Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Nietzsche, Gott und die Theologen
#1
Karla schrieb:
Bion schrieb:Ich vermute, dass die meisten Theologen mit den "Gottesbildern" von Feuerbach und Nietzsche auch nicht einverstanden sind?

Mit Nietzsche vermutlich schon. Jedenfalls wird er oft zitiert.

Umgekehrt hatte Nietzsche von Theologen offenbar keine gute Meinung:

Nietzsche schrieb:Diesem Theologen-Instinkte mache ich den Krieg: ich fand seine Spur überall. Wer Theologen-Blut im Leibe hat, steht von vornherein zu allen Dingen schief und unehrlich. Das Pathos, das sich daraus entwickelt, heißt sich Glaube: das Auge ein für alle Mal vor sich schließen, um nicht am Aspekt unheilbarer Falschheit zu leiden. Man macht bei sich eine Moral, eine Tugend, eine Heiligkeit aus dieser fehlerhaften Optik zu allen Dingen, man knüpft das gute Gewissen an das Falschsehen — man fordert, dass keine andre Art Optik mehr Wert haben dürfe, nachdem man die eigne mit den Namen »Gott«, »Erlösung«, »Ewigkeit« sakrosankt gemacht hat. Ich grub den Theologen-Instinkt noch überall aus: er ist die verbreitetste, die eigentlich unterirdische Form der Falschheit, die es auf Erden gibt.

Was ein Theologe als wahr empfindet, das muss falsch sein: man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit. Es ist sein unterster Selbsterhaltungs-Instinkt, der verbietet, dass die Realität in irgendeinem Punkte zu Ehren oder auch nur zu Worte käme. Soweit der Theologen-Einfluss reicht, ist das Wert-Urteil auf den Kopf gestellt, sind die Begriffe »wahr« und »falsch« notwendig umgekehrt: was dem Leben am schädlichsten ist, das heißt hier »wahr«, was es hebt, steigert, bejaht, rechtfertigt und triumphieren macht, das heißt »falsch« ... Kommt es vor, dass Theologen durch das »Gewissen« der Fürsten (oder der Völker —) hindurch nach der Macht die Hand ausstrecken, zweifeln wir nicht, was jedes Mal im Grunde sich begibt: der Wille zum Ende, der nihilistische Wille will zur Macht ..

Und den Christengott zeichnet er recht provokant:

Nietzsche schrieb:Der christliche Gottesbegriff - Gott als Krankengott, Gott als Spinne, Gott als Geist - ist einer der korruptesten Gottesbegriffe, die auf Erden erreicht worden sind; er stellt vielleicht selbst den Pegel des Tiefstands in der absteigenden Entwicklung des Götter-Typus dar. Gott zum Widerspruch des Lebens abgeartet, stattdessen Verklärung und ewiges Ja zu sein! In Gott dem Leben, der Natur, dem Willen zum Leben die Feindschaft angesagt! Gott die Formel für jede Verleumdung des »Diesseits«, für jede Lüge vom »Jenseits«! In Gott das Nichts vergöttlicht, der Wille zum Nichts heiliggesprochen! ...

?
MfG B.
Zitieren
#2
Aus welchem Werk/welchen Werken stammen die jeweiligen Zitate?

Es ist wichtig, in welchem Jahr die Texte jeweils geschrieben wurden.
Zitieren
#3
(25-08-2011, 01:30)Karla schrieb: Aus welchem Werk/welchen Werken stammen die jeweiligen Zitate?

Es ist wichtig, in welchem Jahr die Texte jeweils geschrieben wurden.

Aus "Der Antichrist" und somit aus der letzten Zeit seines bewussten Lebens. Das ist es, nehme ich an, worauf Du anspielst. Das Werk wurde 1888 niedergeschrieben.
MfG B.
Zitieren
#4
(25-08-2011, 09:09)Bion schrieb:
(25-08-2011, 01:30)Karla schrieb: Aus welchem Werk/welchen Werken stammen die jeweiligen Zitate?

Es ist wichtig, in welchem Jahr die Texte jeweils geschrieben wurden.

Aus "Der Antichrist" und somit aus der letzten Zeit seines bewussten Lebens. Das ist es, nehme ich an, worauf Du anspielst. Das Werk wurde 1888 niedergeschrieben.


Ich meinte schon auch das, was Du sagst. Insgesamt aber ist bei Nietzsche - wohl mehr als bei anderen - der Lebensabschnitt wichtig, in dem seine Werke entstanden. Man muss wissen, worauf er reagiert; denn das prägt den "Grad" seines Temperamentes, damit den Grad seiner Polemik und, daraus folgend, seinen Stil.

Zu der eigentichen Threadfrage vielleicht ein andermal.



Zitieren
#5
Ich denke, Nietzsche hat mit dem, was er zu Theologen und Gott schrieb vollkommen Recht. Das Christentum, besonders das preußisch-evangelische war im 19. Jh. eine Renaissance der religiös gefärbten Staatsideologie des römischen Imperiums.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#6
Zitat:Und wenn ich rufe: „Flucht allen feigen Teufeln in euch, die gerne winseln und Hände falten und anbeten möchten“ so rufen sie: „Zarathustra ist gottlos.“
Und sonderlich rufen es die Lehrer der Ergebung; aber gerade ihnen liebe ich’s in das Ohr zu schrein: Ja! Ich bin Zarathustra, der Gottlose!
Diese Lehrer der Ergebung! Überallhin wo es klein und krank und grindig ist, kriechen sie, gleich Läusen; und nur mein Ekel hindert mich sie zu knacken.
Wohlan! Dies ist meine Predigt für ihre Ohren: Ich bin Zarathustra, der Gottlose, der da spricht „wer ist gottloser denn ich, dass ich mich seiner Unterweisung freue?“
Ich bin Zarathustra, der Gottlose: wo finde ich meinesgleichen? Und alle die sind meinesgleichen, die sich selber ihren Willen geben und die Ergebung von sich abtun.
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Gott, Realität oder Fiktion? Ekkard 44 47930 10-01-2019, 22:00
Letzter Beitrag: Holmes
  Welche Religion personifiziert nicht Gott oder Göttliches ? Klaro 28 35235 25-04-2015, 19:29
Letzter Beitrag: Bion
  Gott und die erotische Liebe raimund-fellner 4 6719 27-06-2012, 16:51
Letzter Beitrag: Harpya

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste