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Kann der Mensch nichtanthropozentrisch denken?
#16
(25-02-2010, 14:58)Rao schrieb: Ja, es geht, aber es ist verdammt schwer. Vor diesem Problem steht jeder Science-Fiction-Autor, der gezielt eine absolut nicht-menschliche (und dabei glaubwürdige!) Alienrasse erfinden und beschreiben will. Du weißt (als Autor) wie deine Aliens NICHT sein sollen, nämlich menschlich, hast vielleicht eine Ahnung, wie sie sein sollen (nämlich konsequent Produkt ihrer eigenen Umwelt, Evolution, Kultur etc, die Du gleichfalls dazuerfinden mußt) ... und dann geht die eigentliche Arbeit los, bei praktisch jeder einzelnen Beschreibung, jeder Kleinigkeit mußt Du Dich fragen: könnte das realistisch sein im Rahmen des postulierten Umfelds, oder ist das vielmehr eine rein menschliche Sichtweise, die hier nicht in Frage kommen darf?
-- Es gibt SF-Autoren, die so etwas schaffen. Nur sehr wenige allerdings, und unter den Filmemachern noch weniger, bei den meisten sind Aliens nicht mehr als grün angemalte oder mit spitzen Öhrchen verzierte Menschen... egal ob Star Wars, Star Trek, Andromeda, Babylon 5 oder wie die ganzen Serien heißen, ich hab mir beim Zusehen immer wieder gedacht, ein Königreich für ein richtiges Alien! Nun ja, im Fernsehen waren sie, früher zumindest, budgetmäßig beschränkt und Animation entweder aufwendig und sauteuer (Stop-Motion) oder noch nicht erhältlich (Computer), deshalb war das zu entschuldigen... aber wenn nicht mal der so hochgepriesene "Avatar" ein richtiges Alien zu bieten hat... die Na´vi sind ja nix anderes als blau angemalte Indianer.

Ich kenne mich mit Science Fiction leider nicht sehr gut aus. Aber ich stelle es mir sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich vor, dass der Autor dabei nicht auch antropogene Züge mit einfließen lässt, z.B. Gefühle oder Gesellschaftsformen oder eine Einteilung in guter Alien und böser Alien.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es keine Parallelen zum Menschen geben soll.
Hast du vieleicht ein paar Beispiele?
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#17
(25-02-2010, 19:29)Gundi schrieb:
(25-02-2010, 14:58)Rao schrieb: Ja, es geht, aber es ist verdammt schwer. Vor diesem Problem steht jeder Science-Fiction-Autor, der gezielt eine absolut nicht-menschliche (und dabei glaubwürdige!) Alienrasse erfinden und beschreiben will. Du weißt (als Autor) wie deine Aliens NICHT sein sollen, nämlich menschlich, hast vielleicht eine Ahnung, wie sie sein sollen (nämlich konsequent Produkt ihrer eigenen Umwelt, Evolution, Kultur etc, die Du gleichfalls dazuerfinden mußt) ... und dann geht die eigentliche Arbeit los, bei praktisch jeder einzelnen Beschreibung, jeder Kleinigkeit mußt Du Dich fragen: könnte das realistisch sein im Rahmen des postulierten Umfelds, oder ist das vielmehr eine rein menschliche Sichtweise, die hier nicht in Frage kommen darf?
-- Es gibt SF-Autoren, die so etwas schaffen. Nur sehr wenige allerdings, und unter den Filmemachern noch weniger, bei den meisten sind Aliens nicht mehr als grün angemalte oder mit spitzen Öhrchen verzierte Menschen... egal ob Star Wars, Star Trek, Andromeda, Babylon 5 oder wie die ganzen Serien heißen, ich hab mir beim Zusehen immer wieder gedacht, ein Königreich für ein richtiges Alien! Nun ja, im Fernsehen waren sie, früher zumindest, budgetmäßig beschränkt und Animation entweder aufwendig und sauteuer (Stop-Motion) oder noch nicht erhältlich (Computer), deshalb war das zu entschuldigen... aber wenn nicht mal der so hochgepriesene "Avatar" ein richtiges Alien zu bieten hat... die Na´vi sind ja nix anderes als blau angemalte Indianer.

