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Frage an Atheisten
(30-04-2010, 15:20)elwaps schrieb: Mit dem "Seienden" meinst Du das Universum, richtig?
In diesem IST nämlich alles.

Ja, der Kosmos ist (für mich) alles, was ist.

Die philosophischen (und noch weniger die theologischen) Modelle, warum der Kosmos ist, stellen nicht zufrieden. Platons Ideenwelt ebenso wenig, wie Plotins Trennung der geistigen von der sinnhaften Welt oder die Vorstellungen des Pseudo-Dionysius, wonach alles Seiende eine Form der Selbstdarstellung des Göttlichen sei. Schön empfinde ich seinen Gedanken von der Einung (Vereinigung) des immateriellen Teils des Menschen mit dem göttlichen Geist, ohne dass mit diesem für mich Wahrheiten verbunden wären.

Zugänglich ist mir die atheistische Schau des Parmenides auf den Kosmos. Auch die (pantheistische) Gleichsetzung des Kosmos mit Gott durch die Stoa kann ich manchmal nachempfinden.
MfG B.
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(01-05-2010, 00:28)Bion schrieb: Zugänglich ist mir die atheistische Schau des Parmenides auf den Kosmos. Auch die (pantheistische) Gleichsetzung des Kosmos mit Gott durch die Stoa kann ich manchmal nachempfinden.

Hallo, Bion,

hältst Du die gesamte Stoa für pantheistisch? Zufälligerweise lese ich gerade Seneca, und da lese ich eher einen (ansatzweise sogar Poly-) Theismus heraus, und auch Mark Aurel scheint mir eher theistisch orientiert (irgendwo las ich sogar mal einen Artikel eines Autoren, der Seneca einen "frühen Christen" nannte, aber ich finde ihn nicht mehr in meinem Wust von Zetteln).

YA-N
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(01-05-2010, 09:04)YA-N schrieb: ...hältst Du die gesamte Stoa für pantheistisch?

Hallo YA-N,

natürlich ist in der Stoa von Zenon bis Johannes Stobaeus vieles zu finden, was verschiedenst gedeutet werden kann.

Wenn ich die Stoa als pantheistisch begreife, habe ich den (bei Diogenes Laertius) formulierten Leitgedanken der stoischen Ethik vor Augen, wonach der Mensch Abkömmling und Teil der göttlichen Vernunft ist, die das Natur- und Weltgeschehen bestimmt und der in bewusster theoretischer Darstellung und willentlich-praktischer Mitwirkung sich einzufügen das Ziel des menschlichen Lebens ist.

(01-05-2010, 09:04)YA-N schrieb: Zufälligerweise lese ich gerade Seneca,... (irgendwo las ich sogar mal einen Artikel eines Autoren, der Seneca einen "frühen Christen" nannte, aber ich finde ihn nicht mehr in meinem Wust von Zetteln).

Solches ist beispielsweise bei Lactanz (6. Buch der Göttlichen Unterweisungen, Kap. 24, 12-17, Über die wahre Gottesverehrung) zu finden. Lactanz zitiert Teile aus dem ersten Buch Senecas leider verlorengegangenen Ermunterungen (zur Philosophie).

Seneca leitet dort aus der absoluten, die menschliche Vorstellungskraft übersteigenden Größe Gottes, dessen Allgegenwart und Allgewissheit in unserem Gewissen her und empfiehlt den sittlichen Lebensvollzug als besten Gottesdienst. Lactanz greift diese Argumentation auf und stellt fest, dass er (Seneca), wenn ihn jemand unterwiesen hätte, ein wahrhafter, das heißt christlicher Verehrer Gottes hätte sein können.

Solche Bewertung hat Seneca nicht zuletzt in der Scholastik zu einem hochgeschätzten Autor gemacht.

Zum Pantheisten Seneca:

Seneca äußert den Gedanken, dass Wesensmerkmal und einzigartiger Vorrang des Menschen vor allen anderen Lebewesen seine Geistesnatur, die ihm als "Mitgift Gottes" mit diesem gemeinsam sei.

Das menschliche Bewusstsein (mens) hat seinen Ursprung in jenem himmlischen Feuerhaus (spiritus), der auch die Gestirne beseelt. Im Inneren des rechtschaffenen Menschen wirkt Gott selbst als heiliger Odem (sacer spiritus), als göttliche Kraft (vis divina) und als himmlische Fähigkeit (caelestis potentia).

