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Kreuze in Schulzimmern - Runde 2
#1
Kürzlich habe ich einen Thread eröffnet über den Fall des Lehrers aus dem Kanton Wallis, der entlassen wurde, weil er in seinem Klassenzimmer die Kreuze abgehängt hat.

Nun gibt es einen Fall in Triengen, Kanton Luzern (ebenfalls Stockkatholisch), der aufsehen erregt. Dort hängen Kruzifixe in den Schulzimmern (also Kreuze, mit dem gekreuzigten Jesus drauf). Ein Vater - übrigens ein Deutscher - protestierte dagegen und berief sich, wie der Lehrer aus dem Fall im Kanton Wallis, auf den Bundesgerichtsentscheid aus 1990, gemäss dem Kruzifixe in Schulzimmern gegen die Religionsneutralität einer Schule verstiessen.

Im Verlauf dieser Woche las man täglich davon in den Zeitungen. Offensichtlich war von der Behörde in Triengen empfohlen worden, die Kruzifixe abzuhängen, und durch schlichte Kreuze zu ersetzen. Das war dem Vater offenbar nicht genug, er wollte den Fall bis vors Bundesgericht ziehen. Der Aufstand unter der katholischen Bevölkerung war riesig. Offenbar hat der Vater Morddrohungen erhalten, weswegen er gemäss Interview nun das Land verlassen will.

Zitat:Schulpflege und Gemeinderat hätten nun eine salomonische Lösung gefunden: Die umstrittenen Kruzifixe würden aus den Schulzimmern entfernt und durch zwei schlichte Steinkreuze ersetzt. Das seien die Behörden der Bevölkerung, die sich über das «Diktat eines Einzelnen» ereifert habe, schuldig.”

“Für den Luzerner Theologen Lukas Niederberger ist es kein christliches Logo, sondern ein konfessionell neutrales Symbol, das schon die Höhlenbewohner benutzt hätten.”
Zitat aus "frei-denken.ch"

Ich bin ja wirklich gespannt, wie das weitergeht. :icon_rolleyes:
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#2
Solche Dinge sind denke ich immer nur interessant, solang sie noch Aufsehen erregen. Es wird nicht mehr lang dauern, dann ist so etwas für die Presse nicht mehr interessant und spätestens dann für die Schulen auch nicht mehr.
Bei Kruzifixen kann ich die ganze Nummer verstehen, es ist für mich einfach bedrückend, den ganzen Tag auf einen toten, am Kreuz leidenden Menschen starren zu müssen.
Gruß
Motte

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#3
“Für den Luzerner Theologen Lukas Niederberger ist es kein christliches Logo, sondern ein konfessionell neutrales Symbol, das schon die Höhlenbewohner benutzt hätten.”

Die Höhlenmenschen hatten bereits den Lattenjupp hängen? Beeindruckend. Und ich dachte, das Christentum wäre jünger. :icon_eek:
Vielleicht hatte man damals lediglich Kreuze gemacht, um erlegte Tiere zu zählen.
"What can be asserted without proof can be dismissed without proof." [Christopher Hitchens]
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#4
(22-10-2010, 12:42)humanist schrieb: “Für den Luzerner Theologen Lukas Niederberger ist es kein christliches Logo, sondern ein konfessionell neutrales Symbol, das schon die Höhlenbewohner benutzt hätten.”

Die Höhlenmenschen hatten bereits den Lattenjupp hängen? Beeindruckend. Und ich dachte, das Christentum wäre jünger. :icon_eek:
Vielleicht hatte man damals lediglich Kreuze gemacht, um erlegte Tiere zu zählen.

