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Lukas 2,1-3, Steuerschätzung
#1
helmut schrieb:
helmut schrieb:Da Lukas vom ersten Mal schreibt, in der Quirinius Statthalter war, ist klar, dass er eine Zählung in der Zeit meint, in der Qurinius das Imperium über einen guten Teil der syrischen Legionen hatte (wenn er auch nicht Legal von Syrien war, wie Lukas anzunehmen scheint), sprich: zur Zeitpunkt des Feldzugs gegen die Homadenser.
Um genau zu sein: er schrieb von der ersten Zählung zur Zeit des Quirinius. D.h. wer kennt zwei, und damit ist klar, dass ... (siehe oben).

Lukas 2,1-3:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

…, dass alle Welt geschätzt würde.

Von einer reichsweiten Steuerschätzung unter Augustus ist in außerchristlichen Quellen nichts bekannt. Offenbar war für Lukas die reichsweite Steuerschätzung aus den Jahren 74/75 nC Vorlage für seine Behauptung.
MfG B.
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#2
(02-05-2010, 10:38)Bion schrieb:
helmut schrieb:
helmut schrieb:Da Lukas vom ersten Mal schreibt, in der Quirinius Statthalter war, ist klar, dass er eine Zählung in der Zeit meint, in der Qurinius das Imperium über einen guten Teil der syrischen Legionen hatte (wenn er auch nicht Legal von Syrien war, wie Lukas anzunehmen scheint), sprich: zur Zeitpunkt des Feldzugs gegen die Homadenser.
Um genau zu sein: er schrieb von der ersten Zählung zur Zeit des Quirinius. D.h. wer kennt zwei, und damit ist klar, dass ... (siehe oben).

Lukas 2,1-3:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

…, dass alle Welt geschätzt würde.

Von einer reichsweiten Steuerschätzung unter Augustus ist in außerchristlichen Quellen nichts bekannt. Offenbar war für Lukas die reichsweite Steuerschätzung aus den Jahren 74/75 nC Vorlage für seine Behauptung.

Das kann man auch anders sehen. Eine außerbiblische Quelle wäre z.B. Josephus Falvius.

Hierzu mal ein paar interessante Punkte:
Da Jesus zur Zeit der Herrschaft von Herodes dem Großen geboren wurde, letzterer aber im März oder April im Jahre 4 v. Chr. starb, liegt der Zeitpunkt der Geburt Jesu höchstwahrscheinlich zwischen 6 bis 4 v.Chr. Genau weiß es niemand.

Aber erst im Jahre 6 n.Chr. setzte Kaiser Augustus den Herodessohn Archelaos als Volksherrscher von Judäa ab, verbannte diesen und setzte P. Sulpicius Quirinius als Statthalter von Syrien ein. Josephus Falvius schreibt hierzu:

„Quirinius also, einer von den römischen Senatoren, der übrigens alle öffentlichen Ämter bereits bekleidet hatte und wegen seiner ehrenvollen Stellung großen Einfluss besaß, kam auf Geheiß des Caesars mit wenigen Begleitern nach Syrien, teils um Gerichtssitzungen abzuhalten, teils um die Vermögensschätzung vorzunehmen. Zugleich mit ihm wurde Coponius, ein Mann ritterlichen Standes, zurWahrnehmung der höchsten Gewalt in Judäa abgeschickt. Bald fand sich nun Quirinius auch in Judäa ein, das mit Syrien verbunden war, um hier ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des Archelaus zu verkaufen.”

All das berichtet uns der jüdische Historiker Josephus (Ant. 18,1,1 u. Bell. 2,8,1). Auf einen Zensus in Syrien verweist auch eine in Apamea am Orontes gefundene Grabinschrift des Präfekten Q. Aemilius Secundus, die sowohl Quirinius als kaiserlichen
Legaten als auch einen Zensus unter ihm (!) erwähnt (Dessau 2683). Zu Qurinius siehe den Artikel Sulpicius von M. Horster in der PIR2, Bd. VII 2 (2006), S. 373-375.

Zitat und Quellennachweis entstammt dem Aufsatz „Überlegungen zum Zensus des Quirinius“ von H.-M. Zilling,


Nach Josephus besetzte Quirinius folglich Judäa im Jahre 6/7 n.Chr. und nahm eine Provinzschätzung im Auftrag des Augustus vor. Von einem weltweiten Zensus berichtet er nicht. Aber immerhin gab es eine Zählung. Das Problem ist nur: Sie fand 10 Jahre nach der Geburt Jesu statt.

Ein Apolloget namens Tertullian korrigierte bereits in der Antike die Angaben nach Lukas, indem er schreibt, dass die bei Lukas erwähnte Volkszählung bereits im Jahre 8-4 v.Chr. unter dem Statthalter Sentius Sartinius stattfand. Der Zeitraum würde passen, nur der Statthalter nicht. Die Statthalterschaft des Sartinius wird von Josephus bestätigt, allerdings weiß Josephus wiederum nichts von einer Volkszählung. Zumindest berichtet er nichts darüber.

Vielleicht kann das die Antwort sein:

„Dieses Problem ließe sich lösen, wenn - was eine umstrittene in
Tibur Tivoli gefundene Inschrift vielleicht belegt - Quirinius zweimal
Statthalter von Syrien gewesen wäre:20 Einmal in der Endphase der
Herodesherrschaft und ein zweites Mal 6/7 n.Chr. Nun ist es aber
ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Statthalter von Syrien im
Königreich des Herodes überhaupt einen Zensus abhalten und demzufolge
auch Steuern hätte einziehen können. Es scheint zumindest so,
also ob die Römer zunächst auf das Prinzip der indirekten Herrschaft
gesetzt haben. Entsprechend findet erst nach Absetzung des Archelaos
der erste Provinzzensus statt, weil Judäa jetzt richtig provinzialisiert
wird.21 Denkbar wäre allerdings, dass Rom, als das Ende der Regierungszeit
des Herodes abzusehen war, den syrischen Statthalter oder
einen Legaten mit kaiserlichem Sondermandat für einen Zensus (Quirinius?)
entsandte, um auf dem herodischen Gebiet eine Art Vorzensus
durchzuführen.22 Dieser sollte einen Überblick verschaffen und auf
eine eventuelle spätere Provinzialisierung vorbereiten. Das könnte
eine mögliche Tradition von Lk 1,5 und 2,2-3 sein. Nun würden die
chronologischen Angaben passen. Jesus ist dann wahrscheinlich „in
den Tagen“ des Königs Herodes geboren.23“

20CIL XIV 3613; siehe dazu die Zusammenfassung der Forschungskontroverse über
die Frage, auf wen sich die verstümmelte Inschrift bezieht (auf Quintilius Varus oder auf
Sulpicius Quirinius) bei Fox, Robin Lane, The unauthorized Version. Truth and Fiction
in the Bibel, London 1991, S. 28ff.
21Ant. 18,1; vgl. Apg. 5,37. LK 2,2.
22Brindle,Wayne A., The Census and Quirinius: Luke 2,2, Journal of the Evangelical
Theological Society 27 (1984), S. 43-52, hat einen etwas gezwungenen Übersetzungsvorschlag
gemacht, wonach der „erste Zensus“ bei Lukas eigentlich der „frühere Zensus“
vor dem Zensus des Quirinius bedeute.
23Was sich auch mit Mt 2,1 verträgt; vgl. Lk 3,23 gibt an, Jesus sei etwa 30 Jahre alt
gewesen, als Johannes ihn taufte und er öffentlich zu wirken begann. Letzterer ist
bekanntermaßen vor Jesus, im 15. Regierungsjahr des Tiberius und damit 28/29 n.Chr.
(Lk. 3,1), aufgetreten. Diese Angaben lassen sich mithin harmonisieren und sprechen
für einen frühen Geburtstermin noch unter Herodes

Zitat und Quellennachweise aus o.g. Aufsatz

Einen zweifelsfreien Beweis, den gibt es natürlich nicht. Es wäre aber möglich.
Der besagte Aufsatz ist zu finden : hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/id=853&type=diskussionen

und kann dort auch als pdf-Datei heruntergeladen werden.
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)
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#3
(02-05-2010, 13:16)Mensch1972 schrieb:
(02-05-2010, 10:38)Bion schrieb:
helmut schrieb:
helmut schrieb:Da Lukas vom ersten Mal schreibt, in der Quirinius Statthalter war, ist klar, dass er eine Zählung in der Zeit meint, in der Qurinius das Imperium über einen guten Teil der syrischen Legionen hatte (wenn er auch nicht Legal von Syrien war, wie Lukas anzunehmen scheint), sprich: zur Zeitpunkt des Feldzugs gegen die Homadenser.
Um genau zu sein: er schrieb von der ersten Zählung zur Zeit des Quirinius. D.h. wer kennt zwei, und damit ist klar, dass ... (siehe oben).

Lukas 2,1-3:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

…, dass alle Welt geschätzt würde.

Von einer reichsweiten Steuerschätzung unter Augustus ist in außerchristlichen Quellen nichts bekannt. Offenbar war für Lukas die reichsweite Steuerschätzung aus den Jahren 74/75 nC Vorlage für seine Behauptung.

Das kann man auch anders sehen. Eine außerbiblische Quelle wäre z.B. Josephus Falvius.

Bei Josephus steht allerdings nichts, was auf einen (von Lukas behaupteten) allgemeinen Zensus hindeuten könnte!

Josephus berichtet wie Du ja auch zitiert hast:

Quirinius also,…, kam auf Geheiß des Cäsars mit wenigen Begleitern nach Syrien, teils um Gerichtssitzungen abzuhalten, teils um die Vermögensschätzung vorzunehmen. […]
Bald fand sich Quirinius auch in Judäa ein, das mit Syrien verbunden war, um hier ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des Archelaus zu verkaufen. (Ios. ant XVIII, 1-2)


Ob damit eine regionale Steuerschätzung gemeint oder einfach nur das Vermögen des Archelaus erfasst worden war, lässt sich nicht sagen.

