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Darstellungsarten der Philosophie
#31
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: ich habe auch die Möglichkeit. philosophische Texte als literarische zu nehmen. Ich kann auch sie - als Beispiel - dekonstruieren, um sie auf diese Weise ideologiekritisch aufzuknacken. Man kann philosophische Texte nicht nur durch wissenschaftliche Analyse deuten und deren Implikationen herausschälen, sondern auch durch künstlerische Gestaltung.

Sicher kannst du das. Nur wirst du damit nicht immer das herausbekommen, was der Verfasser eigentlich meinte. Und da Philosophen selten schöngeistige Dinge schreiben wollen, in die der geneigte Leser alles hineininterpretieren darf (eben auch ideologische Dinge) wie er mag und nach Lust und Laune sich die Thesen zurechtbiegt, finde ich es ziemlich frech sie für dergleichen zu missbrauchen bzw. mit ihren Schriften Dinge zu rechtfertigen, interpretieren etc. um welche es dem Verfasser in keinster Weise ging.
Das mag bei Lyrik und Literatur generell funktionieren, nicht aber bei streng philosophischen Texten.

(05-07-2011, 00:55)Gundi schrieb: Ein philosophischer Text (und hiermit meine ich streng wissenschaftliche Texte, keine Prosa) ist da etwas anderes. Der Verfasser hat eine klare Meinung (zumindest meistens) und versucht dem Leser diese in logischen Schritten nahezubringen, ihn also an seine Gedanken heranzuführen.
Das finden wir bei den Gottesbeweisen eines Thomas von Aquin ebenso wie bei Sokrates oder Kants Vernunft.
Natürlich steht es dir dennoch frei, auch etwas anderes hineinzuinterpretieren, nur ist das nicht die eigentliche Absicht des Verfassers. Bei anderen Wissenschaften (egal ob Geistes- oder Natur-) ist es ja genauso.

(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Die Intention eines Werkes finde ich durch die Analyse des Werkes heraus. Und das Ergebnis ist nicht festgelegt.


(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Verschiedene Epochen haben unterschiedliche Auslegungen hervorgebracht.

Darum geht es aber nicht. Es geht darum dass Philosophen mit ihren Werken bestimmte Dinge ausdrücken wollen, dies meist versuchen auf logischen Schritten zu begründen und eben damit den Spielraum für wilde Interpretation ziemlich einschränken.
Natürlich wird die Interpretation immer schwieriger je weniger vom Autor und dessen Werken bekannt ist...
Das einzelne Epochen unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Begriffen, Sachverhalten oder dergleichen haben ist etwas völlig anderes.


(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Platons Ideenlehre zum Beispiel hat eine rationalistische Tradition hervorgebracht (Idee als Begriff), aber auch eine mystische (Idee als Urbild). Das lassen Platos Texte zu.

Warum auch nicht. Hier geht es ja nicht um Interpretationen.

(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Ich kann Textintentionen - die ich von Autorenintention unterscheide - durchaus auch so herausfinden - als Beispiel -, dass ich einen Platontext verkomponiere, um eine Dimension herauszufiltern, die anders als durch eine Komposition nicht herauszufiltern ist. Begriffliche Analysen sind da viel zu grob für.

Da sich die Philosophie der Sprache zur Vermittlung ihrer Ideen bedient und Sprache und Philosophie in totalem Zusammenhang stehen (es gibt durchaus Sprachen die für Philosophie besser geeignet sind als andere. Nicht umsonst ist Deutsch immer noch ganz weit oben), sollte natürlich auch sie benutzt werden um das eigentliche Anliegen des Verfasssers zu ergründen.
Das Philosophie sich nicht mit Kunst mischen darf, wurde ja gar nicht behauptet. Nur sind die rein wissenschaftlichen Texte (und Kants Kritik der reinen Vernunft hat wohl eher weniger Kunstcharackter) nicht frei interpretierbar, sondern haben, ähnlich anderen Wissenschaften, eine Botschaft die auch so rausgelesen werden sollte.
Fairerweise muss aber auch gesagt werden, dass auch Philosophen gerne mit Bildern arbeiten. Sokrates hat dies gerne getan. Nur: Dahinter steckt eine Absicht und zwar den Zuhörer/Leser die eigene Idee nahezubringen. Nicht jedoch ihn mit einem Haufen Interpretationsmöglichkeiten alleine zu lassen.



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#32
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(05-07-2011, 14:00)Gundi schrieb:
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: ich habe auch die Möglichkeit. philosophische Texte als literarische zu nehmen. Ich kann auch sie - als Beispiel - dekonstruieren, um sie auf diese Weise ideologiekritisch aufzuknacken. Man kann philosophische Texte nicht nur durch wissenschaftliche Analyse deuten und deren Implikationen herausschälen, sondern auch durch künstlerische Gestaltung.

Sicher kannst du das. Nur wirst du damit nicht immer das herausbekommen, was der Verfasser eigentlich meinte.


Die Frage, was ein Verfasser "eigentich" meinte, ist eine psychologische. Man müsste, um das herausfinden zu könenn, die Gedanken des Verfassers beim Schreiben sozusagen scannen, und ebenfalls sein Verdrängtes.

Das aber ist sowohl unmöglich als auch für die Rezeption von Texten nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende Faktor ist der Text selber.
Selbst der Lesevorgang - darin sind sich die Geisteswissenschaftler heute so gut wie einig - ist bereits ein interpretativer. Ein selektierender.

Wovon ich oben aber sprach, war die ideologiekritische Analyse. Die versucht, seit es sie gibt, den Text daraufhin abzuklopfen, was er ungewollt mitliefert. Da kann man den Autor fragen, solange man will: er wird darauf keine Antwort haben. Und sich vielleicht auch missvertanden fühlen. Aber nicht nur ein literarischer, auch ein philosphischer hat neben dem Oberflächentext einen Subtext. Dieser Subtext kann gelegentlich dem Oberflächentext direkt widersprechen. Und der Autor hat es nicht gemerkt.

Schon aus diesem Grund ist der Autor (als Person) nicht die ausschlaggebende Instanz, sondern sein Text.


(05-07-2011, 14:00)Gundi schrieb: Und da Philosophen selten schöngeistige Dinge schreiben wollen, in die der geneigte Leser alles hineininterpretieren darf (eben auch ideologische Dinge) wie er mag und nach Lust und Laune sich die Thesen zurechtbiegt, finde ich es ziemlich frech sie für dergleichen zu missbrauchen


Es ist aber der Lauf der Welt, dass ständig missverstanden wird, oft auch produktiv missverstanden wird. Goethe hat die Antike missverstanden und dennoch eine Aktivierung der Antike bewirkt, die Romantik hat für das Mittelalter geschwärmt und das Mittelalter komplett missverstanden etc. etc.

Woran willst Du denn "die Frechheit" messen? Woran dingfest machen? Ist es eine Frechheit, dass man Nietzsche als Vorläufer der Nazis las? Dass man Meister Eckhart als Vordenker der Nazizeit liest? Kann ich nicht erwarten, dass man sich informiert und feststsllt, dass man Ideologen aufgesessen ist, die Eckhart missbraucht haben?

Nein, ich kann es nicht erwarten. Der Mensch schnappt was auf, und fertig ist sein Urteil. Dagegen kann ich nichts machen. Egal, wie empört ich bin.

Aber davon war hier noch nicht einmal die Rede. Sondern davon, dass Künstler oder Philosophen sich über Jahre mit einem Text auseinandersetzen und dann ihre Ergebnisse einem Publikum vorstellen.
Bei Reclam kann dann der empörte Zuschauer den Text selber lesen. Und er muss sich auch nichts ansehen, was ihn empört. Die Welt ist groß, und irgendwer wird schon die Sachen so sehen wie man selber.