Der Mann hat Recht. Ich glaube so ziemlich jeder kennt - mindestens aus Hollywood - das Anch. Oder auch das Taukreuz (heute: Antoniuskreuz) das meines Wissens ein Zeichen war, das assyrische Staatsführer als Symbol ihrer Macht trugen.
Aber selbstverständlich ist das nichts anderes als eine Schutzbehauptung. Den Blick der treuen Christengemeinde möchte ich gerne sehen, wenn man im Klassenzimmer ein Anch aufhängt - die meisten Leute hätten wohl keine Ahnung was das sein soll, und hielten es für irgendetwas Satanisches :icon_cheesygrin:. Wenn man christliche Protestkultur kennenlernen will - einfach mal das Kreuz gegen das Anch tauschen! Das wird lustig! Occasion14
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz
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#5
Ja, natürlich gab's Kreuze in irgendeiner Form immer schon - ich habe mal meiner Mutter
(damals Reli-Lehrerin) ein Ansteck-Kreuz aus Kreta mitgebracht, ein Replikat aus der
minoischen Zeit ca. 2.500 v.Chr. - das war aber ein 'griechisches Kreuz' mit gleichlangen
Balken; das 'römische Kreuz' in der bekannten Form ist ein Symbol für die Todesstrafe,
ob nun ein Corpus dranhängt oder nicht...
() qilin
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#6
Das Kreuz ist ein altes Symbol, ganz unabhängig vom christlichen Glauben. Das Kreuz ist Zeichen für den Menschen, die Erde und noch einiges mehr. Wenn Kreuze neutral gehalten werden, also ohne figürliche Darstellung, spricht nichts dagegen, dieses alte Symbol in der Klasse zu behalten. Die Diskussion halte ich für überzogen und spießig.
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#7
Das Kreuz, das sie aufhängen ist ein Christliches Symbol Icon_wink "Kreuze gabs ja schon vor dem Christentum...". Klar, aber warum nimmt man dann eins, das so ausschaut wie das christliche Todeskreuz? Wieso nicht ein Schweizer-Kreuz, das ausschaut wie ein +, oder warum kein Anch, wie Franziskus schon vorschlug? Und wenn es ein Allgemeines Zeichen sein soll, wieso kein Dreieck oder keinen Kreis? Sind auch alles ganz alte Symbole. Sorry, aber da wird man doch für dumm verkauft.

Raus mit dem religiösen Kram und gut ist. Wüsste nicht, was das Christentum in unseren Schulen zu suchen hätte.
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#8
Liebe Theodora,

aber heute wird das Kreuz doch als christliches Symbol betrachtet. Ich glaube kaum, dass die Eltern oder Schüler einer Schule in ihm ein altes Symbol für die Erde und den Menschen (den spirituellen Menschen) sehen, sondern das, was es ja wohl auch sein soll in diesem Kontext: Ein christliches Symbol. Und Du magst mich spiessig nennen, aber ich finde, religiöse Symbole sollten in einer multireligiösen Gesellschaft nicht in staatliche Institutionen gehängt werden, wenn man keine Konflikte heraufbeschwören will. Es sei denn, man ermöglicht wirklich ALLEN (!), ihre Symbole in der Schule aufzuhängen oder hinzustellen, und nicht nur das Symbol der "bevorzugten" Religion...

Lieben Gruss

DE
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#9
(22-10-2010, 16:40)Theodora schrieb: Das Kreuz ist ein altes Symbol, ganz unabhängig vom christlichen Glauben. Das Kreuz ist Zeichen für den Menschen, die Erde und noch einiges mehr. Wenn Kreuze neutral gehalten werden, also ohne figürliche Darstellung, spricht nichts dagegen, dieses alte Symbol in der Klasse zu behalten. Die Diskussion halte ich für überzogen und spießig.

