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Gewaltlosigkeit
#61
Hallo Einsiedler,

ich muss ehrlich sagen dass ich ein wenig verwundert darüber bin welche Meinung du dir aus den 2-3 Sätzen gebildet hast, die ich über meine Bekannte erzählt habe.
Ich werde mal versuchen dass etwas zu glätten Icon_wink

Ich habe nie gesagt, dass sie untätig gegenüber Ungerechtigkeit ist. Im Gegenteil.
Jedoch entspricht es ihrer Moral menschliches Leben absolut zu setzten. Und das tat sie auch schon bevor sie zum Christentum konvertierte. Die Gründe gehen wohl sehr tief.
Das bedeutet aber nicht, zumindest würde ich sie auf keinen Fall so einschätzen, dass sie die Greultaten des NS-Regimes einfach stillschweigend und in der Hoffnung auf ein besseres Jenseits absitzen.
Nein, ich denke sie würde schon versuchen etwas zu verändern (ok, wer weiß schon wie man damals reagiert hätte), nur wäre das Ermorden auch eines Adolf Hitlers für sie nicht der richtige Weg. Über Sinn und Unsinn darüber kann man streiten und das soll auch gar nicht Thema sein. Ich möchte damit nur aufzeigen dass das eine (kein Töten eines Menschen) nicht zwangsläufig das andere(einzig und allein auf Gott vertrauen und wegsehen) bedingen muss.

Ich hoffe du verstehst was ich versuche zu erklären.

Gruß,

gundi
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#62
Hallo, Gundi,

wie ich ja schrieb, glaube ich auch nicht, dass Deine Bekannte die Greueltaten stillschweigend dulden würde. Aber die FOLGE ("Karma" Icon_wink) ihres Handels wäre nun einmal, dass Hitler nicht getötet werden darf, dafür aber Millionen andere Menschen sterben müssen.

Das so zu sehen, ist nicht schön, aber logisch zwingend, sofern (!) sie die Möglichkeit hätte, Hitler zu töten und es NICHT zu tun. Und davon sind wir in dem konstruierten Fall ja ausgegangen. Wer das menschliche Leben "absolut" setzt, muss diese Folgen (er)tragen.

Ja, ich verstehe, was Du zu erklären versuchst. Ich sehe das nur etwas anders, obwohl (weil?) ich selbst das Leben sehr hochschätze.

Lieben Gruss

DE
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#63
(14-07-2010, 13:27)Gundi schrieb: Eine sehr gute Bekannte von mir, selbst überzeugte Christin (aber im interpretatorischen Sinn), geht in ihrer Meinung was Gewaltlosigkeit betrifft sogar so weit, dass selbst ein Mord an Hitler damals für sie falsch gewesen wäre.
Das ist nicht mehr gewaltlos sondern verantwortungslos. So stellt sich hier dann die Frage, ob man schon gewaltlos ist, wenn man selber keine Gewalt ausführt oder ob hierzu eben nicht auch gehört, dass man Gewalt verhindert und wenn es sein muss, eben auch mit Gewalt?

Darum halte ich auch mehr vom Konzept des Strebens nach Frieden, einem Zustand der ohne Gewalt auskommt. Dieses ist ein Ideal wohin man strebt und zu dessem Erreichen eben auch Gewalt zum Einsatz kommen kann. Frieden ist eben nicht dann, wenn man selber wegsieht und seine Hände in die Taschen steckt, sondern dann wenn alles getan wurde, damit dann keine Gewalt mehr ausgeführt wird.

In diesem Sinne ist es eine friedliebende Tat Hitler hier frühzeitig umzubringen (wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, ihn zu stoppen). Wobei ich Hitler hier auch für ein schlechtes Beispiel halte, da es eben nicht nur Hitler war sondern es damals zahlreiche Akteure gab, welche alle in die gleiche barbarische Richtung stolperten und nach einiger Zeit war die ganze Gesellschaft so umgeformt, dass sie alle auch ohne Hitler ins Grauen gelaufen wären.
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#64
(15-07-2010, 09:42)Jakow schrieb: So stellt sich hier dann die Frage, ob man schon gewaltlos ist, wenn man selber keine Gewalt ausführt oder ob hierzu eben nicht auch gehört, dass man Gewalt verhindert und wenn es sein muss, eben auch mit Gewalt?

Ja, so sehe ich das auch.

