Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
protestantische und katholische sünderInnen
#1
nach fr. käßmanns rücktritt (und wohl auch nach hrn. zollitschs ausfällen gegenüber fr. leutheusser-schnarrenberger) war folgendes bonmot zu lesen:

Katholiken machen Fehler, Protestanten haben sie

http://.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/konsequente-selbstkritik/

und weiter gehts:

Erstere können für ihre Fehltritte büßen - das heißt auch, sie können mit ihnen leben und sie auch mal vergessen, selbst wenn es sich um so gravierende Vergehen wie Mißbrauch handelt. Protestanten hingegen übernehmen lebenslänglich die Verantwortung für ihre Aussetzer - zumal, wenn sie Vorzeigeprotestanten sein wollen

in der tat - käßmanns rücktritt (von vielen bedauert) läßt natürlich auch den protestantismus neben dem christlichen wettbewerber besonders gut und glaubwürdig dastehen:

schwere straftaten wie sexueller mißbrauch werden von der rkk erst dann scheinheilig bedauert, wenn sie trotz innerkirchlicher vertuschungsversuche (gemäß den berüchtigten richtlinien von 2002 werden zur kenntnis gelangte mißbrauchsfälle afaik eben nicht der staatsanwaltschaft oder gar der öffentlichkeit zur kenntnis gebracht, sondern kirchenintern gehandhabt) ans licht gelangt sind bzw. sich nicht mehr leugnen lassen, und auch dann gibt es keine nennenswerten personellen konsequenzen. im gegenteil bedient man sich der methode "haltet den dieb!" und klagt diejenigen an, die um aufklärung bemüht sind

die protestantische bischöfin dagegen unternimmt nicht nur keinen versuch der leugnung oder vertuschung, steht selbstverständlich zu ihrer schuld und deren strafrechtlichen konsequenzen, sondern nimmt ihren privaten fehltritt nun auch zum anlaß, sich für nicht mehr glaubwürdig genug zu erklären, als moralische (kirchen)instanz zu fungieren

dafür gebührt ihr respekt

aber was mich da noch interessiert: hat das unterschiedliche verhalten von zollitsch und käßmann (ums mal auf die beiden protagonisten zuzuspitzen) auch tatsächlich etwas mit unterschiedlichem theologischen verständnis von sünde, schuld und vergebung zu tun, wie im presseartikel angedeutet wird? wenn ja, inwiefern genau?

(natürlich lassen sich die jeweiligen vorgänge - pädokriminalität in klosterschulen einerseits und autofahren trotz alkoholbedingter fahruntüchtigkeit - und der umgang mit ihnen nicht auf diesen theologischen aspekt reduzieren)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#2
Ich denke, das unterschiedliche Verhalten liegt zum einen darin begründet, dass Käßmann eine Frau ist - ein Mann wäre sehr wahrscheinlich nicht zurückgetreten (meine Meinung).

Zum anderen vermute ich große Unterschiede im Selbstverständnis der beiden Kirchen; die RKK ist ein in sich geschlossener Verein, der von aussen kaum durchschaubar ist; dagegen ist die EVK geradezu gläsern. Und m. E. ist die EVK viel mehr bereit eigene Fehler in der Öffentlichkeit anzuerkennen.

Bei der RKK bekommt man ja nur durch Zufall mit, wenn mal irgendwas vorgefallen ist, sie gefallen sich in der Rolle der Geheimnisumwitterten.
Beste Grüße, K - G - B

Zitieren
#3
Während einer internationalen theologischen Tagung zum Priesterjahr in Rom meinte Kurienkardinal Claudio Hummes zum Pflichtzölibat für Priester:

"Es handle sich um ein Geschenk des Heiligen Geistes, das mit Überzeugung und Freude gelebt werde müsse."

