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Jesus - ein Pharisäer?
#1
(02-12-2013, 22:52)Sinai schrieb: Jesus war kein theologischer Laie.

Er war vielleicht intelligent und rhetorisch bewandert, aber das macht ihn nicht automatisch zu einem Pharisäer. Er war genauso Laie wie die meisten Forenteilnehmer hier, auch wenn er vermutlich mehr Anhänger hatte. "Theologischer Laie" bezeichnet ja nicht etwa eine Person, die von Theologie nichts versteht, sondern deutet an, dass der Person im Gegensatz zu einem Theologen eine höhere Ausbildung oder Qualifikation fehlen. "Wanderprediger" war auch damals kein Ausbildungsberuf.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#2
Jesus war kein Pharisäer.
Aber das degradiert ihn nicht zum "Laien".

Denn es gab auch andere Schulen. Die bekanntesten sind die Sadduzäer, weiters die ominösen "Schriftgelehrten" (es ist ja immer die Rede von den "Pharisäern und Schriftgelehrten", woraus ersichtlich ist, daß zwischen diesen beiden Gruppen sehr wohl unterschieden wurde), die Essener, die Samariter (siehe die wohlwollende Geschichte vom barmherzigen Samariter), die Nazoräer, allerlei romfeindliche Geheimsekten und was weiß ich . . .

Schauen wir uns heute an, was ein "Laie" ist:
Für Juristen ist der Arzt Dr. A ein "Laie".
Für Ärzte ist der Richter Dr. B ein "Laie".
usw.

Ein deutscher Arzt gilt in Frankreich als medizinischer Laie, er darf nicht einmal bei einem Unfall Erste Hilfe leisten wenn er zufällig bei einem Unfall vorbeikommt, das dürfen nur französische Ärzte. Eine Besonderheit der Grande Nation.

Ein schiitischer Imam ist für einen kath. Professor ein theologischer Laie.
Ein kath. Professor ist für einen schiitischen Imam ein theologischer Laie.
Und wie schaut es zwischen Lutheranern und Calvinisten aus ?

Für pharisäische Juden war Jesus ein Laie – und für die 12 Apostel war der pharisäische Rabbiner ein Laie. Einer, der das Gesetz falsch interpretierte. Siehe das rabbinische Verbot, am Sabbat Kranke zu heilen.

Jeder Wissenschaftler oder Gelehrte ist für einen Vertreter einer anderen Disziplin ein "Laie".

Ein beliebtes Spiel.

Wenn in Indien Tag ist, ist in Deutschland Nacht.

Ich habe einmal einen sinnhaften Spruch gelesen:
"Jeder Mensch ist Ausländer." . . . Der Deutsche ist in Portugal ein Ausländer
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#3
(03-12-2013, 20:46)Keksdose schrieb: "Wanderprediger" war auch damals kein Ausbildungsberuf.

"Hohepriester" auch nicht. Der war erblich.
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#4
(04-12-2013, 02:19)Sinai schrieb: Jesus war kein Pharisäer.
Aber das degradiert ihn nicht zum "Laien".

Und was war Jesus dann?
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#5
Die Möglichkeit, dass Jesus ein den Pharisäern zugehöriger oder zumindest nahestehender Wanderprediger gewesen war, ist nicht von der Hand zu weisen.

Dazu:

Theißen/Merz: Der historische Jesus, 138

Die größte Nähe besteht zweifellos zwischen Jesus und den Pharisäern. Ihre Kritik an Jesus zeigt, dass sie ihn an besonderen Maßstäben messen - als sei er ein ihnen nahe stehender Lehrer.

P. Lapide: Wer war schuld an Jesu Tod?, 111f.

Wenn Jesus im Neuen Testament vierzehn Mal als "Rabbi" angesprochen wird, - ein pharisäischer Würdetitel, der den anderen Schulen im Judentum fremd war -, so kann das nur besagen, dass er in pharisäischen Kreisen verkehrte, ja, dass er von vielen Juden für einen Pharisäer gehalten wurde.

