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Katharer – Ketzer
#1
Die Katharer lehnten den gewalttätigen Gott des Alten Testaments ab.

Vom Wort Katharer kommt der spätere Begriff Ketzer.
Die Katharer galten wohl als Prototyp der Ketzer.

Interessanterweise ist über die Katharer sehr wenig gesichert.
Es gibt viele Redereien und Spekulationen, aber nichts handfestes.

Wahrscheinlich lehnten die Katharer auch den gewalttätigen Gott ab, wie er sich dann in der Apokalypse (im Neuen Testament)
plötzlich wiederfindet.



Das Wort Katharer stammt aus dem Altgriechischen καθαρός katharós rein
Sie verstanden sich als "die Reinen".

Gesichert dürfte lediglich sein, daß eine große Gemeinde im 12. bis zum 14. Jahrhundert (also ziemlich lange) in Südfrankreich existierte.
Die Katharer beherrschten die Stadt Albi. Die Einwohner dieser Stadt wurden als Albi-Gens bezeichnet (frei übersetzt Albi-Leute), daher der frz. Begriff "Albigens", deutsch dann "Albigenser".

1143 gab es Katharer in Köln

Zu den zeitgenössischen Bogomilen (wahrscheinlich aus Bulgarien stammend) und den viel älteren Paulizianern gab es angeblich Verbindungen.
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#2
Die Mischung aus Ablehnung des Alten Testaments und koerperlicher Enthaltsamkeit ist ja nichts Neues. Das war schon die Lehre der Marcioniten aus der ersten Haelfte des zweiten Jahrhunderts, die damals wohl einen Grossteil der Christenheit im nordoestlichen Mittelmeergebiet ausmachten und wohl wichtig genug waren, um, etwas verwandelt, in die Hauptkirche integriert zu werden. Unabhaengige Gemeinden existierten aber mindestens noch bis ins 9. Jahrhundert. Marcion war der erste, der einen NT-Kanon schuf: ein Evangelium, wohl dem Lukas-Evangelium aehnlich (das Evangelikon), und 10 Paulus-Briefe, ein bisschen anders aufgeteilt als heute (das Apostolikon), erweitert mit seinen "Antithesen". Sie erkannten nur Paulus als Apostel an, was Tertullian wohl zu seiner Beschreibung des Paulus als "Apostel der Haeretiker" brachte.

Ich erwaehne das nur, weil die Lehre der Katharer wohl sehr aehnlich ausgesehen haben soll, was zwar nicht heisst, dass es da eine direkte Verbindung bis ins Urchristentum gibt, aber auszuschliessen ist es nicht.
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#3
Die Katharer lehnten das Alte Testament ab.

Wäre wirklich interessant, wie sie zur sogenannten Offenbarung eines Johannes im Neuen Testament standen ? Denn da war der brutale Gott plötzlich wieder da !

Andererseits verstehe ich nicht, wie man überhaupt ans Neue Testament glauben kann, wenn man das Alte Testament verwirft.

Wenn jemand nicht an Adam und Eva, an die Sintflut, an Moses glaubt, welchen Sinn hat dann das Neue Testament für ihn ??

Ich denke, die Ablehnung des grausamen Gottes des Alten Testaments war den damaligen Menschen verständlich – aber dies hätte langfristig zur Abwicklung des Christentums geführt.

Wer den "Vater" ablehnt, braucht auch den "Sohn" nicht.

Ein Rückfall ins Heidentum wäre zwangsläufig die Folge gewesen.

Die Christenheit hatte gar keine andere Möglichkeit, als die Katharer zu verfolgen. Das waren möglicherweise edle Menschen, aber sie gefährdeten ohne es zu wollen die abendländisch-christliche Gesellschaft.

Wer das Alte Testament ablehnt, verwirft ja auch die biblischen Eheregeln.

Die 10 Gebote stammen aus dem Alten Testament.
Wer das Alte Testament ablehnt, verwirft die 10 Gebote !
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#4
(03-11-2013, 23:29)Sinai schrieb: Andererseits verstehe ich nicht, wie man überhaupt ans Neue Testament glauben kann, wenn man das Alte Testament verwirft.

