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Gibt es einen Grund für religiöse Zuversicht?
#1
(24-05-2014, 23:19)Ekkard schrieb:
(24-05-2014, 14:06)Keksdose schrieb: ... Aber im Bereich der Religion ergeben sich ja aus der Erkenntnis, dass ich keine Erkenntnisse habe und auch keinen Zugang dazu, gewisse Konsequenzen. Zum Beispiel müsste man dann eingestehen, dass jede Art religiöser Zuversicht Einbildung ist. Denn das ist schon eine Frage, die ich mir immer wieder stelle: Wenn Menschen doch in Wahrheit nichts von Gott wissen können, was für einen Wert hat die Religion denn dann überhaupt für irgendwen? (Abgesehen von dem Wert, den auch Harry Potter an ihrer Stelle hätte, siehe oben.)

Ich denke, hier handelt es sich um ein Missverständnis."Religiöse Zuversicht", sagen wir mit Paulus "Hoffnung" halte ich durchaus für gerechtfertigt. Es handelt sich um die praktische "Anwendung" von transzendenten Vorstellungen. Die wirken ungefähr so wie (wenn nicht identisch mit) Meditation - antidepressiv.

Nur, was wir hier im Forum machen, ist eine andere Art der Auseinandersetzung. Hier geht es um die Frage, ob man etwas durch religiöse Argumente begründen kann. Und da taugen gewisse Konkretisierungen der Seinsweise Gottes, beispielsweise seine Allmacht, einfach nichts. (Allmacht, Barmherzigkeit, allumfassende Liebe sind bestenfalls Verehrungsformen durch Menschen. So wären wir vielleicht gerne, können aber nicht.)

Meiner Meinung nach müssen wir bei allen religiösen Sprachsymbolen immer ihren eingeschränkten, bildhaften Charakter berücksichtigen.

Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht? Vertrauen kann ich auf alles mögliche, von der Wettervorhersage bis auf den Weihnachtsmann. Zumindest bei Erwachsenen können wir wohl davon ausgehen, dass dieses Vertrauen in unterschiedlichem Maße auf stabilen Füßen steht.

Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können. Seine Existenz eingeschlossen. Woher sollte man hier die Zuversicht nehmen?

Ich glaube, die einzige Grundlage für religiöse Zuversicht ist die Tradition religiöser Zuversicht. Das letzte Argument, das Religion und den Glauben an das fliegende Spaghettimonster trennt, ist die Dauer der Tradierung. Kinder können Vertrauen an Gott lernen, weil ihre Eltern das tun und die Generationen vor ihnen. Aus einem atheistischen Vakuum heraus gäbe es keinen Anlass, auf einen oder gar einen spezifischen Gott zu vertrauen.

Ekkard nennt es "die praktische "Anwendung" von transzendenten Vorstellungen". Darauf möchte ich antworten, dass die transzendenten Vorstellungen deutlich in Frage stehen, wenn auch sie nur aus der Luft gegriffen sein können. Den "eingeschränkten, bildhaften Charakter" religiöser Sprachsymbole müsste man für mich ersetzen durch einen ausschließlich fiktiven Charakter. Denn das muss es sein, wenn es nichts zu wissen gibt.

Was haltet ihr davon? Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht? Bin sehr gespannt auf eure Meinungen.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#2
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht?

Was bedeutet schon nachvollziehbar? Der eine wird sagen, dass ist ihm viel zu unlogisch und es fehlt der konkrete Hinweis. Der andere wird sagen, er kann damit etwas anfangen.

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können. Seine Existenz eingeschlossen. Woher sollte man hier die Zuversicht nehmen?

Für den Gläubigen offenbart sich Gott in der heiligen Schrift. Seine Existenz ist dadurch gegeben. Gleichzeitig wird er aber als etwas so Großes angesehen, dass der Mensch nicht in der Lage ist ihn oder seine Absichten vollständig zu begreifen.
Ist halt Glaube.

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Ich glaube, die einzige Grundlage für religiöse Zuversicht ist die Tradition religiöser Zuversicht. Das letzte Argument, das Religion und den Glauben an das fliegende Spaghettimonster trennt, ist die Dauer der Tradierung.

Das dürfte für viele Mensche maßgebend sein, weshalb sie ausgerechnet ein konkretes Gottesbild haben: Tradition und Weitergabe von einer Generation an die nächste.

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Kinder können Vertrauen an Gott lernen, weil ihre Eltern das tun und die Generationen vor ihnen. Aus einem atheistischen Vakuum heraus gäbe es keinen Anlass, auf einen oder gar einen spezifischen Gott zu vertrauen.

Hm... würden die Menschen nicht mehr glauben, wenn es keine Indoktrinierung bereits im Kindesalter gäbe?
Ich denke fast nicht. Vieleicht würde kein einzelnes Gottesbild so hervorstechen. Dennoch gäbe es Menschen die glauben, denen eine Antwort ala "man weiß es nicht" schlicht nicht reicht, da sie keine Hoffnung gibt, keine Hilfe ist...
Aber gerade Hoffnung, Hilfe, Trost (und auch Zuversicht) sind ja wichtige Bestandteile des Glaubens. Man vertraut dann eben auf sein Gottesbild und erhält dadurch eine Stütze im Leben.


(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Ekkard nennt es "die praktische "Anwendung" von transzendenten Vorstellungen". Darauf möchte ich antworten, dass die transzendenten Vorstellungen deutlich in Frage stehen, wenn auch sie nur aus der Luft gegriffen sein können. Den "eingeschränkten, bildhaften Charakter" religiöser Sprachsymbole müsste man für mich ersetzen durch einen ausschließlich fiktiven Charakter. Denn das muss es sein, wenn es nichts zu wissen gibt.

Ja, ich denke auch, dass vergisst Ekkard zu oft. Wenn jeder Mensch sich der Fiktion, der religiösen Geschichten nur als Symbole, bewusst wäre, könnte man tatsächlich sagen: Ok, Bildsprache die uns hilft bestimmte Regeln und Verhaltensweisen die für eine Gesellschaft nützlich sind zu verdeutlichen.

