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War Jesus ein Rebell gegen die Römer?
#16
Das Thema dieses Theads lautet:
"War Jesus ein Rebell gegen die Römer?"

Nehmen wir folgendes bekannte Jesuswort:
"Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist!"

Wenn man diesen Befehl analysiert, kommt man darauf, daß er eigentlich nichtssagend ist.
Absolut diplomatisch und inhaltslos.


Zwei völlig gegensätzliche Lesarten sind hier möglich:

1.) Dem Kaiser gehört gar nichts, denn ausnahmslos alles ist durch Gott geschaffen. Selbst das Vieh und das Getreide. Zahlt dem Kaiser keine Steuern! Verweigert den Militärdienst! Denn Euer Leben verdankt Ihr Gott und nicht dem Kaiser

2.) Der Kaiser ist der Herr der irdischen Welt. Ihm gehört alles materielle, das heißt alles, was man anfassen kann. Gott gehören Eure Gebete. Aber alles weltliche gehört dem Kaiser
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#17
3. Gott ist des Kaisers, was dann noch Gottes ist, bestimmt der Kaiser.
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#18
(06-05-2014, 01:28)Harpya schrieb: 3.) Gott ist des Kaisers, was dann noch Gottes ist, bestimmt der Kaiser.

Interessante Interpretation.
Und dann kam tausend Jahre später noch eine vierte Lesart dazu:

4.) Der Kaiser ist ein Werkzeug Gottes, durch die Kaiserkrönung in der Kirche bekommt der Monarch seine religiöse Legitimation.
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#19
Das Jesuswort
"Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist!" ´
läßt jede erdenkliche Interpretation zu

Da steht auf der einen Seite des Platzes ein römischer Zenturio. Er ist begeistert und spendet Applaus.
Auf der anderen Seite des Platzes stehen drei heimliche Anhänger der Sikarier. Jüdische Aufständische. Sie spenden ebenfalls Applaus.
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#20
Sehe ich so ähnlich: Für alle Interpretationen offen.
Es gibt noch weitere Deutungsmöglichkeiten:
5) Schickt die Römer mit allem, was ihnen gehört (einschließlich ihrer römischen Münzen) nach Hause und schottet euch von allen weiteren römischen Einflüssen ab!
6) Der Kaiser hat nur auf Steuern Anspruch, die mit römischer Münze bezahlt werden. Sind die alle weg (bei der Steuerzahlung zurückgegeben), verfällt sein Anspruch, da nicht-römisches Geld ihm nicht gehört.
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#21
Naturalienabgaben waren durchaus gängig zur laufenden Versorgung.
Arbeitsleistungen /Fronarbeit ebenso.
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#22
Unnötiges Selbstzitat entfernt!/Bion

(06-05-2014, 13:20)Lelinda schrieb: Sehe ich so ähnlich: Für alle Interpretationen offen.

Es gibt noch weitere Deutungsmöglichkeiten: . . .


Das schlimme daran ist, daß Jesus oft sehr mehrdeutig spricht, seine Gedanken geschickt verschleiert . . . aber exakte Befolgung seiner Lehren fordert – mit Androhung drakonischer Strafen für alle, die seine Anordnungen nicht befolgen.

Zu so etwas sagt man heute "Rechtsunsicherheit". Der Alptraum jedes Rechtsanwenders. Kraß menschenrechtswidrig. Wenn ein heutiges Gesetz mehrdeutig ist, kann man dieses Gesetz bekämpfen. Und zwar mit Erfolg bekämpfen. Denn der Rechtsanwender hat einen Anspruch auf eine unmißverständlich formulierte Vorschrift !
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#23
(06-05-2014, 13:20)Lelinda schrieb: Es gibt noch weitere Deutungsmöglichkeiten:

6) Der Kaiser hat nur auf Steuern Anspruch, die mit römischer Münze bezahlt werden. Sind die alle weg (bei der Steuerzahlung zurückgegeben),...

Was die vernünftigste Deutung dieser Stelle ist, zumal sowohl im griechischen Grundtext als auch in der Hieronymusübersetzung Formulierungen gewählt sind, die ins Deutsche besser mit "zurückgeben" als mit "geben" zu übertragen sind.

In etwa:

Jesus: Zeigt mir einen Denar. Was steht da drauf, wer ist da abgebildet?

Antwort: Es ist die Aufschrift des Kaisers, der Kaiser ist abgebildet!

Jesus: Dann gebt zurück, was ihm gehört!
MfG B.
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#24
(07-05-2014, 09:09)Bion schrieb: Was die vernünftigste Deutung dieser Stelle ist, zumal sowohl im griechischen Grundtext als auch in der Hieronymusübersetzung Formulierungen gewählt sind, die ins Deutsche besser mit "zurückgeben" als mit "geben" zu übertragen sind.

In etwa:

Jesus: Zeigt mir einen Denar. Was steht da drauf, wer ist da abgebildet?

Antwort: Es ist die Aufschrift des Kaisers, der Kaiser ist abgebildet!

Jesus: Dann gebt zurück, was ihm gehört!

Die beste, die ich je gehört hab, geht wie folgt:

Zitat:Mk 12,13 Und sie sandten zu ihm einige von den Pharisäern und von den Anhängern des Herodes, dass sie ihn fingen in Worten. 14 Und sie kamen und sprachen zu ihm: Meister, wir wissen, dass du wahrhaftig bist und fragst nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen, sondern du lehrst den Weg Gottes recht. Ist's recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen?

Hätte Jesus behauptet, dass man zahlen soll, hätten sich die Pharisäer über ihn ereifert und Jesus vor den Pranger des Volkes gestellt. Hätte Jesus behauptet, dass man nicht zahlen soll, hätten ihn die Herodianer vor Gericht gestellt. Sie versuchten ihn also, in die Zange zu nehmen.

Zitat:Mk 12,15 Er aber merkte ihre Heuchelei und sprach zu ihnen: Was versucht ihr mich? Bringt mir einen Silbergroschen, dass ich ihn sehe! 16 Und sie brachten einen. Da sprach er: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers.

Einer von Markus allerbesten Schmunzlern! Natürlich durften die Pharisäer und die Herodianer überhaupt keine Münze mit menschlichen Abbildern haben (noch dazu im Tempel, wo das Gespräch stattfindet), weil sie damit nach jüdischem Verständnis Götzenbilder im Tempel mit sich herumtragen und den Tempel verunreinigen (Hier auch noch die Münze mit einem Abbild eines heidnischen Kaisers. Pfui Teufel Icon_cheesygrin )

Zitat:17 Da sprach Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und sie wunderten sich über ihn.

Die Aussage Jesu ist also von vornherein mehr- und offendeutig und soll das auch sein. Sie hat damit letztlich keine Bedeutung und dient nur dazu, die von den Gegnern gestellte Falle unschädlich zu machen.

Der Witz der ganzen Szene ist, dass Jesu Gegner, die ihm eine Falle stellen wollen, in die seine tappen (Wer anderen ein Grube gräbt ...). Wer über die Bedeutung der Aussage Jesu nachdenkt, liegt damit "falsch", weil es um eine Bedeutung eben nicht geht.
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#25
Unnötiges Vollzitat entfernt!/Bion

Hallo Kunigunde Kreuzerin

Ich danke Dir sehr für diese interessante Meldung !!!
Das ist wirklich sehr gut analysiert, habe ich noch nie gehört.
Keine Ahnung wo die Szene stattfand. Sollte sie tatsächlich im Tempel stattgefunden haben, so wäre er – wie Du richtig sagst – durch das einschleppen eines heidnischen Götterbildes kultisch verunreinigt geworden !

Der Kaiser wurde göttlich verehrt und es wurden Statuen errichtet – die den Israeliten ein Dorn im Auge waren . . . "Du sollst deine Knie nicht vor Baal beugen!" Ein Bild des römischen Gottkaisers (Gottkönigs) war eine Manifestation der gottfeindlichen Macht. Ganz egal, wo es angebracht war. Wenn das Bild des Gottkaisers noch dazu offiziell im Auftrag des Gottkaisers hergestellt wurde (im Wege der staatlichen Münzprägung), so konnte man sich nicht einmal auf eine zufällige, wertneutrale Herstellung berufen. Die staatlichen Münzen entstanden nicht durch einen neutralen Akt – sie entstanden in Rom – in kaiserlichem Auftrag ! Das Portrait des Gottkaisers darauf diente ganz offiziell der Huldigung.

Bitte prüfe nach, ob sie tatsächlich mitten im Tempel eine Münze mit dem Bild des Kaisers aus der Tasche gezogen haben . . .