Wenn man die Geburt Jesu zwischen 6-4 vC annimmt, wäre er zum Amtsantritt des Quirinius in Syrien zehn oder zwölf Jahre alt gewesen.

Mensch1972 schrieb:„Dieses Problem ließe sich lösen, wenn - was eine umstrittene in Tibur Tivoli gefundene Inschrift vielleicht belegt - Quirinius zweimal Statthalter von Syrien gewesen wäre:20 Einmal in der Endphase der Herodesherrschaft und ein zweites Mal 6/7 n.Chr. Nun ist es aber ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Statthalter von Syrien im Königreich des Herodes überhaupt einen Zensus abhalten und demzufolge auch Steuern hätte einziehen können.

Die Inschrift ist in der Tat umstritten! Und dass Qurinius zweimal Statthalter in Syrien gewesen wäre und zur Zeit des Herodes (d. Gr.) einen Zensus hätte anordnen können, ist, wie ohnehin angemerkt, ausgesprochen unwahrscheinlich!

Dazu in Theissen/Merz: Der historische Jesu, S. 149, Fußnote 6:

Die Amtsinhaber der letzten Regierungsjahre des Herodes (10-4 vC) sind bekannt, sodass eine frühere Statthalterschaft des Quirinius ausgeschlossen werden kann.
MfG B.
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#4
(02-05-2010, 14:34)Bion schrieb:
(02-05-2010, 13:16)Mensch1972 schrieb:
(02-05-2010, 10:38)Bion schrieb:
helmut schrieb:
helmut schrieb:Da Lukas vom ersten Mal schreibt, in der Quirinius Statthalter war, ist klar, dass er eine Zählung in der Zeit meint, in der Qurinius das Imperium über einen guten Teil der syrischen Legionen hatte (wenn er auch nicht Legal von Syrien war, wie Lukas anzunehmen scheint), sprich: zur Zeitpunkt des Feldzugs gegen die Homadenser.
Um genau zu sein: er schrieb von der ersten Zählung zur Zeit des Quirinius. D.h. wer kennt zwei, und damit ist klar, dass ... (siehe oben).

Lukas 2,1-3:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war.

…, dass alle Welt geschätzt würde.

Von einer reichsweiten Steuerschätzung unter Augustus ist in außerchristlichen Quellen nichts bekannt. Offenbar war für Lukas die reichsweite Steuerschätzung aus den Jahren 74/75 nC Vorlage für seine Behauptung.

Das kann man auch anders sehen. Eine außerbiblische Quelle wäre z.B. Josephus Falvius.

Bei Josephus steht allerdings nichts, was auf einen (von Lukas behaupteten) allgemeinen Zensus hindeuten könnte!

Josephus berichtet wie Du ja auch zitiert hast:

Quirinius also,…, kam auf Geheiß des Cäsars mit wenigen Begleitern nach Syrien, teils um Gerichtssitzungen abzuhalten, teils um die Vermögensschätzung vorzunehmen. […]
Bald fand sich Quirinius auch in Judäa ein, das mit Syrien verbunden war, um hier ebenfalls das Vermögen zu schätzen und die Güter des Archelaus zu verkaufen. (Ios. ant XVIII, 1-2)


Ob damit eine regionale Steuerschätzung gemeint oder einfach nur das Vermögen des Archelaus erfasst worden war, lässt sich nicht sagen.

Wenn man die Geburt Jesu zwischen 6-4 vC annimmt, wäre er zum Amtsantritt des Quirinius in Syrien zehn oder zwölf Jahre alt gewesen.

Mensch1972 schrieb:„Dieses Problem ließe sich lösen, wenn - was eine umstrittene in Tibur Tivoli gefundene Inschrift vielleicht belegt - Quirinius zweimal Statthalter von Syrien gewesen wäre:20 Einmal in der Endphase der Herodesherrschaft und ein zweites Mal 6/7 n.Chr. Nun ist es aber ausgesprochen unwahrscheinlich, dass der Statthalter von Syrien im Königreich des Herodes überhaupt einen Zensus abhalten und demzufolge auch Steuern hätte einziehen können.

Die Inschrift ist in der Tat umstritten! Und dass Qurinius zweimal Statthalter in Syrien gewesen wäre und zur Zeit des Herodes (d. Gr.) einen Zensus hätte anordnen können, ist, wie ohnehin angemerkt, ausgesprochen unwahrscheinlich!

Dazu in Theissen/Merz: Der historische Jesu, S. 149, Fußnote 6:

Die Amtsinhaber der letzten Regierungsjahre des Herodes (10-4 vC) sind bekannt, sodass eine frühere Statthalterschaft des Quirinius ausgeschlossen werden kann.

Es ist natürlich richtig, dass es für einen reichsweiten Zensus zum fraglichen Zeitpunkt keinerlei Beweise gibt.

Richtig ist auch, dass es für eine zweifache Statthalterschaft des Quirinius keinen Beweis gibt, sondern nur Mutmaßungen.
Glaubt man Tertullian, so fand die besagte Volkszählung (allerdings keine reichsweite, sondern nur in der Provinz) im Jahre 9/8-4 v. Chr. statt.
Zu diesem Zeitpunkt war allerdings nicht Quirinius Statthalter, sondern Sartinius. Möglich wäre, dass Quirinius hier als eine Art Sonderbeauftragter mitgewirkt hat bzw. den Zensus organisiert hat. Das folgern manche aus der besagten Inschrift (Titulus Venutus). Das ist allerdings äußerst umstritten.

Es gibt aber auch eine ganz andere, nicht minder interessante Ansicht hierzu:

Quirinius war während des Homadenserkriegers von 11-7 v. Chr. Oberbefehlshaber über die 3 in der Provinz Syrien stationierten Legionen und soll dadurch automatisch auch gleichzeitig auch Oberstatthalter der Provinz Syrien, der Judäa ja angegliedert war, gewesen sein. Das soll sich daraus ergeben, dass diese Stellung automatisch dem jeweiligen Oberbefehlshaber ("Oberstatthalter mit proconsularischem Imperium")zufiel. (Bethlehem - Die christliche Legende ---ein historisches Ereignis zum Consulatsjahr des Gaius Censorinus und Gaius Asinius 8 v.Chr; Philipp Filtzinger, Limesmuseum, verfasst mit Unterstützung der Uni Tübingen, S. 46)

Wenn dem so wäre, dann könnte sich daraus in der Tat die 1. Statthalterschaft des Quirinius zum fraglichen Zeitpunkt der Geburt Jesu ergeben.

Im Jahre 150 n.Chr. schrieb Justin der Märtyer an den damaligen Kaiser Antonius Pius einen Brief, in dem er auf die Akten des Pontius Pilatus sowie auf die Aufzeichnungen der Volkszählung Bezug nimmt bzw. verweist. Man darf annehmen, dass derartige Aufzeichnungen tatsächlich existiert haben, zu denen der Kaiser auch Zugang gehabt haben muss. Justin hätte es ansonsten kaum gewagt, den Kaiser darauf hinzuweisen, geschweige denn, ihn anzulügen.

Nachprüfen bzw. beweisen kann das heute natürlich niemand mehr.

Nun ja, ich wollte damit auch nur zum Ausdruck bringen, dass die Dinge doch nicht ganz so einfach sind wie sie scheinen.

Was denn nun tatsächlich wahr ist, werden wir wohl nicht mehr ergründen können. Ich halte es aber durchaus für möglich. Möglich wäre es natürlich auch, Lukas hat sich geirrt bzw. irgendetwas durcheinander gebracht. Das grundsätzliche Problem ist die mehr als dünne Quellenlage, die sich zudem auch noch widersprechen.

Aber wer weiß...Über lange Zeit hat man auch die Existenz des Pontius Pilatus bezweifelt...bis man in den 60-ziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Innschrift gefunden hat. Spannend und faszinierend ist es allemal.
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)
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#5
Mensch1972 schrieb:Es ist natürlich richtig, dass es für einen reichsweiten Zensus zum fraglichen Zeitpunkt keinerlei Beweise gibt.

Richtig ist auch, dass es für eine zweifache Statthalterschaft des Quirinius keinen Beweis gibt, sondern nur Mutmaßungen.

Soweit stimmen wir überein.

Mensch schrieb:Glaubt man Tertullian, so fand die besagte Volkszählung (allerdings keine reichsweite, sondern nur in der Provinz) im Jahre 9/8-4 v. Chr. statt.
Zu diesem Zeitpunkt war allerdings nicht Quirinius Statthalter, sondern Sartinius.

Tertullian war sich des Problems offenbar bewusst. Mit seiner Behauptung ist er allerdings von Lukas abhängig, auch wenn er den Zensus, weil dieser sonst mit der Geburt Jesu nicht ins Einvernehmen gebracht hätte werden können, zeitlich unter die Statthalterschaft des G. Sentius Saturnius (ca. 9-5/4 vC?) vielleicht auch unter jene des P. Quintilius Varus (ca. 5/4-? vC) verortete.

Die Statthalterschaften des Saturnius und des Varus werden von Josephus bestätigt:

"Zu dieser Zeit befand Quintilius Varus, der Nachfolger des Saturnius in der Verwaltung Syriens, in Jerusalem, wohin er auf Herodes' Bitte zur Besprechung über die gegenwärtige Lage gekommen war." (Ios. ant. XVII, 89)

Von einem Zensus unter Saturnius oder Varus weiß Josephus nichts. Ein solcher wäre auch ein Affront gegen den Klientelkönig Herodes gewesen.

Mensch schrieb:Möglich wäre, dass Quirinius hier als eine Art Sonderbeauftragter mitgewirkt hat bzw. den Zensus organisiert hat. Das folgern manche aus der besagten Inschrift (Titulus Venutus). Das ist allerdings äußerst umstritten.

Richtig: Das ist äußerst umstritten.

Diese Position wird von Theologen vertreten, die an der Harmonisierung lukanischer Behauptungen interessiert sind.

Mensch schrieb:Es gibt aber auch eine ganz andere, nicht minder interessante Ansicht hierzu:

Quirinius war während des Homadenserkriegers von 11-7 v. Chr. Oberbefehlshaber über die 3 in der Provinz Syrien stationierten Legionen und soll dadurch automatisch auch gleichzeitig auch Oberstatthalter der Provinz Syrien, der Judäa ja angegliedert war, gewesen sein. Das soll sich daraus ergeben, dass diese Stellung automatisch dem jeweiligen Oberbefehlshaber ("Oberstatthalter mit proconsularischem Imperium")zufiel.

Quirinius müsste unter der Statthalterschaft des Saturnius eine Position innegehabt haben, die der Art eines "Vizekaisers" entsprochen und sowohl die Befugnisse des Statthalters als auch die Rechte des Klintelkönigs beschnitten hätte. Dass eine solch überragende Stellung des Quirinius der römischen Historiographie so gänzlich entgangen wäre, ist sehr unwahrscheinlich (vgl. E. Stauffer, Jesus. Gestalt und Geschichte, Bern 1957,32f.).

Mensch schrieb:Im Jahre 150 n.Chr. schrieb Justin der Märtyer an den damaligen Kaiser Antonius Pius einen Brief, in dem er auf die Akten des Pontius Pilatus sowie auf die Aufzeichnungen der Volkszählung Bezug nimmt bzw. verweist.

Man darf annehmen, dass derartige Aufzeichnungen tatsächlich existiert haben, zu denen der Kaiser auch Zugang gehabt haben muss. Justin hätte es ansonsten kaum gewagt, den Kaiser darauf hinzuweisen, geschweige denn, ihn anzulügen.

Solch scharfsinnig vorgetragene Spekulation, die sich auf "möglicherweise einmal vorhandengewesene" Dokumente stützt, mag für Theologen nützlich sein, für Überlegungen zu historischen Abläufen ist sie unbrauchbar.

Mensch schrieb:Nachprüfen bzw. beweisen kann das heute natürlich niemand mehr.

So ist es!

Da sich die historische Wissenschaft vornehmlich anhand überprüfbarer Quellen ein (Geschichts-)Bild zu machen pflegt, sollte man nicht belegbare Dinge zu behaupten, der unkritischen Theologie überlassen. Die historisch-kritische Theologie orientiert sich ja ohnehin an historisch-wissenschaftlich ermittelten Sachverhalten.
MfG B.
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#6
(03-05-2010, 10:51)Bion schrieb:
Mensch1972 schrieb:Es ist natürlich richtig, dass es für einen reichsweiten Zensus zum fraglichen Zeitpunkt keinerlei Beweise gibt.

Richtig ist auch, dass es für eine zweifache Statthalterschaft des Quirinius keinen Beweis gibt, sondern nur Mutmaßungen.

Soweit stimmen wir überein.

Mensch schrieb:Glaubt man Tertullian, so fand die besagte Volkszählung (allerdings keine reichsweite, sondern nur in der Provinz) im Jahre 9/8-4 v. Chr. statt.
Zu diesem Zeitpunkt war allerdings nicht Quirinius Statthalter, sondern Sartinius.

Tertullian war sich des Problems offenbar bewusst. Mit seiner Behauptung ist er allerdings von Lukas abhängig, auch wenn er den Zensus, weil dieser sonst mit der Geburt Jesu nicht ins Einvernehmen gebracht hätte werden können, zeitlich unter die Statthalterschaft des G. Sentius Saturnius (ca. 9-5/4 vC?) vielleicht auch unter jene des P. Quintilius Varus (ca. 5/4-? vC) verortete.

Die Statthalterschaften des Saturnius und des Varus werden von Josephus bestätigt:

"Zu dieser Zeit befand Quintilius Varus, der Nachfolger des Saturnius in der Verwaltung Syriens, in Jerusalem, wohin er auf Herodes' Bitte zur Besprechung über die gegenwärtige Lage gekommen war." (Ios. ant. XVII, 89)

Von einem Zensus unter Saturnius oder Varus weiß Josephus nichts. Ein solcher wäre auch ein Affront gegen den Klientelkönig Herodes gewesen.

Mensch schrieb:Möglich wäre, dass Quirinius hier als eine Art Sonderbeauftragter mitgewirkt hat bzw. den Zensus organisiert hat. Das folgern manche aus der besagten Inschrift (Titulus Venutus). Das ist allerdings äußerst umstritten.

Richtig: Das ist äußerst umstritten.

