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Jüdische Rechtsgeschichte
#16
(17-01-2013, 23:00)petronius schrieb: oder du und rabbi hillel interpretieren falsch Icon_cheesygrinIcon_cheesygrinIcon_cheesygrin
Und Jesus und alle welche sich auf die Bibel berufen, wenn sie die Liebe in unsere Welt bringen wollen.

Wahrlich zum Lachen...
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#17
(17-01-2013, 21:07)Lelinda schrieb: Also beispielsweise durch das Hinzufügen von Bedingungen, deren Erfüllung schwer oder besser noch unmöglich ist, so wie es Jesus in der Ehebrecherinnen-Geschichte macht.

Moin,

Jesus hat hier nichts hinzu gefügt sondern jüdisch-theologisch argumentiert.

Es gibt (nicht von Jesus sondern von einem Rabbiner) ein ähnliches Beispiel. Es gibt ein Gesetz, was so in etwa lautet (ich muss das aus dem gedächtnis kramen, Fehler gehen also auf mich): Ein Ehemann kann seine Frau verstoßen, wenn ihm danach ist.

Das Gesetz ist ungerecht, aber es steht nunmal da (oder so ähnlich, wie gesagt, ist frei aus dem Gedächtnis). Nun steht auch irgendwo, dass ein Ehemann vollkommen unbescholten sein muss.

Die Rabbiner einigten sich auf folgende Auslegung: Jeder vollkommene Mann darf seine Frau verstoßen (das gesetz gilt also). Da niemand vollkommen ist, darf auch kein Mann seine Frau verstoßen.
(siehst Du die Parallele? Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein)

Das mag unserer Rechtsauffassung nicht entsprechen, aber es geht ja nicht um unsere sondern um die jüdische. Und die schaut immer aus den Gesamtkontext und dann auch eigentlich immer darauf, was richtig ist.

Ich persönlich finde so eine Herangehensweise sehr sympathisch (insbesondere wenn ich mir heute so mancher Urteile anschaue, wo kleinste Paragraphenlücken sinnentstellennd ausgenutzt werden)

Tschüss

Jörg
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#18
(18-01-2013, 11:58)Flat schrieb: Ich persönlich finde so eine Herangehensweise sehr sympathisch (insbesondere wenn ich mir heute so mancher Urteile anschaue, wo kleinste Paragraphenlücken sinnentstellennd ausgenutzt werden)
Ja, das führt dann zum bekannten jüdischen Witz:

Kommt ein Ehepaar zum Rabbiner, um ihre Eheprobleme zu besprechen. Der Rabbiner hört sich erst die Frau an und gibt ihr recht. Danach hört er sich den Mann an und gibt ihm ebenso recht.

Das bekommt die Ehefrau des Rabbiners mit, welche ihn dann aufgregt fragt, wie er beiden zustimmen können, wo sie doch widersprechende Ansichten vertreten. Darauf der Rabbiner: Auch du hast recht.

Icon_wink
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#19
(18-01-2013, 11:40)Jakow schrieb:
(17-01-2013, 21:07)Lelinda schrieb: Wenn in der Bibel nichts Barbarisches stehen soll, warum werden dann so viele Texte eindeutig barbarisch formuliert?
Und auch hier wieder: Texte müssen interpretiert werden und dieses geschieht im Kontext der Personn, der Zeit, der Umstände

eben

nicht aus deinem heutigen verständnis gesellschaftlicher werte



(18-01-2013, 11:50)Jakow schrieb:
(17-01-2013, 23:00)petronius schrieb: oder du und rabbi hillel interpretieren falsch Icon_cheesygrinIcon_cheesygrinIcon_cheesygrin
Und Jesus und alle welche sich auf die Bibel berufen, wenn sie die Liebe in unsere Welt bringen wollen

nicht, wenn sie sich auf entsprechende passagen berufen

aber darum gehts ja auch gar nicht. was ich einfach nicht nachvollziehen kann, ist, wie man auf der einen seite alles zur interpretationssache erklären und andererseits darauf beharren kann, daß ausgerechnet und nur die eigene interpretation die einzig wahre und richtige sei

es gibt für solches verhalten auch einen fachausdruck
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#20
(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: nicht, wenn sie sich auf entsprechende passagen berufen
Wieso nicht? Sicherlich berufen diese sich auch auf diese Passagen. Das du dieses nicht verstehen willst, ist nicht deren Problem und hält sie auch nicht davon ab Icon_wink

(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: aber darum gehts ja auch gar nicht. was ich einfach nicht nachvollziehen kann, ist, wie man auf der einen seite alles zur interpretationssache erklären
Das ist keine Erklärung sondern ein für mich normales Verständnis unseres menschlichen Seins. Eine intuitives Textverständnis besteht nicht.

(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: und andererseits darauf beharren kann, daß ausgerechnet und nur die eigene interpretation die einzig wahre und richtige sei
Tun sie dieses? Wäre mir neu. Aber diese Beliebigkeit, welche du nun wiederum aus der Interpretation ableitest, besteht so eben auch nicht.

Hier wird eben Diskutiert und das bessere Argument abgewogen und so versucht ein Konsens zu finden. Das du dieses nicht verstehen kannst, dokumentiert dein Diskussionsverhalten hier. Allerdings sollte man halt nicht immer von sich auf andere schliessen...

(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: es gibt für solches verhalten auch einen fachausdruck
Für dein Unverständnis?
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#21
(18-01-2013, 11:40)Jakow schrieb:
(17-01-2013, 21:07)Lelinda schrieb: In Bions Zitat wird ein Fallbeispiel erwähnt, in dem laut Aussage dieses Rabbi tatsächlich ein derartiges Urteil vollstreckt wurde. Da kannst du noch so schön drumherumreden. Und diskutiert wird da ja auch nicht über das Ob, sondern über das Wie.
Ach, es geht also doch nicht um das Verständnis von jüdischem Schriftverständnis?

Hier geht es nicht um jüdisches Schriftverständnis, sondern um Rechtsgeschichte.
MfG B.
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#22
Warum kann man die Frage nicht vernünftig, ohne den Text zu verdrehen, beurteilen?

Methodisch wird für antike Rechtstexte – auch für solche, die bei archäologischen Arbeiten, etc. gefunden werden - grundsätzlich angenommen, dass sie auch zur Anwendung gekommen waren. Gegenteilige Hypothesen sollten besser gestützt sein, als durch rückprojizierte halachische Texte.

Dass das in der Mischna (Traktat Sanhedrin) beschriebene, schlimme Kapitalrecht nach seiner Niederschrift nie angewandt wurde, steht außer Streit. Mit sehr wenigen Ausnahmen (in Aragon wurden ein paar Denunzianten umgebracht) hatten die in der Welt zerstreuten Juden nie das Recht besessen, Kapitalgerichtsbarkeit zu üben.

Das eigentliche Problem ist, dass die Rechtstexte der Mischna die Tradition wiedergeben sollen.
MfG B.
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#23
(18-01-2013, 14:16)Bion schrieb: Hier geht es nicht um jüdisches Schriftverständnis, sondern um Rechtsgeschichte.
Welche wiederum auf jüdischen Schriften basiert und um diese zu verstehen, muss man dieses aufgrund des jüdischen Schriftverständnisses tun. Ansonsten sind Missverständnisse vorprogrammiert.
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#24
(18-01-2013, 14:18)Bion schrieb: Warum kann man die Frage nicht vernünftig, ohne den Text zu verdrehen, beurteilen?
Warum kannst du nicht sagen, worauf du dich beziehst?

(18-01-2013, 14:18)Bion schrieb: Methodisch wird für antike Rechtstexte – auch für solche, die bei archäologischen Arbeiten, etc. gefunden werden - grundsätzlich angenommen, dass sie auch zur Anwendung gekommen waren.
Ich wiederhole mich zum x-ten mal, dass diese Texte auch nach wie vor noch zur Anwendung kommen und ich auch nie sprach, dass sie nicht zur Anwendung kamen. Die Frage ist aber nach wie vor, was uns die Texte sagen und hier sollte man methodisch sauberer vorgehen.