Für den Menschen, für die Erde und noch einiges mehr - aha. Also überhaupt für alles, was einem gerade in den Kram passt, nicht? Und was verbindet man damit? Die wenigsten verbinden damit überhaupt den ursprünglichen Sinn des Gebrauchs dieses Symbols - nämlich die Kreuzigungsstrafe, die im antiken Rom normal war. DIESES Kreuz nämlich ist beispiellos - das Keltenkreuz sieht anders aus, das Anch sieht anders aus, das heutzutage sogenannten Schweizerkreuz sieht anders aus. Weshalb? Weil dieses Kreuz aus zwei zusammengenagelten Brettern besteht und nur einen einzigen Zweck hatte: Damit die Todesstrafe auszuführen. Und darum, als Symbol des Todes Christi am Kreuz, wurde es als Symbol des Christentums auserwählt.
Wenn Du ein Symbol haben möchtest, das in allen Kulturen (mit Ausnahme der Aborigines) vorkommt, das überall gefunden wurde und überall für das gleiche steht - nämlich ein Glücks- und Erfolgssymbol darstellt - dann kannst Du ja mal versuchen, die Swastika in den Raum zu hängen - aufgrund der näheren Vergangenheit glaube ich aber, dass das hierzulande auf wenig Gegenliebe stößt. Denn was verbindet man mit der Swastika? Das dritte Reich. Nichts anderes. Eine Berufung auf die tatsächliche Symbolik der Swastika ist zwecklos.
Wann immer irgendwelche Symbole in die Raummitte gehängt werden - wahlweise auch Bilder von übermenschlichen Führern - ist dies eine Symbolik der überbordernden Macht dessen, wofür es steht. Das Schulkreuz besagt: Ihr alle werdet im Zeichen des Kreuzes unterrichtet. Im Zeichen des Kreuzes, dem unzählige von Euch Atheisten nicht entkommen sind;- im Zeichen des Glaubens, der Euch alle, die Ihr nicht glaubt ausschließt. Jedes Symbol, unter dessen Schatten man unterrichtet wird, erhebt einen diskriminierenden Universalanspruch. Alles andere ist unzulässig. Dabei ist die Art des Symboles vollkommen egal; es geht allein um den direkten Ausschluß aus der Gemeinschaft eines jeden, der diesem Symbol zuwiderhandelt. De facto sind solche Leute überhaupt nicht vorgesehen.
Eine Philosophie, Symbolik, Politik, etc. als zentralen Gegenstand an Schulen zu betrachten, heißt gezielt zu propagieren, missionieren und eine Einheit vorauszusetzen, wo schon längst keine Einheit mehr gegeben ist. Das Kreuz im Klassenzimmer ist ein Überbleibsel aus theokratischen Zeiten, in denen alles, das sich dem Zwang nicht fügte, gnadenlos ausgemerzt wurde. Später ersetzt durch das Konterfeit des Führers, das genau denselben Effekt haben sollte: Verehrung und Unterordnung zu erzielen.
Politische, religiöse und weltanschauliche Symbole haben in der Raummitte eines Klassenraumes nichts verloren.
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz
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#10
Wie gesagt, diese Diskussion rund um das Kreuz, finde ich in der Sache überzogen und manchmal auch spießig.
Warum spießig? Sie wird fantasielos und beziehungslos geführt und wirkt kleinkrämerisch im Detail. Viele Symbole geraten zur Zeit sowieso in Vergessenheit und Menschen mögen, brauchen mitunter "Symbole", wie Rituale ihren Platz haben. Der Ehering zum Beispiel, ist ein altes Symbol, sogar im ZEN wird der Kreis als (eine Art) Symbol verwendet, desweiteren die Farben, die Grundformen ect., Die Welt der Zeichen und Symbole ist eine hochkonzentrierte, eine verdichtete Sprache. Es sprichts nicht dagegen, wenn die Schüler und Schülerinnen ihre Symbole mit in das Klassenzimmer nehmen und aufstellen oder aufhängen würden. Mir gefällt diese Idee.
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#11
(22-10-2010, 18:08)Theodora schrieb: Es sprichts nicht dagegen, wenn die Schüler und Schülerinnen ihre Symbole mit in das Klassenzimmer nehmen und aufstellen oder aufhängen würden. Mir gefällt diese Idee.

Das ist aber ja nichtmal der Fall. Das Kreuz hängt im Klassenzimmer nicht weil Schüler es aufhängen, sondern weil es quasi zur Einrichtung gehjört, die man nicht wegnehmen darf und wenn es doch jemand tut findet man es auf der Titelseite wieder.
Entweder man macht aus der Schule und aus Lehrern etwas objektives oder eben nicht. D.h. entweder darf jeder entsprechend seiner Überzeugung handeln und aussehen oder eben niemand. Aber das Kreuz aufhängen und einem Lehrer das Kopftuch verbieten, weil er neutral zu bleiben hat, das kanns nicht sein.
Gruß
Motte

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#12
(22-10-2010, 18:08)Theodora schrieb: Es sprichts nicht dagegen, wenn die Schüler und Schülerinnen ihre Symbole mit in das Klassenzimmer nehmen und aufstellen oder aufhängen würden. Mir gefällt diese Idee.
Nicht schlecht, nur - welche Symbole würden Kinder von heute mit ins Klassenzimmer nehmen?
Pokemon's, Mickey-Mäuse oder was? Das lateinische Kreuz als Symbol des Christentums ist
keineswegs 'in Vergessenheit geraten' - man sieht es ja an jeder zweiten Straßenkreuzung,
auf jedem Kirchturm und hundertfach auf jedem Friedhof... :icon_rolleyes:
() qilin
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#13
Motte schrieb:Aber das Kreuz aufhängen und einem Lehrer das Kopftuch verbieten, weil er neutral zu bleiben hat, das kanns nicht sein.
Da muß ich selbst Dir Recht geben! Verstehe als überzeugter Christ selbst nicht, was sich gewisse Staatsorgane da ausgedacht haben! Natürlich hat im Unterricht Neutralität zu herrschen. Möchte nicht wissen, welcher Aufschrei kommt, wenn ich im Unterricht in Mönchskutte erscheine (weil die mir keiner wirklich abnimmt...).