Das ist pantheistisches Denken, wie man es auch bei Meister Eckehard in ähnlicher Form findet.

MfG B.
MfG B.
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(01-05-2010, 00:28)Bion schrieb:
(30-04-2010, 15:20)elwaps schrieb: Mit dem "Seienden" meinst Du das Universum, richtig?
In diesem IST nämlich alles.

Ja, der Kosmos ist (für mich) alles, was ist.
Daraus leitet sich eine interessante Überlegung ab. Geht man davon aus, dass unser Universum als "seiend" definiert
ist und alles in ihm "ist", dann kann eine Abgrenzung zu allem, was sich nicht im Universum befindet, nur dadurch
geschehen, dass dieses nicht zum Universum gehörige "nichts" ist. Mit dieser Erklärung lässt sich die Enstehung
und Existenz des Universums zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Denn nur aus absolut nichts kann etwas ohne
Ursache entstehen. Etwas, in dem keine Zeit im eigentlichen Sinne und keine
Naturgesetze wie wir sie kennen, existiert,
bietet keine eindeutige Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung und sollte dadurch in der Lage sein, ohne Anlass
etwas vervorzubringen.

Zitat:Die philosophischen (und noch weniger die theologischen) Modelle, warum der Kosmos ist, stellen nicht zufrieden.
Das kann leider kein Modell bieten.
Der Wissenschaftler denkt über seine Umwelt nach, entwirft eine Theorie die sie erklären soll, überprüft seine Theorie anhand von Experimenten an der Realität, verwirft sie wenn sie sich als falsch erweist und sucht nach einer besseren Erklärung.
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Lieber Bion,

ich danke Dir sehr für Deine sehr interessanten Ausführungen. Ich werde sie mir ausdrucken und zu meiner Seneca-Lektüre legen. Ich bin beeindruckt...

Liebe Grüsse zum 1. Mai!

YA-N
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(01-05-2010, 14:08)elwaps schrieb: Geht man davon aus, dass unser Universum als "seiend" definiert
ist und alles in ihm "ist", dann kann eine Abgrenzung zu allem, was sich nicht im Universum befindet, nur dadurch
geschehen, dass dieses nicht zum Universum gehörige "nichts" ist. Mit dieser Erklärung lässt sich die Enstehung
und Existenz des Universums zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Denn nur aus absolut nichts kann etwas ohne
Ursache entstehen. Etwas, in dem keine Zeit im eigentlichen Sinne und keine
Naturgesetze wie wir sie kennen, existiert,
bietet keine eindeutige Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung und sollte dadurch in der Lage sein, ohne Anlass
etwas vervorzubringen.

Was soll ich zu Dingen sagen, die sich meiner Vorstellungskraft entziehen?

Ich kann mir weder was vorstellen, das ohne Ursache entsteht, noch ein Sein, das Nicht-Sein zur Ursache hat, denken.
MfG B.
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Vielleicht lässt sich zu Elwaps Ausführungen doch etwas sagen: Kausalität ist makroskopisch nur unter Einbeziehung der Zeit sinnvoll.

Im Mikrokosmos mag Wirkung kurz vor der Ursache eintreten. Aber dies ist nur innerhalb der Zeit-Energie-Unschärfe möglich, und die ist nicht besonders groß!

Aber es zeigt sich hier ein Rest dessen, was vor "unserem Sein" war. Das ist nicht etwa ein absolut gleichmäßiges Nichtsein, sondern Unbestimmtheit, Chaos und unabhängige Ereignisse, so dass im makroskopischen Sinne nichts existierte - in dem Sinn, dass es heute nicht mehr nachwirkt.

In "unserem" Urknall sonderte sich von diesem mittleren Nichts aus beziehungslosen Ereignissen eine Zeitfolge von Ursachen mit nachfolgenden Wirkungen (bis auf einen mikrokosmischen Rest) ab. Irgendwo "außerhalb" mag das beziehungslose Chaos weiter bestehen, aber es hat keine Wirkung.

