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Atheismus
#1
Der Begriff "Atheismus" (latinisiert und abgeleitet von griech. ἄθεος = ohne Gott) dürfte mit seiner heutigen Bedeutung im Zuge der ↗Aufklärung in Umlauf gekommen sein. Der Terminus hat begriffsgeschichtlich einiges an Bedeutungsverschiebungen durchgemacht.

Nach antik-griechischer Auffassung waren Atheisten all jene, die die Götter des ↗Staatkults nicht anerkannten und sich an den öffentlichen Kultfeiern nicht beteiligten.

Gleiches gilt für die römische Kaiserzeit: die Termini ἄθεος und ἀθεότης bezeichneten jene Menschen, die sich am Staatskult (↗Kaiserkult) nicht beteiligten. Da sich die ↗Christen dem Staatkult verschlossen, galten auch sie als "gottlos".

Nachdem ↗Theodosius I. das Christentum per Edikt zur einzigen legalen Religion im Reich erklärt hatte (392 nC), wurde der Begriff von Christen im umgekehrten Sinn verwendet. Nunmehr waren jene "Atheisten", die sich dem christlichen Glauben (dem christlichen Gottesbegriff) verschlossen. In diesem Sinn wurde die Verwendung des Begriffs Atheist in der europäischen Geistesgeschichte bis zur Aufklärung beibehalten.

Als der Gedanke, dass Gottesglaube (der Gottesbegriff) ein sicheres Besitztum der menschlichen ↗Vernunft sei, (insbesondere durch die Philosophie der Aufklärung) angezweifelt wurde, gewann der Atheismus-Begriff eine neue Definition. Nunmehr wurden all jene zu Atheisten, die ohne Gott waren (seine Existenz bestritten). Allerdings war die Frage, was es genau heißt, ohne Gott zu sein, auch durch "die Aufklärer" und den ↗deutschen Idealismus noch nicht ausreichend beantwortet. Bekanntermaßen zählte ↗Jacobi auch ↗Spinoza den Atheisten zu, für ↗Kant beispielsweise waren ↗Deisten wie Shaftesbury und Reimarus Atheisten. Kant selbst musste sich in seinen alten Tagen Verdächtigungen gefallen lassen, Atheist zu sein.

Kant und der frühe ↗Hegel sehen den Atheismus im Absolut-Setzen der Naturwissenschaften und in der Reduzierung des menschlichen Interesses auf das Endliche begründet.

In der Philosophie nach Hegel gewinnt das Argument Gewicht, dass der Gottesglaube dem Fortschritt der Menschheit hinderlich sei. ↗L. Feuerbach begreift seinen "positiven Atheismus" als Aneignung jener Inhalte, die bisher in mystifizierter Form von den Religionen vertreten wurden, für ↗F. Nietzsche ist Atheismus eine für das Entstehen des "neuen Menschen" notwendige Bedingung.

Die ↗Existenzphilosophie (sofern sie dem Atheismus verpflichtet war) und der ↗historische und  dialektische Materialismus haben dem Begriff in jüngerer Zeit einen weiteren Beigeschmack gegeben.


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MfG B.
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