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Evolutionstag statt Christi Himmelfahrt!
#31
Ich habe immer noch Schwierigkeiten, den geforderten Evolutionstag als möglichen Ausdruck des Humanismus zu verstehen.

"Da steht der Mensch im Mittelpunkt" sagt ein Humanist! Tut er nicht in der Evolution, möchte ich darauf erwidern.

Ich habe etwa 4000 Jugendliche gefragt, ob dieser Satz zuträfe:

"Menschen stammen vom Affen ab". 3700 stimmen diesem Satz zu. Ob dies im Sinne des Humanismus ist? Daß aus Menschen Affenkinder werden? Verdient es Darwin, wenn er dermaßen mißgedeutet wird?

Zuerst wurde dem Menschen die zentrale Stellung im Universum genommen. Dann wurde ihm die Krone der Schöpfung genommen. Und gegenwärtig wird ihm der freie Wille abgesprochen.
Selbst die Fähigkeit zu Demokratie (Schweiz) des Menschen wird in Frage gestellt.

Was hat die Evolutionstheorie dem Menschen bisher Gutes gebracht, das gefeiert werden könnte? Inwiefern unterstützten Darwin und seine Schüler den Humanismus?

Gruß Dornbusch
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#32
(05-12-2009, 02:06)Ekkard schrieb: Dem allgemeinen Verlust der Tradition wird eines Tages die Hinwendung zu fundamentalistischen Weltanschauungen führen. Denn ohne Tradition bleibt auch Liberalismus ohne Fundament und ohne Leidenschaft. Die Liberalität und Toleranz sind für sich genommen nichts, womit sich Menschen identifizieren können
Ob Fundamentalistisch besser taugt als Identifikationsplattform für alle, darf sehr bezweifelt werden - in einem technisch-wissenschaftlich hochstehendem Umfeld wohl erst recht. Zudem möchte ich anmerken, dass der chr. Fundamentalismus zu Zeiten entstand, als christliche Kirchen sehr national-konservativ-traditionalistisch waren und mit dem Rechtsruck der R-K Kirche in den 80ern beim polnischen Papst gehörig Aufschwung erfahren haben ... Von Liberalismus war da anteilig wenig drin.

Dass Liberalismus und Demokratisierung schuld am Vordringen fundamentalistischer Bewegungen wäre, kann ich nicht nachvollziehen.
Der allgemeine Niedergang traditioneller Kirchlichkeit mitsamt der liberaleren Richtungen darin, hat wohl eher das religiöse Vakuum entstehenlassen, dass Fundi-Bewegung zum sehr geringen Teil für sich vereinnahmen.
Für die allermeisten Kirchen-Enttäuschten ist Fundamentalismus auch keine Lösung und wirds auch nicht ...

JHR
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#33
Hallo Jobst

Ich beobachte seit zwei Generationen Menschen und ihre Entwicklung.

Ein Fundamentalist mag seinen Standpunkt aufgeben und stattdessen einen anderen einnehmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das aber wiederum ein fundamentalistischer sein.

Tolerante Menschen habe ich als solche kennengelernt, die ihren Standpunkt einerseits behalten, ihn aber auch weiterentwickeln.

Ausnahmen davon kenne ich selbstverständlich auch.

Gruß Dornbusch
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#34
Ich greife mal 2 Beiträge aus dem ganzen Thread heraus, die mir die Problematik in typischer und ich meine auch in pychologisch zutreffender Weise beleuchten: #6 (Stichworte: Provokation und Tradition) und #23 (Sinn des Feierns für Alt und Jung).

@Zahira: Ich bin deshalb nicht der Meinung, dass irgendwelche neuen Themen für einen traditionellen Feiertag in die richtige Richtung weisen. Es gibt an einer wissenschaftlichen Lehre nichts zu feiern.

Das Thema einer Feier muss gewissermaßen das tiefenpsychologische Moment unserer Verantwortlichkeit ansprechen und festigen. Bei religiösen Feiertagen sind dies "mythische Ereignisse" (Auferstehung, Himmelfahrt, Geburt, Erscheinungen). Sie erinnern daran, dass es neben Mühe, Arbeit und Vor-sich-Hinleben (Lebenszyklen) noch eine Welt gibt, die durch ihre Figuren Sinn, Verantwortlichkeit und Geborgenheit stiftet (zumindest stiften kann).