Aber die Realität ist ja eher so, dass die Mehrzahl der Gläubigen diese Geschichten als reale Begebenheiten auffasst. Und daraus einen Absolutheitsanspruch herleiten.
Und es ist auch keineswegs so, dass alle Geschichten in den heiligen Schriften mit unserer heutigen Auffassung von Menschenrechten und gesellschaftlichem Leben konfom gehen.
Teilweise stehen schreckliche Dinge in Bibel und Koran. Warum krampfhaft an diesen alten Schriften festhalten und mühsam versuchen etwas für unsere heutige Welt heraus zu bekommen?
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#3
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht?

ja - jedenfalls ein gläubiger, wie ich ihn verstehe. der eine (transzendente) erfahrung von geborgensein gemacht hat, oder eben ein solches geborgensein empfindet - was dann mit "gott" umschrieben wird

das ist aber etwas ganz anderes als angelernter religionsglaube, man müsse irgendwelche göttlichen regeln befolgen, um sich diesem chefwesen unterzuordnen (gleichwohl können traditionelle glaubensstrukturen diesem persönlichen vertrauensglauben form geben, aber meiner erfahrung nach fern von allem dogmatismus). ein solcher gläubiger ruht in sich und seiner gewißheit, nicht allein zu sein - eine art von zuversicht

ich z.b. kenne auch dieses gefühl der zuversicht (ich habe bisher schon so einiges geschafft, ich werde es auch in zukunft schaffen) als selbstvertrauen

beim gläubigen kommt noch das gefühl des "gehalten seins" als gottvertrauen dazu - mit gottes hilfe hat er bisher schon so einiges geschafft, er wird es auch in zukunft schaffen

"religiöse zuversicht" kann also durchaus begründet sein - aber subjektiv, auf emotionaler ebene. der versuch einer rationalisierung qua rückgriff auf verbindliches bibelverständnis oder sonstige formalismen und dogmatismen muß dagegen scheitern - denn diese begründungen halten nicht
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#4
(25-05-2014, 15:34)petronius schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht?
"religiöse zuversicht" kann also durchaus begründet sein - aber subjektiv, auf emotionaler ebene. der versuch einer rationalisierung qua rückgriff auf verbindliches bibelverständnis oder sonstige formalismen und dogmatismen muß dagegen scheitern - denn diese begründungen halten nicht

Ich seh das auch als eine Art Vereinleben, man ist unter Gleichgesinnten,
teilt sein Interessen und fühlt sich irgendwie in der Gruppe behütet.

Religiös zu sein muss normalerweise erstmal in einen
reinargumentiert werden, jedenfalls den Großkirchen mit festen
Dogmen, Riten .. nach.

Naturreligionen sind da flexibler, irgendwoher muss ja alles kommen,
da kann man schon mal um was bitten, Regen oder so und auch mal
was opfern.
Das Sonntags keine Kokosnüsse geerntet werden dürfen kommt da eher selten vor, Kopftücher auch nicht.

Sich da ein Gesamtregelwerk des
Lebens abzuleiten, nun Aberglaube war im
Mittelalter noch sehr verbreitet.

Was religöse Zuversicht für ein Leben nach dem Tod betrifft,
bon chance.
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#5
(24-05-2014, 23:19)Ekkard schrieb: Ich denke, hier handelt es sich um ein Missverständnis."Religiöse Zuversicht", sagen wir mit Paulus "Hoffnung" halte ich durchaus für gerechtfertigt. Es handelt sich um die praktische "Anwendung" von transzendenten Vorstellungen. Die wirken ungefähr so wie (wenn nicht identisch mit) Meditation - antidepressiv.
Religion als 'Opium des Volkes', sozusagen...

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht?
Gegenfrage: Was wäre denn die Alternative? Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung...? Da bleib' ich lieber zuversichtlich...

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können.
Wir...?! Du vielleicht, ja.

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Seine Existenz eingeschlossen. Woher sollte man hier die Zuversicht nehmen?
Merke: Religion != Theismus. Ist schon immer wieder amüsant, wie schnell sich Diskussionen über Religion plötzlich in einem Diskurs über Gott erschöpfen.

Und Theismus - der bloße Glauben an Gott - hat in der Regel auch tätsächlich mehr mit Autoritätshörigkeit denn mit Zuversicht zu tun. Durch Zuversicht motiviert wird weniger der Glaube an Gott, sondern bspw. der Glaube an eine gewisse Form der ausgleichenden Gerechtigkeit im Jenseits - wie genau man sich das vorzustellen hat, wäre jetzt ein wenig Kaffeesatzleserei (Ewiges Leben, Wiedergeburt, etc. pp. ...), aber offenkundig wäre es für viele Menschen herzlich wenig tröstlich, wenn es bspw. zwar einen Gott gäbe, aber kein Leben nach dem Tod...

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Ich glaube, die einzige Grundlage für religiöse Zuversicht ist die Tradition religiöser Zuversicht. Das letzte Argument, das Religion und den Glauben an das fliegende Spaghettimonster trennt, ist die Dauer der Tradierung.
Nö, da bringst du gehörig was durcheinander. Also erstens mal ist Gott nicht allein dadurch erklärt, ein Fabelwesen zu sein. Genauso wenig ist es bspw. die Sonne, woran auch weder 'Ra' noch 'Huitzilopochtli' etwas ändern. Du argumentierst hier quasi wie eine Blinde, welche zwar vllt. die Wärme der Sonne wahrzunehmen vermag, die Existenz derselbigen allerdings leugnet, da die Existenz der Sonne - für dich als Blinde - erstens gar nicht belegbar sei, und man zweitens deiner Meinung nach, statt an Ra oder Huitzilopochtli, genauso gut auch an das FSM glauben könne. Das ist natürlich Unsinn, denn Ra und Huitzilopochtli sind lediglich Personifikationen der Sonne, so Hylozoismus und Anthropomorphismen zu damaliger Zeit eben in Mode waren und - leider - bis in die heutige Zeit hinein tradiert wurden (abrahamitische Religionen). Wenn du nun ebenfalls glaubst, Sonne oder Gott erschöpften sich allein darin, Fabelwesen zu sein, ist das allein dein Bier und hat mit dem, was mit jenen Begrifflichkeiten eigentlich gemeint ist, herzlich wenig zu tun.

So wie ich das sehe, hast du dich also immer noch nicht so ganz von deinen katholischen Denkmustern und Vorstellungen emanzipiert, und verkennst - wie übrigens auch die große Mehrheit der Theisten - den eigentlichen Kerngedanken hinter dem Gottesbegriff, wie er vllt. besser beim Begriff 'Schöpfer' zum Ausdruck käme, was allerdings immer noch ein erheblich mit Anthropomorphismen überfrachteter Begriff wäre. Etwas treffender haben es Denker wie Aristoteles oder Thomas von Aquin auf den Punkt gebracht: Gott bezeichnet nichts weiter als den Ursprung allen Seins, aus dem die gesamte Wirklichkeit - unterschieden von der bloßen Möglichkeit - hervorgeht. Die scholastische Philosophie sprach hier vom 'primum movens', Aristoteles vom 'unbewegten, ersten Beweger', manche sprechen von 'Gott', und einige Hinterwälder stellen sich darunter irgendwie ein allmächtiges, allwissendes, allgütiges Fabelwesen* vor.

Insofern ist der Vergleich zum FSM nicht nur einer, der hinkt, sondern bereits förmlich auf dem Bauche kriechen tut.

*wobei hier im Kern durchaus ein Körnchen Wahrheit enthalten sein könnte, aber das würde jetzt viel zu weit führen...

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Kinder können Vertrauen an Gott lernen, weil ihre Eltern das tun und die Generationen vor ihnen.
Das bezweifle ich. Da verwechselst du wohl 'Vertrauen' mit 'blindem Glauben' und 'Autoritätshörigkeit'.

Ob man sein Vertrauen in Gott steckt... in die Natur der Dinge... oder in das Schicksal... halte ich übrigens für Jacke wie Hose. Es ist nicht so wichtig, worin man sein Vertrauen steckt, es ist eher das Vertrauen selbst, das meines Erachtens eine gewisse Religiösität ausmacht: Das Urvertrauen, dass, völlig egal, welch' Schicksalsschläge Einen im Leben schon getroffen haben oder noch treffen mögen, am Ende alles gut werden wird.