Das ging schon bei Marcion ganz einfach. Fuer den war der Gott des Alten Testaments ein rachsuechtiger kleiner Stammesgott, der mit dem Gott von Jesus Christus nichts zu tun hat. Allerdings hat Marcion das AT als wahr anerkannt, also den juedischen Gott als Erschaffer dieser Welt, als Demiurg. Daher kommt auch die Ablehnung der fleischlichen Liebe, da der menschliche Koerper ja aus dem Material dieser Welt besteht, also letzlich aus der Kreation des Demiurgs. Diese Aspekte scheinen auch bei den Katharern eine Rolle gespielt zu haben. Sie haben den Demiurg mit dem Teufel gleichgesetzt, der diese Welt erschaffen hat.

Was die Apokalypse angeht, kann ich nichts sagen. Bei Marcion gab's noch kein NT, da er wohl der Erste war, der eins definiert hat, und da war die Apokalypse nicht Teil seines NT.
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#5
(03-11-2013, 23:41)Ulan schrieb: Was die Apokalypse angeht, kann ich nichts sagen.

Die Offb wurde von den Katharern geschätzt, ganz besonders in der Endzeit der Sekte, der Zeit ihrer Vernichtung durch die dominikanische Inquisition.
MfG B.
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#6
(04-11-2013, 09:59)Bion schrieb:
(03-11-2013, 23:41)Ulan schrieb: Was die Apokalypse angeht, kann ich nichts sagen.

Die Offb wurde von den Katharern geschätzt, ganz besonders in der Endzeit der Sekte, der Zeit ihrer Vernichtung durch die dominikanische Inquisition.

Das macht, wenn ich es mir recht ueberlege, auch Sinn. Gewalt durch andere ist etwas anderes als selbst Gewalt ausueben. Eventuell kommt dazu, dass man sich selbst nicht als Ziel goettlicher Gewalt sieht, oder zumindest nicht die eigene unsterbliche Seele. Da spielt auch der Aspekt hinein, dass diese Welt, und mit ihr auch der weltliche Koerper, da boese, beseitigt werden muss.
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#7
Ich kann mir das fast nicht vorstellen, daß die Geheime Offenbarung (Apokalypse) von den Katharern geschätzt wurde.

Gibt es da verläßliche Quellen dazu ?

Die Katharer lehnten doch den Gott des Alten Testaments ab, weil er ihnen zu grausam war.

Aus diesem Grunde verwarfen sie das AT

Es wäre logisch nicht nachvollziehbar anzunehmen, daß sie die noch viel grausamere Apokalypse geschätzt hätten.
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#8
(09-11-2013, 23:20)Sinai schrieb: Ich kann mir das fast nicht vorstellen, daß die Geheime Offenbarung (Apokalypse) von den Katharern geschätzt wurde.

Gibt es da verläßliche Quellen dazu ?

Die Katharer lehnten doch den Gott des Alten Testaments ab, weil er ihnen zu grausam war.

Aus diesem Grunde verwarfen sie das AT

Es wäre logisch nicht nachvollziehbar anzunehmen, daß sie die noch viel grausamere Apokalypse geschätzt hätten.
Aber menschlich aus einem Gesamtwerk mal was auszublenden.

Hält vielleicht jeder seinen Arbeitsvertrag (z.B. NT) genau ein oder ist ein bischen
schummeln nicht die Regel ?
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#9
(09-11-2013, 23:20)Sinai schrieb: Ich kann mir das fast nicht vorstellen, daß die Geheime Offenbarung (Apokalypse) von den Katharern geschätzt wurde.

Gibt es da verläßliche Quellen dazu ?

Arno Borst, Die Katharer, S. 264
MfG B.
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#10
(09-11-2013, 23:54)Bion schrieb:
(09-11-2013, 23:20)Sinai schrieb: Ich kann mir das fast nicht vorstellen, daß die Geheime Offenbarung (Apokalypse) von den Katharern geschätzt wurde.

Gibt es da verläßliche Quellen dazu ?