Wenn er ein Geschenk des Heiligen Geistes ist, der Pflichtzölibat, dann darf man diesen für die augenscheinliche Häufigkeit homo-pädophiler Übergriffe katholischer Geistlicher an ihnen anvertrauten Zöglingen nicht verantwortlich machen.

Dann muss man die Gründe für die Häufigkeit, mit der sexualgestörte junge Männer ein geistliches Amt in der katholischen Kirche anstreben, anderswo suchen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Zollitsch, erläutert:

Eine grundsätzliche Debatte über die Sexuallehre der katholischen Kirche sowie über den Zölibat werde es nicht geben.

Solche Diskussionen seien nicht erforderlich. Sexueller Missbrauch habe nichts mit dem Zölibat und nichts mit der Sexuallehre zu tun, es sei eine Frage, wie ein Mensch veranlagt ist. Sexueller Missbrauch sei daher überall möglich. Innerhalb der katholischen Kirche komme es nicht häufiger zu Missbrauchsfällen als anderswo.


Nach Einsicht, dass innerhalb der katholischen Kirche was schiefläuft, klingt das nicht.

Sexuelle Übergriffe seien in der katholischen Kirche nicht häufiger als anderswo, ist sich Herr Kardinal Zollitsch sicher!

Ob er nicht bald aus seinen Träumen erwachen wird, der Herr Kardinal.

Nämlich dann, wenn die Dämme auch in den kleinen Dorfgemeinden zu brechen beginnen, wo man von der Schwäche des Herrn Pfarrers für kleine Buben weiß, die "Schande" aber beim eigenen Söhnchen festmacht, das den "hochwürdigen" Herrn wohl verführt haben wird.

MfG B.
MfG B.
Zitieren
#4
Zitat:Sexueller Missbrauch habe nichts mit dem Zölibat und nichts mit der Sexuallehre zu tun, es sei eine Frage, wie ein Mensch veranlagt ist

tja... hier wird in altbewährter manier wieder mal sachlich richtiges falsch interpretiert, um konsequenzen auszuweichen

richtig ist, daß pädophilie ein frage der veranlagung ist. sie wird natürlich nicht durch den zölibat hervorgerufen, auch wenn am stammtisch gerne mal kurzgeschlossen wird: weil die keine frauen pimpern dürfen, nehmen sie sich halt den ministranten vor. das ist natürlich gemeingefährlicher unsinn (auch wenn erwachsene, die sich an kindern vergehen, nicht unbedingt pädophil sein müssen. sie können auch einfach spaß an der gewalt haben). den zölibat aufzuheben, würde aus keinem pädophilen einen "normal veranlagten" machen, und natürlich gibt es auch pädophile evangelische pfarrer und jede menge pädophile, die mit kirchlichen sexualgeboten sowieso nichts am hut haben

den zölibat als ursächlich anzusehen, hieße in der tat den sack prügeln und den esel meinen

es ist aber nicht zu leugnen, daß der zölibat natürlich eine bequeme zuflucht und tarnung ist für menschen, die eben keine reife sexualität (sex nur einvernehmlich und "auf augenhöhe") entwickelt haben. und dazu kommt noch, was gestern bei maybrit illner von prof. klaus beier - bitte nicht mit dem gleichnamigen nazi verwechseln! - von der charite erklärt wurde (er leitet das präventionsprojekt, in dem pädophil sich ihrer neigung stellen und daran arbeiten, diese nicht zum aktiven ausleben kommen zu lassen):

pädophile können nichts für ihre veranlagung (welche sich beim jungen menschen bildet. pädophile sind sozusagen in der pubertät hängengeblieben, was ihren sexuell atraktiven gegenpart betrifft). pädophile wissen um deren bedenklichkeit, wollen in der regel nicht diesem inneren zwang nachgeben, von dem sie wissen, wie schädlich sich sein ausleben auswirken würde (immer zu beachten: pädophilie ist nicht gleich pädokriminalität! für die veranlagung kann keiner was - ob er sie auch auslebt, dafür ist er verantwortlich). kurz: sie sind motiviert, sich von diesem zwang zu befreien