(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Aus einem atheistischen Vakuum heraus gäbe es keinen Anlass, auf einen oder gar einen spezifischen Gott zu vertrauen.
Wie kam es dann in Laufe der Geschichte überhaupt zu jenem 'Vertrauen in Gott'...? Ein 'atheistisches Vakuum' hatten wir ja schon - etwa im Neolithikum. Kam da vllt. eine Delegation von theistischen Außerirdischen und hat die Menschen damals alle indoktriniert? Icon_lol

(24-05-2014, 23:19)Ekkard schrieb: Was haltet ihr davon? Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht? Bin sehr gespannt auf eure Meinungen.
Mangelnde Zuversicht mündet in einem phlegmatischen und lethargischen Zustand der Resignation und Ohnmacht. Genügt das als Grund für (religiöse) Zuversicht...?
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#6
(25-05-2014, 11:05)Gundi schrieb: Für den Gläubigen offenbart sich Gott in der heiligen Schrift. Seine Existenz ist dadurch gegeben. Gleichzeitig wird er aber als etwas so Großes angesehen, dass der Mensch nicht in der Lage ist ihn oder seine Absichten vollständig zu begreifen.
Ist halt Glaube.

Klar, das kann man so sehen. Du widersprichst da gewissermaßen meiner Prämisse, dass wir über die Seinsweise Gottes nichts wissen können. Denn wenn wir nichts wissen können ist eine Offenbarung in der Schrift ziemlich überflüssig.

Vereinfacht formuliert will ich folgendes sagen:
Entweder wir wissen wie Gott ist, dann scheitert seine Kontinuität an unserer Realität (s. Theodizee). Oder wir wissen nicht wie Gott ist, dann gibt es auch keinen Grund anzunehmen, er wäre ein guter/böser/strafender/verzeihender/wie auch immer gearteter Gott und religiöse Zuversicht hätte keine Basis mehr.

Mir scheint, dass manche Gläubige das erste annehmen aber die Konsequenzen auf unsere Realität ignorieren, oder das zweite annehmen und dann trotzdem auch ohne Grund auf Gott vertrauen. Und genau das stelle ich in Frage.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#7
(25-05-2014, 15:34)petronius schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht?

ja - jedenfalls ein gläubiger, wie ich ihn verstehe. der eine (transzendente) erfahrung von geborgensein gemacht hat, oder eben ein solches geborgensein empfindet - was dann mit "gott" umschrieben wird

Stimmt, das wäre eine Grundlage für religiöse Zuversicht. Allerdings könnten dann, wenn ich dich richtig verstehe, nur die gläubig sein, die eine persönliche Gotteserfahrung hinter sich haben. Und dürften das nicht eher die wenigsten sein?
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#8
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht?
Gegenfrage: Was wäre denn die Alternative? Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung...? Da bleib' ich lieber zuversichtlich...

Das meinte ich eigentlich gar nicht. Du wirst ja wohl nicht nur deshalb zuversichtlich sein, weil du es für die beste Alternative hältst. Welche übrigens nicht Enttäuschung, Frustration, Verbitterung und Verzweiflung wäre, sondern wohl eher das, was die Atheisten haben. Und wir sind ja auch nicht alle depressiv Icon_wink

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können.
Wir...?! Du vielleicht, ja.

Ok, jetzt hast du mich neugierig gemacht. Was weißt du denn von Gott, was mir bisher verborgen blieb?

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Ich glaube, die einzige Grundlage für religiöse Zuversicht ist die Tradition religiöser Zuversicht. Das letzte Argument, das Religion und den Glauben an das fliegende Spaghettimonster trennt, ist die Dauer der Tradierung.
Nö, da bringst du gehörig was durcheinander. Also erstens mal ist Gott nicht allein dadurch erklärt, ein Fabelwesen zu sein. Genauso wenig ist es bspw. die Sonne, woran auch weder 'Ra' noch 'Huitzilopochtli' etwas ändern. Du argumentierst hier quasi wie eine Blinde, welche zwar vllt. die Wärme der Sonne wahrzunehmen vermag, die Existenz derselbigen allerdings leugnet, da die Existenz der Sonne - für dich als Blinde - erstens gar nicht belegbar sei, und man zweitens deiner Meinung nach, statt an Ra oder Huitzilopochtli, genauso gut auch an das FSM glauben könne.

Na, die Frage ist doch: Wodurch ist Gott erklärt, wenn nicht dadurch? Ich könnte dich jetzt fragen, was genau die unzweifelhaften Eigenschaften Gottes sind, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das in eine Diskussion zur Theodizee ausarten würde. Also lass es mich so sagen: Eine unzweifelhafte Eigenschaftszuschreibung scheitert schon daran, dass keine Zuschreibung unzweifelhaft genug ist, damit sich die Menschen darüber einig werden könnten. Wir füllen hier viele Threads und Bildschirmseiten scheinbar nur mit dem Widerspruch gegen spezifische Eigenschaften. Da finde ich Ekkards Einwurf doch schon hochinteressant. Und überaus legitim. Nur interessiert mich auch, was dabei herauskommt, wenn wir das konsequent weiterdenken...

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Das ist natürlich Unsinn, denn Ra und Huitzilopochtli sind lediglich Personifikationen der Sonne, so Hylozoismus und Anthropomorphismen zu damaliger Zeit eben in Mode waren und - leider - bis in die heutige Zeit hinein tradiert wurden (abrahamitische Religionen). Wenn du nun ebenfalls glaubst, Sonne oder Gott erschöpften sich allein darin, Fabelwesen zu sein, ist das allein dein Bier und hat mit dem, was mit jenen Begrifflichkeiten eigentlich gemeint ist, herzlich wenig zu tun.

Es gibt mindestens drei Unterschiede zwischen der Sonne und Gott. Erstens: Die Sonne kann ich sehen und sie hat spürbare sowie messbare Auswirkungen auf unsere Welt und mein Leben. Zweitens: Die Sonne ist ein (relativ großer) "Gegenstand", der durch chemische Reaktionen gemütlich vor sich hin leuchtet, allerdings keinen eigenständigen Willen oder gar Allmacht hat, die ihr etwas anderes erlauben würde, als vor sich hin zu leuchten, dabei immer größer zu werden und eines Tages die Erde zu schlucken. Drittens: Es gibt wohl niemanden auf der Welt, der behaupten würde, es gäbe gute Gründe von der Sonne etwas anderes zu erwarten als das eben erwähnte; weder hat sie ein Interesse am Wohl des Individuums noch wird sie am Ende der Welt ein Gericht abhalten und bei uns für gerechte Zustände sorgen.

Also sag doch bitte nochmal, wie mein Begriffsverständnis mit dem, was hier gemeint ist, nichts zu tun hat.

