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Glauben und Wissen
#1
Glauben und Wissen. Oft sieht man beides im Wettkampf miteinander. Ein Streit entsteht: Wer ist der wichtigere?

Der Streit ist oft stark behaftet von den Instanzen Religion und Wissenschaft, die beide diese Begriffe sehr unterschiedlich definieren. Ich persönlich verstehe das Gegeneinander dabei nur wenig und möchte meine eigentlich sehr einfachen Gedanken dazu einmal kundtun.

Es besteht kein prinzipieller Widerspruch zwischen Glauben und Wissen. Sie tauchen sogar zwangsläufig immer gemeinsam auf.

Ein oft behaupteter Widerspruch liegt in der Feststellung begründet, dass Glauben nicht Wissen ist, aus der dann zu kurzsichtige Schlüsse gezogen werden.
Glauben, rein logisch definiert, bezeichnet ja nur, die Annahme eines Sachverhalts, dessen Zutreffen man nicht sicher feststellen kann. Wissen dagegen bedeutet, dass man von einem Sachverhalt ganz sicher weiß, ob er zutrifft oder nicht. Soweit ist die Argumentation auch schlüssig.
Das Problem liegt darin, dass Glauben nur im Vergleich zum Wissen definiert wurde (auf logischer Grundlage). Glauben geht meines Erachtens aber einen Schritt weiter.

Mal angenommen, ich wüsste ganz sicher, dass es Gott nicht gibt. Dann folgt daraus noch lange nicht, dass ich meinen Mitmenschen das auch mitteilen muss. Ich muss mich zuerst dazu entscheiden, es mitzuteilen, und mit dieser Entscheidung befinde ich mich zwangsläufig im Bereich des Glaubens: Ich glaube, dass es gut ist, anderen die Wahrheit kundzugeben.

Diesen Glauben an das Gute scheint noch etwas anderes auszumachen als nur die bloße Abwesenheit von Wissen. Was das Gute ist, das weiß niemand, und ich glaube sogar, dass es niemand wissen kann. Trotzdem fälle ich mit jeder Entscheidung, die ich treffe, ein Urteil darüber, was gut ist und was nicht. Immer das, was ich tu, bezeichne ich schon allein damit als das Gute, indem ich es tu. Diese Urteile gehören dem Bereich der praktischen Philosophie an und somit dem Bereich des Glaubens. Hier wird immer der Glaube das entscheidende Kritierium sein - und er folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als das Wissen.

Wo wir anfangen unsere Entscheidungen auf der Grundlage sicherer Erkenntnisse zu treffen, da kommen Glauben und Wissen zusammen. Man weiß z.B., dass es als höflich gilt jemanden zu begrüßen, wenn man ihn trifft, und entscheidet sich auf Grundlage dieses Wissens dazu ihn zu begrüßen oder auch nicht. Ob man aber höflich sein will, muss man zunächst entscheiden.

Ich sehe daher nicht, inwiefern Glauben und Wissen geeignet sind um sie Gegeneinander auszuspielen.
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#2
Eine schöne, aber etwas weit hergeholte Umschreibung. Du schreibst schon richtig:

Glaube = die Annahme, dass ein Sachverhalt zutrifft
Wissen = Der Sachverhalt ist gemäss meiner Vorstellung erwiesen und in reproduzierbarer Weise belegbar.

"Ich weiss, dass Gott existiert" ist eine Aussage, die einen Beleg erfordert.
"Ich glaube, dass Gott existiert" ist eine Aussage, die eine Begründung wünschenswert macht.
"Ich glaube das Gott existiert, und deswegen musst du dies und jenes tun" ist eine Aussage, die ganz klar einen Beleg erfordert, denn ohne Beweis der Existenz Gottes ist es unsinnig jenen, die nicht an sie glauben, Vorschriften machen zu wollen.