Stuttgarter Bibelstudie 144, G. Stemberger: Pharisäer, Sadduzäer, Essener, 39

Die relativ große Nähe Jesu zu den Pharisäern führt zu Abgrenzungsproblemen, die sich in den christlichen Gemeinden verstärken, wie die mit wachsendem zeitlichen Abstand in den Evangelien immer größere Rolle der Pharisäer bezeugt. Die Pharisäer sind die jüdische Strömung, die dem Christentum am nächsten steht und mit der es sich entsprechend ausführlich befasst.
MfG B.
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#6
Oh, tut mir leid, das wusste ich gar nicht. Ich ging davon aus, dass Jesus das war, was ich als theologischen Laie bezeichnen würde: Einen (durchaus theologisch bewanderten) Mann, der sozusagen zum Privatvergnügen predigte und dem also quasi die offizielle Legitimation fehlte. Aber ich lerne gerne dazu.

Mich würde lediglich irritieren, dass Jesus eben in der Bibel nicht als Pharisäer dargestellt wird. Oder vielleicht liegt das ja an mangelhaften Bibelkenntnissen? Vielleicht weiß ein Forenteilnehmer mehr.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#7
Als die Texte niedergeschrieben wurden, waren "die Christen" drauf und dran, sich vom Judentum zu lösen. Das findet in den Evangelien seinen Niederschlag.

Es sind aber durchaus Indizien vorhanden, die die Annahme stützen, dass das Verhältnis Jesu zu den Pharisäern nicht so schlecht gewesen sein kann, wie das in manchen Textpassagen dargestellt wird.

Beispiele:

Jesu pflegte zwanglosen Umgang mit Pharisäern und wurde von ihnen zum Essen eingeladen (Lk 11,37.14,1).

Es waren Pharisäer, die Jesus vor der Heimtücke des Herodes warnten (Lk 13,31).

Die Pharisäer sprechen Jesu mit dem Ehrentitel "Rabbi" an. Nikodemus sagt: "Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen,…" (Joh 3,1f.)

In der Apg (23,8f.) treten die Pharisäer als Verbündete der Christengemeinde auf, und zuvor hatte Gamaliel, das Schulhaupt der Pharisäer, die Freilassung der verhafteten Apostel bewirkt (Apg 5,38f.).
MfG B.
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#8
Nun "Pharisäer" ist auch kein Titel, wie wir sie hier kennen (Doktor z. B.). Jesus war zwar theologisch gebildet, gehörte aber nicht zu den "amtlichen Theologen" (Schriftgelehrten) seiner Zeit und wurde von diesen argwöhnisch betrachtet.
Mir erscheint plausibel, wie Hans Küng dies darstellt. Vor allem wird das Verhältnis zu den Schriftgelehrten und den Leuten um den Hohen Priester deutlich, wenn man sich anschaut, wie dieser Wanderprediger schließlich kaltgestellt und hingerichtet wurde. Er war einer kleinen Theologen-Clique lästig geworden, die mit der Besatzungsmacht in (relativem) Frieden leben wollten.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#9
Ist an sich richtig, aber wir sollten dennoch trennen:

Die Pharisäer waren nicht ident mit den Schriftgelehrten.
Es heißt ja in der Schrift "die Pharisäer und Schriftgelehrten"
Werden nebeneinander erwähnt . . .

Und der Hohepriester und seine Clique waren Sadduzäer
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#10
(04-12-2013, 20:09)Bion schrieb: Es sind aber durchaus Indizien vorhanden, die die Annahme stützen, dass das Verhältnis Jesu zu den Pharisäern nicht so schlecht gewesen sein kann, wie das in manchen Textpassagen dargestellt wird.

Das ist bekannt.
Jesus stand den Pharisäern näher als den Sadduzäern.
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#11
(05-12-2013, 00:28)Sinai schrieb: Die Pharisäer waren nicht ident mit den Schriftgelehrten.
Es heißt ja in der Schrift "die Pharisäer und Schriftgelehrten"
Werden nebeneinander erwähnt . . .

In diesem Fall korrigiere ich meine Verwendung des Wortes "Pharisäer". Aber war Jesus dann nun ein theologischer Laie oder nicht? Er war also kein Schriftgelehrter - wenn ich das richtig verstehe war er damit aber erneut genau das, was ich einen theologischen Laien nenne. Nämlich eben kein "amtlicher Theologe", so wie Ekkard das nannte.