Wenn die Evolution eine Rolle dabei spielen soll, dann müssen wir die Thematik anders d. h. mit emotionaler Wucht anfassen. Dazu gehört ein Mythos z. B. die "Letzten ihrer Art" - und wir gedenken der traurigen Tatsache, dass Menschen Ursache werden für den Rückgang der Artenvielfalt, was sicher nicht im Sinne des Auferstandenen sein kann. Aber dann sind wir im Grunde wieder beim Thema "Himmelfahrt".
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#35
(05-12-2009, 02:06)Ekkard schrieb: Die Liberalität und Toleranz sind für sich genommen nichts, womit sich Menschen identifizieren können.

wieso nicht?

bzw. - wie hätten sie dann je entstehen können? eine allzu lange tradition haben sie ja schließlich nicht gerade...
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#36
(05-12-2009, 11:42)Dornbusch schrieb: Ob dies im Sinne des Humanismus ist? Daß aus Menschen Affenkinder werden? Verdient es Darwin, wenn er dermaßen mißgedeutet wird?

da mußt du aber auch nicht päpstlicher als der papst sein. natürlich stammt der moderne mensch nicht von modernen affen ab, aber die gemeinsamen vorfahren kann man durchaus als "affen" sehen

Zitat:Zuerst wurde dem Menschen die zentrale Stellung im Universum genommen. Dann wurde ihm die Krone der Schöpfung genommen. Und gegenwärtig wird ihm der freie Wille abgesprochen.
Selbst die Fähigkeit zu Demokratie (Schweiz) des Menschen wird in Frage gestellt

ja und?

Zitat:Was hat die Evolutionstheorie dem Menschen bisher Gutes gebracht, das gefeiert werden könnte?


eben ein naturverständnis, das den menschen nicht mehr als "krone der schöpfung" mit sonderrechten zur ausbeutung anderer sieht, sondern als teil eines ganzen

Zitat:Inwiefern unterstützten Darwin und seine Schüler den Humanismus?

wie oben beschrieben. indem dem menschen der zwiespältige status jener "krone der schöpfung" entzogen wird, die sich doch gleichzeitig einem schöpfer unterzuordnen hätte und kein recht, keine würde aus sich heraus besäße
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#37
(05-12-2009, 11:53)Dornbusch schrieb: Ich beobachte seit zwei Generationen Menschen und ihre Entwicklung.

Ein Fundamentalist mag seinen Standpunkt aufgeben und stattdessen einen anderen einnehmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das aber wiederum ein fundamentalistischer sein.

Und was willst Du mir damit sagen? Ich verstehe den Zusammenhang mit dem Vorherigen nicht so recht ...
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#38
(05-12-2009, 02:06)Ekkard schrieb: Dem allgemeinen Verlust der Tradition wird eines Tages die Hinwendung zu fundamentalistischen Weltanschauungen führen. Denn ohne Tradition bleibt auch Liberalismus ohne Fundament und ohne Leidenschaft. Die Liberalität und Toleranz sind für sich genommen nichts, womit sich Menschen identifizieren können.

Kannst du das bitte weiter ausführen!
Rein gefühlsmäßig sträube ich mich etwas dagegen, kann es aber nicht benennen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#39
(05-12-2009, 11:42)Dornbusch schrieb: "Da steht der Mensch im Mittelpunkt" sagt ein Humanist! Tut er nicht in der Evolution, möchte ich darauf erwidern.

Wo hab ich das in diesem Thema gesagt?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#40
(05-12-2009, 12:14)Ekkard schrieb: Ich greife mal 2 Beiträge aus dem ganzen Thread heraus, die mir die Problematik in typischer und ich meine auch in pychologisch zutreffender Weise beleuchten: #6 (Stichworte: Provokation und Tradition) und #23 (Sinn des Feierns für Alt und Jung).

@Zahira: Ich bin deshalb nicht der Meinung, dass irgendwelche neuen Themen für einen traditionellen Feiertag in die richtige Richtung weisen. Es gibt an einer wissenschaftlichen Lehre nichts zu feiern.