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: So wie ich das sehe, hast du dich also immer noch nicht so ganz von deinen katholischen Denkmustern und Vorstellungen emanzipiert, und verkennst - wie übrigens auch die große Mehrheit der Theisten - den eigentlichen Kerngedanken hinter dem Gottesbegriff, wie er vllt. besser beim Begriff 'Schöpfer' zum Ausdruck käme, was allerdings immer noch ein erheblich mit Anthropomorphismen überfrachteter Begriff wäre. Etwas treffender haben es Denker wie Aristoteles oder Thomas von Aquin auf den Punkt gebracht: Gott bezeichnet nichts weiter als den Ursprung allen Seins, aus dem die gesamte Wirklichkeit - unterschieden von der bloßen Möglichkeit - hervorgeht.

Ah, ich glaub jetzt versteh ich was du meinst. Nur wie lässt sich aus der Tatsache, dass unser Universum irgendwie entstanden ist (denn mehr Inhalt hat dieser Gottesbegriff ja irgendwie nicht) religiöse Zuversicht ableiten? Das trifft ziemlich genau den Kern meiner Frage. Es ist absolut nicht zwingend, dass der Urgrund des Universums ausgerechnet ein Interesse an menschlichen Individuen und deren Lebensglück / Jenseitsglück hat, von uns die Einhaltung irgendwelcher Regeln möchte oder sonstwie unser Leben beeinflusst. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ich mich auf den Urknall als Vaterfigur, als Beschützer, als "Gott" (mit all seinem anthropomorphistischem Ballast) verlassen kann.

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Es ist nicht so wichtig, worin man sein Vertrauen steckt, es ist eher das Vertrauen selbst, das meines Erachtens eine gewisse Religiösität ausmacht: Das Urvertrauen, dass, völlig egal, welch' Schicksalsschläge Einen im Leben schon getroffen haben oder noch treffen mögen, am Ende alles gut werden wird.

Aber woher dieses Vertrauen nehmen? Da kann ich mich ja auch auf die Zahnfee verlassen.

Gibt es wirklich einen guten Grund, anzunehmen, dass am Ende alles gut wird?

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Aus einem atheistischen Vakuum heraus gäbe es keinen Anlass, auf einen oder gar einen spezifischen Gott zu vertrauen.
Wie kam es dann in Laufe der Geschichte überhaupt zu jenem 'Vertrauen in Gott'...? Ein 'atheistisches Vakuum' hatten wir ja schon - etwa im Neolithikum. Kam da vllt. eine Delegation von theistischen Außerirdischen und hat die Menschen damals alle indoktriniert? Icon_lol

Vielleicht waren es am Anfang ja tatsächlich einfach Geschichten? Kreative Überlegungen, was hätte sein können, bis einer auf die Idee kam, eine der Geschichten den anderen vorzuziehen und sie zu ernst genommen hat. Aber ich weiß das natürlich nicht, meine Anmerkung mit den atheistischen Vakuum bezog sich mehr darauf, dass die Tradition als eigenständiges Faktum einen der größten Anteile an der Rechtfertigung von religiösem Glauben ausmacht.

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(24-05-2014, 23:19)Ekkard schrieb: Was haltet ihr davon? Hat ein Gläubiger gute Gründe für seine Zuversicht? Bin sehr gespannt auf eure Meinungen.
Mangelnde Zuversicht mündet in einem phlegmatischen und lethargischen Zustand der Resignation und Ohnmacht. Genügt das als Grund für (religiöse) Zuversicht...?

(Da ist dir eine Zitationsklammer verrutscht, das hab ich geschrieben.)

Ich widerspreche, in Hinblick auf meine Lebenserfahrung, die trotz fehlender religiöser Zuversicht höchst erfüllend ist. Aber das wirst du mir einfach so glauben müssen.
Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen. (Friedrich Nietzsche)
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#9
Religiöse Zuversicht betrifft ja letztendlich das Jenseits.
Mit lebenslang opportunistischenm Verhalten versucht man
einen Logenplatz im Paradies auszuhandeln.
Nichts für Leute die heute leben wollen.

Ich bin nach wie vor zuversichtlich das mich morgen kein Blitz trifft, ein Bus überfährt,
der Rubel rollt und mich die Pest nicht hinwegrafft.

Wenn doch, shit happens.

Warum gehen kranke Menschen nach Lordes um angeblich
plötzliche Heilung zu erfahren.

Könne sie ja tun, nach meinem Dafürhalten sind genauso viele gesund geworden
wie Gesunde dort durch Unfall, Herzschlag.. umgekommen sind.

Was davon ist jetzt das Wunder.
(Gibts Wunder eigentlich nur gegen Eintritt und erhöhte Preise ?)
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#10
(26-05-2014, 11:05)Keksdose schrieb: Vereinfacht formuliert will ich folgendes sagen:
Entweder wir wissen wie Gott ist, dann scheitert seine Kontinuität an unserer Realität (s. Theodizee). Oder wir wissen nicht wie Gott ist, dann gibt es auch keinen Grund anzunehmen, er wäre ein guter/böser/strafender/verzeihender/wie auch immer gearteter Gott und religiöse Zuversicht hätte keine Basis mehr.

Im Grund hast du ja recht. Aber man sollte nicht vergessen, dass wir immer noch von Glauben sprechen und nicht von Faktenwissen.
Und Glauben erlaubt eben auch Ungereimtheiten ("Gottes Wege sind unergründlich") bzw. benötigt nicht zwangsläufig Beweise.
Widersprüchliches kann der Gläubige imho für sich immer mit dem Satz abtun, dass Gott nun mal größer als der Mensch ist.
Mir persönlich gefällt das nicht, und dir offensichtlich auch nicht. Aber solange der Gläubige diese seine Ansicht in der Art nur für sich selbst ansetzt (und eben nicht versucht krampfhaft andere davon zu überzeugen oder gar der Wissenschaft kontra zu geben) nehme ich das so hin. Ich denke einfach, dass viele Menschen sehr viel aus ihrem Glauben bekommen und diese Hilfe für sie entscheidender ist als rationale Überlegungen.
Ich weiß, da kann man wieder ewig lange drüber Diskutieren Icon_cheesygrin

Aber die Zuversicht (um wieder zum eigentlichen Thema zu kommen) speist sich wohl eher aus einem Vertrauen an die Existenz eines Gottes und weniger aus einem logischen, in sich stimmigen Gottesbild.
Je nach dem, welchen Blick man selbst auf die Welt hat, kann man das wohl nachvollziehen oder eben nicht.
Ich persönlich kann es eher nicht.
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#11
Ohne mir nu den Rest alles durchgelesen zu haben...

Religiöse Zuversicht - ich denke mal, damit ist Vertrauen in die Existenz und das Walten der Götter gemeint? - erhalte ich aus Erfahrung mit den Göttern.
Heutige "Heiden" legen viel Wert auf Erfahrung mit den Göttern. Dass man sie nicht nur aus irgendwelchen Büchern kennt, sondern sie auch mal wahrlich spürt.