und da scheint es nun ein bequemer weg zu sein, sich in einen lebensweg zu flüchten, auf dem sex sowieso verboten ist. also: ich habe erkannt, daß meine sexuelle veranlagung bedenklich und ihr ausleben schädlich ist, ich will mich davon lösen, und meinen guten vorsatz unterstütze ich, indem ich mich freiwillig in verhältnisse begebe, in denen (mein schädlicher, krimineller) sex unmöglich ist

nur funktioniert das nicht. da der betroffene sich seinem problem nicht stellt (sondern davor davonläuft), es nicht auf- und verarbeitet, wird es ihn irgendwann einholen. verbote allein, ob fremd- oder selbstgesetzt, helfen nicht. lösen nicht das problem, decken es höchstens zu

sich diese problematik der "flucht in den zölibat" einzugestehen - das wäre die vordringlichste aufgabe der rkk. denn erst dann können lösungswege beschritten, kann den betroffenen pädophilen geholfen werden, nicht pädokriminell zu werden. was durch entsprechende therapie wohl auch gelingt

es scheint mir wichtig, angesichts der teils hysterischen "kinderschänder"-debatte noch einmal ausdrücklich festzuhalten:

pädophilie ist eine psychosexuelle störung ("Abweichung in der sexuellen Präferenzstruktur") und als solche so wenig schuldhaft wie z.b. kleinwüchsigkeit. leider auch so wenig heilbar - der pädophile wird sein leben lang pädophil bleiben, kann aber lernen, sein verhalten unter kontrolle zu bringen. seine pädophilie also nicht pädokriminell auszuleben. dazu gehört erst mal einsicht in diese eigenen abweichung und dann die entwicklung von verhaltensstrategien, sich keinem gefährlichen reiz auszusetzen (ein einsichtiger pädophiler wird eben keinen beruf ergreifen, in dem er kinder betreut) und die neigung unter kontrolle zu halten. das scheint nach den ergebnissen des berliner pilotprojekts möglich zu sein

aber zurück zur rkk: ob "sexuelle Übergriffe in der katholischen Kirche nicht häufiger sind als anderswo", wird erstens niemand statistisch nachweisen können, und ist auch nicht der knackpunkt. der knackpunkt ist, daß zölibat sowie sexuelle tabuisierung in der rkk überhaupt pädophilen (und damit potentiellen pädokriminellen) sowie sonstigen personen, die keine reife sexualität entwickelt haben, einen bequemen fluchtpunkt bieten. die maxime, sich auf gottes beistand im zölibat zu verlassen, damit die eigene pädophile neigung nicht kriminell ausartet, ist in der praxis leider zum scheitern verurteilt. hilfe für betroffene (pädophile wie deren potentielle opfer) sieht anders aus die schlichte forderung, sich halt sex zu verkneifen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#5
petronius, alles ist klar nur.

wieso sind die opfer von kirchenpedophilen häufig buben=?

normalerweise vergeht sich ein pedophiler an mädchen. es ist halt auffällig, dass in der kirche so massiv mehr missbrauch am männlichen geschlecht auftritt.

hat das evt damit zu tun, dass katholische pfarrer usw, nichts mit frauen am hut haben dürfen und dazue zählen auch mädchen und sie denken, wenn sie sich an jungen dann vergehen, sei das weniger schlimm? bsp. weniger strafbar?

kann er nicht direkt von der kirche belangt werden kann, dort wird, soweit ich weiss ja nur verkehr mit dem weiblichen geschlecht nicht *geduldet*, oder wäre dr ruf mehr geschädigt, wenn das opfer weiblicher natur wäre?
Zitieren
#6
(13-03-2010, 09:40)Einherjer schrieb: petronius, alles ist klar nur.

wieso sind die opfer von kirchenpedophilen häufig buben=?

