Noetik

[humanist]

Eigentlich müsste das in einen Wissenschaftsbereich im Forum. Da der fehlt, passt es hier noch am besten.

In der Zeitschrift P.M. März 2010 handelt das Titelthema von der angeblich jungen Grenzwissenschaft Noetik. Nachdem ich mir den Artikel durchgelesen hatte, kam mir die Vermutung, dies sei ein April-Scherz.

Kennt sich jemand damit aus? Noetik versucht wohl Quantenphysik mit Bewusstseinsforschung zusammen zu bringen. Dass Geist und Materie verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen (Stichwort auch Nullpunkt-Feld).
Die genannten Experimente kommen mir nicht sehr beweiskräftig vor, auch wenn sie recht zahlreich sind. Da wird zuviel hineininterpretiert und zuwenig fundiert gewusst.

Ekkard, kannst du was dazu sagen?

[elwaps]

Bevor man ein solches Wissenschaftsfel eröffnet sollte man zunächst einmal
belegen (oder zumindest starke Indizien haben), dass es soetwas wie einen
"Geist" gibt. Bis zu diesem Punkt dürfte die Noetik bestenfalls eine
Pseudowissenschaft sein.

[Ekkard]

Noetic scheint auf Dan Brown zurück zu gehen, und der macht wahrscheinlich Anleihen bei dem von Edgar Mitchell gegründeten Institute of Noetic Science. "Noetik" meint das ganzheitliche, geistige Erfassen von Zusammenhängen. In der Tat ist damit ein Zusammenhang zwischen Geist (Bewusstsein) und Materie gemeint.

Ein Aprilscherz ist die ganze Angelegenheit wohl nicht, weil sie bereits in Wikipedia unter "Nous" und anderswo beschrieben ist.

Geist - Quantenphysik
Diesen direkten Zusammenhang kann niemand ausschließen.

Allerdings halte ich unseren Geist (das Zusammenspiel der verschiedenen Körper- und Gehirnfunktionen vom Automatischen, Unbewussten bis hin zum Bewusstsein) für ein klassisches Phänomen. Die dort geregelten Angelegenheiten haben die Aufgabe, uns das Überleben zu sichern; d. h. "angemessen" auf Umweltreize zu reagieren.

Das nachrichtentechnische, elektronische Rauschen von den Molekülen aus unserer Umgebung gehört definitiv nicht dazu. Zumal deshalb nicht, weil wir keine Empfänger für fernes Infrarot (Molkularschwingungen) besitzen. Dies hat einen guten Grund: Während unsere Moleküle umgebaut werden (Stoffwechsel), erzeugen sie eine Unmenge von IR-Signalen. Ein Empfänger dieser Wellenlängen müsste schon sehr gut gekühlt sein.

Auch das Nutzen von quantenphysikalischen Verschränkungen weit entfernter Moleküle (oder sonstiger Teilchen) käme aus gleichem Grund nicht infrage. Denn das thermische Rauschen koppelt an solche Systeme irgendwann an - spätestens an unserer Körperoberfläche - und hebt die Verschränkung auf.

Ich bin sehr skeptisch und pessimistisch, was solche Fernübertragungen angeht.

Der Gedanke ist natürlich faszinierend. Allein, ihm fehlt - jedenfalls derzeit - die physikalische Grundlage. Das heißt natürlich nicht, dass man Experimente dieser Art nicht machen soll. Nur stimmt - zur Zeit jedenfalls - ihre Erklärung nicht, vorausgesetzt, die Ergebnisse sind objektivierbar.

[Ekkard]

Bevor man ein solches Wissenschaftsfel eröffnet sollte man zunächst einmal belegen (oder zumindest starke Indizien haben), dass es soetwas wie einen "Geist" gibt.

Ich denke, das ist eher ein semantisches Problem. Das, was wir gemeinhin als Geist bezeichnen ist ein System sich selbst regelnder und rückgekoppelter Funktionen unseres Körpers (oder der höherer Tiere). Diese wirken ständig auf ein Selbstbildnis (die Ich-Tradition) ein, das in jedem Augenblick sich selbst zu bestätigen vermag.

Zu welchen Ziselierungen solche selbstbezüglichen Systeme in der Lage sind, zeigen mehrdimensionale Fraktale, wie sie im neuesten Heft von SPEKTRUM dargestellt sind. (Und das sind nur ganz simple Konstrukte, die von jeder biologischen Funktion an Komplexität locker in den Schatten gestellt werden!) Ich zweifle nur an der Ferneinwirkung auf dieses System (mein voriger Beitrag).