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Gott, Innenansichten eines Zeitgenossen
#1
Da ich nach meinem Gottesbild gefragt wurde, hier einige meiner Innenansichten.
Vorweg: Ich lasse mich nicht festlegen. Das sind nur einige Aspekte eines "atheistischen Christen". Ich habe kein Gottesbild im herkömmlichen Sinne, sondern Gott vollzieht sich im Tun oder gar einfach im Leben so gut oder schlecht es eben kommt.

Gott Vater: Ich bin Christ. Ich glaube an Gott. Ich fühle mich aufgehoben in einer Entität, die an keiner Stelle fehlt. Gott ist für mich nichts, das sich mit Sprache oder Bild fassen ließe. Der Begriff ist einfach die Fortsetzung der Nächstenliebe mit dem Mittel des Gebets um Fassung auch dann, wenn ich nicht mehr weiter kann und weiß.

Schöpfer der Welt: Ja, sofern es um die menschlichen Vorstellungen geht, die das Leben gestalten helfen. Nein, sofern irgendwelche konkreten Dinge der Natur damit erklärt werden.

Himmel: Nein weder Erde, Weltall noch Kosmos, sondern die vielfältige Vorstellungswelt der Menschen (Vielheit, Schwarmintelligenz).

Gottesreich: Die Welt, in der Menschen Hilfe und Trost von anderen erfahren.

Jesus Christus: Verkünder einer Welt der Nächstenliebe, der Gerechtigkeit und wie es praktisch geht.

Heiliger Geist: Ernsthaftes Sprechen über den Glauben, Verhandeln in Augenhöhe, Toleranz, höflich und nett aber bestimmt verhandeln

Gericht: Taten, die nicht in das allgemeine Bild des gerechten Menschen passen und deren Erfolg die Tat verwirft.

Heiliger Name: Der Respekt vor dem Glauben anderer.

Wille Gottes: Allgemeine Vorstellung dessen, was das Leben fördert, auch wenn dies zur Selbstbeschränkung (z. B. der Nachkommenschaft oder der menschlichen Macht) führt.

Kirche: Menschliche Organisation, nach modernem Verständnis als Gewissen der weltlichen Herrschaft.

Vergebung: Aufarbeitung von Verbrechen, Verhandlung, Sühne und Versöhnung

Auferstehung/ewiges Leben: Unsere Welt ist in dieser Angelegenheit derart wenig bekannt, dass die beste und angenehmste Vorstellung von „Kraft und Herrlichkeit“ gerade gut genug ist.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#2
Lieber Ekkard,

mir gefällt Dein Text sehr gut, und es Dich wundern, wenn ich sage, dass ich fast allem zustimmen kann.

Aber ein Fragezeichen habe ich dennoch: Wo ist da das "Mystische"? Bedeutet nicht Christentum, nein, Religiosität überhaupt, nicht auch "das Mystische", wie es Karl Rahner ja immer wieder ausgedrückt hat.

So, wie der Text hier steht, könnte dem vermutlich auch ein Atheist zustimmen. Er klingt so, als seien all diese Begriffe für Dich ausschliesslich Metaphern für "Welt" und "Leben".

Verstehe ich den Text da richtig?

Lieben Gruss und danke! Meiner Meinung nach ein ganz wichtiger Text für dieses Forum, den ich persönlich in die Grundlagentexte setzen würde.

DE
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#3
(16-08-2010, 07:58)Der-Einsiedler schrieb: So, wie der Text hier steht, könnte dem vermutlich auch ein Atheist zustimmen

nur, daß der atheist nicht (wie imho ekkard) die redundante gottesbehauptung hinzufügt

alles, was ekkard beschreibt, funktioniert auch ohne "gott"
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
(16-08-2010, 09:47)petronius schrieb:
(16-08-2010, 07:58)Der-Einsiedler schrieb: So, wie der Text hier steht, könnte dem vermutlich auch ein Atheist zustimmen

nur, daß der atheist nicht (wie imho ekkard) die redundante gottesbehauptung hinzufügt

alles, was ekkard beschreibt, funktioniert auch ohne "gott"

Ja, so sehe ich das auch, Petronius.
Daher würde mich eben interessieren, ob "Gott" für Ekkard nur eine Metapher für "Welt" und "Leben" ist. Dann ist sie aber "nichts" (was auch eine Metapher für "Gott" sein kann, wie z.B. in einigen Traditionen des Zen-Buddhismus). Oder doch "mehr"? Dann aber fehlt mir dieses "mehr" in diesem Text, und sollte ergänzt werden.