Diese Position wird von Theologen vertreten, die an der Harmonisierung lukanischer Behauptungen interessiert sind.

Mensch schrieb:Es gibt aber auch eine ganz andere, nicht minder interessante Ansicht hierzu:

Quirinius war während des Homadenserkriegers von 11-7 v. Chr. Oberbefehlshaber über die 3 in der Provinz Syrien stationierten Legionen und soll dadurch automatisch auch gleichzeitig auch Oberstatthalter der Provinz Syrien, der Judäa ja angegliedert war, gewesen sein. Das soll sich daraus ergeben, dass diese Stellung automatisch dem jeweiligen Oberbefehlshaber ("Oberstatthalter mit proconsularischem Imperium")zufiel.

Quirinius müsste unter der Statthalterschaft des Saturnius eine Position innegehabt haben, die der Art eines "Vizekaisers" entsprochen und sowohl die Befugnisse des Statthalters als auch die Rechte des Klintelkönigs beschnitten hätte. Dass eine solch überragende Stellung des Quirinius der römischen Historiographie so gänzlich entgangen wäre, ist sehr unwahrscheinlich (vgl. E. Stauffer, Jesus. Gestalt und Geschichte, Bern 1957,32f.).

Mensch schrieb:Im Jahre 150 n.Chr. schrieb Justin der Märtyer an den damaligen Kaiser Antonius Pius einen Brief, in dem er auf die Akten des Pontius Pilatus sowie auf die Aufzeichnungen der Volkszählung Bezug nimmt bzw. verweist.

Man darf annehmen, dass derartige Aufzeichnungen tatsächlich existiert haben, zu denen der Kaiser auch Zugang gehabt haben muss. Justin hätte es ansonsten kaum gewagt, den Kaiser darauf hinzuweisen, geschweige denn, ihn anzulügen.

Solch scharfsinnig vorgetragene Spekulation, die sich auf "möglicherweise einmal vorhandengewesene" Dokumente stützt, mag für Theologen nützlich sein, für Überlegungen zu historischen Abläufen ist sie unbrauchbar.

Mensch schrieb:Nachprüfen bzw. beweisen kann das heute natürlich niemand mehr.

So ist es!

Da sich die historische Wissenschaft vornehmlich anhand überprüfbarer Quellen ein (Geschichts-)Bild zu machen pflegt, sollte man nicht belegbare Dinge zu behaupten, der unkritischen Theologie überlassen. Die historisch-kritische Theologie orientiert sich ja ohnehin an historisch-wissenschaftlich ermittelten Sachverhalten.

Als "unkritisch" würde ich mich nicht bezeichnen.

Justin der Märtyrer schrieb 150 n. Chr. in seiner Apologie I,34

"Es ist das eine Ortschaft, im jüdischen Lande, 35 Stadien von Jerusalem entfernt, in der Jesus Christus geboren wurde, wie ihr auch aus den Zensuslisten ersehen könnt, die unter Quirinius, eurem ersten Landpfleger in Judäa, angefertigt worden sind."

Mir stellt sich allerdings dann schon die Frage, weshalb Helmut solch ein Thema überhaupt einstellt, wenn es ohnehin keine Beweise im "wissenschaftlichen" Sinne gibt, über die man diskutieren könnte.
Dann brauchen wir solche Themen auch gar nicht erst zur Diskussion stellen.




MfG
Mensch1972
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)
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#7
(03-05-2010, 17:54)Mensch1972 schrieb: Mir stellt sich allerdings dann schon die Frage, weshalb Helmut solch ein Thema überhaupt einstellt, wenn es ohnehin keine Beweise im "wissenschaftlichen" Sinne gibt, über die man diskutieren könnte.
Dann brauchen wir solche Themen auch gar nicht erst zur Diskussion stellen.

helmut vertritt die zwar merkwürdige, aber unter bibeltreuen nicht unübliche argumentation, daß man erst mal davon ausgehen sollte, daß das stimmt, was er für historisch hält, solange nicht das gegenteil bewiesen ist

und es gibt auch in der geschichtswissenschaft durchaus einen gewissen konsens, was als historisch (halbwegs oder völlig) gesichert gilt und was nicht, was als quelle welchen stellenwert hat und was nicht. daß bibeltreue da andere (wunsch)vorstellungen haben, ist zwar verständlich, aber - wie bion schon sagte - nicht das problem der geschichtswissenschaft
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#8
(03-05-2010, 17:54)Mensch1972 schrieb: Als "unkritisch" würde ich mich nicht bezeichnen.

Hallo Mensch,

der Vorwurf, unkritisch zu sein, richtet sich nicht gegen Dich. Er richtet sich gegen jene Theologen, die im Rahmen der Kollegen ihrer Wissenschaft zwar wenig Anerkennung und Bedeutung haben, evangelikalen Kreisen aber immer wieder Argumente für seltsame Beweisführung liefern, mit der wir auch hier fallweise beglückt werden.

