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Was ist Würde?
#16
Wie von nidschki richtig erkannt, kann man den "niedersten" Arten Würde zuschreiben. Danach wären alle Tiere "heilig".
Praktisch verhält sich der Mensch jedoch egoistisch und stellt seine Grundbedürfnisse wie Nahrung über die der Tiere.
Könnte die Menschheit ohne tierische Produkte überleben? Der Nahrungsmangel wäre wohl zu hoch.

Theoretisch hat Motte recht, tierisches Leben generell ähnliche Würde wie die des Menschen zu verleihen.
Es ist reine Definitionssache. Der allgemeine Konsens besteht wohl darin, den Verzehr von Nutztieren gutzuheißen,
was nicht richtig sein muss. Natürlich muss man den Tieren dann ein angenehmes Leben bieten - das ist Voraussetzung.

Man muss es wohl doch am Selbstbewusstsein, der höheren Intelligenz (eine Grenze kann man vermutlich ziehen) - die dazu befähigt - und Empfindungsfähigkeit (welche wohl nicht bei allen Arten gegeben ist). Muss es mir leidtun, wenn ich eine Ameise zertrete? Es läuft wohl auf animalischen Eigennutz (Fressen oder gefressen werden) versus den Schutz des würdevollen Lebens hinaus. Die Abwegung ist individuell und kann sich nur im gesellschaftlichen Konsens durchsetzen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#17
(28-02-2010, 14:40)Romero schrieb: Zumindest höhere Säugetiere sind sich sehr wohl ihrer selbst bewusst....

Sie sind sich ihrer bewusst, aber was genau sagt das darüber aus ob sie über sich nachdenken resp. ihr Dasein?


SchmetterMotte schrieb:Ich finds immer wieder unfassbar, wenn Leute immernoch darüber nachdenken müssen, ob Tiere denken und fühlen oder nicht....

Dass Tiere fühlen hat hier - glaube ich - niemand bestritten. Die Frage ist aber schon, wie weit diese Gefühlswelt ausgeprägt ist.

Dass sie denken können, ist nicht mehr so eindeutig. Ich persönlich glaube zwar auch, dass manche Tiere durchaus denken können, aber bewiesen ist das nicht, oder?
Sprache ist nur dem Menschen eigen. Wenn ich mir in Gedanken etwas vorstelle, dann meistens, indem ich mit mir selbst rede - wie Tiere also denken, ist nicht so einfach zu klären.
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#18
Es scheint grundsätzlich die Frage offen zu bleiben ob Würde nur für den existiert der sich seiner auch bewusst ist, also eigentlich nur der Mensch, oder ob Würde ein vom Menschen erfundes Attribut ist um Dinge nach ihrem Wert zu klassifizieren. Also dass eventuell höhere Säugetiere eine Würde haben, niedere nicht. Oder das generell Leben eine Würde hat und unbelebtes nicht. Das erste würde darauf hinauslaufen, dass jedes Wesen welches sich seiner Würde bewusst ist diese auch hat. Das zweite dass der Mensch anscheinend wahllos Dingen Würde zu- und absprechen kann, hier eventuell im Zusammenhang mit dem Nutzen der sich für den Menschen ergibt. Oder ist Würde vieleicht etwas, das automatisch jedem Leben anhaftet?
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#19
(28-02-2010, 16:19)Gundi schrieb: Es scheint grundsätzlich die Frage offen zu bleiben ob Würde nur für den existiert der sich seiner auch bewusst ist, also eigentlich nur der Mensch, oder ob Würde ein vom Menschen erfundes Attribut ist um Dinge nach ihrem Wert zu klassifizieren. Also dass eventuell höhere Säugetiere eine Würde haben, niedere nicht. Oder das generell Leben eine Würde hat und unbelebtes nicht. Das erste würde darauf hinauslaufen, dass jedes Wesen welches sich seiner Würde bewusst ist diese auch hat. Das zweite dass der Mensch anscheinend wahllos Dingen Würde zu- und absprechen kann, hier eventuell im Zusammenhang mit dem Nutzen der sich für den Menschen ergibt. Oder ist Würde vieleicht etwas, das automatisch jedem Leben anhaftet?