Gruss

DE
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#5
(16-08-2010, 09:47)petronius schrieb: alles, was ekkard beschreibt, funktioniert auch ohne "gott"
"Es" funktioniert nicht "auch ohne Gott" sondern "es" ist äquivalent zu einer Reihe von Erkenntnissen aus der Psychologie der Vielheit von Menschen. Es gibt eine Reihe von Begriffen: Gemeinschaftsgefühl, Gesellschaft, Liebe, Gruppendynamik, Corpsgeist, Geist von Camp David usw., die allesamt über ein solitäres Ich hinaus gehen. Der individuenübergreifende, stets wieder auf die Gruppe/Gesellschaft einwirkende Informationsfluss von Wissen, Ethik usw. bis Klatsch regelt das "Beziehungsbewusstsein". Ob mit oder ohne Gott hängt nur von der Tradition der Betreffenden ab.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#6
(16-08-2010, 12:30)Ekkard schrieb:
(16-08-2010, 09:47)petronius schrieb: alles, was ekkard beschreibt, funktioniert auch ohne "gott"
"Es" funktioniert nicht "auch ohne Gott" sondern "es" ist äquivalent zu einer Reihe von Erkenntnissen aus der Psychologie der Vielheit von Menschen. Es gibt eine Reihe von Begriffen: Gemeinschaftsgefühl, Gesellschaft, Liebe, Gruppendynamik, Corpsgeist, Geist von Camp David usw., die allesamt über ein solitäres Ich hinaus gehen. Der individuenübergreifende, stets wieder auf die Gruppe/Gesellschaft einwirkende Informationsfluss von Wissen, Ethik usw. bis Klatsch regelt das "Beziehungsbewusstsein". Ob mit oder ohne Gott hängt nur von der Tradition der Betreffenden ab.

richtig

den bezug zu "gott" stellst du nur her, weils halt tradition ist - er ergibt sich aber nicht aus irgendetwas, was du selber erleben oder wahrnehmen würdest

so kommts jedenfalls bei mir an

ich hab auch kein problem damit. nur ist es etwas irreführend insofern, als man unter "gott" halt üblicherweise (schon gar im christlichen kontext) etwas anderes versteht. kennen deine mitchristen (z.b. gemeindemitglieder) eigentlich deine einstellung und was sagen sie dazu?
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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#7
Hallo Ekkard,

So "atheistisch" finde ich Dich gar nicht, der Text zeugt davon, dass Du eine persönliche Beziehung zu einem Bereich hinter der reinen Materie hast, der für Dich in einem bestimmten Zusammenhang zur menschlichen Gemeinschaft steht, zu ihrem Werden und Sein in Geschichte und Gegenwart. Ich finde das schon sehr "gläubig", im positiven Sinn.

Danke für Deine Innenansicht Icon_lol Sie hat mich inspiriert, vielleicht auch mal meine Geschichte hier zu posten.

Viele Grüße
Lars
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#8
(16-08-2010, 13:30)Lars schrieb: der Text zeugt davon, dass Du eine persönliche Beziehung zu einem Bereich hinter der reinen Materie hast, der für Dich in einem bestimmten Zusammenhang zur menschlichen Gemeinschaft steht, zu ihrem Werden und Sein in Geschichte und Gegenwart.

Und genau diese Beziehung zu einem "Bereich dahinter" sehe ich nicht, Lars. Ich würde ihn gerne sehen. Aber Ekkard antwortet mir ja nicht... :icon_cry: :icon_wink:

Gruss

DE
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#9
Ich muss schnell los, ich werd später vielleicht noch anfügen, wo ich zumindest die Beziehung angedeutet sehe. :)
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#10
(16-08-2010, 14:45)Lars schrieb: Ich muss schnell los, ich werd später vielleicht noch anfügen, wo ich zumindest die Beziehung angedeutet sehe. :)

spannende sache - denn mir gehts wie dem einsiedler

mag aber daran liegen, daß mir gläubige christen ja durchaus nicht unvertraut sind, diese in ihrer einstellung, ihrem empfinden dieser beziehung zu gott so völlig anders sind als ekkard
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
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#11
@Einsiedler, Lars
(16-08-2010, 11:59)Der-Einsiedler schrieb: Daher würde mich eben interessieren, ob "Gott" für Ekkard nur eine Metapher für "Welt" und "Leben" ist. Dann ist sie aber "nichts" (was auch eine Metapher für "Gott" sein kann, wie z.B. in einigen Traditionen des Zen-Buddhismus). Oder doch "mehr"? Dann aber fehlt mir dieses "mehr" in diesem Text, und sollte ergänzt werden.

(16-08-2010, 13:30)Lars schrieb: So "atheistisch" finde ich Dich gar nicht, der Text zeugt davon, dass Du eine persönliche Beziehung zu einem Bereich hinter der reinen Materie hast, der für Dich in einem bestimmten Zusammenhang zur menschlichen Gemeinschaft steht, zu ihrem Werden und Sein in Geschichte und Gegenwart. Ich finde das schon sehr "gläubig", im positiven Sinn.

Ich muss gestehen, dass ich ein "mehr" (Der-Einsiedler) bzw. ein "dahinter" (Lars) nicht einordnen kann. Vielleicht verstehe ich auch die Idee nicht. Ich vermute, damit soll das bezeichnet werden, was gemeinhin "Transzendenz" genannt wird?

Wenn es etwas Transzendentes gibt, dann muss es ja "erzeugt" werden. Da gibt es doch nur zwei Möglichkeiten
  1. das Naturgeschehen oder
  2. der Mensch bzw. das Gehirn
Das Naturgeschehen kann dabei ziemlich weit gefasst werden, auch weitere Räume und Dimensionen umfassen. Ich bin aber überzeugt davon, dass das Transzendente nicht mehr ist, als was die Natur durch geeignete Systemprozesse z. B. in unserem Hirn schafft.
Bleibt also der Mensch und die Vorstellungen, die wir uns schaffen. Diese ergeben sich weitgehend aus dem Raunen der Gesellschaft um uns herum. Doch die sind und bleiben beschränkt auf das System "Mensch". D. h. Transzendentes wirkt bestenfalls durch den Menschen. (Gott vollzieht sich im Tun, hatte ich geschrieben.)

Deshalb ist mir die Vorstellung fremd, dass "jenseits der Natur" noch Entitäten existieren, die von menschlichen Vorstellungen unabhängig agieren.

Das Einzige, das ich akzeptiere, ist eine innerweltliche Transzendenz, die einfach auf für uns unübersichtlichen Mechanismen und Systemprozessen beruht, die wir derzeit nur rudimentär kennen. Ich nenne als bestes Beispiel unser eigenes Unterbewusstsein.

Übrigens: "reine Materie" gibt es für mich nicht. Materie, Strahlung und Raumzeit bilden ein System mit zahllosen, ineinander verschränkten Regelprozessen fernab vom thermodynamischen Gleichgewicht. Das irdische Leben oder das Getriebe in unserem Kopf bilden nur einen kleinen Abklatsch der nahezu unglaublich vielfältigen Eigenschaften, die das Gesamtsystem "Welt" aufweist.

Und wenn man so will, haben wir Menschen dazu eine Beziehung, weil diese Systeme im Kleinen wie im Großen auf Austausch angelegt sind. Das ist zwar wunderbar und unübersichtlich, aber nicht "transzendent".

Was ist nun Gott für mich? Nun ja, die Frage lasse ich bewusst offen. Bestenfalls kann ich sagen: Es handelt sich um jene Macht (Systemeigenschaft), die bewirkt, dass es in dieser Welt jene Glückspilze gibt, im quantentheoretischen Sinne: Beobachtersysteme, welche diese Welt wahrnehmen können: UNS.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
(16-08-2010, 12:47)petronius schrieb: den bezug zu "gott" stellst du nur her, weils halt tradition ist - er ergibt sich aber nicht aus irgendetwas, was du selber erleben oder wahrnehmen würdest
Richtig, weils halt Tradition ist. Aber überlege mal, wie man einem Laien "Systemeigenschaften" erklärt, aus denen heraus wir geworden sind und die zugleich für Systemerhalt und gesellschaftliche Regeln sorgen?