Ich bin jedenfalls erfreut, mit jemandem diskutieren zu dürfen, der sich offenbar mit der einschlägigen Literatur ordentlich vertraut gemacht hat und Argumenten zugänglich ist.

(03-05-2010, 17:54)Mensch1972 schrieb: Justin der Märtyrer schrieb 150 n. Chr. in seiner Apologie I,34

"Es ist das eine Ortschaft, im jüdischen Lande, 35 Stadien von Jerusalem entfernt, in der Jesus Christus geboren wurde, wie ihr auch aus den Zensuslisten ersehen könnt, die unter Quirinius, eurem ersten Landpfleger in Judäa, angefertigt worden sind."

Ein Wort noch zu Justin als Quelle für den Historiker.

In seinen beiden Apologien sieht Justin nahezu überall Dämonen geschichtswirksam eingreifen. Ob er über das Schicksal von Sokrates (I,5) berichtet oder über Menschen, die sich als Götter ausgeben (I,26), alles Übel ist von Dämonen verursacht.

Was Justin im Zusammenhang mit der Prophezeiung Michas zum Geburtsort Christi (Mi 5,1f.) über den "Landpfleger Quirinius" zu berichten weiß, ist fehlerhaft.

Ich bin sicher, Du siehst das ebenso.

Quirinius war Statthalter in Syrien gewesen und nicht in Judäa (Judäa war damals ein Teil von Syrien). Auch dass Quirinius dort der erste Statthalter gewesen sei, stimmt nicht.

Ich nehme an, wir sind uns einig, dass Justin dazu nicht viel Brauchbares liefert.

MfG B.
MfG B.
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#9
(03-05-2010, 17:59)petronius schrieb: helmut vertritt die zwar merkwürdige, aber unter bibeltreuen nicht unübliche argumentation, daß man erst mal davon ausgehen sollte, daß das stimmt, was er für historisch hält, solange nicht das gegenteil bewiesen ist

und es gibt auch in der geschichtswissenschaft durchaus einen gewissen konsens, was als historisch (halbwegs oder völlig) gesichert gilt und was nicht, was als quelle welchen stellenwert hat und was nicht. daß bibeltreue da andere (wunsch)vorstellungen haben, ist zwar verständlich, aber - wie bion schon sagte - nicht das problem der geschichtswissenschaft

Hallo Pretonius,

okay, das ist i.O. Damit kann ich durchaus leben. Es ist mir schon klar, dass nicht jede Quelle als gesichert angesehen werden kann.

Was die Apologie des Justin betrifft: Sofern er sich auf die Zensuslisten des Quirinius beruft, obwohl sonst (fast) niemand davon berichtet, kann man dies nicht als gesicherte Quelle ansehen. Das muss ich ehrlicher- und fairerweise zugeben. Insofern gebe ich mich gern geschlagen.
Diesbezüglich habe ich auch noch einmal "Der historische Jesus" von Gerd Theißen und Annette Merz, 3. Auflage, 2001, zu Rate gezogen.
Dort heißt es auf Seite 150 unter Rd. Nr. 11: "Es ist immerhin ein inschriftlicher Beleg für einen von Quirinius als Legat Syriens erhobenen Zensus in der freien Stadt Apamea am Orontes auf einen Grabstein gefunden worden (sog. Titulus Venutus: CII. Suppl 6687). Die Schlußfolgerung, Quirinius habe als "Orientchef" "wie ein Vizekaiser" im Osten regiert und sämtliche Zensus geleitet, ist kaum gerechtfertigt ...[]"
Okay, dem muss ich mich objektiverweise anschließen.

Die Tatsache, dass Quirinius einen Zensus in Syrien erhoben hat, kann man wohl kaum als Beweis dafür ansehen, dass er auch in Judäa zur fraglichen Zeit einen Provinzzensus erhob.

Die Apologie wurde um 150 n.Chr. geschrieben, also "Pi mal Daumen" 100 Jahre nach dem mutmaßlichen Zeitpunkt, wo das Lukas-Evangelium aufgeschrieben wurde. Möglicherweise hat Justin sich hinsichtlich der Zensuslisten einfach auf Lukas berufen. Das wäre zumindest eine logische Schlußfolgerung, da dieser Zensus nirgendwo anders erwähnt wird.


Im Übrigen hatte ich ja schon angedeutet, dass es für eine möglicherweise 1. Statthalterschaft des Quirinius zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Geburt Jesus allenfalls Indizien, aber keine Beweise gibt.
Dies wurde in der Fachwelt aber durchaus diskutiert und ist, sagen wir es mal so, ein äußerst heftig umstrittenes "heißes Eisen". Nur sehe und sah ich keinen Grund darin, dies zu verschweigen.

