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Anglikanische Kirche (A.K.)
#1
Durch die englische Reformation begründete, in über 160 Ländern der Erde organisierte Kirchengemeinschaft. Der anglikanischen Kirche gehören weltweit über 70 Mio. Menschen an. Als ↗Primas der Kirche und Zentrum der Einheit der Gemeinschaft fungiert der Erzbischof von Canterbury. An der Spitze der Kirche steht der englische König bzw. die englische Königin.

Ursachen für die Trennung von der ↗katholischen Kirche waren einerseits die schon im MA bestehenden Spannungen zwischen ↗Papsttum und dem englischen Staat, andererseits die weitverbreitete Kritikbewegung des 15. Jhs, die von humanistischen Gelehrten getragen wurde, und schließlich ein persönliches Anliegen des englischen Königs, ↗Heinrich VIII., in einer Heiratsangelegenheit gewesen.

Als ↗Clemens VII. Heinrich VIII. verweigerte, die Ehe mit Katharina von Aragόn zu annullieren, wurde vom englischen Hof nach Wegen gesucht, die Wünsche des Königs zufriedenzustellen. 1532 ernannte der König Thomas Cranmer zum Ezb. v. Canterbury und beauftragte ihn, Voraussetzungen zu schaffen, dass seine Scheidung vollzogen und die Leitung der Kirche von England auf ihn, den König, übertragen werden könne.

Im Juli 1533 hatte Clemens VII. Heinrich angedroht, er sei ↗exkommuniziert, wenn er Anna Boleyn nicht entfernt und Katharina nicht wieder in den ihr zustehenden Stand versetzt.

Heinrich tat bekanntermaßen nichts dergleichen. Als am 23.5.1534 die Ehe Heinrichs mit Katharina vom päpstlichen Gericht als aufrecht bestätigt wurde, war der König auch rechtskräftig exkommuniziert.

Die Gesetze zur Loslösung von Rom waren 1533-34 geschaffen und danach veröffentlicht (u.a. Suprematsakte v. 3.11.1534) worden. Die Trennung wurde vollzogen.

Der König von England wurde mit dem Titel "the only supreme head in earth of the Church of England" ausgestattet, seine Gewalt erstreckte sich auch auf die Reinhaltung der Lehre. Ein weiterer Succession Act forderte von allen Beamten und Geistlichen den Eid auf die Nachfolge der Kinder Annas, im Treason Act wurde die Verweigerung oder Bestreitung des neuen königlichen Titels als Hochverrat bezeichnet. Eine vom Papsttum losgelöste, reformierte katholische Kirche war entstanden.

Die ↗Reformation nahm weiter ihren Lauf, ↗Klöster wurden geplündert, die englischsprachige Bibel wurde verbreitet, eine englischsprachige ↗Liturgie entwickelt. Das protestantische Bekenntnis hingegen war nach wie vor verboten. Allerdings wurde die Entwicklung der neuen Kirche stark von den in Umlauf gebrachten Prayer Books, insbesondere vom Book of Common Prayer (1549) beeinflusst. Die Glaubensartikel der Prayer Books wiederum waren stark von der kontinentalen Reformation vorgegeben, die kirchliche Hierarchie hingegen wurde beibehalten.

Anfänglich verband die A.K. die Bewahrung der katholischen Lehre mit der Ablehnung des päpstlichen Herrschaftsanspruches. Zunächst sah sie sich als Alternative zwischen Rom und dem Protestantismus.

Nach der anglikanischen Lehre sind die Bischöfe durch göttliche Anordnung aus dem ↗Apostel-Amt hervorgegangen. Ihnen obliegt die geistliche Leitung der Nation unter dem jeweiligen, von Gott eingesetzten Monarchen.

Im 17. Jh kam es zu religiösen Umwälzungen und zu Spannungen zwischen dem Königshaus und dem Unterhaus, in dem von ↗calvinistischen Ideen erfüllte Persönlichkeiten (↗Puritanismus) den Ton angaben. Die A.K. wurde vorübergehend (Hinrichtung Karls I., ↗Commonwealth 1649-1660) – bis zur Wiedereinrichtung der Monarchie unter Karl II. (Act of Uniformity, 1662) – abgeschafft.

Im 18. Jh fassten evangelikale Bewegungen - gegen den Widerstand der Bischöfe – in der A.K. Fuß. Gegen Ende des 18. Jhs waren die ↗Evangelikalen bereits so zahlreich, dass ihnen durch die Kirchenoberen nicht mehr verweigert werden konnte, gehört zu werden. Ein Teil von diesen Evangelikalen trennte sich von der A.K. und machte sich selbständig (vgl. ↗Methodisten). Der von den Evangelikalen gepredigten Rechtfertigung durch den Glauben wurde von der kirchlichen Obrigkeit die apostolische ↗Tradition als sichtbares Zeichen der Autorität der Kirche entgegengesetzt. Anfang des 19. Jhs bildete sich eine ↗hochkirchliche Bewegung (Oxford-Bewegung) aus, die starken Einfluss auf Lehre und Gottesdienstgestaltung ausübte. Daneben bestand innerhalb der A.K. eine vom Methodismus beeinflusste Gruppierung weiter ("low church"). Als dritte Kraft hatte sich eine weitere innerkirchliche Gruppierung, die "broard church party", gebildet, eine Bewegung, die in der A.K. für liberale theologische und bibelkritische Ideen stand.

Da die anglikanische Kirche über keine, die Gesamtheit der Gemeinschaften umfassenden Entscheidungsgremien verfügt, ist grundsätzlich eine gewisse Offenheit gegenüber periodisch auftretenden Reformbewegungen angelegt, was gleichermaßen Chancen und Gefahren birgt.

Wie sich die anglikanische Kirche heute sieht, zeigt sich am deutlichsten in der einer Priesterweihe vorausgehenden Bekenntnisformel, der der Kandidat zustimmen muss, um die Weihe zu erhalten:

"Die Kirche von England ist ein Teil der Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche, die einen wahren Gott, Sohn und Heiligen Geist anbetet. Sie bekennt den allein in der Heiligen Schrift geoffenbarten und im katholischen Glaubensbekenntnis festgehaltenen Glauben, den die Kirche in jeder Generation neu zu verkünden aufgerufen ist. Geleitet vom Heiligen Geist, hat sie sie die christliche Wahrheit bezeugt, wie sie in ihren geschichtlichen Bekenntnisformeln dargelegt ist, den 39 Artikeln des Glaubens, dem Book of Common Prayer und der Ordnung für die Weihe von Bischöfen, Priestern und Diakonen."


● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
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  Katholisch, katholische (und apostolische) Kirche Bion 0 4060 11-04-2013, 15:14
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