Tjoa, und wenn man sich dann eben ihrer Existenz so sicher ist, weil man sie erfahren durfte... dann kommt eben das Vertrauen. Irgendwie denke ich doch das ist klar? Eusa_think
End ek swerio in allum fernan Landsidun,
in Woden ende Thunar ende Sahsnot
ende allum them Holdum, the hira Genotas sint...
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#12
(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Gegenfrage: Was wäre denn die Alternative? Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung...? Da bleib' ich lieber zuversichtlich...
Das meinte ich eigentlich gar nicht. Du wirst ja wohl nicht nur deshalb zuversichtlich sein, weil du es für die beste Alternative hältst. Welche übrigens nicht Enttäuschung, Frustration, Verbitterung und Verzweiflung wäre, sondern wohl eher das, was die Atheisten haben. Und wir sind ja auch nicht alle depressiv Icon_wink
Deshalb fragte ich ja nach, worin denn nun die Alternative bestünde. Icon_wink

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können.
Wir...?! Du vielleicht, ja.
Ok, jetzt hast du mich neugierig gemacht. Was weißt du denn von Gott, was mir bisher verborgen blieb?
Nichts, so sich a-priori-Vorstellungen per se nun einmal nicht auf empirisch Gegebenes beziehen können. Das ist aber trivial und war bspw. auch schon bei den sog. 'Atomen' so. Was wussten denn schon Leukipp, Demokrit, Epikur und Dalton über Atome? Offenbar ebenfalls nichts. Es war lediglich ein abstraktes Konzept, eine Vorstellung im Kopf der Atomisten. Wissen über Atome konnten erst die Chemiker und Atomphysiker in der jüngeren Vergangenheit erlangen, aber erst nachdem sie das Etikett 'Atom' auf etwas empirisch Gegebenes draufgeklebt hatten, was Pi mal Daumen als 'Atom' bezeichnet werden konnte.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Nö, da bringst du gehörig was durcheinander. Also erstens mal ist Gott nicht allein dadurch erklärt, ein Fabelwesen zu sein. Genauso wenig ist es bspw. die Sonne, woran auch weder 'Ra' noch 'Huitzilopochtli' etwas ändern. Du argumentierst hier quasi wie eine Blinde, welche zwar vllt. die Wärme der Sonne wahrzunehmen vermag, die Existenz derselbigen allerdings leugnet, da die Existenz der Sonne - für dich als Blinde - erstens gar nicht belegbar sei, und man zweitens deiner Meinung nach, statt an Ra oder Huitzilopochtli, genauso gut auch an das FSM glauben könne.
Na, die Frage ist doch: Wodurch ist Gott erklärt, wenn nicht dadurch?
Welche Autorität vermag schon zu sagen, wodurch Gott erklärt sei? Die Kirche? Es gibt keine allgemeingültige und für jeden verbindliche Vorstellung von Gott, an die sich alle zu halten haben. Etliche Begriffe haben im Laufe der Geschichte auch immer wieder mal einen Bedeutungswandel erfahren (darunter selbst naturwissenschaftliche Begriffe wie 'Arbeit', 'Kraft', 'Energie'...). Hinzu kommt, dass Begriffe häufig stark konnotiert sind und eben zum Teil verschiedene Bedeutungen haben. Manch einer denkt bspw. beim Begriff "Quark" an Unsinn, an ein Milchprodukt oder an ein Elementarteilchen.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Ich könnte dich jetzt fragen, was genau die unzweifelhaften Eigenschaften Gottes sind, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das in eine Diskussion zur Theodizee ausarten würde.
Gleichsam hätte man einst bspw. fragen können, was genau denn die unzweifelhaften Eigenschaften der 'Atome' seien. Nun...? Offenbar ihre Unteilbarkeit - so waren sie dem Begriffe nach erklärt, weshalb wir mittlerweile und im Falle der heutigen - offenkundig teilbaren - Atome eigentlich Etikettenschwindel unterstellen müssten. Aber ganz so einfach ist es nicht. Denn Atome waren auch dadurch erklärt, Grundbausteine der Materie zu sein, weshalb es einerseits Atome gibt (es gibt Grundbausteine der Materie), andererseits wieder nicht (das, was wir 'Atom' nennen, ist gar nicht unteilbar), und andererseits dann doch wieder (die sog. 'Elementarteilchen' wären nach heutigem Erkenntnisstand bspw. unteilbar)...

Was genau sind nun die unzweifelhaften Eigenschaften Gottes? Wie gesagt sprechen wir hier nicht über empirisch Gegebenes, sondern über ein Konzept, wie es etwa auch die Atome einst waren. Deshalb gibt es hier auch kein (un-)zweifelbar, sondern nur mehr oder weniger willkürliche Begriffsdefinitionen.

Bei Wiki heißt es nun bspw. lapidar: "In der Lehrmeinung und Praxis vieler Religionen werden einem Gott oder mehreren Göttern besondere Verehrung zuteil und besondere Eigenschaften zugeschrieben; unter anderem erster Ursprung bzw. Schöpfer oder Gestalter aller Wirklichkeit zu sein." (Wiki, Gott)

Die Kernidee hinter Gott drückt sich also u.a. vornehmlich dadurch aus, dass es etwas gibt, aus dem alles andere hervorgeht, aber selbst unverursacht ist - ein primum movens, sozusagen.
Dass es so etwas gibt, dafür gibt es gute und vernünftige Argumente (s. etwa Aristoteles oder Th. v. Aquin). Es gibt auch Gegenargumente*, klar, wie es sie übrigens auch wieder im Falle der 'Atome' gab (Schopenhauer war bspw. ein scharfer Kritiker des Atomismus). Und der gute Kant legte bereits mit seinen Antinomien dar, dass sich die Vernunft hier - sowohl bei der Frage nach Gott (1./4. Antinomie), wie auch bei der Frage nach Atomen (2. Antinomie) - in einer Pattsituation befindet. Für welchen Standpunkt du dich entscheidest, bleibt also zumindest in der Frage nach Gott gegenwärtig dir überlassen. Im Falle der Atome hast du nun lediglich das Glück, nach ihrer Entdeckung geboren worden zu sein. Zu Zeiten Kants oder Schopenhauer hättest du auch hier lediglich an Atome glauben, aber nicht von ihnen wissen können.

Und beim Theodizee-Problem landest du, wenn du nun noch weitere Zusatzannahmen über Gott machst und ihn/es dir insbesondere als eine Art 'allmächtiges, allgütiges, allwissendes Fabelwesen' vorstellst. Aber derartige Zusatzannahmen sind eher optional, kommen ggf. oben mit drauf, müssen noch einmal zusätzlich begründet werden und sind auch getrennt von der eigtl. Grundannahme, alles Seiende ginge auf ein höchstes Sein zurück, zu betrachten.

*außer dem Gegenargument, dass die Annahme eines 'Anfang von Allem' ja auch falsch sein könne (ok, eine Annahme könne auch falsch sein - ziemlich trivial, oder...?), ist mir allerdings keines bekannt

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Also lass es mich so sagen: Eine unzweifelhafte Eigenschaftszuschreibung scheitert schon daran, dass keine Zuschreibung unzweifelhaft genug ist, damit sich die Menschen darüber einig werden könnten.
Und?! Das ist stinknormaler Meinungspluralismus, mehr nicht. Den gab es ebenfalls im Falle der Atome, den gibt es in der Politik und auch in der heutigen Wissenschaft. So what?!

