Gefühl ist und die Erbsünde für alle Menschen gleichermaßen gilt, dann müssen alle Menschen dieses gefühl haben." Logisch gesehen ein richtiger Schluss.
Bedingung dafür, dass der Schluss funktioniert, ist aber, dass das Gefühl Erbsünde und die theologische Erbsünde das Gleiche bezeichnen.
Wenn man das an der Intention eines Verfassers festmachen möchte, dann geht man davon aus, dass Gefühl und theologisches Konzept in einem Zug erdacht wurden. Sie wurden aber nicht in einem Zug erdacht und das theologische Konzept der Erbsünde und die gefühlte Erbsünde sind nicht zwingend das gleiche.
Die Geschichte vom Garten Eden ist Jahrhunderte älter als das theologische Konzept der Erbsünde. Das Konzept ist ein Erklärungsversuch, der selbst vor einem bestimmten kulturellem Hintergrund stand.
Paulus gilt ja als Urheber der Erbsünden-Erlösungs-Theorie. Paulus war ein Schriftgelehrter, der unter starkem Einfluss griechischer Tradition stand. Was hat er gemacht? Er ging davon aus, dass die Genesis und die Auferstehung wahr sind und versuchte daraus Schlüsse zu ziehen. Er interpretierte dabei Jahrhunderte der Geschichte als Heilsplan Gottes.
Zum Zeitpunkt der Verfassung der Genesis war aber vom Heilsplan Gottes noch keine Rede. Nicht Paulus hat sie geschrieben. Wahrscheinlich ist die Erzählung sogar älter als das Judentum überhaupt.
Zwischen Genesis und Korintherbrief besteht eine Kluft: zeitlich und räumlich, kulturell und intentional.
Bis wiederum das Erbsündenkonzept zur Durchsetzung von machtpolitischen und materiellen Interessen genutzt wurde vergingen wieder Jahrhunderte. Motivlage und kultureller Hintergrund haben sich wieder grundlegend verändert. Da kann man keine logische Stringenz ansetzen.
Noch einmal Jahrhunderte vergehen bis diese Interessen überhaupt als Verstoß gegen die Menschlichkeit verstanden werden. Und der Vorwurf hat selbst wieder ganz andere Hintergründe.