normalerweise vergeht sich ein pedophiler an mädchen

äh - nein. pädophilie ist geschlechtsunabhängig. es gibt pädophile männer wie frauen, homos wie heteros

da aber kirchliche internate in der regel nicht koedukativ geführt werden, sind geistliche als lehrer und erzieher eben eher in buben- als in mädcheninternaten zu finden

außerdem - aber das ist reine spekulation meinerseits, ich bin kein entwicklungs- oder sexualpsychologe - interpretiere ich prof. beiers aussage, die sexualpräferenz des pädophilen bleibe in ihrer adoleszenzform "hängen", so, daß ja schließlich was passieren muß, damit sie sich nicht weiterentwickelt zu einer reifen form, in der erwachsene auf augenhöhe die bevorzugten sexualpartnern sind. und was könnte das sein?

ich könnte mir homosexualität vorstellen, die nicht zugegeben und ausgelebt werden darf. so in der art von: der kleine katholische max liebt den kleinen hans, weiß aber genau, daß er das nicht darf, verleugnet und unterdrückt es, sodaß dieses begehren "eingefroren" wird und nicht zum begehren des erwachsenen hans heranwächst. so begehrt dann auch der erwachsene priester max nicht den erwachsenen hans, sondern dessen sohn hänschen

aber, wie gesagt, ich bewege mich hier auf dem dünnen eis persönlicher spekulation

Zitat:es ist halt auffällig, dass in der kirche so massiv mehr missbrauch am männlichen geschlecht auftritt

ist das wirklich so?

ich kenne keine statistiken. um aussagekräftig zu sein, müßten sie aber auch unter vergleichbaren randbedingungen erhoben werden (in mädchenschulen dürfte der mißbrauch an mädchen weitaus häufiger sein als der an buben - wenn du verstehst, was ich meine). weibliche opfer pädokrimineller priester werden schon aus mangel an gelegenheit seltener sein, weil die rkk doch im wesentlichen ein männerbund ist. daß katholische pfarrer sich nicht auch an ministrantinnen vergreifen würden, entspricht leider nicht den tatsachen

Zitat:hat das evt damit zu tun, dass katholische pfarrer usw, nichts mit frauen am hut haben dürfen und dazue zählen auch mädchen und sie denken, wenn sie sich an jungen dann vergehen, sei das weniger schlimm? bsp. weniger strafbar?

eine solche überlegung wäre weder theologisch noch strafrechtlich haltbar. sexuelle präferenz als veranlagung richtet sich im übrigen nicht nach (pseudo)rationalen überlegungen

Zitat:kann er nicht direkt von der kirche belangt werden kann, dort wird, soweit ich weiss ja nur verkehr mit dem weiblichen geschlecht nicht *geduldet*, oder wäre dr ruf mehr geschädigt, wenn das opfer weiblicher natur wäre?

ich glaube, da hast du was falsch verstanden. praktizierte homosexualität ist nach katholischer lehre in jedem fall eine schwere sünde, egal, ob von geistlichen oder weltlichen praktiziert. das hat mit dem generellen sexverbot qua zölibat auch nichts zu tun, bzw. kann man es so sehen: homosex ist für alle katholen pfui, heterosex unter bestimmten umständen okay, außer für geistliche - für die ist hetero- wie homo- oder autosex pfui
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#7
Nach der Maybritt Illner - Sendung ist klar, Pädophilie entwickelt sich in jungen Jahren (ob angeboren, weiß man nicht).
Laut diesem Mediziner müssen sich Pädophile bewusst werden, dass sie für ihre Krankheit Verantwortung übernehmen müssen und nicht jemand anderes.
Einige versuchen dann den Weg als Priester zu gehen, um ihre Krankheit durch die Liebe zu Gott zu heilen. Laut dem Mediziner ein Irrweg, da sie nun glauben fremdbestimmt nicht mehr falsch handeln zu können und nicht mehr verantwortlich zu sein. Dann passieren solche Taten, da ihnen ihre Opfer auf dem Silbertablett präsentiert werden.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Zitieren
#8
Es kommt vor, dass abhängige Personen sexuell missbraucht werden. In der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Heimen, etc.