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Da finde ich Ekkards Einwurf doch schon hochinteressant. Und überaus legitim. Nur interessiert mich auch, was dabei herauskommt, wenn wir das konsequent weiterdenken...
Ja, und - mit Verlaub - wenn man Ekkard dann fragt, was genau denn hinter jenen 'religiösen Sprachsymbolen' mit ihrem 'eingeschränkten, bildhaften Charakter' steckt und worauf sie sich eigentlich beziehen, geht das Geschwurbel los, wie man es auch bei zahlreichen Theologen und Philosophen findet. Das "Transzendente", das "Absolute" usf. ...

Ich will ihm da jetzt nix in den Mund legen, ohne vorher noch einmal gefragt zu haben. Aber mal auf die Schnelle einen Beitrag rausgesucht:
http://religionsforum.de/showthread.php?tid=7424&pid=160002#pid160002

Wenn du mich - als 'Naturwissenschaftler' (eher Laie) - fragst, bekommst du die Antwort, die ich oben schon gab: Gott bezeichnet den Anfang der Welt, genauer, den Ursprung der Ordnung bzw. des Kosmos (altgriechisch κόσμος: ‚(Welt-) Ordnung‘), womit wir dann irgendwann bei der Frage nach der Naturgesetzlichkeit unseres Universums angelangen, also wieso, weshalb, warum die Naturgesetze gerade so sind, wie sie sind, und nicht anders. Dieser Gedanke findet sich übrigens schon bei Platon, der hier vom 'Demiurg' spricht und diesen zwar noch mit einem personalen Wesen identifiziert, ihn aber als eine das Chaos ordnende Entität erkennt:

"Nach der Schilderung im Timaios gibt es vor der Schöpfung nur die ungeordnete Bewegung der Materie im Chaos, die der „Notwendigkeit“ folgt. In dieses Chaos greift der Demiurg ein. Er erschafft nicht aus dem Nichts, sondern ordnet die bereits existierende Materie, indem er sie durch Gestalt und Zahl formt und den Dingen Maß verleiht. So bringt er aus dem Chaos die Welt hervor, die er zum kugelförmigen Kosmos, dem wohlgeordneten Universum, gestaltet. Er sorgt für Harmonie zwischen den Bestandteilen des Alls und etabliert die mathematischen Gesetzen folgende bestmögliche Weltordnung. Seine schöpferische Tätigkeit führt er aus, indem er auf die Ideen „hinblickt“ und der ursprünglich formlosen Materie etwas vom Wesen der geistigen Vorbilder vermittelt. Dies vollbringt er jedoch nicht unmittelbar, sondern er benötigt dafür die Weltseele, die er als vermittelnde Instanz zwischen der rein geistigen Ideenwelt und dem physischen Weltkörper erschafft. Der Weltseele fällt die Aufgabe zu, den Kosmos zu beleben und zu lenken. Ein etwas später entstandenes Erzeugnis des Schöpfergotts ist der unvergängliche Teil jeder individuellen Menschenseele. Schließlich zieht sich der Demiurg zurück, obwohl die Schöpfung noch nicht vollendet ist; die restliche Schöpfungstätigkeit, darunter die Erschaffung des vergänglichen Seelenteils und des menschlichen Körpers, überlässt er untergeordneten Göttern, die seine Geschöpfe sind." (Wiki, Demiurg)

Die Frage nach Gott ist die Frage nach dem Ursprung des Kosmos bzw. der Ordnung, und das wiederum ganz klar eine Frage für die heutige Naturwissenschaft bzw. Kosmologie. DAS ist der Standpunkt eines Naturwissenschaftlers in Bezug auf die Frage nach Gott, wie ihn in ähnlicher Weise etwa auch der renommierte Kosmologe P. Davies vertritt bzw. - etwas vorsichtiger ausgedrückt - zur Diskussion stellt.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Das ist natürlich Unsinn, denn Ra und Huitzilopochtli sind lediglich Personifikationen der Sonne, so Hylozoismus und Anthropomorphismen zu damaliger Zeit eben in Mode waren und - leider - bis in die heutige Zeit hinein tradiert wurden (abrahamitische Religionen). Wenn du nun ebenfalls glaubst, Sonne oder Gott erschöpften sich allein darin, Fabelwesen zu sein, ist das allein dein Bier und hat mit dem, was mit jenen Begrifflichkeiten eigentlich gemeint ist, herzlich wenig zu tun.
Es gibt mindestens drei Unterschiede zwischen der Sonne und Gott.
Ach, ja... die alte rhetorische Taktik... Man bringt eine Analogie und jemand fängt an, irgendwelche Unterschiede - die es übrigens bei JEDEM Vergleich gibt, sonst wäre es ja keiner mehr! - aufzuzählen. *gähn*

"Die Analogie als rhetorischer Begriff bezeichnet ein Stilmittel, in welchem ähnliche Strukturen oder Sachverhalte in einen Zusammenhang gestellt werden. Zwischen zwei Dingen besteht eine Analogie, wenn sie sich durch ein Merkmal ähnlich sind, auch wenn sie sich in anderen Merkmalen unterscheiden können." (Wiki, Analogie)