Zitat:
(05-07-2011, 02:28)Karla schrieb: Platons Ideenlehre zum Beispiel hat eine rationalistische Tradition hervorgebracht (Idee als Begriff), aber auch eine mystische (Idee als Urbild). Das lassen Platos Texte zu.

Warum auch nicht. Hier geht es ja nicht um Interpretationen.


Verstehe ich nicht. Das geht doch gerade um Interpretationen. Der eine liest Plato rationalistisch, der andere mystisch. Das ist doch ein Protobeispiel für unterschiedliche Interpretation.

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#33
(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Die Frage, was ein Verfasser "eigentich" meinte, ist eine psychologische. Man müsste, um das herausfinden zu könenn, die Gedanken des Verfassers beim Schreiben sozusagen scannen, und ebenfalls sein Verdrängtes.

Ach so? Und das müssen wir bei jedem naturwissenschaftlichen Text dann auch machen, da der Verfasser ja auch etwas ganz anderes gemeint haben könnte als wir rauslesen?
Verstehe ich das richtig?

Mal im Ernst: Auch ein Philosoph ist in der Lage seine Gedanken so zu formulieren dass auch spätere Generationen sie zu verstehen wissen.
Philosophische Texte sind doch keine bildhaften, nebulösen Gebilde. Was hätte der Verfasser davon? Der wird doch wohl auch wollen, dass man seine Gedanken richtig herausliest.

(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Das aber ist sowohl unmöglich als auch für die Rezeption von Texten nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende Faktor ist der Text selber.
Selbst der Lesevorgang - darin sind sich die Geisteswissenschaftler heute so gut wie einig - ist bereits ein interpretativer. Ein selektierender.

Würde ich so nicht unterschreiben. Bei Prosa und Lyrik auf jeden Fall. Bei wissenschaftlichen Texten eher nicht. Da Philosophie zum zweiteren gehört ist das Ergebniss dementsprechend.

(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Wovon ich oben aber sprach, war die ideologiekritische Analyse. Die versucht, seit es sie gibt, den Text daraufhin abzuklopfen, was er ungewollt mitliefert. Da kann man den Autor fragen, solange man will: er wird darauf keine Antwort haben. Und sich vielleicht auch missvertanden fühlen. Aber nicht nur ein literarischer, auch ein philosphischer hat neben dem Oberflächentext einen Subtext. Dieser Subtext kann gelegentlich dem Oberflächentext direkt widersprechen. Und der Autor hat es nicht gemerkt.

Sicher kann man auch etwas aus einem Text herauslesen, dass dort gar nicht steht. das habe ich auch nie abgestritten.
Die Ausgangsfrage war aber, ob philosophische Texte wild umherinterpretiert werden dürfen, da du meintest sobald der Text publik ist, hat der Autor kein Mitspracherecht mehr.
Und das sehe ich anders.
Der Autor eines philosophischen Textes hat konkrete Gedanken, die auch genau so gelesen werden sollen. Nicht anders, nicht verschoben. Wenn es dennoch getan wird, ist das Missbrauch gegenüber den Gedanken des Verfassers.


(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Woran willst Du denn "die Frechheit" messen? Woran dingfest machen? Ist es eine Frechheit, dass man Nietzsche als Vorläufer der Nazis las? Dass man Meister Eckhart als Vordenker der Nazizeit liest? Kann ich nicht erwarten, dass man sich informiert und feststsllt, dass man Ideologen aufgesessen ist, die Eckhart missbraucht haben?

Tut mir leid, aber ich verstehe momentan nicht mehr was du eigentlich sagen willst. Du warst es doch die meinte, man kann philosophische Texte (mehr oder weniger beliebig) interpretieren. Oder sehe ich das auf einmal falsch?
Jetzt auf einmal redest du davon dass Meister Eckhart missbraucht wurde.
Wieso auf einmal missbraucht und nicht einfach anders interpretiert?