(18-01-2013, 14:18)Bion schrieb: Das eigentliche Problem ist, dass die Rechtstexte der Mischna die Tradition wiedergeben sollen.
Und wobei ist hierbei nun genau das Problem?
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#25
(18-01-2013, 13:01)Jakow schrieb:
(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: nicht, wenn sie sich auf entsprechende passagen berufen
Wieso nicht? Sicherlich berufen diese sich auch auf diese Passagen. Das du dieses nicht verstehen willst, ist nicht deren Problem und hält sie auch nicht davon ab Icon_wink

sag ich doch - behaupten kann jeder alles

auch daß schweine fliegen können, weil hühner bellen

(18-01-2013, 13:01)Jakow schrieb:
(18-01-2013, 12:44)petronius schrieb: und andererseits darauf beharren kann, daß ausgerechnet und nur die eigene interpretation die einzig wahre und richtige sei
Tun sie dieses?

du schon

und bezichtigst jeden, der es anders sieht als du, des unwissens

damit ende der durchsage
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#26
(18-01-2013, 14:46)petronius schrieb: du schon
Okay, ich zitiere mich einmal selbst (eine Stelle von mehreren), um zu belegen, dass du hier irrst:

"Dieses wird ihn [der gesetzesfromme Jude] nicht abhalten, auch andere, im ersten Blick barbarische Auslegungen heranzuziehen. Allerdings wird mit diesen ebenso kritisch umgehen. In diesem Sinne sage ich auch nicht, dass diese falsch sei, sondern eben nur, dass diese auch denkbar sind. Eine Alternative von vielen."

(18-01-2013, 14:46)petronius schrieb: und bezichtigst jeden, der es anders sieht als du, des unwissens
Ich bezichtige auch mich selber, dass Urteile auf Wissen basieren müssen. Wahrlich eine unverschämte Anmassung an eine Sachdiskussion...
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#27
(18-01-2013, 14:43)Jakow schrieb:
(18-01-2013, 14:18)Bion schrieb: Methodisch wird für antike Rechtstexte – auch für solche, die bei archäologischen Arbeiten, etc. gefunden werden - grundsätzlich angenommen, dass sie auch zur Anwendung gekommen waren.
Ich wiederhole mich zum x-ten mal, dass diese Texte auch nach wie vor noch zur Anwendung kommen...

Nein!

Die in den Texten eingeforderten Kapitalstrafen, kommen, wie wir, nehme ich an, alle wissen, nicht mehr zur Anwendung.

Jakow schrieb:....und ich auch nie sprach, dass sie nicht zur Anwendung kamen.

Ich habe das zwar anders in Erinnerung, aber es soll mir Recht sein.
MfG B.
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#28
(18-01-2013, 15:09)Bion schrieb:
(18-01-2013, 14:43)Jakow schrieb:
(18-01-2013, 14:18)Bion schrieb: Methodisch wird für antike Rechtstexte – auch für solche, die bei archäologischen Arbeiten, etc. gefunden werden - grundsätzlich angenommen, dass sie auch zur Anwendung gekommen waren.
Ich wiederhole mich zum x-ten mal, dass diese Texte auch nach wie vor noch zur Anwendung kommen...

Nein!

Die in den Texten eingeforderten Kapitalstrafen, kommen, wie wir, nehme ich an, alle wissen, nicht mehr zur Anwendung.
Dir sollte der Unterschied zwischen der Anwendung einer Strafe und der Gültigkeit einer Rechtsvorschrift bekannt sein. Peinlich, dass offensichtlich nicht.

PS. Zur Verdeutlichung deines Kontextswechsels habe ich beides einmal fett hervorgehobe.

(18-01-2013, 15:09)Bion schrieb:
Jakow schrieb:....und ich auch nie sprach, dass sie nicht zur Anwendung kamen.

