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Sinngebungssysteme
#1
Anscheinend benötigen die meisten Menschen einen Sinn in ihrem Leben und suchen diesen unterbewusst.
Welcher das konkret ist, scheint beliebig und wechselnd.

Klassisch kann Religion sinnstiftend sein. Es sind aber auch viele Ersatzreligionen zu erkennen. UFO-Gläubige, Verschwörungstheoretiker, Autoverrückte, missionarische Atheisten etc. Es konkurrieren also nicht mehr nur die Religionen untereinander.

Die Art von Sinn, die sich jemand sucht, scheint abhängig vom Charakter der Person zu sein. Der Rationalist sucht sich einen rationalen Sinn, der emotionale Typ eher einen emotionalen, der Intellektuelle einen intellektuellen usw.

Dieses Thema ist keine Frage, sondern eine Art Denkanstoß.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#2
Sowas wie Heimat, Geborgenheit, Zuwendung, ein Selbstgefühl, das bedürfen die Menschen vor allem.
Ein Ziel, eine Hoffnung und Vertrauen.

Menschen leben auch von der Sehnsucht, die das Mehr im Leben lebendig erhält. Leben ist Leben, das ist der Sinn.
Liebe, die Ursache und lieben, der Weg.
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#3
(14-08-2010, 18:35)Ebru schrieb: Leben ist Leben, das ist der Sinn.
Liebe, die Ursache und lieben, der Weg.

Sehr schön, Ebru. Wenn ich das immer glauben könnte (besonders den ersten Satz), wäre eines meiner Kardinalprobleme gelöst.

Gruss

DE
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#4
(14-08-2010, 13:36)humanist schrieb: Anscheinend benötigen die meisten Menschen einen Sinn in ihrem Leben und suchen diesen unterbewusst.
Welcher das konkret ist, scheint beliebig und wechselnd.

Klassisch kann Religion sinnstiftend sein. Es sind aber auch viele Ersatzreligionen zu erkennen. UFO-Gläubige, Verschwörungstheoretiker, Autoverrückte, missionarische Atheisten etc. Es konkurrieren also nicht mehr nur die Religionen untereinander.

Die Art von Sinn, die sich jemand sucht, scheint abhängig vom Charakter der Person zu sein. Der Rationalist sucht sich einen rationalen Sinn, der emotionale Typ eher einen emotionalen, der Intellektuelle einen intellektuellen usw.

Dieses Thema ist keine Frage, sondern eine Art Denkanstoß.

Hallo humanist,

ich weiß nicht genau was du damit meinst wenn du sagst: "Der Rationalist sucht sich einen rationalen Sinn, der emotionale Typ eher einen emotionalen, der Intellektuelle einen intellektuellen usw."

Vieleicht kannst du kurz etwas näher darauf eingehen? Was zb. ist ein rationaler Sinn, was ein intellektueller...?

Ich selbst würde mich auch als einen rationalen Menschen einschätzen, sehe meinen Sinn im Leben aber nicht in etwas rein rationalem, praktischen.

Ich habe bisher in meinem Leben Menschen getroffen, mit unterschiedlichsten Sinnansichten für sich selbst: vom Weltverbesserer im großen Maßstab, über die Hausfrau, welche ihren Sinn darin sieht, ein würdiges Leben mit Hartz4 zu führen, Mütter deren Lebensinn ihre Kinder sind, Menschen die Sinn im Vergnügen finden, Leute welche sich für andere aufopfern und darin Erfüllung finden, Frauen und Männer welche ihren Sinn in einem normalen Leben (Beruf, Familie...) sehen...

Neben dem Charakter würde ich auch noch die Umstände erwähnen. Ich denke ein Sinn kann wechseln, je nach Lebenssituation.
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#5
@Ebru
Ist schon interessant, warum man das alles braucht. Der Mensch könnte auch einfach wie eine Maschine funktionieren. Warum hat er Emotionen?

Denke auch, dass man aus seinem Sinn permanent Rückhalt zehrt - durch Rituale, Diskussionen, Lektüre usw. Es ist nicht einfach eine inaktive Gewissheit, die nur ab und zu abgefragt wird.


@Gundi
Grob gesagt, neigen m.E. emotionale Personen eher zur Religiosität, während der Rationalist oft Naturalist ist.

Den wechselnden Sinn hatte ich oben kurz angeschnitten.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#6
Ich würde "Emotionen" den entwicklungsgeschichtlich älteren Teilen unseres Gehirns zuordnen, also Instinktresten. Die meisten Emotionen erfüllen wohldefinierte Ziele z. B. der Arterhaltung, der Lebenserhaltung und einem rudimentären Sippenzusammenhalt.

Religiosität und Weltanschauung sind ein entwicklungsgeschichtlich neues Phänomen, gewissermaßen die Emanzipation der instinktgebundenen Zusammenhaltsfunktionen hin zu einem bewussten Wahrnehmen der Gesellschaft als ein übergeordnetes Ganzes.

Sinnfindung ordnet darin dem Individuum seine "übergeordneten Aufgabe(n)" zu, gewissermaßen ein Ziel und einen Weg dorthin. "Übergeordnete Aufgaben" sind immer solche, die durch die Gesellschaft als Ganze definiert sind. Allerdings kann dies im Einzelfall kaum noch erkennbar sein, z. B. wenn jemand (just for fun) antike Möbel sammelt. Hier ist das Ziel der Erhalt einer als wertvoll angesehenen Tradition (gesellschaftlich!) und der Weg das (individuelle) Sammeln.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Mich erinnern die Antworten - mehr oder weniger - an Betriebsanleitungen für Rasenmäher. Ein System, sogar eine Gesellschaft (abstrakt und blind) vermag zunächst überhaupt nichts, wenn nicht der Einzelne (konkret) etwas zu erkennen vermag. Ob wir uns über unsere Instinkte jemals erhoben haben oder erheben werden können, bezweifle ich sehr stark. Emotionen ordne ich schon eher in den Bereich des Denkens zu.
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#8
Naja, geht man nach den Neurowissenschaften, könnte das menschliche Bewusstsein nur eine Illusion des eigenen Gehirns sein. Und es würde einem vorgegaukelt, man träfe Entscheidungen selbstständig.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#9
Als ich in der Pubertät die Frage hatte, wo die 'Wahrheit' ist, war zumindest das Eine mir klar: das Leben hat keinen Sinn. Wir sind halt hier. Und ich fand es grauenvoll, dass die Menschheit so viele Qualen erleidet, sei es durch Folter, durch Verschüttetsein, durch sonstwas. Ich war überzeugt davon, dass man sich nur einen in die Hucke lügt, wenn man sagt: ich finde es gut, dass wir alle da sind.

Würde es jedem einzelnen von uns bewusst sein, was gerade in diesem Moment an menschlichen Qualen geschieht, würde man den Verstand verlieren. Man weiß ja, wie jemand allein dadurch zusammenbricht, wenn man diesen über Tage miterleben lässt, wie ein anderer im Nebenzimmer gefoltert wird. Das geht so an die Substanz, dass man fast zerrüttet wird. Und dann stelle man sich vor, man würde alles und jedes mitkriegen, was an Schmerzen auf der ganzen Welt passiert.

Also kann man nur überleben, indem man das alles massiv verdrängt. Fakt aber ist dennoch, dass dies alles geschieht.
Darum war damals für mich, in der Pubertät, klar: ich akzeptiere nicht, dass die Menschheit da ist. Ginge es nach mir, würde ich sie nie entstehen lassen.

Heute sehe ich das im Prinzip nicht anders. Geändert hat sich meine Akzeptanz der Realität: wir sind nun mal da. Also kann ich nur noch beantworten, welchen Job ich hier übernehmen will. Welche Funktion ich für mich innerhalb dieser Tatsache sehe.
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#10
(15-08-2010, 12:50)Karla schrieb: Als ich in der Pubertät die Frage hatte, wo die 'Wahrheit' ist, war zumindest das Eine mir klar: das Leben hat keinen Sinn. Wir sind halt hier. Und ich fand es grauenvoll, dass die Menschheit so viele Qualen erleidet, sei es durch Folter, durch Verschüttetsein, durch sonstwas. Ich war überzeugt davon, dass man sich nur einen in die Hucke lügt, wenn man sagt: ich finde es gut, dass wir alle da sind.

Würde es jedem einzelnen von uns bewusst sein, was gerade in diesem Moment an menschlichen Qualen geschieht, würde man den Verstand verlieren. Man weiß ja, wie jemand allein dadurch zusammenbricht, wenn man diesen über Tage miterleben lässt, wie ein anderer im Nebenzimmer gefoltert wird. Das geht so an die Substanz, dass man fast zerrüttet wird. Und dann stelle man sich vor, man würde alles und jedes mitkriegen, was an Schmerzen auf der ganzen Welt passiert.

Also kann man nur überleben, indem man das alles massiv verdrängt. Fakt aber ist dennoch, dass dies alles geschieht.
Darum war damals für mich, in der Pubertät, klar: ich akzeptiere nicht, dass die Menschheit da ist. Ginge es nach mir, würde ich sie nie entstehen lassen.

Heute sehe ich das im Prinzip nicht anders. Geändert hat sich meine Akzeptanz der Realität: wir sind nun mal da. Also kann ich nur noch beantworten, welchen Job ich hier übernehmen will. Welche Funktion ich für mich innerhalb dieser Tatsache sehe.

Karla - ich stimme Dir fast voll zu.

Auch ich hätte ohne diesen Vorgang der Verdrängung, der immer wieder ganz bewusst erfolgte, nicht überleben können bzw. wäre wahnsinnig geworden. Leider hat sich dadurch bei mir eine Mischung von Schonhaltung und Kälte entwickelt. Ich war zu schwach, mich zu stellen.

Nur eines ist bei mir etwas anders: Ich meine, dass *vielleicht* doch hinter Allem ein Sinn steckt, den wir nur nicht erkennen können.
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#11
(15-08-2010, 19:28)agnostik schrieb: Nur eines ist bei mir etwas anders: Ich meine, dass *vielleicht* doch hinter Allem ein Sinn steckt, den wir nur nicht erkennen können.

Meinst Du bezogen auf das ganze Weltall?
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#12
(15-08-2010, 19:33)Karla schrieb:
(15-08-2010, 19:28)agnostik schrieb: Nur eines ist bei mir etwas anders: Ich meine, dass *vielleicht* doch hinter Allem ein Sinn steckt, den wir nur nicht erkennen können.

Meinst Du bezogen auf das ganze Weltall?

Ja, bezogen auf alles, einschl. des Weltalls. Am wichtigsten der Bezug auf das, was auf der Erde vorgeht einschl. unserer Existenz.
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#13
(14-08-2010, 13:36)humanist schrieb: Die Art von Sinn, die sich jemand sucht, scheint abhängig vom Charakter der Person zu sein. Der Rationalist sucht sich einen rationalen Sinn, der emotionale Typ eher einen emotionalen, der Intellektuelle einen intellektuellen usw.

Du unterstellst, jemand hätte die Haltung vor der Suche? Warum sollte er dann noch suchen?
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#14
Ich habe auch noch nicht so ganz verstanden was zb. ein intellektueller Sinn ist bzw. ein rationaler oder emotionaler?
Sieht ein rationaler Mensch seinen Sinn eher in seiner Arbeit, in seinem Schaffen? Und ein emotionaler eher in Religion?
Für mich klingt das schon wieder so, als ob rationale Menschen nicht gläubig sein können und emotionale (was ist eigentlich ein emotionaler Mensch genau und im Vergleich zu einem Rationalem?) keinen Dunst von Logik haben Icon_wink
Versteh wohl die Einteilung nicht so recht.
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#15
(16-08-2010, 12:32)Gundi schrieb: Ich habe auch noch nicht so ganz verstanden was zb. ein intellektueller Sinn ist bzw. ein rationaler oder emotionaler?
Sieht ein rationaler Mensch seinen Sinn eher in seiner Arbeit, in seinem Schaffen? Und ein emotionaler eher in Religion?
Für mich klingt das schon wieder so, als ob rationale Menschen nicht gläubig sein können und emotionale (was ist eigentlich ein emotionaler Mensch genau und im Vergleich zu einem Rationalem?) keinen Dunst von Logik haben Icon_wink
Versteh wohl die Einteilung nicht so recht.

Vielleicht sieht ein Mensch, bei dem die ratio überwiegt, eher die Widersprüchlichkeiten etc. der Religionen. Um gläubig zu sein müssen sie ihre ratio überwinden oder aber die Religion so modulieren, dass sie mit der ratio übereinstimmt.

Interessant in in dieser Beziehung die verschiedenen Wege innerhalb der Religion im Hinduismus, wie sie Swami Vivekananda einmal für die Yoga-Wege aufgeführt hat:

Bhakti (Liebes) Yoga für Emotionale.
Jnana (Wissens) Yoga für die Rationalen/Intellektuellen
Karma (Schaffens) Yoga für die Praktiker
Raja (soz. König des Yoga) Yoga für die Meditativen.

Es ist wirklich so, dass die Hindus allgemein (wenn auch natürlich mit Ausnahmen) den Lebenssinn in der Religion verorten und mit dieser Einteilung allen "Temperamenten" einen Weg aufzeigen. Damit stehen sie wohl im Gegensatz zu den Menschen im Westen, die anscheinend immer mehr den Sinn der Religionen in ihrer Auswirkung auf das jetzige Leben haben.
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