Gruss

DE
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#65
Zitate Gandhi´s zum Thema Gewaltlosigkeit:

"Leben auszulöschen kann eine Pflicht sein. zerstören wir nicht täglich so viele Leben wie notwendig, um unseren Körper zu erhalten? Um unszu ernähren töten wir Leben, pflanzliches oder anderes. Der Gesundheit wegen vernichten wir die Mücken und andere Insekten durch Pestizide. Und wir machen es uns zur Pflicht wilde Tiere zu töten um das Leben der Dorfbewohner zu schützen für die sie eine Gefahr darstellen."

"Als Angehöriger einer Gemeinschaft die an Gewaltlosigkeit glaubt und einige Morgen Land bebaut, muss ich entscheiden wie ich die Ernte vor den von Affen angerichteten Schäden bewahren kann. Da ich der Gewaltlosigkeit mein ganzes Leben geweiht habe kann ich nicht umhin, jede den Affen zugefügte Verletzung als Widerspruch gegen das Gesetz der GEwaltlosigkeit anzusehen. Um die Ernte zu retten kann ich jedoch nicht zögern die Affen anzugreifen, denn ohne Landwirtschaft würde es keine Gesellschaft geben - also9 auch nicht ohne das Töten einiger Lebewesen. Also beteilige ich mich (mit Angst und Schuldgefühlen) an dem Bösen das den Affen zugefügt wird, in der Hoffnung eines Tages diesem Dilemma entkommen zu können."

"Niemals zu töten kann keine Absolute Pflicht sein. Denn was einen Akt von Gewalt mit Schuld belädt ist vor allem die egoistische Absicht, wohingegen das Prinzip der Gewaltlosigkeit auf dem Vergessen des Selbst beruht."

So wie ich das verstehe hätte er mitgeholfen solche Menschen wie Hitler aus dem Verkehr zu ziehen.

Dieses Verständnis von Gewaltlosigkeit halte ich in gewisser Weise schon für erstrebenswert, aber
wer schafft es die Stechmücke ohne egoistische Absicht auf sich zu erschlagen?
As Salamu Aleikhum
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#66
Danke, Zahira, ich denke, das klärt einiges.

Lieben Gruss

DE
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#67
(15-07-2010, 09:42)Jakow schrieb:
(14-07-2010, 13:27)Gundi schrieb: Eine sehr gute Bekannte von mir, selbst überzeugte Christin (aber im interpretatorischen Sinn), geht in ihrer Meinung was Gewaltlosigkeit betrifft sogar so weit, dass selbst ein Mord an Hitler damals für sie falsch gewesen wäre.
Das ist nicht mehr gewaltlos sondern verantwortungslos. So stellt sich hier dann die Frage, ob man schon gewaltlos ist, wenn man selber keine Gewalt ausführt oder ob hierzu eben nicht auch gehört, dass man Gewalt verhindert und wenn es sein muss, eben auch mit Gewalt?

Hm... wieso verantwortungslos? Derjenige kann doch versuchen auf allen anderen möglichen Wegen Widerstand zu leisten und dabei selbst das Leben riskieren. Weil es jemand nicht fertig bringt einen Menschen zu töten (und sei dieser noch so grausam) würde ich nicht sagen er ist verantwortungslos.
Ich denke, keine Gewalt ausüben, ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit Passivität.


(15-07-2010, 09:42)Jakow schrieb: Frieden ist eben nicht dann, wenn man selber wegsieht und seine Hände in die Taschen steckt, sondern dann wenn alles getan wurde, damit dann keine Gewalt mehr ausgeführt wird.

Wie schon gesagt, ich finde absolute Gewaltlosigkeit ist nicht gleichzusetzen mit wegsehen und Hände in die Taschen stecken.
Es kommt wohl auch immer auf den Menschen an, ob dieser überhaupt fähig wäre einen anderen zu töten.
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#68
(15-07-2010, 09:59)zahira schrieb: So wie ich das verstehe hätte er mitgeholfen solche Menschen wie Hitler aus dem Verkehr zu ziehen.

In dem Film über Gandhi (der natürlich keine Quelle ist) kam das Thema auch kurz zur Ansprache und hier wirkte es so als Gandhi selbst nicht genau wusste ob sein friedlicher Widerstand gegen Hitler Erfolg hätte.

Keine Ahnung wie gut recherchiert wurde, aber vieleicht hätte Gandhi selbst auch nicht gewusst was er tun würde.
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#69
(15-07-2010, 13:09)Gundi schrieb: Weil es jemand nicht fertig bringt einen Menschen zu töten (und sei dieser noch so grausam) würde ich nicht sagen er ist verantwortungslos.