(01-05-2010, 14:08)elwaps schrieb: Geht man davon aus, dass unser Universum als "seiend" definiert ist und alles in ihm "ist", dann kann eine Abgrenzung zu allem, was sich nicht im Universum befindet, nur dadurch geschehen, dass dieses nicht zum Universum gehörige "nichts" ist.
Nun ja, es wirkt nicht auf uns.

(01-05-2010, 14:08)elwaps schrieb: Mit dieser Erklärung lässt sich die Enstehung und Existenz des Universums zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Denn nur aus absolut nichts kann etwas ohne
Ursache entstehen. Etwas, in dem keine Zeit im eigentlichen Sinne und keine Naturgesetze wie wir sie kennen, existiert, bietet keine eindeutige Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung und sollte dadurch in der Lage sein, ohne Anlass etwas vervorzubringen.
Soweit stimme ich dem zu mit dem Unterschied, dass "Nichts" durchaus aus etwas bestehen könnte (ähnlich den Vakuumfluktuationen), bloß steht dieses Etwas in chaotischer Weise beziehungslos nebeneinander, wie oben ausgeführt.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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(01-05-2010, 20:55)Bion schrieb:
(01-05-2010, 14:08)elwaps schrieb: Geht man davon aus, dass unser Universum als "seiend" definiert
ist und alles in ihm "ist", dann kann eine Abgrenzung zu allem, was sich nicht im Universum befindet, nur dadurch
geschehen, dass dieses nicht zum Universum gehörige "nichts" ist. Mit dieser Erklärung lässt sich die Enstehung
und Existenz des Universums zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Denn nur aus absolut nichts kann etwas ohne
Ursache entstehen. Etwas, in dem keine Zeit im eigentlichen Sinne und keine
Naturgesetze wie wir sie kennen, existiert,
bietet keine eindeutige Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung und sollte dadurch in der Lage sein, ohne Anlass
etwas vervorzubringen.

Was soll ich zu Dingen sagen, die sich meiner Vorstellungskraft entziehen?

Ich kann mir weder was vorstellen, das ohne Ursache entsteht, noch ein Sein, das Nicht-Sein zur Ursache hat, denken.

Die Kraft der Vorstellung in Zeit und Raum ist tatsächlich begrenzt, genauso wie die physische Kraft eines Körpers beschränkt ist. Schon allein der Ursprung eines Lebens oder die Entwicklung des Bewustseins kann man nicht totalitär erfassen, eher nur in seiner Ursache und Wirkung erfahren und miterleben. Daher denk ich das man dem "erfassen" - nicht nur mit dem Verstand isoliert - in aufgeschreibenen mathematischen Formenln oder anderen rationalitäten begegnen kann, sondern auch mit dem Herzen - Universalität.
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Hallo an alle User

Zitat:Also, warum glaubt ihr nicht an Gott??

Ist es:

a)- weil ihr genug Beweise habt, dass Gott tatsächlich nicht existiert?
b)- Ihr wollt nicht an Gott glauben, weil ihr keine Beweise gefunden habt.


Einen positiven Beweis für die Nichtexistenz von etwas zu erbringen ist denknotwendigerweise unmöglich. Eine Existenz zu beweisen ist hingegen möglich. Es könnte also, falls Gott existiert, Beweismittel geben. Nun gibt es sie aber mitnichten. Somit kann keiner eine überprüfbare Aussage darüber treffen.

Es gibt undenkbar viele Dinge, an die man nicht glaubt. Wieso sollte ich also an die Existenz eines Gottes, der über allem thront und die Geschicke der Welt leiten soll, glauben?
Manch Gläubiger rät, man solle sich doch einfach erstmal darauf einlassen. Um mich hingegen ohne trifftigen Grund einfach auf den Glaube an Gott einzulassen, müsste ich meine Vernunft völlig über Bord werfen. Letztendlich erscheint mir das nur als eine Strategie der Entscheidungsvermeidung.
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Bravo, richtig
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herzlich willkommen, wendelin

ich seh das so wie du

und das mit dem "sich einfach einlassen" hab ich auch schon probiert. klappt zumindest bei mir nicht. also sehe ich nicht mehr grund, die existenz eines "gottes" vorauszusetzen sollte, als der gläubige sieht, von der existenz unsichtbarer grün-rosa karierter elefanten auf der rückseite des mondes auszugehen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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@Wendelin
Gäbe es Beweise für eine Existenz Gottes, würde jeder Glaube an diesen Gott ad absurdum geführt. Es geht aber nicht um ein Wissen um einen Gott sondern um einen Glauben, also Nicht-Wissen! - Angekommen?