Erstens.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Erstens: Die Sonne kann ich sehen und sie hat spürbare sowie messbare Auswirkungen auf unsere Welt und mein Leben.
Ich bin schon wieder bei zweitens: Du musst schon lesen, was ich schreibe. Und ich sprach von einer blinden Keksdose, die nicht (bspw. die Sonne) sehen kann.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Zweitens: Die Sonne ist ein (relativ großer) "Gegenstand", der durch chemische Reaktionen gemütlich vor sich hin leuchtet, allerdings keinen eigenständigen Willen oder gar Allmacht hat, die ihr etwas anderes erlauben würde, als vor sich hin zu leuchten, dabei immer größer zu werden und eines Tages die Erde zu schlucken.
Ja, aber ein Urteil a posteriori, das dir so als Blinde überhaupt nicht zusteht! Noch einmal: Du bist - Achtung, Gedankenexperiment - lediglich eine arme, kleine, blinde Azteken-Keksdose, du kennst nur Geschichten über die Sonne bzw. Huitzilopochtli. Und dass Wissenschaft eines Tages und in ferner Zukunft feststellen wird, dass Huitzilopochtli lediglich ein großer, brennender Gasball ist, ist dir ebenfalls fremd, genauso, wie dir gegenwärtig fremd ist, was Wissenschaft in ferner Zukunft über Gott bzw. den "Anfang von Allem" herauszufinden vermag.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Drittens: Es gibt wohl niemanden auf der Welt, der behaupten würde, es gäbe gute Gründe von der Sonne etwas anderes zu erwarten als das eben erwähnte; weder hat sie ein Interesse am Wohl des Individuums noch wird sie am Ende der Welt ein Gericht abhalten und bei uns für gerechte Zustände sorgen.
Sonne und Huitzilopochtli sind - immer noch Gedankenexperiment - für dich identisch, bzw. kennst du eigtl. nur letzteres, so wie für dich ja scheinbar "das höchste Sein, aus dem alles andere Sein hervorgeht" (hier sprechen wir über die phys. Realität) und ein "allmächtiges, allwissendes, allgütiges Fabelwesen" (hier sprechen wir über deine subjektive Vorstellung) völlig identisch sind.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Also sag doch bitte nochmal, wie mein Begriffsverständnis mit dem, was hier gemeint ist, nichts zu tun hat.
Ich versuche dich - metaphorisch gesprochen - die ganze Zeit darauf hinzuweisen, dass hinter den Geschichten über Huitzilopochtli (subjektive, durch Mythen transzendierte Vorstellung) letztendlich auch eine reale Entität steckt, nämlich die Sonne, so wie du sie oben beschrieben hast. Für mich wiederum ist es unmöglich, über die Sonne zu sprechen, ohne dass du damit gleich Huitzilopochtli assoziierst. Und gleichsam ist es unmöglich, über Gott zu sprechen, ohne dass du damit gleich ein "allmächtiges, allwissendes, allgütiges Fabelwesen" assoziierst. Die Vorstellung von Huitzilopochtli ist reichlich absurd und es ist auch richtig, sich von solchen Personifikationen zu verabschieden, nur sollte man dabei nie vergessen, WAS genau hier eigentlich - etwa im Falle von Huitzilopochtli oder dem christlichen Schöpfergott - personifiziert wird. Solange man das nicht versteht, bleibt man auf dem Holzweg.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: So wie ich das sehe, hast du dich also immer noch nicht so ganz von deinen katholischen Denkmustern und Vorstellungen emanzipiert, und verkennst - wie übrigens auch die große Mehrheit der Theisten - den eigentlichen Kerngedanken hinter dem Gottesbegriff, wie er vllt. besser beim Begriff 'Schöpfer' zum Ausdruck käme, was allerdings immer noch ein erheblich mit Anthropomorphismen überfrachteter Begriff wäre. Etwas treffender haben es Denker wie Aristoteles oder Thomas von Aquin auf den Punkt gebracht: Gott bezeichnet nichts weiter als den Ursprung allen Seins, aus dem die gesamte Wirklichkeit - unterschieden von der bloßen Möglichkeit - hervorgeht.
Ah, ich glaub jetzt versteh ich was du meinst. Nur wie lässt sich aus der Tatsache, dass unser Universum irgendwie entstanden ist (denn mehr Inhalt hat dieser Gottesbegriff ja irgendwie nicht) religiöse Zuversicht ableiten?
Bestenfalls über zwei, drei Ecken, vermutlich aber gar nicht.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Das trifft ziemlich genau den Kern meiner Frage. Es ist absolut nicht zwingend, dass der Urgrund des Universums ausgerechnet ein Interesse an menschlichen Individuen und deren Lebensglück / Jenseitsglück hat, von uns die Einhaltung irgendwelcher Regeln möchte oder sonstwie unser Leben beeinflusst. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ich mich auf den Urknall als Vaterfigur, als Beschützer, als "Gott" (mit all seinem anthropomorphistischem Ballast) verlassen kann.
Natürlich nicht. Zumal ja das gegebene Leid bereits die Frage aufwirft, ob und inwieweit uns die Natur wohlgesinnt ist. Es gibt halt Dinge, die lassen sich schlecht rational und stringent begründen. Und das gilt eigtl. für jede Form von Zuversicht, egal worum es geht. Es lässt sich bspw. auch schlecht rein rational die Zuversicht und Hoffnung begründen, dass man nun endlich mal den richtigen Lebenspartner gefunden hat o.ä. Da ist eben viel Intuition mit im Spiel.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Es ist nicht so wichtig, worin man sein Vertrauen steckt, es ist eher das Vertrauen selbst, das meines Erachtens eine gewisse Religiösität ausmacht: Das Urvertrauen, dass, völlig egal, welch' Schicksalsschläge Einen im Leben schon getroffen haben oder noch treffen mögen, am Ende alles gut werden wird.
Aber woher dieses Vertrauen nehmen?
Intuition, wie ich schon sagte.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Da kann ich mich ja auch auf die Zahnfee verlassen.
Klar, kannst du halten wie du willst.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen guten Grund, anzunehmen, dass am Ende alles gut wird?
Nein, dann würden wir ja von 'Wissen' sprechen. Aber wie ich ebenfalls schon sagte: Was wäre hierzu denn überhaupt die Alternative?! Fatalismus?

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Vielleicht waren es am Anfang ja tatsächlich einfach Geschichten? Kreative Überlegungen, was hätte sein können, bis einer auf die Idee kam, eine der Geschichten den anderen vorzuziehen und sie zu ernst genommen hat.
Vielleicht. So dann aber bspw. auch in anderen naturphilosophischen Fragen, etwa im Falle der Frage nach dem "Urstoff" bis hin zum Atomismus. Klar, letzteres wurde vllt. nicht ganz so ernst genommen wie etwa die Frage nach Gott, Seele, Jenseits usf., aber wen juckt's auch, ob Materie ad infinitum teilbar ist oder nicht?

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb: Aber ich weiß das natürlich nicht, meine Anmerkung mit den atheistischen Vakuum bezog sich mehr darauf, dass die Tradition als eigenständiges Faktum einen der größten Anteile an der Rechtfertigung von religiösem Glauben ausmacht.
Das einzige, was ich einem "atheistischen Vakuum" abgewinnen könnte, wäre der damit einhergehende Reinigungsprozess von stark mythologischem Ballast eigtl. zunächst rein naturphilosophischer Vorstellungen. Es ist ein Armutszeugnis für die gegenwärtige Epoche der Menschheit, dass so viele Menschen noch irgendwelchen, Jahrhunderte alten Mythen anhängen, wo die Welt nicht nur aus einem eher abstrakten, 'kreativ-intelligenten Schöpfungsakt' (Evolution wäre bspw. ein 'kreativ-intelligenter Schöpfungsprozess'...) hervorgeht, sondern dieser auch noch von einem omnipotenten Fabelwesen initiiert wurde.

(26-05-2014, 11:33)Keksdose schrieb:
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Mangelnde Zuversicht mündet in einem phlegmatischen und lethargischen Zustand der Resignation und Ohnmacht. Genügt das als Grund für (religiöse) Zuversicht...?
Ich widerspreche, in Hinblick auf meine Lebenserfahrung, die trotz fehlender religiöser Zuversicht höchst erfüllend ist. Aber das wirst du mir einfach so glauben müssen.
Nu entscheide dich doch mal, ob du über Zuversicht, über religiöse Zuversicht oder über Zuversicht und Vertrauen auf Gott sprechen möchtest...

Du urteilst hier außerdem aus der Sicht des einzelnen Subjekts - aus deiner Sicht - ich urteile aus der Sicht Aller, gewissermaßen kollektivistisch, altruistisch: Mag ja schon sein, dass du (und zumindest bis jetzt) ein erfülltes Leben hast - herzlichen Glückwunsch. Doch wie viele Menschen - über alle Erdteile und Epochen zusammengezählt - können das von sich behaupten?! Welche Zuversicht hat bspw. ein sterbenskrankes Kind im Kinderhospiz, welches nicht einmal ein niedriges, zweistelliges Lebensalter erreichen wird?! Welche Zuversicht hat noch ein Mensch, der angesichts seines Lebensschicksals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass ihm eine jegliche Erfüllung in seinem scheinbar einzigen und einmaligen Leben verwehrt bleiben wird?! So wie ich das sehe, bspw. lediglich die Zuversicht, dass es eben nicht das einzige Leben gewesen sein wird.

Woher man sich diese Zuversicht nimmt...? Keine Ahnung, man nimmt sie sich einfach! Denn offenbar ist es völlig wurscht: Sollte man sich bzgl. der Annahme, dass das Leben mit dem Tod nicht endgültig vorbei ist, irren, würde man sich jenes Irrtums offenkundig eh nie bewusst werden.
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#13
(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Gibt es wirklich einen nachvollziehbaren Grund für (religiöse) Zuversicht?
Gegenfrage: Was wäre denn die Alternative? Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung...? Da bleib' ich lieber zuversichtlich...

die alternative ist einsicht in die realität

das tut nicht zwangsläufig weh, schon gar nicht führt es zwingend zu "Enttäuschung, Frustration, Verbitterung, Verzweiflung"

eher schon zu selbstbestimmung und -ermächtigung, anstatt sich auf andere(s) zu verlassen, die es schon richten werden

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb:
(25-05-2014, 10:22)Keksdose schrieb: Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können.
Wir...?! Du vielleicht, ja

wer denn nicht, und auf welcher grundlage?

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Nö, da bringst du gehörig was durcheinander. Also erstens mal ist Gott nicht allein dadurch erklärt, ein Fabelwesen zu sein

anscheinend aber auch - oder wie meinst du "nicht allein dadurch"?

und wie erklärt man "gott" sonst?

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Du argumentierst hier quasi wie eine Blinde, welche zwar vllt. die Wärme der Sonne wahrzunehmen vermag, die Existenz derselbigen allerdings leugnet, da die Existenz der Sonne - für dich als Blinde - erstens gar nicht belegbar sei

falscher vergleich

denn über die sonne und ihre auswirkungen wissen wir ja doch ein wenig mehr als bloß das gefühl von wärme auf der haut (das im übrigen ja auch durch einen infrarotstrahler hervorgerufen sein könnte). auch als blinder

das wärmegefühl läßt sich also durchaus auf der erkenntnis zugängliche phänomene zurückführen, nicht aber "gott" - siehe oben: "Wenn wir davon ausgehen, dass keine Frage zur Seinsweise Gottes irgendwie sinnvoll beantwortbar ist, dann bedeutet das doch, dass wir nichts von ihm wissen können"

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Gott bezeichnet nichts weiter als den Ursprung allen Seins, aus dem die gesamte Wirklichkeit - unterschieden von der bloßen Möglichkeit - hervorgeht

ja, fein

dieses begriffssynonym ("gott" als "Ursprung allen Seins" usw.) erklärt aber auch nichts und läßt schon gar nicht irgendwelche schlüsse auf daraus folgendes zu

klar, irgendwo muß alles seinen anfang gehabt haben (oder war halt schon immer da). und was weiter?

(abgesehen davon, daß die erste annahme in den infiniten regress der herkunft "gottes" mündet)

was aber sollte daran warum tröstlich sein?

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Ob man sein Vertrauen in Gott steckt... in die Natur der Dinge... oder in das Schicksal... halte ich übrigens für Jacke wie Hose. Es ist nicht so wichtig, worin man sein Vertrauen steckt, es ist eher das Vertrauen selbst, das meines Erachtens eine gewisse Religiösität ausmacht: Das Urvertrauen, dass, völlig egal, welch' Schicksalsschläge Einen im Leben schon getroffen haben oder noch treffen mögen, am Ende alles gut werden wird

dazu muß ich nicht religiös sein. es entspricht schlicht meiner lebenserfahrung, daß letztlich noch alles irgendwie "gut geworden ist". nicht unbedingt so, wie ich es mir gewünscht hätte, aber es paßt schon. ich habe vertrauen darauf, alles irgendwie zu meistern - natürlich im rahmen meiner möglichkeiten

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Wie kam es dann in Laufe der Geschichte überhaupt zu jenem 'Vertrauen in Gott'...? Ein 'atheistisches Vakuum' hatten wir ja schon - etwa im Neolithikum

und das weißt du woher?

ich würde eher annehmen, daß der druck, sich die dinge irgendwie zu erklären, und - mangels besseren wissens - sich daher naturgeister und "götter" zu konstruieren, sehr viel größer war als heute

(26-05-2014, 03:23)Noumenon schrieb: Mangelnde Zuversicht mündet in einem phlegmatischen und lethargischen Zustand der Resignation und Ohnmacht. Genügt das als Grund für (religiöse) Zuversicht...?

nein - siehe oben
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#14
(26-05-2014, 11:06)Keksdose schrieb: Allerdings könnten dann, wenn ich dich richtig verstehe, nur die gläubig sein, die eine persönliche Gotteserfahrung hinter sich haben. Und dürften das nicht eher die wenigsten sein?

das ist jedenfalls meine definition von "wirklichem glauben", ich kann und will sie nicht anderen vorschreiben. und zwar ist sie es deshalb, weil sie eben keinem begründungs- und rechtfertigungszwang unterliegt, dem sich jene gläubigen aussetzen, die ihren glauben irgendwie rational nachvollziehbar darstellen und sich daher zwangsläufig in widersprüche verwickeln

(Entweder wir wissen wie Gott ist, dann scheitert seine Kontinuität an unserer Realität (s. Theodizee). Oder wir wissen nicht wie Gott ist, dann gibt es auch keinen Grund anzunehmen, er wäre ein guter/böser/strafender/verzeihender/wie auch immer gearteter Gott und religiöse Zuversicht hätte keine Basis mehr)

ob das "die wenigsten" sind - ja, mag sein. "eine persönliche Gotteserfahrung" stell ich mir übrigens nicht unbedingt als spektakuläres damaskus-erlebnis vor, nur um das zu präzisieren. ich schließe auch nicht aus, daß jenes gefühl des "sich in gottes hand befinden" (um mal in kirchliche phraseologie zu verfallen) nicht traditionell vermittelt wird. die in der von mir angesprochenen art gläubigen in meinem umfeld haben in der regel sehr wohl einen religiösen familiären hintergrund, auch wenn sie sich diesem in seiner dogmatik nicht mehr verpflichtet fühlen
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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#15
(26-05-2014, 13:34)Hathagat schrieb: Religiöse Zuversicht - ich denke mal, damit ist Vertrauen in die Existenz und das Walten der Götter gemeint? - erhalte ich aus Erfahrung mit den Göttern

das geht dann ja wohl so in meine richtung

wobei ich jetzt mal unterstelle, daß es sich dabei nicht um anderen plausibel und nachvollziehbar zu vermittelnde erfahrungen geht, sondern um persönliches empfinden
einen gott, den es gibt, gibt es nicht (bonhoeffer)
einen gott, den es nicht gibt, braucht es nicht (petronius)
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