Sehr richtig. Der Mensch befindet sich in der einmaligen Situation, anderen Lebewesen Würde zuschreiben zu können. Damit erhebt er sich über die primitiven Gesetze des Tierreichs.
Sollte er dann aber sein Privileg nicht nutzen, und auch Tieren ähnliche Rechte zuweisen?
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#20
(28-02-2010, 16:28)humanist schrieb: Sehr richtig. Der Mensch befindet sich in der einmaligen Situation, anderen Lebewesen Würde zuschreiben zu können. Damit erhebt er sich über die primitiven Gesetze des Tierreichs.
Sollte er dann aber sein Privileg nicht nutzen, und auch Tieren ähnliche Rechte zuweisen?

Wenn wir ihnen Würde zuschreiben, müssen wir ihnen natürlich auch ein würdevolles Leben ermöglichen.
Aber ist das was wir Tieren zuschreiben überhaupt Würde? Ist es nicht viel mehr ein Wert? Abhängig von dem Nutzen uns gegenüber?
Kann ein Organismus der sich seiner Würde nicht bewusst ist, überhaupt Würde haben, oder ist Würde eher etwas das mit dem Bewusstsein der eigenen Existenz und der eigenen Bedeutung einhergeht?
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#21
Nun, dafür muss man ergründen, warum man Lebewesen überhaupt Würde zuschreiben möchte.
Man möchte das Wesen vor einem grausamen und ungerechten Leben schützen. Bei dem Menschen würde man sagen ein "menschenwürdiges Leben". Ist das jetzt aber bei einer Ameise überhaupt nötig?

Wir sprechen ja nur über Tiere, die vom Menschen ausgebeutet und domestiziert werden. Tiere, die in der freien Wildbahn leben, unterliegen ohnehin den grausamen Gesetzen der Natur. Führt ein Schwein, das nur für den Verzehr durch den Menschen lebt (was allein noch kein Argument ist), ein schlechteres Leben als in der Natur? Der größte Kritikpunkt ist vermutlich der Freihheitsentzug und der Entzug der freien Lebensweise. Ansonsten unterdrückt man das Tier ja nicht, da es sich ohnehin nicht weiterentwickeln kann und zu geistigen Ergüssen fähig ist.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#22
Ich möchte im Hinblick auf SchmetterMottes Einwand darauf hinweisen, dass "Würde" ein menschliches Urteil, also ein sprachlicher Konsens ist. Es kommt überhaupt nicht darauf an, wie das Wesen oder gar das Ding ist, welches in dieser Weise beurteilt wird. Sondern es kommt allein auf den Konsens in der menschlichen Gesellschaft bezüglich der Anwendungsfälle an. Das mag nicht gar so offensichtlich sein, aber letzten Endes ist die Verwendung des Begriffes eine Sache der Gewöhnung.
Die gute Behandlung von Tieren oder, was dasselbe ist, die Zumessung von Würde, bedeutet eine Haltung gegenüber Schwächeren "in unserer Hand". Wieviel Willkür gestattet sich die Gesellschaft, und wo hat sie eine Grenze?
Für "würdevolle" Naturgegenstände oder Bauwerke gilt übrigens das Gleiche.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#23
(28-02-2010, 20:38)Ekkard schrieb: Ich möchte im Hinblick auf SchmetterMottes Einwand darauf hinweisen, dass "Würde" ein menschliches Urteil, also ein sprachlicher Konsens ist. Es kommt überhaupt nicht darauf an, wie das Wesen oder gar das Ding ist, welches in dieser Weise beurteilt wird. Sondern es kommt allein auf den Konsens in der menschlichen Gesellschaft bezüglich der Anwendungsfälle an. Das mag nicht gar so offensichtlich sein, aber letzten Endes ist die Verwendung des Begriffes eine Sache der Gewöhnung.