Gruß
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Hallo Petronius

Zitat:also sehe ich nicht mehr grund, die existenz eines "gottes" vorauszusetzen sollte, als der gläubige sieht, von der existenz unsichtbarer grün-rosa karierter elefanten auf der rückseite des mondes auszugehen

Schön gesagt. :smile:

Hallo awlin,

Zitat:Gäbe es Beweise für eine Existenz Gottes, würde jeder Glaube an diesen Gott ad absurdum geführt. Es geht aber nicht um ein Wissen um einen Gott sondern um einen Glauben, also Nicht-Wissen! - Angekommen?

Ja gut, allerdings liegt meine Aussage gar nicht im Widerspruch dazu. Es klingt aber so, als würdest du genau das vorwerfen.
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@Wendelin
Ich werfe nichts vor. Ich mache nur auf den Unterschied von Glauben und Wissen aufmerksam. Wissen - und ein Glaube ist fehl am Platz, weil Wissen Fakt ist. Glaube dagegen nur Annahme.

Gruß
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Hallo Wendelin,
da ich deinen Namen zum ersten Mal lese: Ein herzliches Willkommen im Forum, wenn möglicherweise etwas verspätet. Wie Alwin schon schrieb, Gott ist deshalb nicht beweisbar, weil er Gegenstand des Glaubens ist. Gläubige nehmen diesen Gegenstand als eine "transzendente" Realität. Das liegt daran, dass die gesamte Realität nur mittelbar ist. Sie ist ein Puzzle aus ungezählten Erfahrungen. Bei "Gott" ist das auch nicht anders. Nur sind die Erfahrungen "Beziehungserfahrungen". Mein Lieblingsspruch ist: Gott vollzieht sich in der Nächstenliebe, in der Gerechtigkeit, in dem was wir als "anständig" empfinden usw. SEINE Realität besteht eben aus diesen Sondererfahrungen.

(09-09-2010, 16:28)Wendelin schrieb: Es könnte also, falls Gott existiert, Beweismittel geben. Nun gibt es sie aber mitnichten. Somit kann keiner eine überprüfbare Aussage darüber treffen.
Dies als apodiktische Wahrheit zu verkünden, ist ausgesprochen dünnes Eis. Denn Beziehungen werden durchaus durch das bestimmt, was wir weltanschaulich voraussetzen, also "glauben". Was man vielleicht sagen kann: Gottesbilder sind menschliche Konstrukte, wie auch die Realität. Und man muss immer höllisch aufpassen, dass die Bilder in unserem Kopf in Erfahrungswelt (auch Beziehungsuniversum) stimmig verwendbar sind.

(09-09-2010, 16:28)Wendelin schrieb: Es gibt undenkbar viele Dinge, an die man nicht glaubt. Wieso sollte ich also an die Existenz eines Gottes, der über allem thront und die Geschicke der Welt leiten soll, glauben?
Das genau ist ja solch ein Bild! Zunehmend geraten solche Bilder innerhalb unserer Kultur "außer Tritt". Sie waren zwar immer schon fraglich, aber mit zunehmender Mündigkeit und der pluralistischen Beziehungserfahrung in unserer Umgebung, werden sie entleert. Daran glaube ich auch nicht (siehe: Gott, Innenansichten eines Zeitgenossen).
(09-09-2010, 16:28)Wendelin schrieb: Manch Gläubiger rät, man solle sich doch einfach erstmal darauf einlassen. Um mich hingegen ohne trifftigen Grund einfach auf den Glaube an Gott einzulassen, müsste ich meine Vernunft völlig über Bord werfen. Letztendlich erscheint mir das nur als eine Strategie der Entscheidungsvermeidung.
"Blöder Rat!" kann ich da nur sagen - vor allem im Hinblick auf dein rudimentäres Gottesbild, das du ja auch nicht einfach ablegen kannst, sondern eben summarisch ablehnst. Das vermag ich nachzuvollziehen, weil ich diese Phase auch durchgemacht habe.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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