(16-08-2010, 12:47)petronius schrieb: nur ist es etwas irreführend insofern, als man unter "gott" halt üblicherweise (schon gar im christlichen kontext) etwas anderes versteht. kennen deine mitchristen (z.b. gemeindemitglieder) eigentlich deine einstellung und was sagen sie dazu?
Aber könnte es nicht sein, dass die Natur dieser Welt weit mehr kann als wir ihr gemeinhin unterstellen. Ich habe so Vieles über unsere Natur gelesen, dass es mich immer wieder überrascht, wie "primitiv" von ihr gedacht wird.

Ja, was halten meine christlichen Brüder und Schwestern davon? In dem kleinen Zirkel, in dem ich mich bewege, gibt es dazu zu viele Physiker und Ingenieure, die mir weitgehend zustimmen. Ich nehme an, dass es auch andere gibt, die solche Gedanken weit von sich weisen. Im Allgemeinen neige ich nicht dazu, meine Gesprächspartner auf die zuvor geschilderte Art zu überfordern. Ich wurde hier nur explizit dazu aufgefordert.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#13
(16-08-2010, 17:47)Ekkard schrieb: Was ist nun Gott für mich? Nun ja, die Frage lasse ich bewusst offen. Bestenfalls kann ich sagen: Es handelt sich um jene Macht (Systemeigenschaft), die bewirkt, dass es in dieser Welt jene Glückspilze gibt, im quantentheoretischen Sinne: Beobachtersysteme, welche diese Welt wahrnehmen können: UNS.

Lieber Ekkard,

ich wollte nicht alles zitieren, darum zitiere ich nur den letzten Absatz, aber ich muss sagen: ALLES, was Du schreibst, ist für mich pantheistisch... Zumindest ist das, was ich seit 30 Jahren über dieses Thema lese und höre und denke auf der gleichen Spur wie Deine Gedankengänge. Ich finde das natürlich sehr schön Icon_smile, aber was ist daran "christlich"?

Einen lieben Gruss

DE
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#14
(16-08-2010, 18:11)Ekkard schrieb: Aber könnte es nicht sein, dass die Natur dieser Welt weit mehr kann als wir ihr gemeinhin unterstellen. Ich habe so Vieles über unsere Natur gelesen, dass es mich immer wieder überrascht, wie "primitiv" von ihr gedacht wird.

Ja! Aber auch hier sehe ich wieder viel stärkere Bezüge zum Pantheismus als zum Christentum oder zu irgendeinet "theistischen Religion"...

LG

DE
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#15
(16-08-2010, 18:11)Ekkard schrieb: Aber überlege mal, wie man einem Laien "Systemeigenschaften" erklärt, aus denen heraus wir geworden sind und die zugleich für Systemerhalt und gesellschaftliche Regeln sorgen?

klar, so kann man "tradition" auch umschreiben

(16-08-2010, 18:11)Ekkard schrieb: kennen deine mitchristen (z.b. gemeindemitglieder) eigentlich deine einstellung und was sagen sie dazu?

klar kennen sie sie. und haben ebensowenig ein problem damit, sie zu akzeptieren, wie ich eins habe, ihre position anzuerkennen - ja, zu verstehen. ich kann ihr empfinden nachvollziehen - nur ist es eben nicht meins

bei deinem gottesverständnis stellt mich das vor ungleich höhere anforderungen

Zitat:Ja, was halten meine christlichen Brüder und Schwestern davon? In dem kleinen Zirkel, in dem ich mich bewege, gibt es dazu zu viele Physiker und Ingenieure, die mir weitgehend zustimmen

das überrascht mich jetzt etwas, aber ich habe ja auch nur begrenzte erfahrung mit solchen zirkeln und kann nicht von meinen erfahrungen auf alle schließen

Zitat:Ich nehme an, dass es auch andere gibt, die solche Gedanken weit von sich weisen. Im Allgemeinen neige ich nicht dazu, meine Gesprächspartner auf die zuvor geschilderte Art zu überfordern. Ich wurde hier nur explizit dazu aufgefordert.

auch das kann ich gut nachvollziehen und verstehen, daß dieses thema für deine gemeindemitgliedschaft und in deiner gemeinde keine herausragende rolle spielt
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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