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#34
Gundi, Deine Einstellung gefällt mir:

Zitat:Mal im Ernst: Auch ein Philosoph ist in der Lage seine Gedanken so zu formulieren dass auch spätere Generationen sie zu verstehen wissen.
Philosophische Texte sind doch keine bildhaften, nebulösen Gebilde. Was hätte der Verfasser davon? Der wird doch wohl auch wollen, dass man seine Gedanken richtig herausliest.

Wenn ich das auf die Philosophie der Bibel anwende, deren Texte man teilweise nicht verstehen kann - aber in Hebräisch versteht - dann muss eben auf dem Gebiet eine bessere Denkweise her. Eine mit vernünftiger Überlegung - und nicht ein Festhalten an unvernünftigen Vorstellungen, weil es so und so viele Bücher schon darüber gibt, die alle zitiert werden müssen.
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#35
(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb:
(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Die Frage, was ein Verfasser "eigentich" meinte, ist eine psychologische. Man müsste, um das herausfinden zu könenn, die Gedanken des Verfassers beim Schreiben sozusagen scannen, und ebenfalls sein Verdrängtes.

Ach so? Und das müssen wir bei jedem naturwissenschaftlichen Text dann auch machen, da der Verfasser ja auch etwas ganz anderes gemeint haben könnte als wir rauslesen?
Verstehe ich das richtig?


Wir reden hier doch von philosophischen Texten. Wie kommst Du auf die Idee, dass ich der Meinung bin, das müsse bei naturwissenschaftlichen Texten auch so gemeint sein?


Insgesamt, Gundi:
Mir sind Deine Ausführungen zu theoretisch. Ich weiß nicht, von welchen Philosophen Du sprichst, und darum kann ich dazu gar nichts sagen. Ich habe ein paar Beispiele gebracht, und ich kenne nicht einen Philosphen, der Dinge nicht mitformuliert hat, die ihm gar nicht so bewusst waren.


(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb:
(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Das aber ist sowohl unmöglich als auch für die Rezeption von Texten nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende Faktor ist der Text selber.
Selbst der Lesevorgang - darin sind sich die Geisteswissenschaftler heute so gut wie einig - ist bereits ein interpretativer. Ein selektierender.

Würde ich so nicht unterschreiben. Bei Prosa und Lyrik auf jeden Fall. Bei wissenschaftlichen Texten eher nicht. Da Philosophie zum zweiteren gehört ist das Ergebniss dementsprechend.


Wie ich weiter oben schon gesagt habe - und versucht habe zu erläutern - , sind philosphische Texte keine wissenschaftlichen Texte.


(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb: Der Autor eines philosophischen Textes hat konkrete Gedanken, die auch genau so gelesen werden sollen. Nicht anders, nicht verschoben. Wenn es dennoch getan wird, ist das Missbrauch gegenüber den Gedanken des Verfassers.


Es ist psychologisch unmöglich, die Gedanken eines Autors genauso zu lesen, wie sie gemeint wurden. Da kann man Vorschriften erlassen so lange man will: es ist menschenunmöglich. Und das zweifelt in den Geisteswissenschaften auch niemand an.


(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb:
(05-07-2011, 19:23)Karla schrieb: Woran willst Du denn "die Frechheit" messen? Woran dingfest machen? Ist es eine Frechheit, dass man Nietzsche als Vorläufer der Nazis las? Dass man Meister Eckhart als Vordenker der Nazizeit liest? Kann ich nicht erwarten, dass man sich informiert und feststsllt, dass man Ideologen aufgesessen ist, die Eckhart missbraucht haben?
Tut mir leid, aber ich verstehe momentan nicht mehr was du eigentlich sagen willst. Du warst es doch die meinte, man kann philosophische Texte (mehr oder weniger beliebig) interpretieren. Oder sehe ich das auf einmal falsch?


Gundi, ich habe oben das alles versucht, sehr zu differenzieren. Ich bin im Moment zu matt dazu, das noch einmal zu schreiben.


(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb: Jetzt auf einmal redest du davon dass Meister Eckhart missbraucht wurde.
Wieso auf einmal missbraucht und nicht einfach anders interpretiert?


Hier war ich wohl wirklich etwas unklar. Ich wollte mit dem Beispiel sagen: man kann nicht erzwingen, dass Leute die Texte so und so lesen. Man kann nur durch eine ideologiekritische Analyse zeigen, ob da Missbrauch vorliegt. Der Missbrauch kann bewusst sein - also als demagogisches Mittel eingesetzt werden -, und er kann unbeabsichtigt passieren.

Ich habe allerdings oben sehr eindeutig geschrieben, dass die freie Interpretation eines Textes da aufzuhören hat, wo diese Schaden anrichtet. Und der Missbrauch der Eckhart-Texte hat Schaden angerichtet, und wie.

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#36
(06-07-2011, 22:59)Karla schrieb: Interpretation eines Textes da aufzuhören hat, wo diese Schaden anrichtet. Und der Missbrauch der Eckhart-Texte hat Schaden angerichtet, und wie.

Liebe Karla, kannst Du hier Deine Meinung dazu näher erläutern?
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#37
(07-07-2011, 19:08)MaSofia schrieb:
(06-07-2011, 22:59)Karla schrieb: Interpretation eines Textes da aufzuhören hat, wo diese Schaden anrichtet. Und der Missbrauch der Eckhart-Texte hat Schaden angerichtet, und wie.

Liebe Karla, kannst Du hier Deine Meinung dazu näher erläutern?


Das wäre ein Kraftakt meinerseits, der in diesem Thread auch OT wäre. Nur so viel: wenn man einen so berühmten Mann wie Eckhart vor den Karren des Antisemititsmus spannt, dann werden von diesem Antisemtismsus viele (auch christliche) Intellektuelle betört. Sie machen sich nicht unbedingt die Mühe, das zu überprüfen.

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#38
(07-07-2011, 20:08)Karla schrieb: Das wäre ein Kraftakt meinerseits, der in diesem Thread auch OT wäre. Nur so viel: wenn man einen so berühmten Mann wie Eckhart vor den Karren des Antisemititsmus spannt, dann werden von diesem Antisemtismsus viele (auch christliche) Intellektuelle betört. Sie machen sich nicht unbedingt die Mühe, das zu überprüfen.

Oh je, und ich hatte gedacht in dem Ausfiltrieren sei der falsche Weg einer zauberhaften Mystik mit besonderer Gottessuche in die Wege geleitet worden. Ich verstehe, "...man nehme einen bekannten Namen, Meister Eckhart, versehen mit einem passenden Zitat und fleissig durchmischen..."

Alles klar, oder geht die Aufkocherei und das Eintrüben damit los?

P.S. Antisemetismus - dafür reicht die Bibel völlig aus.
(...solange man sie eben nicht versteht!)

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#39
Man entnehme ein Zitat aus einem größeren Werk und reiße es aus dem Zusammenhang. Setze die Aussage beliebig ein und spanne den Autor vor den Karren. Konstruiere Wirklichkeit, die wie Bausteinchen auf einer Oberfläche angeordnetet werden können und behaupte anschließend, das sind eben Tatsachen, wie man "sehen" kann.
Auf jeden Fall verweise auf (wissenschaftliche ) Autoritäten, damit bloß keiner wage anderer Meinung zu sein. Denn jener besitze doch unumstößliche Wahrheitsautorität, das sei allgemein anerkannt. Traue dich auf keinen Fall selber zu denken und lobpreise die Gelehrten, auf dass es dir gut ergehe und du in ihre Gefolgschaft treten darft.