Das wäre ein derartig großer Fehler, wie wenn sie ein Ferkel in den Tempel gebracht hätten.

Wirklich sehr interessant. Man liest eine Bibelstelle viele Male – und dann bringt jemand einen ganz neuen Gedanken ein, den man niemals hatte – aber ein Gedanke der absolut schlüssig ist. Danke nochmals für den interessanten Hinweis.

Das ist für mich der interessanteste Hinweis der letzten Monate
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#26
Irrtum Kunigunde

in ihrem Eifer Jesus ein Falle zu stellen und ihn zu entlarven,haben sie sich erneut als heuchler selbst entlarft,in dem sie im Tempel (wenn dasstimmt,weiß ich jetzt nicht) eine Kaisermünze aus der tasche zogen.
Das ist je eben das was Jesus ihnen vorgeworfen hat
nämlich das sie die Gebote Gottes durch ihre menschlichen Satzungen zu umgehen suchen.
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#27
(07-05-2014, 22:18)bridge schrieb: Das ist je eben das was Jesus ihnen vorgeworfen hat
nämlich das sie die Gebote Gottes durch ihre menschlichen Satzungen zu umgehen suchen.

Spricht für vernünftige Römer sich nicht auf boßes Geschwätz einzulassen.
Später haben sie das leider gemacht.

Hat dahin geführt, das auch Europa christliche Besatzungszone wurde und unter den
religiösen Auseinandersetzungen einen riesigen Blutzoll zahlte und in seine Entwicklung weit zurückgeworfen wurde.

Gibt ja auch nur einen winzigen christlichen Staat, Vatikan.
Die allermeisten leben ja in der Diaspora.
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#28
(07-05-2014, 21:19)Kunigunde Kreuzerin schrieb: Die beste, die ich je gehört hab, geht wie folgt:

Hätte Jesus behauptet, dass man zahlen soll, hätten sich die Pharisäer über ihn ereifert und Jesus vor den Pranger des Volkes gestellt. Hätte Jesus behauptet, dass man nicht zahlen soll, hätten ihn die Herodianer vor Gericht gestellt. Sie versuchten ihn also, in die Zange zu nehmen.

Dass man ihm eine Falle stellen wollte, ist offensichtlich.

Mit der Frage, was denn auf der Münze stehe und wer auf ihr abgebildet sei, gibt Jesus zu verstehen, dass er, der fromme Jude, Münzen, auf denen der römische Kaiser abgebildet ist, nicht angreift, ja, sie nicht einmal kennt.

Nachdem ihm Aufschrift und Bildnis erklärt worden war, stellt er fest, dass man dem Kaiser zurückgeben möge (ὁ δὲ εἶπεν πρὸς αὐτούς τοίνυν ἀπόδοτε τὰ Καίσαρος Καίσαρι…), was ihm gehöre (Lk 20,25).

Dass ihm das wenig genützt hat, hat Lukas drei Kapitel später (23,2ff.) festgehalten:

"Wir haben festgestellt, dass er unser Volk aufwiegelt, denn er verbietet, dem Kaiser Steuern zu zahlen, und er gibt sich für den Messias-König aus."

Jeder einzelne dieser Vorwürfe genügte, als Rebell zu gelten und von den Römern kurzerhand umgebracht zu werden.
MfG B.
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#29
Umso interessanter, dass diese Stelle meistens so interpretiert wird, dass die Gläubigen brav Steuern zahlen und sich ansonsten nur für die Religion interessieren, sich also aus der Politik heraushalten sollten.
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#30
(08-05-2014, 08:25)Bion schrieb: Nachdem ihm Aufschrift und Bildnis erklärt worden war, stellt er fest, dass man dem Kaiser zurückgeben möge (ὁ δὲ εἶπεν πρὸς αὐτούς τοίνυν ἀπόδοτε τὰ Καίσαρος Καίσαρι…), was ihm gehöre (Lk 20,25).

Ich bin mit der Übersetzung ganz einverstanden. Das Verb wird in der Septuaginta ja auch häufig für "zurückgeben" und "vergelten" gebraucht. Ich glaube nur, dass man die Szene missversteht, wenn man anfängt darüber nachzudenken, ob Jesus nun der Meinung war, dass man Steuern zahlen soll oder nicht. Er hat sich imho dazu überhaupt nicht geäußert.
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