Vielleicht gehen wir aber auch da von unterschiedlichen Bedeutungen aus. Sinai, was ist denn ein theologischer Laie für deine Begriffe?
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#12
(04-12-2013, 23:12)Ekkard schrieb: Nun "Pharisäer" ist auch kein Titel, wie wir sie hier kennen (Doktor z. B.). Jesus war zwar theologisch gebildet, gehörte aber nicht zu den "amtlichen Theologen" (Schriftgelehrten) seiner Zeit und wurde von diesen argwöhnisch betrachtet.
Mir erscheint plausibel, wie Hans Küng dies darstellt. Vor allem wird das Verhältnis zu den Schriftgelehrten und den Leuten um den Hohen Priester deutlich, wenn man sich anschaut, wie dieser Wanderprediger schließlich kaltgestellt und hingerichtet wurde. Er war einer kleinen Theologen-Clique lästig geworden, die mit der Besatzungsmacht in (relativem) Frieden leben wollten.

Dass ein Sohn des allmächtigen Schöpfers der Himmel und der Erde, der die Pharisäer und Schriftgelehrten intellektuell bloßstellen konnte, diesen Religionsmachern auch in theologischer Hinsicht überlegen gewesen sein müsste, wäre logischerweise selbstverständlich.

So aber, wie Du das sagst, werden damalige mögliche Vorkommnisse ohne Verknoten des Denkens leicht verständlich. Natürlich wäre es den Mächtigen lästig gewesen, dass ein Wanderprediger das Verkaufen allen Besitzes und Teilen mit den Armen gefordert und die Autorität der Religionsmacher untergraben und das Ende aller Dinge noch zu Lebzeiten einiger seiner Jünger angekündigt hätte, wie das ja unbestreitbar in der Bibel behauptet wird. Wenn die Schäfchen allen Besitz mit den Armen geteilt hätten, hätten die Machmenschen ihre Schäfchen nicht mehr melken können.

Blöd für ein Verständnis ist aber, dass das Sterben Jesus nach dessen eigenen Worten ihm vorbestimmt gewesen sein soll (Luk. 24, 45-47) und zudem laut Matth. 26, 39-44 der ausdrückliche Wille des allmächtigen Schöpfers der Himmel und der Erde. Wer hätte denn das Umsetzen dieses allmächtigen Willens verhindern können?

Jetzt stellt sich diese Frage: Wie könnte Jesus der Erlöser von den Sünden der Menschen sein, wenn er nur ein religiösen Eiferer und gescheiterten Weltuntergangspropheten war, der nach Deiner Version sterben musste?
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#13
(05-12-2013, 11:35)Keksdose schrieb: Aber war Jesus dann nun ein theologischer Laie oder nicht? Er war also kein Schriftgelehrter - wenn ich das richtig verstehe war er damit aber erneut genau das, was ich einen theologischen Laien nenne. Nämlich eben kein "amtlicher Theologe", so wie Ekkard das nannte.

Schriftgelehrter bedeutet im Zusammenhang mit dem NT, dass dieser die religiösen Schriften kennt und hier ist wohl die Thora gemeint. Jesus nimmt ganz konkret auf viele Ereignisse aus der Thora Bezug und wusste sogar, dass Mose von ihm geschrieben hatte:

„Meint nicht, dass ich euch bei dem Vater verklagen werde; da ist einer, der euch verklagt, Mose, auf den ihr eure Hoffnung gesetzt habt. Denn wenn ihr Moses glaubtet, so würdet ihr mir glauben, denn er hat von mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie werdet ihr meinen Worten glauben?“ (Joh. 5, 45-47)

Dass der Sohn des Allmächtigen der Himmel und der Erde ein geringeres theologisches Wissen gehabt haben könnte, als die Pharisäer und die Schriftgelehrten, wäre irgendwie kaum den Gläubigen zu verkaufen Icon_wink
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#14
Ist ja toll, was einer der kaum so gelebt hat, von einem weiss
der garnicht existiert hat Icon_lol
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#15
Wen meinst Du mit dem Menschen, der kaum gelebt hat und wen mit dem Menschen, der weiß, dass dieser Mensch gar nicht gelebt hat?

Meinerseits weiß ich nicht zweifelsfrei, ob und wie Jesus wirklich gelebt hat, gehe aber davon aus, dass damals ein religiöser Eiferer und gescheiterter Weltuntergangsprophet gelebt hat, der wirklich davon überzeugt war, dass das Letzte Gericht noch zu Lebzeiten einiger seiner Jünger stattfinden wird. Aber auch das ist kein Wissen, sondern nur meine Meinung Icon_wink
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