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#40
(06-07-2011, 22:59)Karla schrieb:
(06-07-2011, 17:39)Gundi schrieb: Der Autor eines philosophischen Textes hat konkrete Gedanken, die auch genau so gelesen werden sollen. Nicht anders, nicht verschoben. Wenn es dennoch getan wird, ist das Missbrauch gegenüber den Gedanken des Verfassers.


Es ist psychologisch unmöglich, die Gedanken eines Autors genauso zu lesen, wie sie gemeint wurden. Da kann man Vorschriften erlassen so lange man will: es ist menschenunmöglich. Und das zweifelt in den Geisteswissenschaften auch niemand an.

Das mit uns beiden wird wohl nix mehr Icon_cheesygrin
Genau deswegen habe ich doch gefragt, ob man dann jeden naturwissenschaftlichen Text wild herum interpretieren muss, da man die Gedanken die der Verfasser beim Niederschreiben ja, laut dir, niemals wirklich erfassen kann. Hier widersprichst du aber. Zu Recht.
Der Philosoph möchte doch aber bei seinen Texten, genauso wie der Naturwissenschaftler, dass seine Gedanken so beim Leser ankommen wie er sie meint. Also wird er auch bemüht sein, sie dementsprechend zu formulieren.


(06-07-2011, 22:59)Karla schrieb: Ich habe allerdings oben sehr eindeutig geschrieben, dass die freie Interpretation eines Textes da aufzuhören hat, wo diese Schaden anrichtet. Und der Missbrauch der Eckhart-Texte hat Schaden angerichtet, und wie.

Tut mir leid, das macht für mich jetzt irgendwie keinen Sinn.
Wer bestimmt denn, dass Interpretation nur dann erfolgen darf, wenn dies keinen Schaden verursacht? Wäre das nicht eine Zensur an der von dir so wehement verteidigten Interpretationsfreiheit?

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#41
(08-07-2011, 19:24)Gundi schrieb: Der Philosoph möchte doch aber bei seinen Texten, genauso wie der Naturwissenschaftler, dass seine Gedanken so beim Leser ankommen wie er sie meint. Also wird er auch bemüht sein, sie dementsprechend zu formulieren.


Ja, selbstverständlich.
Das habe ich ja nicht abgestritten. Fakt ist aber, dass der Leser es anders liest. Und das ist in dem Falle mal bewiesen. Bücher über Rezeptionsforschung zeigen das auf. Kommunikationstheorien übrigens auch.


(08-07-2011, 19:24)Gundi schrieb:
(06-07-2011, 22:59)Karla schrieb: Ich habe allerdings oben sehr eindeutig geschrieben, dass die freie Interpretation eines Textes da aufzuhören hat, wo diese Schaden anrichtet. Und der Missbrauch der Eckhart-Texte hat Schaden angerichtet, und wie.

Tut mir leid, das macht für mich jetzt irgendwie keinen Sinn.
Wer bestimmt denn, dass Interpretation nur dann erfolgen darf, wenn dies keinen Schaden verursacht?


Das bestimmt niemand. Das ist nur für mich die Grenze der Akzeptanz.
Ich hab das äußerst doof ausgedrückt.



(08-07-2011, 19:24)Gundi schrieb: Wäre das nicht eine Zensur an der von dir so wehement verteidigten Interpretationsfreiheit?


Ich habe - hoffe ich - nirgendwo eine Freiheit verteidigt in dem Sinn, dass sie überhaupt einschränkbar ist. Sie ist nicht einschränkbar. Du kannst ebensowenig erzielen, dass alle Leute Marmelade gleich mögen. Ich spreche nicht davon, dass man den Leuten die Freiheit lassen soll, dass sie Marmelade nach ihrem Geschmack beurteilen dürfen, sondern dass sie es einfach und automatisch tun. Egal, wie sehr man das verbieten möchte.


Zensur gibt es natürlich. Gewalttätige Theateraufführungen zum Beispiel, oder eindeutig ideologische, werden teilweise nicht aufgeführt.