Das Thema einer Feier muss gewissermaßen das tiefenpsychologische Moment unserer Verantwortlichkeit ansprechen und festigen. Bei religiösen Feiertagen sind dies "mythische Ereignisse" (Auferstehung, Himmelfahrt, Geburt, Erscheinungen). Sie erinnern daran, dass es neben Mühe, Arbeit und Vor-sich-Hinleben (Lebenszyklen) noch eine Welt gibt, die durch ihre Figuren Sinn, Verantwortlichkeit und Geborgenheit stiftet (zumindest stiften kann).

Wenn die Evolution eine Rolle dabei spielen soll, dann müssen wir die Thematik anders d. h. mit emotionaler Wucht anfassen. Dazu gehört ein Mythos z. B. die "Letzten ihrer Art" - und wir gedenken der traurigen Tatsache, dass Menschen Ursache werden für den Rückgang der Artenvielfalt, was sicher nicht im Sinne des Auferstandenen sein kann. Aber dann sind wir im Grunde wieder beim Thema "Himmelfahrt".

Du verstehst das Weltbild eines "neuen Atheisten" nicht.
Allein aus der Tatsache, dass wir Zufallsprodukte der Evolution sind, leitet sich (zumindest für mich) ein anderer Sinn des Lebens ab. Dieser ist nicht platt und unemotional ist. Für mich gibt es durchaus etwas zu feirn.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#41
(05-12-2009, 16:36)humanist schrieb: Allein aus der Tatsache, dass wir Zufallsprodukte der Evolution sind, leitet sich (zumindest für mich) ein anderer Sinn des Lebens ab. Dieser ist nicht platt und unemotional ist. Für mich gibt es durchaus etwas zu feirn.
"An einer wissenschaftlichen Lehre gibt es nichts zu feiern", hatte ich geschrieben. Und dein Statement sagt im Grunde nichts anderes. Denn bei Tatsachenbeschreibungen ist unsere Psyche nicht involviert. Bekanntlich tun wir nichts, wenn unsere Motivation fehlt.

Diese mag meinetwegen mit der Eleganz oder Ästhitik, der Symmetrie oder der genialen Einfachheit einer Theorie kommen. Dies mag also sinnstiftend für jemand sein, der sich als Zufallsprodukt der Evolution sieht und fühlt. Dies will ich nicht bestreiten. Statt Christi Himmelfahrt könnte man einen "Tag zum Schutz der Meere" feiern.

Auf der anderen Seite ist für Menschen die Ausrichtung auf eine Persönlichkeit bzw. die Verantwortung gegenüber einem Heiligen ungleich intensiver, als wenn es bloß um Schutz geht. WER verlangt den? Das ist die Frage! Irgend ein Mensch, ein Gremium, die Regierung, das Volk? Wir relativ wenigen Menschen aus der Bildungsschicht sind nicht maßgebend für die Vielen, die nur in persönlichen Beziehungen denken können.

Unsere Gesellschaft driftet ab in die Verantwortungslosigkeit (Stichwort: Spaßgesellschaft), eben weil sie die Beziehung zum Heiligem verlernt. Das Wesentliche des Menschen ist seine Beziehung zum Erhalt der Lebensgrundlagen (Liebe, Achtung, Achtsamkeit, Gerechtigkeit, Solidarität usw.). Es gibt aber nur Wenige, die mit einer solchen Aussage etwas anfangen können. Ich halte es nach wie vor für wichtig, dass Menschen auch und gerade in der Masse Verantwortung übernehmen.

Diesen Sachverhalt kann man gewiss gottlos formulieren. Einfacher aber ist der oder ein personaler Bezug.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#42
(08-12-2009, 13:41)Ekkard schrieb:
(05-12-2009, 16:36)humanist schrieb: Allein aus der Tatsache, dass wir Zufallsprodukte der Evolution sind, leitet sich (zumindest für mich) ein anderer Sinn des Lebens ab. Dieser ist nicht platt und unemotional ist. Für mich gibt es durchaus etwas zu feirn.
"An einer wissenschaftlichen Lehre gibt es nichts zu feiern", hatte ich geschrieben. Und dein Statement sagt im Grunde nichts anderes. Denn bei Tatsachenbeschreibungen ist unsere Psyche nicht involviert. Bekanntlich tun wir nichts, wenn unsere Motivation fehlt.