Arno Borst, Die Katharer, S. 264

Danke.

Ich habe das Buch nicht vor mir liegen.
Könntest Du schreiben, wie sich Borst diesen Paradigmenwandel erklären konnte ? Wäre interessant.


Ich kann mir schwer vorstellen, daß gewaltablehnende Menschen aufgrund ihrer Verfolgung plötzlich zu Gewaltverherrlichern werden können.

Ja, man könnte vielleicht so argumentieren, daß das Massaker in der Apokalypse ja nicht durch Menschen (Krieger) durchzuführen sei, sondern von "Engeln" (was auch immer in diesem Kontext darunter zu verstehen ist).

Andererseits ist aber in der Apokalypse von 200 Millionen Kriegern aus fernen Ländern die Rede !
Die machen dann die Dreckarbeit – und nicht die Gläubigen.

Bei den Zeugen Jehovas war im Krieg folgendes zu beobachten: sie waren konsequwntw Kriegsdienstverweigerer (gewaltablehnende Menschen) und gingen für diese Überzeugung sogar ins KZ

Aber dennoch sehnten sie die Apokalypse herbei.
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#11
(09-11-2013, 23:54)Bion schrieb:
(09-11-2013, 23:20)Sinai schrieb: Ich kann mir das fast nicht vorstellen, daß die Geheime Offenbarung (Apokalypse) von den Katharern geschätzt wurde.

Gibt es da verläßliche Quellen dazu ?

Arno Borst, Die Katharer, S. 264

Danke.

Ich habe das Buch nicht vor mir liegen.
Könntest Du schreiben, wie sich Borst diesen Paradigmenwandel erklären konnte ? Wäre interessant.


Ich kann mir schwer vorstellen, daß gewaltablehnende Menschen aufgrund ihrer Verfolgung plötzlich zu Gewaltverherrlichern werden können.

Ja, man könnte vielleicht so argumentieren, daß das Massaker in der Apokalypse ja nicht durch Menschen (Krieger) durchzuführen sei, sondern von "Engeln" (was auch immer in diesem Kontext darunter zu verstehen ist).

Andererseits ist aber von 200 Millionen Kriegern die Rede !
Die machen dann die Dreckarbeit – und nicht die Gläubigen.

Bei den Zeugen Jehovas war im Krieg folgendes zu beobachten: sie waren konsequente Kriegsdienstverweigerer (gewaltablehnende Menschen) und gingen für diese Überzeugung sogar ins KZ

Aber dennoch sehnten sie die Apokalypse herbei.
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#12
Kurz:

Von den Katharern sind Texte des NT nie auch nur teilweise infrage gestellt worden. Die Ablehnung galt ausschließlich dem AT, weil sie den dort beschriebenen Gott mit dem Satan gleichsetzten.

Die behauptete Vorliebe der späten Katharer für die Offb lässt sich nach A. Borst durch Akten der Inquisition belegen.

Als Beleg angeführt wird: Act. Inq. Taurin. 1388, Amati 2, 60.
MfG B.
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#13
Sehr mühsam das alte Lateinische Wissen
zu reaktivieren.
Gibts den Beleg auch auf deutsch ?
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#14
Soviel ich weiß, nein!
MfG B.
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#15
Die Katharer lehnten den gewalttätigen Gott des Alten Testaments ab.

Nun wäre es nicht nachvollziehbar, wenn sie den viel grausameren Gott der Apokalypse akzeptiert hätten.

Der Gott des AT ließ 7 Völker ausrotten, der Gott der Apokalypse wird angeblich ein Vielfaches töten.

Danke, Bion für Deinen Hinweis auf Borst.
Könntest Du schreiben, wie sich Borst diesen Paradigmenwandel erklären konnte ? Wäre interessant.

Wir können uns jetzt nicht alle dieses Buch beschaffen.


(10-11-2013, 02:07)Bion schrieb: Die behauptete Vorliebe der späten Katharer für die Offb lässt sich nach A. Borst durch Akten der Inquisition belegen.

Als Beleg angeführt wird: Act. Inq. Taurin. 1388, Amati 2, 60.
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