Aus Glaube kann Wissen entstehen, wenn die Glaubensinhalte belegt werden können. Sie können aber auch widerlegt werden.
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#3
Normalerweise sollten Glaube und Wissen sich doch abwechseln, oder? Wir füllen ja die Inhalte, über die wir keine Kenntnis haben mit Glauben und was wir wissen ersetzt den Glauben. Gut, das tut nicht jeder (siehe Kreationisten), aber im Normalfall existiert Wissen und Glauben ja nicht für ein und denselben Sachverhalt.
Gruß
Motte

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#4
(30-11-2009, 12:27)Heinrich schrieb: Glauben und Wissen. Oft sieht man beides im Wettkampf miteinander. Ein Streit entsteht: Wer ist der wichtigere?

ein solcher streit ist völlig unsinnig. auch hier wiederum ist zuerst zu fragen:

wichtig wofür und für wen?

für die statische berechnung einer brücke ist glaube völlig unwichtig. hier geht es darum, zu wissen, was welche kräfte mit dieser brücke anrichten

für die frage, ob es einem persönlich ein gutes gefühl gibt, an eine (z.b. fürsorgende) höhere macht zu glauben, ist wissen, etwa solches aus der vergleichenden religionswissenschaft, eher unerheblich

Zitat:Der Streit ist oft stark behaftet von den Instanzen Religion und Wissenschaft, die beide diese Begriffe sehr unterschiedlich definieren

wie lauten denn deiner meinung die "sehr unterschiedlichen" definitionen für "glaube" und "wissen" aus jeweils der religiösen oder wissenschaftlichen sicht?

Zitat:Es besteht kein prinzipieller Widerspruch zwischen Glauben und Wissen. Sie tauchen sogar zwangsläufig immer gemeinsam auf

inwiefern?

imho insofern, als natürlich niemand sein oder das allgemein etablierte (z.b. naturwissenschaftliche) wissen in allen facetten auch selber beweisen kann. und somit glauben muß, daß, was ihn gelehrt wird, auch zutrifft. natürlich nicht auf bloße behauptung hin - im gegenteil gibt es ja etablierte systeme (wissenschaftliche methode, peer review), die glaubwürdigkeit wissenschaftlicher lehre sicherzustellen

Zitat:Ein oft behaupteter Widerspruch liegt in der Feststellung begründet, dass Glauben nicht Wissen ist, aus der dann zu kurzsichtige Schlüsse gezogen werden

z.b. welche?

glaube ist in seiner üpltigkeit subjektiv, persönlich - wissen dagegen intersubjektiv, allgemein gültig. glauben ist nicht wissen

Zitat:Das Problem liegt darin, dass Glauben nur im Vergleich zum Wissen definiert wurde (auf logischer Grundlage). Glauben geht meines Erachtens aber einen Schritt weiter

in welcher hinsicht?

Zitat:Mal angenommen, ich wüsste ganz sicher, dass es Gott nicht gibt. Dann folgt daraus noch lange nicht, dass ich meinen Mitmenschen das auch mitteilen muss. Ich muss mich zuerst dazu entscheiden, es mitzuteilen, und mit dieser Entscheidung befinde ich mich zwangsläufig im Bereich des Glaubens: Ich glaube, dass es gut ist, anderen die Wahrheit kundzugeben

das ist jetzt aber schon eine etwas andere art von "glauben". du tappst hier in eine semantische falle, indem du glauben als für wahr (im sinne von fakten) halten von nicht bewiesenem bzw. nicht beweisbarem verwechselst mit glauben als geschmacksurteil ("ich finds halt gut, meine meinung zu sagen, auch wenn der andere sie gar nicht hören will")

Zitat:Diesen Glauben an das Gute scheint noch etwas anderes auszumachen als nur die bloße Abwesenheit von Wissen. Was das Gute ist, das weiß niemand, und ich glaube sogar, dass es niemand wissen kann. Trotzdem fälle ich mit jeder Entscheidung, die ich treffe, ein Urteil darüber, was gut ist und was nicht

nein. etwas für richtig oder angebracht zu halten oder nicht, hat nichts mit einem "Glauben an das Gute" zu tun. schon weil "das gute" per se ein der (religiösen) glaubenswelt entnommener begriff ist, mitdem viele nicht gläubige nichts anfangen können und das aus gutem grund auch gar nicht wollen. natürlich werde ich nur handlungen vornehmen, die mir (in der konkreten situation) angebracht scheinen. mit einem urteil über "gut" und "böse" hat das aber nichts zu tun. das denken in diesen kategorien ist zwar bei religiösen sehr beliebt, scheint mir aber angesichts der komplexen realität unseres pluralistischen gemeinwesens kontraproduktiv und obsolet

Zitat:Immer das, was ich tu, bezeichne ich schon allein damit als das Gute, indem ich es tu

du vielleicht - das mag sein

für andere trifft das so nicht zwingend zu

Zitat:Diese Urteile gehören dem Bereich der praktischen Philosophie an und somit dem Bereich des Glaubens

wie begründest du jetzt deine gleichsetzung von "glauben" (religiösem glauben?) mit "praktischer Philosophie"?

Zitat:Wo wir anfangen unsere Entscheidungen auf der Grundlage sicherer Erkenntnisse zu treffen, da kommen Glauben und Wissen zusammen

nein - dort spielt glauben dann gar keine rolle mehr

Zitat:Man weiß z.B., dass es als höflich gilt jemanden zu begrüßen, wenn man ihn trifft, und entscheidet sich auf Grundlage dieses Wissens dazu ihn zu begrüßen oder auch nicht. Ob man aber höflich sein will, muss man zunächst entscheiden

die freiheit, sein wissen auch anzuwenden, oder eben (u.u. bewußt) nicht, hat man immer. nur hat das mit glauben nichts zu tun. ob und wem gegenüber ich bereit bin, allgemeinen höflichkeitsregeln zu folgen, ist eine frage der verfolgten absicht (will ich den anderen brüskieren oder mich mit ihm gut stellen?), nicht des glaubens

Zitat:Ich sehe daher nicht, inwiefern Glauben und Wissen geeignet sind um sie Gegeneinander auszuspielen.

das seh ich auch nicht

allerdings kann ich diese einsicht nicht aus deinen argumenten ableiten
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#5
(30-11-2009, 12:45)Romero schrieb: Glaube = die Annahme, dass ein Sachverhalt zutrifft

Das sehe ich noch eine Nuance anders. Das Gleichheitszeichen würde ich als falsch ansehen, weil Glaube sich auf etwas beziehen kann, das selbst kein Sachverhalt ist. Glaube ist nicht wie Wissen an die unbedingte Formulierbarkeit von Sachverhalten gebunden.
"Das Gute" ist z.B. ein vager Begriff, einen formulierbaren Sachverhalt bezeichnet er nicht unbedingt. Das gleiche gilt für Gott, jenes Wesen, das niemand wirklich kennt. Wenn ich sage, dass ich an Gott glaube, weiß ich selbst nicht genau, was ich damit überhaupt meine.

Beispiel:
(a) Wenn es Gott gibt, dann kommen alle guten Menschen nach dem Tod in den Himmel.
Wenn wir (a) als Sachverhalt verstehen (und er zutrifft), dann folgt daraus:
(b) Wenn alle guten Menschen nach dem Tod nicht in den Himmel kommen, dann gibt es Gott nicht.

Ich habe aber keine Ahnung ob (b) wahr ist. Ich weiß gar nicht, was Gott ist; auch nicht, was ein guter Mensch oder was der Himmel ist. Und solange ich das nicht weiß, kann ich dazu keine Sachverhalte formulieren außer diesen: Ich glaube an Gott und weiß nicht, was das bedeutet.
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#6
(30-11-2009, 13:05)petronius schrieb: die freiheit, sein wissen auch anzuwenden, oder eben (u.u. bewußt) nicht, hat man immer. nur hat das mit glauben nichts zu tun. ob und wem gegenüber ich bereit bin, allgemeinen höflichkeitsregeln zu folgen, ist eine frage der verfolgten absicht (will ich den anderen brüskieren oder mich mit ihm gut stellen?), nicht des glaubens

Der einzige Unterschied zwischen unseren Positionen:

Wie man diese Freiheit, die zwangsläufig immer und für alle besteht, ausnutzt ist gerade das, was den persönlichen Glauben ausmacht.

Darüber streiten werde ich hier nicht. Beweisen kann ich es auch nicht. Berufen tu ich mich auf die Philosophie Sartres: http://religionsforum.de/showthread.php?tid=3999
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#7
(30-11-2009, 13:25)Heinrich schrieb: Wie man diese Freiheit, die zwangsläufig immer und für alle besteht, ausnutzt ist gerade das, was den persönlichen Glauben ausmacht

ich hab ein problem hier in dieser debatte: nämlich die beliebigkeit, mit der du den (wie du selber zugibst) vagen begriff des "glaubens" ständig und nach belieben mit neuen inhalten füllst

wie sollen wir über etwas diskutieren, unter dem jeder halt grad das verstehen darf, wozu er eben lustig ist?

ob und wie man die persönliche entscheidungsfreiheit "ausnutzt", ist imho eine frage von kontext und handlungsziel

(30-11-2009, 13:25)Heinrich schrieb: Ich weiß gar nicht, was Gott ist; auch nicht, was ein guter Mensch oder was der Himmel ist. Und solange ich das nicht weiß, kann ich dazu keine Sachverhalte formulieren außer diesen: Ich glaube an Gott und weiß nicht, was das bedeutet

das machts natürlich extrem schwierig bis imho völlig sinnlos, über "gott", "glaube" oder "das gute" auch nur zu reden

berufen tu ich mich dabei auf die philosophie wittgensteins :icon_cheesygrin:
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
(30-11-2009, 13:14)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 12:45)Romero schrieb: Glaube = die Annahme, dass ein Sachverhalt zutrifft

Das sehe ich noch eine Nuance anders. Das Gleichheitszeichen würde ich als falsch ansehen, weil Glaube sich auf etwas beziehen kann, das selbst kein Sachverhalt ist. Glaube ist nicht wie Wissen an die unbedingte Formulierbarkeit von Sachverhalten gebunden.
"Das Gute" ist z.B. ein vager Begriff, einen formulierbaren Sachverhalt bezeichnet er nicht unbedingt. Das gleiche gilt für Gott, jenes Wesen, das niemand wirklich kennt. Wenn ich sage, dass ich an Gott glaube, weiß ich selbst nicht genau, was ich damit überhaupt meine.

Beispiel:
(a) Wenn es Gott gibt, dann kommen alle guten Menschen nach dem Tod in den Himmel.
Wenn wir (a) als Sachverhalt verstehen (und er zutrifft), dann folgt daraus:
(b) Wenn alle guten Menschen nach dem Tod nicht in den Himmel kommen, dann gibt es Gott nicht.

Ich habe aber keine Ahnung ob (b) wahr ist. Ich weiß gar nicht, was Gott ist; auch nicht, was ein guter Mensch oder was der Himmel ist. Und solange ich das nicht weiß, kann ich dazu keine Sachverhalte formulieren außer diesen: Ich glaube an Gott und weiß nicht, was das bedeutet.


Meine Fragen zu diese Feststellung würden lauten:

- Wieso glaubst du an Gott, wenn du nichts über ihn weisst?
- Wenn niemand etwas über Gott weiss, wie kommt man dann dazu an eine Existenz zu glauben?
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#9
(30-11-2009, 13:39)petronius schrieb:
(30-11-2009, 13:25)Heinrich schrieb: Wie man diese Freiheit, die zwangsläufig immer und für alle besteht, ausnutzt ist gerade das, was den persönlichen Glauben ausmacht

ich hab ein problem hier in dieser debatte: nämlich die beliebigkeit, mit der du den (wie du selber zugibst) vagen begriff des "glaubens" ständig und nach belieben mit neuen inhalten füllst

Was ist so schwierig daran zu verstehen, dass Begriffe wie "Gott", "Gut" und "Himmel" weder so anschaulich sind wie "Tisch", "Blau" und "Hund" noch so exakt definierbar wie "rationale Zahl", "Gravitation" oder "Molekül"?

Wieso soll ich mich exakt auf etwas festlegen, das ich nicht genau beschreiben kann? Wieso muss ich etwas genau beschreiben können um daran zu glauben?
Genau beschreiben können muss ich nur, wenn ich behaupte etwas zu wissen. Zum glauben sind exakte Definitionen keine Voraussetzung. Deshalb genügt auch die Herangehensweise nicht, Glauben nur in Abgrenzung zum Wissen zu definieren. Was ist daran unklar?
(Bis hierher betreibe ich ja nur Falsifikation - und mein Argument ist jene Freiheit, die du selbst so gerne ins Feld führst)



Ich werde versuchen dir verständlich zu machen, was ich mit Glauben meine.

Glauben bedeutet etwas für angebracht halten. Angebracht kann es sein, einen Sachverhalt für wahr zu halten (z.B., dass die nächsten Lottozahlen 4, 5, 13, 21, 33, 45 sein werden). Angebracht kann es sein, jemanden zu provozieren. Angebracht kann es sein zu beten.
Hier sind wir weg von theoretischer Philosophie, hier sind wir weg von Sachverhalten. Hier sind wir allein bei Taten.
Die Aussage zum persönlichen Glauben, die man mit jeder vollzogenen Tat tut, lässt sich jedoch übersetzen: Ich halte es für angebracht in meiner Situation das zu tun, was ich tu. Dann sind wir wieder zurück in der Theorie. Dann ist es wieder ein Sachverhalt, etwas getan zu haben oder etwas zu tun zu gedenken. Nur können wir die Entscheidung, die wir in der Praxis tatsächlich fällen in der Theorie weder exakt begründen noch ihre Folgen vollständig überschauen.

Worauf beruht diese vermutete Angebrachtheit?
Zum einen auf Wissen (es werden 6 Lottozahlen gezogen und nicht 7) zum anderen auf einer persönlichen Entscheidung, für die es selten eine exakte Begründung gibt, weil sie frei getroffen wird. Daher ziehen wir zur Entscheidung sowohl Wissen als auch Glauben heran.
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#10
(30-11-2009, 14:25)Romero schrieb: Meine Fragen zu diese Feststellung würden lauten:

- Wieso glaubst du an Gott, wenn du nichts über ihn weisst?

Hab's mal mit Gebeten probiert und sie zeigten Wirkung. Es gibt eine innere Stimme in mir, die mir oft ein Gefühl vermittelt, was ich tun sollte. Andere nennen das Intuition, wieder andere Über-Ich, ich nenne es halt den heiligen Geist.
Welchen Begriff man verwendet ist mir egal, alles beruht auf äußeren Instanzen, die wir nicht genau durchschauen. In der Sprache des Christentums finde ich halt die Begrifflichkeiten, die ich verwende.

(30-11-2009, 14:25)Romero schrieb: - Wenn niemand etwas über Gott weiss, wie kommt man dann dazu an eine Existenz zu glauben?

Wenn man sagt, dass Gott gut sei, dann behauptet man gleichzeitig Gottes Existenz. Weil der Satz "Gott ist gut" nicht wahr sein kann, wenn es Gott nicht gibt. Das stimmt.

Mit nicht wissen, meine ich auch etwas anderes. Ich weiß halt nicht, ob Gott gut ist, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ob Jesus je gelebt hat, ob auch nur ein Wort in der Bibel wahr ist.
Ich halte es aber davon unabhängig für angebracht an Gott zu glauben, weil (siehe oben) in dieser Aussage eine bestimmte Art mein Leben zu führen mitschwingt. Ob das, woran ich da glaube nur eine Illusion ist, die mir fremdvermittelt wurde, das kann ich nicht sagen. Wenn es eine Illusion sein sollte, dann werde ich dafür gerade stehen, dass ich mich geirrt habe.
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#11
(30-11-2009, 14:59)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 14:25)Romero schrieb: Meine Fragen zu diese Feststellung würden lauten:

- Wieso glaubst du an Gott, wenn du nichts über ihn weisst?

Hab's mal mit Gebeten probiert und sie zeigten Wirkung. Es gibt eine innere Stimme in mir, die mir oft ein Gefühl vermittelt, was ich tun sollte. Andere nennen das Intuition, wieder andere Über-Ich, ich nenne es halt den heiligen Geist.
Welchen Begriff man verwendet ist mir egal, alles beruht auf äußeren Instanzen, die wir nicht genau durchschauen. In der Sprache des Christentums finde ich halt die Begrifflichkeiten, die ich verwende.

Was macht dich so sicher, dass es wirklich Gott ist, der zu dir spricht?

(30-11-2009, 14:59)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 14:25)Romero schrieb: - Wenn niemand etwas über Gott weiss, wie kommt man dann dazu an eine Existenz zu glauben?

Wenn man sagt, dass Gott gut sei, dann behauptet man gleichzeitig Gottes Existenz. Weil der Satz "Gott ist gut" nicht wahr sein kann, wenn es Gott nicht gibt. Das stimmt.

Mit nicht wissen, meine ich auch etwas anderes. Ich weiß halt nicht, ob Gott gut ist, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ob Jesus je gelebt hat, ob auch nur ein Wort in der Bibel wahr ist.
Ich halte es aber davon unabhängig für angebracht an Gott zu glauben, weil (siehe oben) in dieser Aussage eine bestimmte Art mein Leben zu führen mitschwingt. Ob das, woran ich da glaube nur eine Illusion ist, die mir fremdvermittelt wurde, das kann ich nicht sagen. Wenn es eine Illusion sein sollte, dann werde ich dafür gerade stehen, dass ich mich geirrt habe.