Diese mag meinetwegen mit der Eleganz oder Ästhitik, der Symmetrie oder der genialen Einfachheit einer Theorie kommen. Dies mag also sinnstiftend für jemand sein, der sich als Zufallsprodukt der Evolution sieht und fühlt. Dies will ich nicht bestreiten. Statt Christi Himmelfahrt könnte man einen "Tag zum Schutz der Meere" feiern.

Auf der anderen Seite ist für Menschen die Ausrichtung auf eine Persönlichkeit bzw. die Verantwortung gegenüber einem Heiligen ungleich intensiver, als wenn es bloß um Schutz geht. WER verlangt den? Das ist die Frage! Irgend ein Mensch, ein Gremium, die Regierung, das Volk? Wir relativ wenigen Menschen aus der Bildungsschicht sind nicht maßgebend für die Vielen, die nur in persönlichen Beziehungen denken können.

Unsere Gesellschaft driftet ab in die Verantwortungslosigkeit (Stichwort: Spaßgesellschaft), eben weil sie die Beziehung zum Heiligem verlernt. Das Wesentliche des Menschen ist seine Beziehung zum Erhalt der Lebensgrundlagen (Liebe, Achtung, Achtsamkeit, Gerechtigkeit, Solidarität usw.). Es gibt aber nur Wenige, die mit einer solchen Aussage etwas anfangen können. Ich halte es nach wie vor für wichtig, dass Menschen auch und gerade in der Masse Verantwortung übernehmen.

Diesen Sachverhalt kann man gewiss gottlos formulieren. Einfacher aber ist der oder ein personaler Bezug.

wenn ich dich mal übersetzen darf:

"wir aus der bildungsschicht" sind zwar so hochintellektuell, konzepte wie "Gerechtigkeit, Solidarität" zu verstehen, aber weil das volk dafür halt zu blöd ist, erzählen wir ihm erbauliche heiligengschichterln, damit sie (zwar aus der falschen motivation, aber immerhin) letztlich doch das tun, was auch zu verstehen wir dem plebs nicht zumuten wollen...

nur eins habe ich noch nicht verstanden: inwiefern tragen z.b. fronleichnamsprozessionen "zum Erhalt der Lebensgrundlagen" bei oder dazu, daß "Menschen auch und gerade in der Masse Verantwortung (wofür? daß der traghimmel über der monstranz nicht schief gehalten wird?) übernehmen"?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#43
Da muss ich dir entschieden widersprechen.
Tag der Arbeit und Tag der Deutschen Einheit dürften nach deiner Bewertung auch nicht gefeiert werden. Emotionen sind involviert und dies ist, aus meiner Betrachtung, auch beim Evolutionstag gegeben.

Um nochmal auf die existentiellen Sinnfragen zurück zu kommen. Die Evolutionstheorie bietet mir Antworten auf diese Fragen.
1. Wo komme ich her (Ursprung): Ich gehöre zu einer Art, die sich aufgrund evolutionärer Vorteile gebildet hat.
2. Wo gehe ich hin (Leben nach dem Tod): Wenn ich sterbe, endet meine Existenz.
3. Warum bin ich (Existenz): Ich bin ein Zufallsprodukt.

zu 1. Das nimmt dem Mensch die Selbstüberhöhung. Er ist auch nur eine Art. Das führt zu Demut und vereint die Menschheit.
zu 2. Man kann sich auf das Leben konzentrieren und muss nicht auf ein Nachleben hinarbeiten, da es keinen Himmel gibt. Und man muss keine Angst haben, in die Hölle zu kommen.
zu 3. Ich bin entstanden, weil meine Eltern zu einem bestimmten Zeitpunkt kopulierten. Ich bin nicht von Gott in die Existenz geschöpft worden.

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Man muss also nicht zwangsläufig nur Personenkult an Feiertagen betreiben.

Deine Folgerung "Weil die Gesellschaft die Beziehung zum Heiligen verliert, driftet sie in die Verantwortungslosigkeit ab" kann icht nicht unterschreiben. Siehe ungläubige Länder wie Ostdeutschland oder Tschechien.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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