Ob dies sinnvoll ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Falls da Hetze vorliegt, finde ich Zensur notwendig.

Das ändert aber nichts daran, dass der, der Tolkiens "Herr der Ringe" als Aufruf zur Gewalt liest, an einer solchen Sicht nicht zu hindern ist. Es sei denn, man manipuliert sein Hirn.
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#42
Oder man überzeugt ihn - natürlich.
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#43
(08-07-2011, 19:55)Karla schrieb:
(08-07-2011, 19:24)Gundi schrieb: Der Philosoph möchte doch aber bei seinen Texten, genauso wie der Naturwissenschaftler, dass seine Gedanken so beim Leser ankommen wie er sie meint. Also wird er auch bemüht sein, sie dementsprechend zu formulieren.


Ja, selbstverständlich.
Das habe ich ja nicht abgestritten. Fakt ist aber, dass der Leser es anders liest. Und das ist in dem Falle mal bewiesen. Bücher über Rezeptionsforschung zeigen das auf. Kommunikationstheorien übrigens auch.

...

Das ändert aber nichts daran, dass der, der Tolkiens "Herr der Ringe" als Aufruf zur Gewalt liest, an einer solchen Sicht nicht zu hindern ist. Es sei denn, man manipuliert sein Hirn.

Ich denke unser "Problem" ist, dass wir unterschiedliche Literatur dem Bereich der Philosophie zuordnen.
Weshalb du jetzt zb. Tolkins "Herr der Ringe" anführst ist mir ein Rätsel.
Ein solch literarisches Werk lässt natürlich Spielraum für Interpretationen. Nur würde ich diese Schrift nicht der Philosophie zuordnen wollen, auch wenn sich bestimmt darin einige philosophische Gedanken finden lassen.
Mir geht es eigentlich um Werke, bei denen der Autor konkret beschreibt was er wie und warum denkt und weshalb er zu der Ansicht gelangt, bei der er nun ist. Als Beispiel hatte ich schon mehrfach Kants Kritik der reinen vernunft gebracht.
Das sind doch zwei völlig verschiedene Formen von Literatur und dein obiger Satz, dass der leser unweigerlich bereits beim Lesen interpretiert, trifft doch auf das eine mehr zu als auf das andere...
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#44
(08-07-2011, 19:55)Karla schrieb:
(08-07-2011, 19:24)Gundi schrieb: Der Philosoph möchte doch aber bei seinen Texten, genauso wie der Naturwissenschaftler, dass seine Gedanken so beim Leser ankommen wie er sie meint. Also wird er auch bemüht sein, sie dementsprechend zu formulieren.
Ja, selbstverständlich.
Das habe ich ja nicht abgestritten. Fakt ist aber, dass der Leser es anders liest. Und das ist in dem Falle mal bewiesen. Bücher über Rezeptionsforschung zeigen das auf. Kommunikationstheorien übrigens auch.
Die Frage ist nur, ob dies in jedem Falle eine relevante Andersartigkeit ist. Einfaches Beispiel: Die Bewegung des Mondes um die Erde. Da gibt es die Keplergesetze, die solche Bewegungen genau beschreiben. Wenn man noch ein Übriges tun will, kann man sie durch relativistische Einflüsse und die Einflüsse der Gravitation von Sonne und den großen Gasplaneten korrigieren. Damit wird eine Beschreibung erreicht, die über Jahrtausende korrekt bleibt. Da kann die Leserin daran herum interpretieren, so viel und solange sie will, es kommt nichts anderes heraus, als was man mit jedem astronomischen Gerät der Welt jeden Tag nachmessen kann.

Relevant werden Interpretationen nur dann, wenn von Bedeutungen die Rede ist, die natürlich überhaupt keine Festlegung in der Natur erfahren. Allerdings meine ich, dass man als Philosoph mit dem Leser Vereinbarungen trifft: Begriffsdefinitionen, Maxime, Forderungen an den behandelten Gegenstand, Prämissen.
Unter diesen Bedingungen kann der Leser zwar "anders lesen" aber die Abweichungen sind nur dann relevant, wenn der Leser sich in logische Denkfehler verirrt.