Ich kenne mich mit Science Fiction leider nicht sehr gut aus. Aber ich stelle es mir sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich vor, dass der Autor dabei nicht auch antropogene Züge mit einfließen lässt, z.B. Gefühle oder Gesellschaftsformen oder eine Einteilung in guter Alien und böser Alien.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es keine Parallelen zum Menschen geben soll.

Das ist es eben. Wie kann man eine glaubhafte Art erfinden, möglichst objektiv? Abgesehen davon, dass sie ja glaubhaft für Menschen sein muss.
Jedwede (wissenschaftliche) Gesetzmäßigkeiten, die wir kennen, ergeben für uns Sinn. Was ja noch lange nicht heißen muss, dass es nicht auch anders ginge, oder?
Eine Alienrasse erfinden, die sich bsp. ernährt, oder bewegt, die Extremitäten aufweist etc., entspringt somit ebenso allen menschlichen Erfahrungen. Aus wissenschaftlicher Sicht (und damit aus menschlichen Erfahrungswerten) kann man sich glaubhaft wohl nicht etwas vorstellen, das lebt, aber vielleicht gar nicht atmen muss oder überhaupt Organe hat.

Irgendwie muss man physikalische Gesetzmäßigkeiten schließlich auch auf erfundene Dinge übertragen, sonst kommt man auf nix, aber theoretisch muss die Physik (einschließlich der Vorstellung eines Universums) nicht die objektive Wahrheit darstellen.

Wobei "Dinge/Sachverhalte objektiv untersuchen/erklären" ja auch eine menschliche Eigenschaft darstellt.
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#18
(25-02-2010, 19:29)Gundi schrieb: Ich kenne mich mit Science Fiction leider nicht sehr gut aus. Aber ich stelle es mir sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich vor, dass der Autor dabei nicht auch antropogene Züge mit einfließen lässt, z.B. Gefühle oder Gesellschaftsformen oder eine Einteilung in guter Alien und böser Alien.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es keine Parallelen zum Menschen geben soll.
Hast du vieleicht ein paar Beispiele?

du hast zwar nicht mich gefragt, aber ich antworte trotzdem:

bei stanislaw lem findest du eine menge beispiele. das thema der "fremden zivilisation" bzw. des "fremden wesens", mit dem mensch konfrontiert wird und das mensch versucht, zu "verstehen", zieht sich durch ein reihe seiner bücher. seien es "solaris", "der unbesiegbare" oder auch und ganz besonders "eden". geschrieben immer aus der perspektive des menschen, der (vergeblich) versucht, das gesehene und erlebte zu verstehen - ohne das zu schaffen (zitat aus dem wikipedia-artikel zu "eden": Die Crew konstruiert nach und nach aus ihren Beobachtungen ein Bild der Verhältnisse auf Eden im vollen Bewusstsein ihres hoffnungslos anthropozentrischen Standpunktes, der ein wirkliches Verständnis unweigerlich verhindert)

es gibt also sehr wohl eine möglichkeit, dem dilemma des "anthropogenen" blicks auf das nichtmenschliche zu entgehen: indem man es gerade zum thema macht, und eben keine lösung anbietet


aber zurück zum eigentlichen thema: wir sollten, bitte, nicht "anthropozentrisch" verwechseln mit "anthropogen" im sinne von "menschlichem denken gemäß". letzteres ist unvermeidlich, muß aber nicht in ersteres münden
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#19
Zitat:Ich kenne mich mit Science Fiction leider nicht sehr gut aus. Aber ich stelle es mir sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich vor, dass der Autor dabei nicht auch antropogene Züge mit einfließen lässt, z.B. Gefühle oder Gesellschaftsformen oder eine Einteilung in guter Alien und böser Alien.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es keine Parallelen zum Menschen geben soll.
Hast du vieleicht ein paar Beispiele?

Inwieweit antropogene oder -zentrische Züge in eine Geschichte einfließen, hängt immer damit zusammen, was der Autor mit der Geschichte bezweckt, sie soll ja für den Leser noch verständlich sein. Ich habe schon einige Leute erlebt, die sagten, sie könnten mit SF nix anfangen, weil sie dummerweise zum Einstieg einen "schwierigen" Roman in die Finger bekamen, logischerweise nur Bahnhof verstanden und dadurch für alle Zeiten abgeschreckt wurden. Eine Literaturform, die zu lesen man erst lernen muß, hm... Lem ist ein gutes Beispiel für diese mehr "abgehobenen", eben weil wenig anthropozentrischen Geschichten (danke, Petronius!). Wenn Du´s actionreich magst und leicht verständlich, weil näher am menschlichen Standpunkt, aber immer noch mit Aliens, die man nicht so fix mit verkleideten Menschen gleichsetzen könnte, dann probier z. B. mal die Chanur-Serie von C. J. Cherryh (Kif gegen Klingonen! Das wär mal ein Match! :icon_cheesygrin: ). Inwieweit Gefühle der Aliens dargestellt oder Rassen bzw. Individuen derselben als gut oder böse definiert werden, hängt alles von der Phantasie des Autors ab. Wie weit er gehen will, ist seine Sache --- und die des Verlages, der das Machwerk verlegen soll, denn wie oben bereits erwähnt: je weniger anthropozentrisch, um so schwieriger ist es zu lesen, jedenfalls für Leute, die wenig Erfahrung mit dieser Art von Literatur haben. Ein wirklich guter, geübter Autor, der sein Handwerk und die Sprache beherrscht, kann zweifellos auch schwierigste, fremdartigste, nicht-menschlichste Konzepte so darstellen, daß ein Durchschnittsleser sie nachvollziehen kann. Die menschliche Phantasie ist trainierbar und verdammt flexibel, sie kann viel mehr als so manch einer sich träumen läßt. Deshalb ist das Genre der Phantastischen Literatur gut geeignet, wenn man lernen will, mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Allerdings sollte man nicht gleich mit dem Schwierigsten zuerst anfangen... Evil5
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#20
Zitat: Die menschliche Phantasie ist trainierbar und verdammt flexibel, sie kann viel mehr als so manch einer sich träumen läßt.

(Plot der "Unendlichen Geschichte" von Michael Ende: Der Held Atreju versucht die Grenze von Phantàsien zu erreichen, um dort das Heilmittel gegen das Nichts, ein Menschenkind, zu finden. Doch Phantásien, das Reich der menschlichen Phantasie, HAT keine Grenzen...)
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#21
Zitat:Wie kann man eine glaubhafte Art erfinden, möglichst objektiv? Abgesehen davon, dass sie ja glaubhaft für Menschen sein muss.
Jedwede (wissenschaftliche) Gesetzmäßigkeiten, die wir kennen, ergeben für uns Sinn. Was ja noch lange nicht heißen muss, dass es nicht auch anders ginge, oder?
"Glaubwürdig" erscheint etwas immer dann, wenn es im Rahmen seines Hintergrundes als logisch und möglich bis wahrscheinlich zu betrachten ist.
Sicher kannst Du was schreiben, was aus menschlicher Sicht unlogisch, aus Aliensicht aber sehr logisch sein mag... nur mußt Du das dann für den (menschlichen!) Leser begründen, sonst blickt der nicht durch!

Zitat:Eine Alienrasse erfinden, die sich bsp. ernährt, oder bewegt, die Extremitäten aufweist etc., entspringt somit ebenso allen menschlichen Erfahrungen. Aus wissenschaftlicher Sicht (und damit aus menschlichen Erfahrungswerten) kann man sich glaubhaft wohl nicht etwas vorstellen, das lebt, aber vielleicht gar nicht atmen muss oder überhaupt Organe hat.
Kristall-Lebewesen? Lebewesen aus purer Energie? Ein lebendiger Planet, wie in einem anderen Thread erwähnt? Du unterschätzt die Möglichkeiten des Genres!
Zitat:Irgendwie muss man physikalische Gesetzmäßigkeiten schließlich auch auf erfundene Dinge übertragen, sonst kommt man auf nix, aber theoretisch muss die Physik (einschließlich der Vorstellung eines Universums) nicht die objektive Wahrheit darstellen.
Wobei "Dinge/Sachverhalte objektiv untersuchen/erklären" ja auch eine menschliche Eigenschaft darstellt.
Da die gängigen Naturgesetze, die wir kennen, in unserem ganzen Universum die gleichen zu sein scheinen (exotische Orte wie z. B. der Einzugsbereich eines Schwarzen Lochs vielleicht ausgenommen), bieten sie zumindest eine Grundlage für den SF-Autor. Er kann sie natürlich jederzeit um spekulative Zusätze ergänzen. Klassisches Beispiel: Hyperraum, die unentbehrliche Zutat für Überlichtflüge. Über dessen (rein spekulative!) Natur weiß jeder SF-Freak Bescheid.
Wenn man die Handlung der Geschichte aber in ein komplett anderes Universum verlegt, hat die Phantasie freie Bahn...
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#22
Geschichten (Bücher Filme usw.) sind ein interessanter Aspekt. Gibt es eine Geschichte die sich überhaupt nicht auf uns Menschen bezieht? Ist es nicht immer so, das wir etwas aus den Geschichten auf uns beziehen? Auch wenn die Geschichte Lichtjahre entfernt spielt und keine menschenähnliche Spezies darin vorkommt, legen wir doch immer die Schablone unseres Geistes darauf.
Sie weckt in uns Emotionen, die in unserem menschlichen Geist entstehen.
Währe es nicht so, würde uns die Geschichte wohl so langweilen das wir sie gar nicht lesen würden.
"Die meisten Götter würfeln, aber das Schicksal spielt Schach, und zwar mit zwei Damen."

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#23
(01-03-2010, 22:29)Volere schrieb: Geschichten (Bücher Filme usw.) sind ein interessanter Aspekt. Gibt es eine Geschichte die sich überhaupt nicht auf uns Menschen bezieht? Ist es nicht immer so, das wir etwas aus den Geschichten auf uns beziehen? Auch wenn die Geschichte Lichtjahre entfernt spielt und keine menschenähnliche Spezies darin vorkommt, legen wir doch immer die Schablone unseres Geistes darauf.
Sie weckt in uns Emotionen, die in unserem menschlichen Geist entstehen.
Währe es nicht so, würde uns die Geschichte wohl so langweilen das wir sie gar nicht lesen würden.

richtig. bücher müssen immer für den menschen geschrieben sein, er muß sich auf irgendeine weise davon angesprochen, sich darin wiederfinden können - sonst ist der literarische mißerfolg vorprogrammiert
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#24
(01-03-2010, 22:44)petronius schrieb: richtig. bücher müssen immer für den menschen geschrieben sein, er muß sich auf irgendeine weise davon angesprochen, sich darin wiederfinden können - sonst ist der literarische mißerfolg vorprogrammiert

Meinst du, das ist nur bei Büchern so, oder kann man das auf das ganze Leben ummünzen?
"Die meisten Götter würfeln, aber das Schicksal spielt Schach, und zwar mit zwei Damen."

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#25
Hm. Liegt wohl eher daran, dass der Mensch es so interpretiert.
Das Buch eines Außerirdischen würde er auch auf sich ummünzen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#26
Ich kann meinen Vorrednern weitgehend zustimmen. Es gibt aber nach der Erkenntnistheorie der Wissenschaft dennoch Beschreibungen, die Sachverhalte außerhalb der menschlichen Vorstellung darstellen können.

Dieser Fall ist schon einmal bei der Beschreibung mikrophysikalischer Vorgänge unfreiwillig, ja sogar unwillig, eingetreten: bei der Entwicklung der Quantentheorie.

Möglicherweise werden diese Beschreibungen im Laufe der Zeit in das allgemeine Vorstellungsvermögen integriert, aber zunächst jedenfalls nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#27
(01-03-2010, 23:37)Ekkard schrieb: Dieser Fall ist schon einmal bei der Beschreibung mikrophysikalischer Vorgänge unfreiwillig, ja sogar unwillig, eingetreten: bei der Entwicklung der Quantentheorie.

Interessant. Kannst du das vielleicht genauer beschreiben, oder hast du vielleicht einen Link wo man mehr darüber lesen kann?
"Die meisten Götter würfeln, aber das Schicksal spielt Schach, und zwar mit zwei Damen."

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#28
(01-03-2010, 23:37)Ekkard schrieb: Ich kann meinen Vorrednern weitgehend zustimmen. Es gibt aber nach der Erkenntnistheorie der Wissenschaft dennoch Beschreibungen, die Sachverhalte außerhalb der menschlichen Vorstellung darstellen können.

Dieser Fall ist schon einmal bei der Beschreibung mikrophysikalischer Vorgänge unfreiwillig, ja sogar unwillig, eingetreten: bei der Entwicklung der Quantentheorie.

Möglicherweise werden diese Beschreibungen im Laufe der Zeit in das allgemeine Vorstellungsvermögen integriert, aber zunächst jedenfalls nicht.

Die Quantentheorie mag außerhalb der menschlichen Vorstellung sein, aber fußt sie nicht dennoch auf menschlichen Konstrukten? Der Mathematik, Physik und Chemie? Sie lässt sich also dennoch mit menschlichen Werkzeugen erklären und zwar in einer Form wie der Mensch sie verstehen kann. Oder liege ich da falsch?
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#29
@Volere: Nein, ich habe keinen Link dazu. Die Möglichkeit habe ich aus einem meiner erkenntnistheoretischen Bücher. Leider weiß ich nicht mehr in welchem und an welcher Stelle. Hier zwei Titel, wo sich dieser Hinweis befunden haben könnte, weil kürzlich gelesen:
Karl Popper "Logik der Forschung" ISBN 3-05-004085-8 oder in
Gerhard Vollmer "Was können wir wissen? Bd. 1 "Die Natur der Erkenntnis" ISBN 3-7776-0443-7.

Grob umrissen kann man Folgendes sagen: Eine hinreichend mächtige Metasprache, also z. B. die Mathematik kann sinnvolle "Aussagen" konstruieren, denen zunächst nur eine auf ihre Prämissen bezogene Bedeutung zukommt (also "in ihrer mathematischen Welt" bleibt). Wenn jedoch empirische Ergebnisse die Prämissen erfüllen und durch die metasprachlichen Konstrukte zutreffende Vorhersagen gemacht werden, dann ist das Konstrukt "wahr", auch wenn die menschliche Vorstellung es nicht begreift.
Hier muss man 2 Einschränkungen vornehmen:

Prämissen werden nie "vollkommen" von experimentellen Anordnungen erfüllt. Insofern sind alle Theorien "nur" Annäherungen an die Sachwelt.

Experimentelle Ergebnisse geben nur den gegenwärtigen Sachstand an. Sie lassen keinen Schluss auf zukünftige Versuchsausgänge zu.

Im Grunde gibt es noch eine dritte Vorsichtsregel: Metasprachliche Konstrukte können grundverschieden erscheinen, sind aber äquivalent. So beschreiben beispielsweise die Schrödingersche Wellengleichung und die Heisenbergsche Matrizenmechanik vollkommen dieselbe Physik.

Ähnliches gilt für viele Bereiche der modernen Feldtheorien (in 5 und mehr Dimensionen zur Vereinheitlichungen der physikalischen Grundkräfte) und den nur scheinbar völlig verschiedenen Ansätzen der Eichtheorien (Bändigung des Teilchenzoos).

Sollte irgendwo in diesen Konstrukten ein funktionierender Ansatz zur Erklärung der bisherigen experimentellen Befunde stecken, und darüber hinaus wichtige, prüfbare Vorhersagen erzeugen, so gilt fast sicher: Die Konstrukte werden zwar "wahr sein", jedoch nicht mehr unseren bisherigen Vorstellungen entsprechen, von Anschaulichkeit ganz zu schweigen.

Wenn man Intelligenz mit "Einsichtsfähigkeit" übersetzt, dann kann man sogar sagen: Die Intelligenz der Menschheit reicht nicht mehr aus, die Aussagekraft dieser Konstrukte vollumfänglich zu erfassen. Man kann damit rechnen und zutreffende Spezialergebnisse heraus bekommen, mehr jedoch nicht.

Fazit: Es gibt Spezialgebiete menschlicher Metasprachen, die über unser menschliches Begreifen hinaus gehen - derzeit jedenfalls.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#30
@ Ekkard: Danke für die Buchtipps. Ich werde mich damit beschäftigen, sobald der Stapel neben mir abgearbeitet ist. (Irgendwie habe Ich das Gefühl das er nur noch wächst, seit Ich in diesem Forum unterwegs bin... :icon_cheesygrin:Evil5 )
"Die meisten Götter würfeln, aber das Schicksal spielt Schach, und zwar mit zwei Damen."

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