Überwiegend trifft es Mädchen und Frauen.

Das Problem sei eben ein allgemein gesellschaftliches und nicht auf die katholische Kirche zu beschränken, wird kirchlicherseits gerne argumentiert.

Dabei wird ein Umstand außeracht gelassen:

Wenn es in der katholischen Kirche zu sexuellen Übergriffen kommt, sind nahezu ausschließlich Knaben betroffen.

Darauf hingewiesen, stellt mancher naive Kirchenmann die Frage, wie solcher Missbrauch durch Abschaffung des Zölibats denn zu verhindern sei.

Es würde sich nicht sofort was ändern, das ist klar. Aber mit der Zeit schon!

Der Anteil an jungen Männern, die sich für Priesteramt und Kloster entscheiden, weil sie entsprechende Neigungen bei sich verspüren, die sie "mit Hilfe des Heiligen Geistes" durch zölibatäre Lebensweise zu bezwingen hoffen, wäre erheblich geringer. Davon bin ich überzeugt!

B.
MfG B.
Zitieren
#9
(14-03-2010, 00:56)Bion schrieb: Es kommt vor, dass abhängige Personen sexuell missbraucht werden. In der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Heimen, etc.

Überwiegend trifft es Mädchen und Frauen.

Das Problem sei eben ein allgemein gesellschaftliches und nicht auf die katholische Kirche zu beschränken, wird kirchlicherseits gerne argumentiert.

Dabei wird ein Umstand außeracht gelassen:

Wenn es in der katholischen Kirche zu sexuellen Übergriffen kommt, sind nahezu ausschließlich Knaben betroffen

ich weiß nicht, ob man das so sagen kann

schauen wir mal nach irland, wo der murphy-report (lt. http://.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/missbraucht-im-namen-des-herrn/) festgehalten hat:

"Vergewaltigungen waren in den Einrichtungen für Jungen üblich", heißt es in dem Bericht. Manchmal vergewaltigten mehrere Ordensbrüder gleichzeitig ein Kind, manchmal waren die Täter auch ältere Heiminsassen, die früher selbst Opfer waren. Die Schläge waren "schwer, willkürlich und unvorhersehbar". In den Mädchenschulen waren die Vergewaltigungen zwar nicht systematisch, aber sie fanden auch dort statt. Die physischen und emotionalen Misshandlungen waren genauso schlimm wie bei den Jungen

daß mädchen "nicht systematisch" vergewaltigt wurden, ist vielleicht doch nicht dasselbe wie, daß "nahezu ausschließlich Knaben" vergewaltigt wurden. das beispiel irland zeigt aber auch, daß es weniger um ein problem der pädophilie einzelner priester ging, sondern um eine generelle menschenverachtung (die kinder hatten noch nicht mal namen, sondern wurden bei ihrer nummer gerufen), die auch gesellschaftlich und staatlich gedeckt war:

Die Kinder hungerten und holten sich Essbares aus dem Müll, stellte die Kommission fest. Ihre Kleidung war unzureichend, die Sanitäreinrichtungen primitiv. Unterricht fand nur dann statt, wenn es für die Institution nützlich war. Meist wurden die Kinder jedoch als Arbeiter an Bauern vermietet
...
Mehr als 30.000 Kinder haben diese Folterhäuser, die "industrial schools" hießen, durchlaufen. Ihr Vergehen: ein kleiner Diebstahl, Schulschwänzen, und manchmal reichte es aus, dass sie unehelich waren, um sie in eins dieser Heime zu stecken. Der Vorsitzende der Kommission, Seán Ryan, sagte: "Unser Bericht kann nicht untersuchen, was aus den Kindern hätte werden können, wenn sie nicht in diese Heime gekommen wären



