..entschuldigt bitte die Länge....
Wenn ich im Flugzeug sitze, spielt sich fast immer das gleiche ab: Ich komme
mit meinem Sitznachbarn ins Gespräch, wir reden vom Wetter und kommen
über Religion auf Christus zu sprechen. Vor ein paar Jahren saßen meine Frau
und ich nebeneinander, als uns auffiel, dass die Frau auf der anderen Seite des
Ganges ein Kreuz um den Hals trug. In der Hoffnung, eine Diskussion in Gang
zu bekommen, sagte ich: »Danke, dass Sie ein Kreuz tragen. Wir haben einen
wundervollen Erretter, nicht wahr?«
Sie verdrehte ihre Augen und antwortete: »Ich glaube nicht, dass ich Ihre
Auffassung vom Kreuz teile. Schauen Sie mal …« Sie zeigte mir, dass sich unter
dem Kreuz ein Davidsstern befand und darunter hing noch ein Anhänger, der
einen Hindu-Gott symbolisiert. »Ich bin Sozialarbeiterin«, sagte sie mir, »Ich
bin zu der Überzeugung gekommen, dass ein Mensch Gott auf verschiedene
Weise finden kann. Das Christentum ist nur ein Weg zu Gott.« Sie führte weiter
aus, dass sie Spiritualität höher einschätze als Religion, und die Suche nach
Erfahrungen höher als bestimmte Glaubenssätze. Sie glaube an einen pantheistischen
Gott, eine Kraft, die wir nicht fürchten müssten.
Solche Unterhaltungen bestärken mich in der Ansicht, dass Spiritualität zunimmt,
man aber gleichzeitig die Auffassung vertritt, dass es viele Wege zu Gott
gebe. Glaubensbekenntnisse sind out, Gefühle sind in. Der Drehbuchautor und
Hollywood-Produzent Marty Kaplan schreibt in der Times: »Was die Meditation
für mich anziehend machte, war ihre religiöse Neutralität. Sie brauchen gar nichts
zu glauben, Sie müssen nur etwas tun. Zuerst hatte ich Bedenken und dachte,
dass ich aus mir selbst Glauben hervorbringen müsse – den ich aber nur vortäuschen
könnte –, um in den Genuss der Vorteile der Meditation zu kommen.
Doch es freute mich zu erfahren, dass es bei der Meditation zu 90 % darum ging,
überhaupt hinzugehen.« 1 Um wirklich spirituelle Erfahrungen zu machen, so
wird uns gesagt, ist ein Glaubensbekenntnis nicht nur unnötig, sondern sogar
unerwünscht. »Die Amerikaner«, so sagte einmal jemand, »sind ständig auf der
Suche nach unorthodoxen Wegen zu dem Ziel, zu dem sie ohnehin unterwegs
sind.«
Man definiert das Christentum so um, dass es zunehmend schwierig wird, es
vom Buddhismus oder anderen fernöstlichen religiösen Vorstellungen zu unterscheiden.
Wir können nun auch ohne Gott und ohne Glauben religiöse Erfahrungen
machen. Diese Verschiebung zum Pantheismus führt gegenüber dem
historischen Christentum zu Intoleranz. An einer staatlichen Universität war
32 10 Lügen über Gott
ein Schild angebracht: »Es ist in Ordnung, wenn du denkst, dass du Recht hast.
Es ist aber nicht in Ordnung, wenn du denkst, dass der andere Unrecht hat.« In
den letzten zehn Jahren wurde die Sünde wegdefiniert: Wenn es überhaupt
noch etwas gibt, das die Bezeichnung Sünde verdient, dann ist es der Gedanke,
dass der andere Unrecht hat. Wahrheit wird folgendermaßen definiert: Wahrheit
ist nichts, das man entdecken kann. Wahrheit wird erfunden. Entweder
man kreiert Wahrheit individuell oder durch Konsens. Und dabei messen wir
den eigenen Gefühlen mehr Bedeutung bei als beispielsweise den Worten Jesu.
Unsere pluralistische Kultur lehnt die Behauptung ab, dass man Gott nur
auf eine einzige Weise begegnen kann.
...Wer trotzdem weiterlesen will,..
http://www.clv.de/index.php4?p=Startseit...%26+Finden&go=on
ab Seite 31