Aber im Ernst, ich finde diese Doppelmoral zum abk*****.

Gruß
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#14
(22-10-2010, 20:15)alwin schrieb:
Motte schrieb:Aber das Kreuz aufhängen und einem Lehrer das Kopftuch verbieten, weil er neutral zu bleiben hat, das kanns nicht sein.
Da muß ich selbst Dir Recht geben! Verstehe als überzeugter Christ selbst nicht, was sich gewisse Staatsorgane da ausgedacht haben! Natürlich hat im Unterricht Neutralität zu herrschen. Möchte nicht wissen, welcher Aufschrei kommt, wenn ich im Unterricht in Mönchskutte erscheine (weil die mir keiner wirklich abnimmt...).

Aber im Ernst, ich finde diese Doppelmoral zum abk*****.

Gruß

Fairerweise muss man aber auch anführen, dass Europa sich im Allgemeinen sehr schwer damit tut, die religiösen "Traditionen" abzulegen. Vor noch ca. 30-40 Jahren hatte man es schwer, die Welt nicht in "katholischen" und "evangelischen" Kategorien zu bewerten; eine Unsitte, die sich mittlerweile arg zurückgebildet hat.
Das einzige Land, das sich wirklich stark zum Laizismus bekennt ist Frankreich, und das auch nur aus gegebenem historischem Anlaß;- ein Land, das sich über einen langen Zeitraum an eine Entkoppelung religiöser Herrschaft gewöhnen konnte. Wir hierzulande hatten bis vor einigen Jahrzehnten immer noch Probleme, die Reichsgründung bzw. den Bund zu begreifen. Noch zu meiner Mutters Kindertagen wurde die Welt nicht allein in "katholisch" oder "evangelisch" eingeordnet, sondern auch in "preußisch", "hanseatisch", "bayrisch", etc. Nach der Wende betrachtet sich die Welt jetzt all zu häufig in "Ost" und "West", was nur eine duale Spaltung anderer Verhältnisse ist.
Ein Land, das so wenig grundsätzliche Ordnung besitzt wie die Bundesrepublik Deutschland, wird sehr sparsam damit umgehen, das bißchen was noch an Geschichte übrig ist herzugeben. Im Gegensatz zu Frankreich ist man hierzulande eine Protestkultur nicht gewohnt; man ist keinen Laizismus gewohnt, hat man sich schon mit mäßigen Kritikern sehr schwer getan. Bei allem - im Übrigen für das Gebiet, das heute den Bund deutscher Staaten darstellt typischen - Überlegenheitsgedanken und der jetzt schon wieder fundamental und fast schon klerikal verteidigten und glorifizierten Demokratie (als wären die Deutschen schon Jahrhunderte lang ausgewiesene Demokraten gewesen!), ist die Bundesrepublik, die erst seit 20 Jahren "vereint" ist, immer noch ein in sich ungeordneter Staat. Im Grunde eine der besten Metaphern auf Europa, das den Spagat zwischen Tradition und den neuen, laizistischen Entwicklungen immer noch nicht hinbekommen hat; man macht dem Klerus viel zu viele Zugeständnisse und fürchtet sich vor einer totalen Trennung von Staat und Kirche, denn das wäre eine Bankrotterklärung gegenüber der nachchristlichen europäischen Geschichte. Aber vielleicht wäre es ja eine, die berechtigt ist. Ich glaube, nach allem was ich so lese und höre, dass ein Großteil der Menschen damit einverstanden sind, Religionen komplett als Privatsache zu belassen, und nicht als Spiegel politischer und gesamtgesellschaftlicher Bestrebungen.
“I love to play with kids; they’re easy to cheat and fun to beat.” –Fran Lebowitz
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#15
Machen wir uns doch nichts vor: Wir leben mittlerweile in einem sehr schnell-lebigen Wandel - auch von Werten. Eigene Werte stehen nach einer gewissen Zeit zur Disposition und der mögliche Dialog mit Werten von außerhalb kann mitunter stressen. Staatl. Einrichtungen kommen mit ihren Verordnungen nicht nach, suchen aber nach Begründungen, ihren status quo begründen zu können. Je nach sozialem Umfeld ist der Mensch verschiedenartig für solche Themen sensibilisiert. Innerhalb einer Forumsdiskussion wird sich das nicht so schnell zeigen, aber das geschriebene Wort steht nun einmal da. Bleibt da die geforderte Toleranz und Geduld nicht hier und da auf der Strecke?

Gruß
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