worauf ich mit diesem beispiel hinaus will: die mißhandlung und der mißbrauch von kindern im umfeld der rkk ist ein komplexes problem, entspringt einer gemengelage, die sich nicht auf einzelne aspekte wie zölibat, pädophilie oder homosexualität reduzieren läßt. all das spielt eine rolle, dazu noch leibfeindlichkeit und ein sündendenken, das den menschen in erster linie als zu bestrafenden sündigen körper sieht

imho ist es das menschenbild der rkk, welches dringend einer hinterfragung und diskussion bedarf. der zölibat oder dessen anziehungskraft auf menschen, die ihre sexualität verstecken wollen, ist dabei ein wichtiger aspekt, aber nicht der einzige
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren
#10
(14-03-2010, 10:36)petronius schrieb: worauf ich mit diesem beispiel hinaus will: die mißhandlung und der mißbrauch von kindern im umfeld der rkk ist ein komplexes problem, entspringt einer gemengelage, die sich nicht auf einzelne aspekte wie zölibat, pädophilie oder homosexualität reduzieren läßt. all das spielt eine rolle, dazu noch leibfeindlichkeit und ein sündendenken, das den menschen in erster linie als zu bestrafenden sündigen körper sieht

Sehr richtig.
Man kann noch Vertuschung (Staat im Staate) und Vergebung von Sünden hinzuzählen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Zitieren
#11
(14-03-2010, 10:36)petronius schrieb:
(14-03-2010, 00:56)Bion schrieb: Es kommt vor, dass abhängige Personen sexuell missbraucht werden. In der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Heimen, etc.

Überwiegend trifft es Mädchen und Frauen.

Das Problem sei eben ein allgemein gesellschaftliches und nicht auf die katholische Kirche zu beschränken, wird kirchlicherseits gerne argumentiert.

Dabei wird ein Umstand außeracht gelassen:

Wenn es in der katholischen Kirche zu sexuellen Übergriffen kommt, sind nahezu ausschließlich Knaben betroffen

ich weiß nicht, ob man das so sagen kann

schauen wir mal nach irland, wo der murphy-report (lt. http://.taz.de/1/politik/europa/artikel/1/missbraucht-im-namen-des-herrn/) festgehalten hat:

"Vergewaltigungen waren in den Einrichtungen für Jungen üblich", heißt es in dem Bericht. Manchmal vergewaltigten mehrere Ordensbrüder gleichzeitig ein Kind, manchmal waren die Täter auch ältere Heiminsassen, die früher selbst Opfer waren. Die Schläge waren "schwer, willkürlich und unvorhersehbar". In den Mädchenschulen waren die Vergewaltigungen zwar nicht systematisch, aber sie fanden auch dort statt. Die physischen und emotionalen Misshandlungen waren genauso schlimm wie bei den Jungen

daß mädchen "nicht systematisch" vergewaltigt wurden, ist vielleicht doch nicht dasselbe wie, daß "nahezu ausschließlich Knaben" vergewaltigt wurden. das beispiel irland zeigt aber auch, daß es weniger um ein problem der pädophilie einzelner priester ging, sondern um eine generelle menschenverachtung (die kinder hatten noch nicht mal namen, sondern wurden bei ihrer nummer gerufen), die auch gesellschaftlich und staatlich gedeckt war:

Die Kinder hungerten und holten sich Essbares aus dem Müll, stellte die Kommission fest. Ihre Kleidung war unzureichend, die Sanitäreinrichtungen primitiv. Unterricht fand nur dann statt, wenn es für die Institution nützlich war. Meist wurden die Kinder jedoch als Arbeiter an Bauern vermietet
...
Mehr als 30.000 Kinder haben diese Folterhäuser, die "industrial schools" hießen, durchlaufen. Ihr Vergehen: ein kleiner Diebstahl, Schulschwänzen, und manchmal reichte es aus, dass sie unehelich waren, um sie in eins dieser Heime zu stecken. Der Vorsitzende der Kommission, Seán Ryan, sagte: "Unser Bericht kann nicht untersuchen, was aus den Kindern hätte werden können, wenn sie nicht in diese Heime gekommen wären


worauf ich mit diesem beispiel hinaus will: die mißhandlung und der mißbrauch von kindern im umfeld der rkk ist ein komplexes problem, entspringt einer gemengelage, die sich nicht auf einzelne aspekte wie zölibat, pädophilie oder homosexualität reduzieren läßt. all das spielt eine rolle, dazu noch leibfeindlichkeit und ein sündendenken, das den menschen in erster linie als zu bestrafenden sündigen körper sieht

imho ist es das menschenbild der rkk, welches dringend einer hinterfragung und diskussion bedarf. der zölibat oder dessen anziehungskraft auf menschen, die ihre sexualität verstecken wollen, ist dabei ein wichtiger aspekt, aber nicht der einzige

Natürlich!

Vieles, was das Menschenbild der katholischen Obrigkeit ausmacht, ist (für mich) nicht nachvollziehbar.

Das, was in Irland ans Licht kam, ist besonders abscheulich.

Wenn Irlands Bischöfe nur ein klein wenig an das glauben, was sie zu glauben vorgeben, müssten sie um ihr Seelenheil mehr als besorgt sein.

Was meine Einschätzung betraf, hatte ich die österreichischen Verhältnisse vor Augen, die, nehme ich einmal an, auch für Deutschland repräsentativ sind.

Es ist jedenfalls ein vernichtendes Sittenbild, das die katholische Kirche (in Irland und anderswo) von sich zeichnet.

Ein "Geschenk des Heiligen Geistes" soll er sein, der Zölibat. Daran halten Bischofskonferenzen zähe fest und plappern nach, was vom Vatikan vorgegeben wird. Von "verbissenen Versuchen", den Papst in die Sache hineinzuziehen, die gescheitert seien, weiß der Vatikan-Sprecher Federico Lombardi zu berichten.

Gemeint war der an Ratzinger gerichtete Vorwurf, er habe 1980 der Aufnahme eines pädophilen Priesters in seine Diözese zugestimmt. Dort wurde der Priester mit Aufgaben betraut, die ihn wieder mit Kindern und Jugendlichen zusammenführten. Es kam neuerlich zu Missbrauchsfällen.

"Wir wollten nicht, dass er den ganzen Tag nichts zu tun hat, außer einer Stunde Therapie", erklärte der ehemalige Generalvikar der Erzdiözese der Süddeutschen Zeitung gegenüber.

Wenn in Klöstern erwachsene Männer "zum wechselseitigen Vergnügen" Sexualgemeinschaften eingehen, regt mich das - von der Regelmäßigkeit abgesehen, mit der hohe kirchliche Würdenträger, die wohl davon wissen, die Homosexualität als Sünde verdammen - nicht auf.

Wenn in Priesterseminaren (wie damals in St. Pölten) erwachsene Männer im Einverständnis (fast) aller Beteiligten homoerotische Feste feiern, ist das zwar auch deren Sache, gibt aber Einsicht, wie junge Männer (überwiegend?) sexuell orientiert sind, die sich vom "Heiligen Geist" mit einem zölibatären Leben "beschenken" lassen wollen. Wenn in einem solchen Milieu reges Interesse an Kinderpornographie besteht, ist das in hohem Maße bedenklich.

Übrigens: Dem Vorwurf, dass aus dem Priesterseminar heraus regelmäßig Kinderpornoseiten aufgerufen wurden, entgegnete der damalige Leiter des Seminars, Regens Küchl, mit dem Verdacht, dass da wohl bösartige Hacker, die der Kirche schaden wollten, am Werk gewesen waren.