Die Verwendung des Begriffes mag durchaus eine Sache der Gewöhnung sein. Dies sagt aber nicht das Würde ausschließlich ein menschliches Urteil bedeutet. Denn gerade bei Kant ist es anscheinend kein menschliches Urteil sondern in der Freiheit der Erkennung des "Sittengesetzes" begründet. Würde hat daher jeder Mensch, aber eben nicht die Tiere. Und der Mensch kann laut Kant diesen auch keine Würde geben.
Für ihn ist Würde daher kein gesellschaftlicher Konsens, sondern jedem Mensche innewohnend.
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#24
(28-02-2010, 21:19)Gundi schrieb: Für ihn (Kant) ist Würde daher kein gesellschaftlicher Konsens, sondern jedem Menschen innewohnend.
So beschrieben, müsste Würde eine objektiv, also durch Messung (oder sonstige Prüfung) für jedermann feststellbare Eigenschaft sein. Als Beispiel sei die spektrale Verteilung der Hautfarbe genannt, deren Summeneigenschaft wir "weiß", "braun", "bronze" oder "schwarz" nennen.
Prüfbar wäre zum Beispiel das Vorhandensein eines Zentralnervensystems mit besonders leistungsfähigem Gehirn. Aber "Würde" ist doch damit nicht gleichbedeutend - auch nach Kant oder Schiller nicht, sondern mit bestimmten Schaltzuständen, die einem anderen Wesen gelten. Also bewegen wir uns im Bereich der "Software" und damit bei Vorstellungen, die trainiert werden und damit definitionsgemäß "flexibel" und von Individuum zu Individuum verschieden sind.

Ich sehe immer noch nicht, wie daraus die "objektive Eigenschaft" eines Menschen, eines sonstigen Wesens oder von Baudenkmälern werden soll. Wohlgemerkt: eine Eigenschaft der Dinge selbst und nicht eine Denkweise des Menschen über Dinge. (Ich nannte dies ein "Urteil".)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#25
(28-02-2010, 22:23)Ekkard schrieb: Ich sehe immer noch nicht, wie daraus die "objektive Eigenschaft" eines Menschen, eines sonstigen Wesens oder von Baudenkmälern werden soll. Wohlgemerkt: eine Eigenschaft der Dinge selbst und nicht eine Denkweise des Menschen über Dinge. (Ich nannte dies ein "Urteil".)

Ich würde Kant so verstehen, dass einfach die Eigenschaft der Fähigkeit des Erkennens des Sittendesetzes als Würde benannt wird. Das der Begriff "Würde" einfach diese Fähigkeit beschreibt (nach Kant). Und jeder der diese Fähigkeit besitzt eben im Besitz von Würde ist, da Würde gleich dieser Fähigkeit ist. Da Tiere diese Fähigkeit nicht haben, haben sie laut Kant auch keine Würde. Daraus ergibt sich das objektive, da diese Fähigkeit prinzipiell jeder Mensch hat.
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#26
Ja selbstverständlich hängt der Begriff "Würde" davon ab, wie wir - als "Schöpfer der Würde" - andere Lebewesen sehen. Lebewesen die für uns einen Nutzen haben oder niedlich/schön/majestätisch anzuschauen sind (interessanterweise meist auch Wirbeltiere wie wir), werden eher als "würdevoll" erachtet, als Tiere vor denen wir uns Beispielsweise ekeln (meist Insekten, Wirbellose).

Würde an sich ist natürlich nicht unbedingt ein "Schutz vor uns" für diese Tiere. Es gilt bzw. galt je nach Kulturkreis als sehr "ehrenhaft" ein besonders "würdevolles" Tier zu erlegen (Hirsch mit grossem Geweih, mächtiger Löwe etc.etc.) und es irgendwo auszustopfen - was ich persönlich nicht als sehr würdevoll betrachte.

Jedenfalls wird dich heute niemand in den Knast werfen, wenn du einer Fliege die Flügel rausreisst. Hingegen wenn du einer Katze die Beine ausreisst schon. Hoffe ich zumindest.
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#27
(27-02-2010, 20:00)Gundi schrieb: mich würde mal interessieren was ihr unter dem Begriff "Würde" versteht? Und wer alles Würde hat? Besitzt jedes Lebewesen eine Würde? Oder auch die unbelebte Natur? Ist die Würde des Menschen höher einzustufen als die von Tieren da er sich seiner bewusst ist? Ermöglicht vieleicht erst Gott eine Würde? Woher kommt die Würde ohne Gott?

"würde" kommt imho von "wert". d.h., sie drückt den wert aus, den man jemand (oder etwas) in bezug auf eine bestimmte eigenschaft zuweist

ein athlet etwa, der nach mühevollem training in einem spannenden wettkampf erster geworden ist, ist ein "würdiger sieger" - wir anerkennen den wert seines siegs. wird er des dopings überführt, so gilt er als der siegermedaille "unwürdig" - wir ordnen ihr keinen wert mehr zu, weil er sie sich erschlichen hat

ein mensch strahlt würde aus (tritt "würdevoll" auf), wenn er die von ihm selbst verkündeten werte glaubhaft verkörpert. dennoch ist diese "würde" weniger eine intrinsische eigenschaft der person als daß sie dieser zugeschrieben wird. "würde" existiert nur dort und insofern, wo und als sie von der "würdigenden" gruppe zugeschrieben wird

ein schönes beispiel dafür ist auch das grundgesetz:

die würde des menschen ist unantastbar

dies ist nicht etwa die durch irgendetwas belegte feststellung einer tatsache (wie sich an zahlreichen historischen beispielen zeigen läßt, insbesondere in der jüngeren deutschen geschichte), sondern eine aufforderung, ein ziel:

wir als verfassunggebende versammlung ordnen dem menschen einen wert an sich zu, aus dem unantastbare rechte folgen, die nicht etwa gesellschaftlichen oder sonstigen nutzüberlegungen folgen (so hat eben auch der kriminelle seine unantastbare würde, obwohl ihm aus praktischen gründen viele bürgerrechte entzogen werden)

"würde" hat keine andere legitimation als die, daß und inwiefern sie zugestanden wird. auch die berufung auf "gott" oder andere transzendente instanzen ändert daran nichts bzw. hilft da nicht weiter in sachen einer legitimation dieses anspruchs
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#28
Ich empfehle ganz ordinär mal einen Blick in Wikipedia. Imho war und ist Menschenwürde immer ein Arbeits- und Kampfbegriff, eigens dafür geschaffen, um daraus Rechte ableiten zu können - und auch die Grenzen derselben zu definieren.
Laut Wikipedia erster Schritt der Würde: als "Ebenbild Gottes" (bzw. der Götter) - läßt sich natürlich auch so auslegen, daß nur derjenige, der an diesen Gott /diese Götter glaubt (und diesen Glauben auch in der jeweils "richtigen" Art darbringt), Menschenwürde (und die daraus folgenden Rechte) besitzt - jeder andere darf nach wie vor versklavt, gefoltert, umgebracht werden etc...
Schritt 2 - Altes Rom: Würde ist nichts automatisches, sondern muß vom römischen Staatsbürger "verdient" werden - die Ausschlüsse liegen auf der Hand: z. B. kein römischer Staatsbürger (das römische Imperium war ein Sklavenhalterstaat! Und "Barbaren" sprich Nicht-Römer die Hauptquelle für die notwendigen Arbeitssklaven - Nicht-Römern wurde wohl kaum je so etwas wie Würde zuerkannt, außer es handelte sich um Personen, die selbst den Römern Respekt einflößten - Arminius, Hannibal & Co.), und der "Plebs", der - zumindest nach Ansicht mancher Patrizier - kaum besser war als die Sklaven (die Plebejer sahen das natürlich anders und machten Zwergenaufstand... Wikipedia!). Außerdem kann nach römischem Verständnis diese erworbene Würde jederzeit auch wieder aberkannt werden, etwa indem eine bislang freie Person versklavt wird oder sich sonstwie "unwürdig" verhält. - Ob Ciceros Ansichten über die sogenannte "natürliche Würde" in der römischen Philosophie geteilt wurden, läßt sich nicht so auf Anhieb sagen, angesichts der Verhältnisse im römischen Imperium (mit Sklavenhaltertum, gnadenlosen Kriegszügen, Massenhinrichtungen von Gegnern etc.) wohl eher nicht, und selbst diese "natürliche Würde" kann zumindest lt. Cicero verloren gehen (etwa wenn die genannte Bedingung "Vernunft" als Unterscheidung zum Tier fehlt - bei Geistesgestörten...)