Hallo, Gundi,

darum ging es aber nicht. Du schriebst:

Zitat:Eine sehr gute Bekannte von mir, selbst überzeugte Christin (aber im interpretatorischen Sinn), geht in ihrer Meinung was Gewaltlosigkeit betrifft sogar so weit, dass selbst ein Mord an Hitler damals für sie falsch gewesen wäre.

Es ging NICHT darum, dass sie selbst ihn töten sollte. Vielmehr fand sie es generell falsch, ihn zu töten. Da liegen WELTEN zwischen...

Schönen Gruss

DE
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#70
(15-07-2010, 13:54)Der-Einsiedler schrieb:
(15-07-2010, 13:09)Gundi schrieb: Weil es jemand nicht fertig bringt einen Menschen zu töten (und sei dieser noch so grausam) würde ich nicht sagen er ist verantwortungslos.

Hallo, Gundi,

darum ging es aber nicht. Du schriebst:

Zitat:Eine sehr gute Bekannte von mir, selbst überzeugte Christin (aber im interpretatorischen Sinn), geht in ihrer Meinung was Gewaltlosigkeit betrifft sogar so weit, dass selbst ein Mord an Hitler damals für sie falsch gewesen wäre.

Es ging NICHT darum, dass sie selbst ihn töten sollte. Vielmehr fand sie es generell falsch, ihn zu töten. Da liegen WELTEN zwischen...

Schönen Gruss

DE

Das stimmt, dass ist ein großer Unterschied.
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#71
(15-07-2010, 13:09)Gundi schrieb: Hm... wieso verantwortungslos? Derjenige kann doch versuchen auf allen anderen möglichen Wegen Widerstand zu leisten und dabei selbst das Leben riskieren. Weil es jemand nicht fertig bringt einen Menschen zu töten (und sei dieser noch so grausam) würde ich nicht sagen er ist verantwortungslos.
Ich denke, keine Gewalt ausüben, ist nicht unbedingt gleichzusetzen mit Passivität.
Einfach weil Fälle denkbar sind, sowie der Fall Hitler hier, wo alleine Gewalt als letzte Möglichkeit besteht, um anderswo Gewalt zu verhindern.

Hier sich hinzustellen und zu sagen, dass man in jedem Fall keine Gewalt ausüben wird und dieses Mittel ausscheidet, stellt einen eben in die Verantwortung, hier andere Gewalt nicht verhindert zu haben.

Letztlich ist dieses ein Dilemma und in beiden Fällen ist es die eigene Entscheidung, das eigene Handeln.

(15-07-2010, 09:42)Jakow schrieb: Wie schon gesagt, ich finde absolute Gewaltlosigkeit ist nicht gleichzusetzen mit wegsehen und Hände in die Taschen stecken. Es kommt wohl auch immer auf den Menschen an, ob dieser überhaupt fähig wäre einen anderen zu töten.
Das ist sicherlich wiederum ein ganz anderes Problem. Die Frage ist nur, was ist mit Situationen, in welchen alleine noch Gewalt als Mittel vorhanden ist?

Ich selber mag in solchen Fragen keine konstruierten Beispiele, weil diese immer theoretisch bleiben und niemand weiss, wie er in solchen Situation real handeln wird.

Aber was wäre bei:
Ein Selbstmordattentäter zeigt in deine U-Bahn, du siehst den Bombengürtel. Fängst du nun an, ganz gewaltfrei mit dem Mann zu diskutieren, rufst du sofort Hilfskräfte an oder versuchst du den Mann zu überwältigen?

Was ist, wenn er nicht alleine ist, es zu einem Gefecht mit Polizisten kommt, diese an- und erschossen werden und du einem Attentäter gegenüber stehst und vor dir die Pistole des Attentäters liegt?

Entweder du erschiesst den Attentäter oder dieser sprengt sich in die Luft und mit ihm werden dutzende Passagiere sterben...

Das sind extreme Situationen, aber an anderen Orten, zu anderen Zeiten waren die alltäglicher, als heute bei uns. Die Frage ist darum eben auch, ob man es sich eben aufgrund des massiven Einsatzes von anderen, erlauben kann hier extrem pazifistisch zu sein, weil eben sowieso Gewalt als Mittel hier im Alltag kaum vorkommt oder ob man wirklich bereit ist, zu zu sehen, wie andere leiden, sterben, nur weil man selber zu keiner Gewalt bereit ist?
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#72
Ich bin sehr dafür, dass die Polizei mein Leben, meine Familie, meinen Besitz, und dass die Behörden meinen Platz im Grundbuch verteidigen - sehr wohl auch mit jeder zu Gebote stehenden Gewalt.

Genauso werde ich jeden Angreifer erschlagen, so ich eine Möglichkeit dazu sehe. Weitere Beispiele für Gewalt wurden im Thread angeführt.
Das muss man wohl so sehen!

Meines Erachtens ist dies nicht das Problem der Gewaltlosigkeit. Es gibt eine ganz andere, ich nenne sie strukturelle Gewalt, die es zu vermeiden gilt.

Nach dem ersten Weltkrieg gab es seitens der Siegermächte zahllose Akte der Demütigung und Ausplünderungen Deutschlands. Selbst Politiker aus den alliierten Reihen haben auf dieses Problem hingewiesen.

Genauso gibt es heute in unserem Staat strukturelle Gewalt, indem arbeitswillige Zuwanderer behindert werden. Auch ungerechte Vermögensmacht und Entmündigung im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt gehören dazu.

Durch strukturelle Gewalt werden Menschen auf Dauer in eine Gewaltspirale getrieben, die ohne solche ungerechten Strukturen gar nicht auftreten.

Ferner gibt es eine Gewalt, die von ganzen Gesellschaften ausgeht, die ebenfalls durch ungerechte Strukturen ausgelöst wird. Unser internationales Finanz- und Wirtschaftsrecht ist zutiefst "strukturelle Gewalt".
Wir sollten uns nicht wundern, wenn diese in offene Gewalt umschlägt. Individueller Pazifismus kann durchaus strukturelle Gewalt dulden und fördern! Strukturelle Gewalt gilt es (weltweit!) zu vermeiden, und das ist ein mühseliger Prozess, weit mühlseliger als individuelle Gewalt abzulehnen, was ich, wie viele andere Teilnehmer auch, für zu einfach gedacht halte.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#73
(16-07-2010, 18:43)Ekkard schrieb: Genauso gibt es heute in unserem Staat strukturelle Gewalt, indem arbeitswillige Zuwanderer behindert werden. Auch ungerechte Vermögensmacht und Entmündigung im Zusammenhang mit dem Arbeitsmarkt gehören dazu.

Durch strukturelle Gewalt werden Menschen auf Dauer in eine Gewaltspirale getrieben, die ohne solche ungerechten Strukturen gar nicht auftreten.

Du lenkst die Diskussion in eine sehr interessante Richtung.
Was denkst du wäre ein geeignetes Mittel ungerechte Strukturen zu durchbrechen bzw. die strukturelle Gewalt zu beenden?

Um auf Gandhi zurück zu kommen: Auch in Indien handelte es sich wohl, wenn ich dich richtig verstehe Ekkard, um eine Form struktureller Gewalt.


(16-07-2010, 18:43)Ekkard schrieb: Ferner gibt es eine Gewalt, die von ganzen Gesellschaften ausgeht, die ebenfalls durch ungerechte Strukturen ausgelöst wird. Unser internationales Finanz- und Wirtschaftsrecht ist zutiefst "strukturelle Gewalt".
Wir sollten uns nicht wundern, wenn diese in offene Gewalt umschlägt.

Wäre in dieser speziellen Situation Gewalt für dich/euch ein moderates Mittel eine Veränderung herbeizuführen?

Ich finde es ist ein sehr schwieriges Thema ab wann Gewalt gegen besagte strukturelle Gewalt gerechtfertigt ist.
Der Autonome in Kreuzberg am 1. Mai sieht diese bereits als gerechtfertigt an, meine Bekannte würde es nie als gerechtfertigt ansehen...:icon_neutral:
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#74
@Einsiedler:
(14-07-2010, 09:44)Der-Einsiedler schrieb: Schön, mal wieder von Dir zu lesen

Gleichfalls ;) Ich hatte übrigens mal in die alten Threads vom Pantheismus-Bereich geschaut, wusste aber nicht so recht, wo man da anknüpfen könnte. Gibt's denn was bestimmtes, woran du weiterdiskutieren möchtest?

@Petronius:
(14-07-2010, 14:22)petronius schrieb: wenn ich sage

wenn ich gewaltlos nur bin, weil ich angst davor habe, daß irgendein gott mich für gewaltausübung bestraft

dann heißt das eben nicht, daß ich meine, dieses "wenn" träfe auf alle gläubigen bzw. jegliches religiöse handeln zu

Alles klar, dachte ich mir, dass es so gar nicht gemeint war :)
"Gottes ist der Osten und der Westen; wohin immer ihr also euch wendet, dort ist Gottes Angesicht." (2:115)
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