Ich habe das zwar anders in Erinnerung, aber es soll mir Recht sein.
Wenn man obigen Unterschied nicht macht, wundert mich das nicht. Aber bei solchen methodischen Fehlern, sollte man hier sicherlich nicht mit dem Anspruch von Wissenschaftlichkeit kommen.
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#29
(18-01-2013, 11:47)Jakow schrieb:
(17-01-2013, 21:19)Keksdose schrieb: Wie würde ein Jude jetzt vorgehen, um dieses Gesetz nicht zu umgehen, aber dennoch nicht gegen das Gebot der Nächstenliebe zu verstoßen?
Argh, auch wenn es hier dauernd behauptet wird, dieses alte antijudaistische Bild, dass der Jude das Gesetz umgehen will, ist und bleibt falsch.

Entschuldige bitte. Das war sehr missverständlich von mir formuliert. Ich wollte eigentlich fragen: Wie schafft es ein Jude - der sich an das Gesetz gebunden fühlt - nach dem Gestz zu handeln, ohne die oberflächliche Anweisung des Textes zu befolgen? Ich schätze, inzwischen sind wir uns einig, dass (zumindest) beim flüchtigen Lesen eine Gewalttat gefordert wird. Wenn ich dich richtig verstanden habe (sonst korrigiere mich natürlich gerne) ist es möglich, den Text so auszulegen, dass diese Forderung nicht besteht. Und diese Auslegung interessiert mich, weil ich sie bislang kaum nachvollziehen kann. Also, ganz konkret gefragt: Wie legt man einen Text, der in den Augen eines Laien wie mir die Hinrichtung einer jungen Frau fordert, so aus, dass er nichts Gewalttätiges mehr hat?

(18-01-2013, 11:47)Jakow schrieb: Und eigentlich dachte ich, dass man dieses auch so im Deutschunterricht lernt, dass man so nicht an Texte herantreten kann, sondern diese kritisch interpretieren muss, den Hintergrund beachten muss, die Umstände usw.

Sei bitte nicht beleidigt mit mir. Ich meine es nicht böse. Ich hoffe, ich hab dich nicht irgendwie angegriffen. (Sonst entschuldige ich mich natürlich.) Mir ist durchaus bewusst, wie wichtig eine genaue Textarbeit ist! Aber versuch mal, meine Perspektive zu verstehen: Ich lese einen Text, lese von einer Hinrichtung und kann dann nur schwer glauben, dass es nur der richtigen Auslegung bedarf um mir den Text wertvoll erscheinen zu lassen. Wenn du mir eine solche liefern könntest, sähe die Sache ganz anders aus. Ich bin nunmal ein theologischer Laie, und es ist mein voller Ernst wenn ich sage, dass mir bewusst ist, dass ich den Text nicht vollständig begriffen habe.

(18-01-2013, 11:47)Jakow schrieb: Nicht. Es gibt im Judentum Todesstrafen bzw. den Tod als Konsequenz.

Genauer genommen sind wir alle nach der jüdischen Lehre zum Tode verurteilt, weil wie alle noch immer fahlen und nicht zu G'tt zurück kehren.

Das versteh ich nicht. Handelt der Text jetzt plötzlich doch von einer Hinrichtung? Tard
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#30
Flat schrieb:
(17-01-2013, 18:01)Bion schrieb: Wie könnte folgender Text menschenfreundlich interpretiert werden?

Wie Interpretiert ein Jude Levitikus 21, 9?

ganz sachlich: Diese beiden Punkte widersprechen der vorgegebenen Ansicht des Threaderöffners Bion, dass hier nur jüdische Rechtsgeschichte das Thema ist

ähm - die interpretation von gesetzesvorschriften ist imho durchaus ein thema der rechtsgeschichte

Flat schrieb:Es ist bereits das 2. Thema, was man sehr jüdisch-kritisch auslegen kann

und kritik, wenn es irgendwie um juden geht, stört dich eben

ganz sachlich: ich habe den verdacht, daß auch hier wieder etwas ganz bestimmtes unterstellt werden soll, weil man mit einer position nicht einverstanden ist (der solches thematisierende thread wurde geschlossen)
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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