Danach... lange Zeit Funkstille. Das "christliche" Mittelalter weiß offenbar nix von Menschenwürde. Vielleicht hat ja der eine oder andere fromme Mönch in seiner Klause erbauliche Traktate darüber verfaßt - aber Öffentlichkeitsarbeit oder Breitenwirkung in der Bevölkerung - Fehlanzeige.
Los geht´s erst wieder mit der Aufklärung. Und warum? Weil die Väter der Aufklärung dem "gemeinen Menschen", sprich dem Bauern auf dem Feld, der Wäscherin, dem Tagelöhner oder kleinen Handwerker, eine Waffe (siehe oben - Kampfmittel!) gegen die (Vor-)Rechts- und Machtansprüche der herrschenden Schichten, sprich Adel und Klerus, in die Hand geben wollten! - Was sich letztlich äußerte z. B. in einem Verbot von Sklaverei/Leibeigenschaft, Folter als Teil von Gerichtsverfahren, ungerechten weil unbeweisbaren Anklagen (Hexerei!), aber auch so ordinären Dingen wie etwa der Abschaffung von Entlastungen/Totalbefreiungen von Adel und Klerus bei Steuerzahlungen...
man muß ganz klar sagen, daß ohne den scheinbaren "Gummiparagraph" der Menschenwürde der Rest der Menschenrechte gar nicht durchsetzbar gewesen wäre.
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#29
(01-03-2010, 11:44)Romero schrieb: Ja selbstverständlich hängt der Begriff "Würde" davon ab, wie wir - als "Schöpfer der Würde" - andere Lebewesen sehen. Lebewesen die für uns einen Nutzen haben oder niedlich/schön/majestätisch anzuschauen sind (interessanterweise meist auch Wirbeltiere wie wir), werden eher als "würdevoll" erachtet, als Tiere vor denen wir uns Beispielsweise ekeln (meist Insekten, Wirbellose).

Mich würde interessieren ob das was wir Tieren zugestehen denn wirklich Würde ist? Ist der Wert den ich etwas zuschreibe wirklich gleichzusetzen mit Würde?
Die verschiedensten Quellen geben die verscheidensten Definitionen von Würde an. Neben den hier häufig vorgebrachten findet man häufig welche wie die im Lexikon der Philosophie:

"Als Würde oder Menschenwürde bezeichnet man einen sozialen, inneren, sittlichen Wert der Persönlichkeit und auch das Verhalten im dem Wissen um diesen Wert. Dabei ist die Bezeichnung Würde vorzuziehen, da sie weniger anthropozentrisch ist."

Also einen inneren Wert und das Wissen darum.

Das sind ja doch schon recht unterschiedliche Definition von Würde. Einmal vom Menschen gemacht und vom Menschen auf andere Lebewesen, Dinge, Handlungen etc. anwendbar (wie anscheinend die meisten User hier der Meinung sind) oder Würde als Wert dessen man sich bewust sein muss um Würde zu haben.

Wie passt das eurer Meinung nach zusammen?
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#30
(01-03-2010, 20:40)Gundi schrieb: Mich würde interessieren ob das was wir Tieren zugestehen denn wirklich Würde ist? Ist der Wert den ich etwas zuschreibe wirklich gleichzusetzen mit Würde?

Wenn du es so definierst schon, oder? Würde ist ein menschengemachter Begriff.

Zumindest im Schweizer Tierschutzgesetz ist folgendes zu lesen:

Tierschutzgesetz
(TSchG)
vom 16. Dezember 2005 (Stand am 1. September 2008)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 80 Absätze 1 und 2 sowie 120 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 20022,

beschliesst:


Zitat:Art. 1 - Zweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen.

Hier ist also explizit von Würde die Rede.


Zitat:Art. 2 - Geltungsbereich
1 Das Gesetz gilt für Wirbeltiere. Der Bundesrat bestimmt, auf welche wirbellosen Tiere es in welchem Umfang anwendbar ist. Er orientiert sich dabei an den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Empfindungsfähigkeit wirbelloser Tiere.

2 Vorbehalten bleiben das Jagdgesetz vom 20. Juni 19861, das Bundesgesetz vom 1. Juli 19662 über den Natur- und Heimatschutz, das Bundesgesetz vom 21. Juni 19913 über die Fischerei, das Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 20024 sowie das Tierseuchengesetz vom 1. Juli 19665.

Das Gesetz gilt in erster Linie für Wirbeltiere. Siehe dazu meinen Beitrag Nr. 26



Zitat:Art. - 4 Grundsätze

Wer mit Tieren umgeht, hat:

a.
ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen; und
b.
soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen.
2 Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten.

3 Der Bundesrat verbietet weitere Handlungen an Tieren, wenn mit diesen deren Würde missachtet wird.

Auch hier beachte man Adjektive wie unnötig und ungerechtfertigt. Es werden also durchaus Ausnahmen gemacht. Dies ist natürlich auch bei Menschen so. Wenn ein Mensch ein Verbrechen begeht wird auch er u.U. in seinen Rechten (Recht auf Freiheit) beschnitten, was durchaus als Beschneidung der Würde betrachtet werden könnte. Allerdings wird bei Tieren - denke ich - ein anderer Massstab angesetzt. Theoretisch kannst du immer noch deinen Ackergaul übers Feld jagen bis er umkippt.

Auch interessant in dem Zusammenhang ist Artikel 17:

Zitat:Art. 17 - Beschränkung auf das unerlässliche Mass
Tierversuche, die dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen, sein Allgemeinbefinden erheblich beeinträchtigen oder seine Würde in anderer Weise missachten können, sind auf das unerlässliche Mass zu beschränken.







(01-03-2010, 20:40)Gundi schrieb: Die verschiedensten Quellen geben die verscheidensten Definitionen von Würde an. Neben den hier häufig vorgebrachten findet man häufig welche wie die im Lexikon der Philosophie:

"Als Würde oder Menschenwürde bezeichnet man einen sozialen, inneren, sittlichen Wert der Persönlichkeit und auch das Verhalten im dem Wissen um diesen Wert. Dabei ist die Bezeichnung Würde vorzuziehen, da sie weniger anthropozentrisch ist."

Also einen inneren Wert und das Wissen darum.

Das sind ja doch schon recht unterschiedliche Definition von Würde. Einmal vom Menschen gemacht und vom Menschen auf andere Lebewesen, Dinge, Handlungen etc. anwendbar (wie anscheinend die meisten User hier der Meinung sind) oder Würde als Wert dessen man sich bewust sein muss um Würde zu haben.

Wie passt das eurer Meinung nach zusammen?


Würde wird im schweizerischen Tierschutzgesetz folgendermassen definiert:

Zitat:Art. 3 - Begriffe
In diesem Gesetz bedeuten:

a.
Würde: Eigenwert des Tieres, der im Umgang mit ihm geachtet werden muss. Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn eine Belastung des Tieres nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann. Eine Belastung liegt vor, wenn dem Tier insbesondere Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, es in Angst versetzt oder erniedrigt wird, wenn tief greifend in sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten eingegriffen oder es übermässig instrumentalisiert wird;

b.
Wohlergehen: Wohlergehen der Tiere ist namentlich gegeben, wenn:
1.
die Haltung und Ernährung so sind, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört sind und sie in ihrer Anpassungsfähigkeit nicht überfordert sind,
2.
das artgemässe Verhalten innerhalb der biologischen Anpassungsfähigkeit gewährleistet ist,
3.
sie klinisch gesund sind,
4.
Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst vermieden werden;

Achtung, interessant: "Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn eine Belastung des Tieres nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann."

"Überwiegende Interessen" wird nicht genauer definiert.


Fazit: Die Rechtslage ist etwas schwammig und lässt Spielraum. Aber der Begriff "Würde" wird genau definiert und zumindest dem Wirbeltier auch zugestanden. Ich gebe aber zu nicht alle 46 Artikel des TSchG gelesen zu haben. Womöglich habe ich ja was entscheidendes übersehen.


Als Vergleich, Artikel 7 der Schweizerischen Bundesverfassung:

Zitat:Art. 7 - Menschenwürde
Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.

Ausserdem ist in Artikel 119.2 von Menschenwürde die Rede:

Zitat:Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie

Sowie 119a

Zitat:Der Bund erlässt Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Gesundheit.

In Artikel 120 ist noch was über "Würde der Kreatur" zu lesen, da gehts um den Umgang mit Keim- und Erbut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen.

Ansonsten ist von Würde nichts zu lesen in der BV. Eine explizite Definition wie im Tierschutzgesetz existiert auch nicht, es sei denn man nimmt die darauffolgenden Artikel der Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele als Definition der Menschenwürde.
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