Gegenüber strengen naturwissenschaftlichen oder philosophischen Texten führt somit eine ungenügende Vorbildung zu Fehlinterpretationen. Da ist das "andersartige Lesen" also einfach nur falsch. Also muss man das korrekte Verständnis bei strengen Texten als Maxime voraus setzen.

Ganz anders verhält es sich mit Texten, die Geschichten erzählen, um eine Ansicht zu transportieren. Da muss diese Ansicht überhaupt nicht beim Leser ankommen, weil sie davon abhängig ist, was Leser oder Leserin erlebt und gelernt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#45
(10-07-2011, 10:59)Gundi schrieb:
(08-07-2011, 19:55)Karla schrieb: Das ändert aber nichts daran, dass der, der Tolkiens "Herr der Ringe" als Aufruf zur Gewalt liest, an einer solchen Sicht nicht zu hindern ist. Es sei denn, man manipuliert sein Hirn.
Ich denke unser "Problem" ist, dass wir unterschiedliche Literatur dem Bereich der Philosophie zuordnen.
Weshalb du jetzt zb. Tolkins "Herr der Ringe" anführst ist mir ein Rätsel.


Aber Gundi. DAS ist doch nicht unser Problem, dass wir unterschiedliche Literatur dem Bereich der Philosphie zuordnen. Du kannst doch wohl nicht im Ernst annehmen, dass ich Tolkiens "Herr der Ringe" als Beispiel für Philosphie anführe.

Das Problem ist, dass Du meine Aussagen nicht verstehst und sie darum für falsch hältst. Weiter ist das Problem, dass Du auf meine Beispiele nicht eingehst - Plato zum Beispiel -, während ich bisher noch nicht auf Dein Beispiel "Kritik der Reinen Vernunft" eingagangen bin. Ich musste darüber nachdenken, muss es noch immer.


(10-07-2011, 10:59)Gundi schrieb: Mir geht es eigentlich um Werke, bei denen der Autor konkret beschreibt was er wie und warum denkt und weshalb er zu der Ansicht gelangt, bei der er nun ist.


Ja siehst Du: und ich gehe von dem Gesamtbereich Philosphie aus. Darum können wir nicht miteinander reden, weil wir verschiedene Themen haben. Du greifst nur eine kleine Gruppe von Philosphen heraus.
Das ist der erste Punkt, wo wir verschiedene Themen haben.
Der zweite Punkt ist, dass ich den Leser fokussiere und zwar in seiner tatsächlichen Aktivität.

Ich zähle sowohl Spinoza als auch Plato als auch Nietzsche zu Philosphen. Sie werden als solche bezeichnet. Und diese werden nun einmal sehr unterschiedlich gedeutet. Das ist Fakt, und das kannst Du nicht wegdiskutieren.

Bei Kants Kritik der Reinen Vernunft bin ich noch am Grübeln. Im Moment möchte ich Dir schon Recht darin geben, dass da, wo Kant rein rational argumentiert, der ebenfalls rational denkende Leser zumindest ähnlich das auffasst, was Kant dargelegt hat. Ich wüsste im Moment nicht, dass es da verschiedene Deutungen gibt. Er untersucht das Funktionieren des Denkens, und Form und Inhalt klaffen bei ihm nicht auseinander.

Anders bei Spinoza. Er benutzt - schreibt er - eine geometrische Methode, aber der Inhalt, den er darlegt, ist alles andere als geometrisch.

Eventuell ist das der Punkt, um den ich kreise und den ich versuche, dingfest zu bekommen:

Philosphen, die sich bemühen, Unsagbares dennoch durch Worte zu transportieren, sind notgerdrungen ambivalent und werden unterschiedlich aufgefasst.



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