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Sadduzäer
#1
Religionspartei mit hohem politischem Einfluss in ↗Jerusalem vom 2. Jh vC  an bis in die Zeit der Zerstörung des ↗2. Tempels (70 nC).

Die Bezeichnung Sadduzäer ist vermutlich auf ↗Zadok (ein Oberpriester aus der Zeit ↗König Davids, den die Sadduzäer als ihren Stammvater ansahen) zurückzuführen.

Wichtigste Quelle zu den Sadduzäern ist ↗Josephus, der sie in seinen Texten (zB Ios. ant. XIII, 173), zusammen mit den ↗Pharisäern und ↗Essenern, erwähnt. Weitere Quellen sind das ↗Neue Testament  und die ↗rabbinische Literatur. Selbstzeugnisse der Sadduzäer sind nicht erhalten.

Die mündliche Überlieferung hatte für die Sadduzäer im Gegensatz zu den Pharisäern keine Bedeutung (Ios. ant. XIII, 297), nur "was geschrieben steht" sei verbindliches "Gesetz". Die ↗Seele, lehrten sie, ginge mit dem Ableben des Körpers zugrunde (Ios. bell. II, 165). Lehren vom Fortbestand der Seele nach dem Tode und ↗Auferstehungsideen, sowie Lehren von transzendenten Welten (↗Himmel und ↗Hölle), mit Belohnung und Strafe für gute Taten und Verfehlungen im Jenseits, wie das von den Pharisäern  angenommen und verbreitet wurde, hielten sie für absurd (Mk 12,18; Mt 22,23; Lk 20,27). Gott, meinten sie ferner, habe mit dem Handeln der Menschen, ob sie Gutes oder Böses tun, nichts zu schaffen. Dass die Sadduzäer auch die Existenz von ↗Engeln und Geistwesen bestritten, wie das die Apostelgeschichte (23,8) behauptet, dazu sagt Josephus nichts. Wenn man davon ausgeht, dass Josephus korrekt berichtet, bewegte sich das Denken der Sadduzäer in die Richtung eines praktischen Atheismus' (vgl. Stemberger: Pharisäer, Sadduzäer, Essener,  S. 67). Jedenfalls waren unterschiedliche Auffassungen der verschiedenen vorrabbinischen Denkrichtungen zu wesentlichen religiösen und philosophischen Fragen ständige Quelle des Streits.

Laut Josephus hatten die Sadduzäer nur wenige Anhänger (Ios. ant. XVIII, 16). Ihr politischer Einfluss war nicht in der Anzahl ihrer Parteigänger begründet, sondern dem Umstand zuzurechnen, dass sie allesamt dem ↗Priesteradel und der vermögenden Oberschicht entstammten (Ios. ant. XVIII, 17).

Nach Zerstörung des 2. Tempels verlieren sich die Sadduzäer in der Bedeutungslosigkeit und verschwinden aus der Geschichte. Dass sie sich in der jüdischen Sekte der ↗Karäer wiedergefunden hätten – gelegentlich wird das behauptet -, die im 8. Jh als antirabbinische Bewegung in Erscheinung trat und bis heute in Kleingemeinden in der Welt verstreut fortbesteht, ist abgesehen des Umstandes, dass auch diese gleich den Sadduzäern die ↗Tradition als unverbindlich annahmen und ablehnten, ist nicht weiter begründbar (vgl. Stemberger: Das klassische Judentum, 248).  Neben manchen Ansichten der Sadduzäer  ist bei den Karäern auch Denken der Essener und der ↗Mutazila  (vgl. J. Maier: Geschichte d. jüd. Religion, 233.278.371) vorzufinden.

Im Neuen Testament sind die Sadduzäer durchgängig negativ gezeichnet. Da das Zentrum der sadduzäischen Frömmigkeit der Jerusalemer Tempel gewesen war, ist ihr entschiedenes Auftreten gegen ↗Jesus möglicherweise in dessen heftiger Tempelkritik begründet. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war die sadduzäische Tempelaristokratie an der Ergreifung und Hinrichtung Jesu beteiligt.


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MfG B.
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