Warum hälst du es für notwendig, an Gott zu glauben?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#12
(30-11-2009, 15:12)humanist schrieb: Was macht dich so sicher, dass es wirklich Gott ist, der zu dir spricht?

Ich bin mir dessen nicht sicher. Ich treffe die Entscheidung: das, was da zu mir spricht, Gott zu nennen.


(30-11-2009, 15:12)humanist schrieb: Warum hälst du es für notwendig, an Gott zu glauben?

Es ist nicht notwendig an Gott zu glauben. Wer aber seine Kraft aus christlichen Gebeten schöpft, seine Moralvorstellungen auf der Bergpredigt gründet und sich von etwas berührt fühlt, das er den heiligen Geist nennt, der kann von sich behaupten, dass er an Gott glaubt.
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#13
(30-11-2009, 15:21)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 15:12)humanist schrieb: Was macht dich so sicher, dass es wirklich Gott ist, der zu dir spricht?

Ich bin mir dessen nicht sicher. Ich treffe die Entscheidung: das, was da zu mir spricht, Gott zu nennen.

Was veranlasst dich dazu, diese Entscheidung zu treffen? Dafür muss es ja Gründe/Umstände/Einflüsse geben.

(30-11-2009, 15:21)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 15:12)humanist schrieb: Warum hälst du es für notwendig, an Gott zu glauben?

Es ist nicht notwendig an Gott zu glauben. Wer aber seine Kraft aus christlichen Gebeten schöpft, seine Moralvorstellungen auf der Bergpredigt gründet und sich von etwas berührt fühlt, das er den heiligen Geist nennt, der kann von sich behaupten, dass er an Gott glaubt.

Hälst du die 10 Gebote für ausreichend für eine moralische Basis?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#14
(30-11-2009, 14:42)Heinrich schrieb: Was ist so schwierig daran zu verstehen, dass Begriffe wie "Gott", "Gut" und "Himmel" weder so anschaulich sind wie "Tisch", "Blau" und "Hund" noch so exakt definierbar wie "rationale Zahl", "Gravitation" oder "Molekül"?

"schwierig daran zu verstehen" ist, warum dem so sein soll

welchen sinn haben begriffe, die nicht exakt definiert sind, sondern von jedem je nach bedarf und belieben mit irgendwelchen inhalten gefüllt werden dürfen?

Zitat:Wieso soll ich mich exakt auf etwas festlegen, das ich nicht genau beschreiben kann? Wieso muss ich etwas genau beschreiben können um daran zu glauben?

um zu wissen, oder auch um anderen anschaulich machen zu können, was das denn sein soll, woran du glaubst

immerhin leitest du ja aus deinem glauben auch so einiges an folgerungen ab. wie soll das gehen, wenn nicht klar ist, wovon du diese folgerungen ableitest?

Zitat:Genau beschreiben können muss ich nur, wenn ich behaupte etwas zu wissen. Zum glauben sind exakte Definitionen keine Voraussetzung

nein - aber doch wohl die ableitung daraus

wenn dein credo lautet: "ich glaube, aber ich hab keine ahnung, woran" - dann ist es halt sehr schwierig bis unsinnig, daraus irgendetwas abzuleiten (und sei es nur, daß andere deinen glauben zu respektieren hätten, oder was für folgen dein glaube zumindest für dich ganz persönlich hätte)

Zitat:Deshalb genügt auch die Herangehensweise nicht, Glauben nur in Abgrenzung zum Wissen zu definieren. Was ist daran unklar?

wie du deinen glauben überhaupt definieren willst. du willst ihn weder positiv definieren ("Wieso muss ich etwas genau beschreiben können um daran zu glauben?") noch ngeativ ("in Abgrenzung zum Wissen")

wie denn dann und überhaupt?

Zitat:Bis hierher betreibe ich ja nur Falsifikation - und mein Argument ist jene Freiheit, die du selbst so gerne ins Feld führst

was genau meinst du zu falsifizieren?

Zitat:Ich werde versuchen dir verständlich zu machen, was ich mit Glauben meine.

Glauben bedeutet etwas für angebracht halten. Angebracht kann es sein, einen Sachverhalt für wahr zu halten (z.B., dass die nächsten Lottozahlen 4, 5, 13, 21, 33, 45 sein werden). Angebracht kann es sein, jemanden zu provozieren. Angebracht kann es sein zu beten.
Hier sind wir weg von theoretischer Philosophie, hier sind wir weg von Sachverhalten. Hier sind wir allein bei Taten

sei mir nicht böse, aber auch das erscheint mir nicht konsistent. zum einen ist die definition von "Glauben" als "etwas für angebracht halten" eher ugewöhnlich. zum anderen sind die lottozahlen ein sachverhalt, beten aber eine tat. es geht also nicht "allein um taten". streng genomen kann man auch die frage, ob du nun betest oder nicht (z.b. lieber in der nase bohrst), als die nach einem sachverhalt ansehen

glauben bedeutet eben nicht, etwas für angebracht halten. das wäre doch eher "wünschen"

ich kann es z.b. für angebracht halten, daß die hübsche aus dem nachbarbüro sich für mich interessiert (schließlich bin ich ja ein intelligenter, gutaussehender mensch, sozial veträglich, finanziell gut situiert und sexuell leistungsfähig). trotzdem glaube ich aber nicht, daß sie mit mir eine beziehung haben oder auch nur zum spaß mit mir in die kiste springen wird

Zitat:Die Aussage zum persönlichen Glauben, die man mit jeder vollzogenen Tat tut, lässt sich jedoch übersetzen: Ich halte es für angebracht in meiner Situation das zu tun, was ich tu. Dann sind wir wieder zurück in der Theorie. Dann ist es wieder ein Sachverhalt, etwas getan zu haben oder etwas zu tun zu gedenken. Nur können wir die Entscheidung, die wir in der Praxis tatsächlich fällen in der Theorie weder exakt begründen noch ihre Folgen vollständig überschauen

das kommt doch sehr darauf an. ob und wen ich heirate, wird z.b. durchaus eine wohlüberlegte entscheidung sein, die ich aufgrund meines glaubens (im sinne meiner weltanschauung) treffe. auf welchen platz in der s-bahn ich michs etze, ist dagegen eine spontane momenentanentscheidung, die ich nicht reflektiere und auf meinen "glauben" abstimme

Zitat:Worauf beruht diese vermutete Angebrachtheit?
Zum einen auf Wissen (es werden 6 Lottozahlen gezogen und nicht 7) zum anderen auf einer persönlichen Entscheidung, für die es selten eine exakte Begründung gibt, weil sie frei getroffen wird. Daher ziehen wir zur Entscheidung sowohl Wissen als auch Glauben heran.

ich halte das für ein ganz schlechtes beispiel. das wissen darum, daß 6 lottozahlen gezogen werden, hat gar nichts damit zu tun, welche 6 zahlen ich auf dem tippschein ankreuze. und ich glaube auch noch nicht mal daran, daß die von mir getippten zahlen auch tatsächlich gezogen werden - ich kann nur hoffen, daß mein tip zufällig mit den gezogenen zahlen übereinstimmt

die diskussion zerfasert aber schon wieder mal in verschiedenste richtungen, weil eben nicht klar ist, von welcher sorte "glauben" wir sprechen. es hat keinen sinn, religiösen glauben ("ich glaube an gott, den allmächtigen...") zu diskutieren nach den kriterien für eine bloße meinungs- oder emotionsäußerung ("ich glaub, mich tritt ein elch!")
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#15
(30-11-2009, 15:33)humanist schrieb:
(30-11-2009, 15:21)Heinrich schrieb:
(30-11-2009, 15:12)humanist schrieb: Warum hälst du es für notwendig, an Gott zu glauben?

Es ist nicht notwendig an Gott zu glauben. Wer aber seine Kraft aus christlichen Gebeten schöpft, seine Moralvorstellungen auf der Bergpredigt gründet und sich von etwas berührt fühlt, das er den heiligen Geist nennt, der kann von sich behaupten, dass er an Gott glaubt.

Hälst du die 10 Gebote für ausreichend für eine moralische Basis?

Nochmal anders gefragt. Beziehst du deine Moral komplett aus der Bibel oder auch viel von dir selbst?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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