Zweifelsohne kann man auch nicht alles, was in der Bibel steht, als gegeben bzw. als die ultimative Wahrheit ansehen. Die allermeisten Theologen der heutigen Zeit sind sich darin einig, dass die Bibel zwar das Wort Gottes ist, jedoch aufgeschrieben von Menschenhand, sodass man durchaus hinterfragen kann und muss! Das auch umso mehr, weil es schließlich noch andere Evangelien gibt (die allerdings nur fragmentarisch erhalten sind) und die eben gerade nicht Bestandteil der Bibel geworden sind. Kritisches Hinterfragen ist deshalb allein schon deswegen angebracht, weil der Mensch bestimmte, was in der Bibel zu stehen hat, was "wahr" und was "falsch" ist.

Zur Bibeltreue: Meine persönliche Ansicht hierzu ist, dass auch die Pharisäer und Schriftgelehrten die Schrift wortwörtlich genommen haben. Jesus dagegen fragte eher nach der Absicht Gottes, die sich dahinter verbarg. Jesus diskriminierte niemanden. Er verurteilte zwar Sünden und Fehlverhalten, aber nicht Menschen! Ganz anders dagegen die "bibeltreuen" Christen, die sich so gern auf Jesus berufen, von seinen Lehren offenkundig aber nichts begriffen haben. Sonst würden sie Andersdenkende und -gläubige nicht so scharf verurteilen! Vielmehr müsste sich doch jeder echte und wahrhaftige Christ fragen: Wenn Jesus allen Menschen vergeben konnte, selbst denen, die ihn letztlich töten, wer bin ich dann, dass ich so herablassend über andere Menschen urteilen kann und dabei ganz vergesse, dass auch ich nicht frei von Fehlern bin?

Mit freundlichen Grüssen
Mensch1972
Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten. (Matt. 7, 12)
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#10
(03-05-2010, 21:23)Bion schrieb:
(03-05-2010, 17:54)Mensch1972 schrieb: Als "unkritisch" würde ich mich nicht bezeichnen.

Hallo Mensch,

der Vorwurf, unkritisch zu sein, richtet sich nicht gegen Dich. Er richtet sich gegen jene Theologen, die im Rahmen der Kollegen ihrer Wissenschaft zwar wenig Anerkennung und Bedeutung haben, evangelikalen Kreisen aber immer wieder Argumente für seltsame Beweisführung liefern, mit der wir auch hier fallweise beglückt werden.

Ich bin jedenfalls erfreut, mit jemandem diskutieren zu dürfen, der sich offenbar mit der einschlägigen Literatur ordentlich vertraut gemacht hat und Argumenten zugänglich ist.

(03-05-2010, 17:54)Mensch1972 schrieb: Justin der Märtyrer schrieb 150 n. Chr. in seiner Apologie I,34

"Es ist das eine Ortschaft, im jüdischen Lande, 35 Stadien von Jerusalem entfernt, in der Jesus Christus geboren wurde, wie ihr auch aus den Zensuslisten ersehen könnt, die unter Quirinius, eurem ersten Landpfleger in Judäa, angefertigt worden sind."

Ein Wort noch zu Justin als Quelle für den Historiker.

In seinen beiden Apologien sieht Justin nahezu überall Dämonen geschichtswirksam eingreifen. Ob er über das Schicksal von Sokrates (I,5) berichtet oder über Menschen, die sich als Götter ausgeben (I,26), alles Übel ist von Dämonen verursacht.

Was Justin im Zusammenhang mit der Prophezeiung Michas zum Geburtsort Christi (Mi 5,1f.) über den "Landpfleger Quirinius" zu berichten weiß, ist fehlerhaft.

Ich bin sicher, Du siehst das ebenso.

Quirinius war Statthalter in Syrien gewesen und nicht in Judäa (Judäa war damals ein Teil von Syrien). Auch dass Quirinius dort der erste Statthalter gewesen sei, stimmt nicht.

Ich nehme an, wir sind uns einig, dass Justin dazu nicht viel Brauchbares liefert.

MfG B.

Hallo Bion,

ja, ich denke schon, wir sind uns einigIcon_lol Ich habe mich nochmal etwas genauer kundig gemacht und muss fairer- und ehrlicherweise zugeben,
dass eine 1. Statthalterschaft des Quirinius zwar diskutiert wurde, jedoch angesichts der Beweis- bzw. Quellenlage an den Haaren herbeigezogen scheint. Deine Antwort hat sich mit meiner Antwort an Pretonius überschnitten, sodass ich diesbezüglich hierauf verweisen möchte.

Argumenten bin ich immer zugänglichIcon_lol Auch muss ich nicht immerzu das letzte Wort haben und gebe mich dem geschlagen, der die besseren Argumente hat. Ich versuche auch stets möglichst sachlich zu bleiben und meine Ansichten durch entsprechende Quellen zu belegen. Dabei kommt es natürlich auch einmal vor, dass ich Dinge hereininterpretiere, die nicht da sind bzw. so interpretiere, wie ich sie gern hätte. So wohl auch in diesem FallIcon_lol Da ist es ganz gut, wenn mal jemand da ist, der mich dann darauf aufmerksam macht.

Mit freundlichen Grüssen
Mensch1972
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