MfG B.
MfG B.
Zitieren
#12
Die Pressestimmen sind vernichtend:
n-tv.de/politik/pressestimmen/Der-falsche-Mann-am-falschen-Ort-article773719.html

Die katholische Kirche versucht mal wieder die Strategie des Aussitzens, statt die Probleme endlich anzugehen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
Zitieren
#13
(14-03-2010, 21:39)humanist schrieb: Die katholische Kirche versucht mal wieder die Strategie des Aussitzens, statt die Probleme endlich anzugehen.

Ein Mensch der Kinder schändet glaubt nicht an Gott.
Also ist er im Grunde Atheist.
Und jeder Mensch oder Institution der/die diese Taten deckt oder sogar toleriert ist gleich dem Schänder.
Zitieren
#14
(14-03-2010, 23:27)indymaya schrieb:
(14-03-2010, 21:39)humanist schrieb: Die katholische Kirche versucht mal wieder die Strategie des Aussitzens, statt die Probleme endlich anzugehen.

Ein Mensch der Kinder schändet glaubt nicht an Gott.
Also ist er im Grunde Atheist.
Und jeder Mensch oder Institution der/die diese Taten deckt oder sogar toleriert ist gleich dem Schänder.

Was für eine abstruse Ansicht ist das denn? Abgesehen davon dass die Aussage, ein Pädophiler (Priester) glaube nicht an Gott nie im Leben stimmt, scheinst du hier einen richtig harten - und absolut lächerlichen - Angriff gegen Atheismus zu starten. Denkst du wirklich ein Mensch, der in ein Kloster oder in welche religiöse Institution auch immer geht, ist kein Gläubiger sondern in Wahrheit ein Atheist?
Zitieren
#15
(14-03-2010, 18:58)Bion schrieb: Wenn in Klöstern erwachsene Männer "zum wechselseitigen Vergnügen" Sexualgemeinschaften eingehen, regt mich das - von der Regelmäßigkeit abgesehen, mit der hohe kirchliche Würdenträger, die wohl davon wissen, die Homosexualität als Sünde verdammen - nicht auf.

Wenn in Priesterseminaren (wie damals in St. Pölten) erwachsene Männer im Einverständnis (fast) aller Beteiligten homoerotische Feste feiern, ist das zwar auch deren Sache, gibt aber Einsicht, wie junge Männer (überwiegend?) sexuell orientiert sind, die sich vom "Heiligen Geist" mit einem zölibatären Leben "beschenken" lassen wollen. Wenn in einem solchen Milieu reges Interesse an Kinderpornographie besteht, ist das in hohem Maße bedenklich

absolut

(14-03-2010, 18:58)Bion schrieb: Übrigens: Dem Vorwurf, dass aus dem Priesterseminar heraus regelmäßig Kinderpornoseiten aufgerufen wurden, entgegnete der damalige Leiter des Seminars, Regens Küchl, mit dem Verdacht, dass da wohl bösartige Hacker, die der Kirche schaden wollten, am Werk gewesen waren.

das entspricht dem eindruck, den man leider generell von der behandlung des problems durch die rkk haben muß. wohlfeile äußerungen des bedauerns (herrlich die schlagzeile der taz vom samstag: "Missbrauch: Jetzt auch Papst betroffen"), bitte um vergebung, treuherzige verscherungen, daß sowas nicht wieder vorkommen soll. aber keine bereitschaft, sich der frage zu widmen, inwiefern all dies "bedauernswerte" nicht schon im system angelegt ist oder durch dieses begünstigt wird
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  [geteilt] katholische Apokryphen und Luther Sinai 33 3140 05-09-2023, 15:41
Letzter Beitrag: Ulan
  Katholische Erweckungsgemeinden Sinai 36 27357 01-07-2023, 19:53
Letzter Beitrag: Geobacter
  Die katholische Kirche demokratisieren, aber wie? dalberg 83 121279 12-08-2022, 13:57
Letzter Beitrag: Sinai

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste