Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Aufklärung
#1
(Text in Arbeit)

Im Wesentlichen war die Aufklärung eine (vornehmlich west- und mitteleuropäische) Bewegung des 18. Jhs. gewesen, wenngleich aufklärerische Ideen vereinzelt schon lange vor 1700 auszumachen sind (zB bei ↗Descartes und ↗Spinoza). Zeitlich wird sie überwiegend zwischen 1680 und 1800 eingegrenzt.

Aufklärung war zunächst als Lichtmetapher gedacht. Der ursprünglich im Rahmen der Wetterbeobachtung gebräuchliche Begriff wurde auf Erkenntnisprozesse übertragen, die zuvor im Dunkeln lagen.

Analog des von Leibniz verwendeten Verbs "éclairer" setzte sich im Deutschen etwa ab 1720 der Begriff "aufklären" durch. Ab etwa 1750 ist das Substantiv "Aufklärung", das für die Epoche namensgebend war, in Verwendung.

In die Bildungssprache ging der Begriff vorerst mit vielerlei Bedeutungsvarianten ein. Vornehmlich wurde darunter Erkenntnisgewinn verstanden, der aus vernunftbegründeter Naturbeobachtung sowie kritischem Überdenken philosophischer Erkenntnisse und theologischer Wahrheitsansprüche resultierte. Damit einher ging die Neubewertung von biblisch belegten historischen Sachverhaltsannahmen.

Rasch wurde "Aufklärung" zum Modebegriff. In der Pädagogik war damit beispielsweise der Anspruch gemeint, die Jugend zu moralisch hochstehenden Individuen zu erziehen und sie mit den neuesten technischen und ökonomischen Kenntnissen vertraut zu machen. In der Politik verstand man darunter, ohne jede Beschränkung denken und seine Meinung frei äußern zu dürfen. Auf die Rechtspflege bezogen waren die Herstellung von Rechtsgleichheit, der Verzicht, peinliche Verhörmethoden (Folter) anzuwenden, und die Humanisierung des Strafvollzugs gemeint. Die Agrarwirtschaft betreffend wurden die Beseitigung gutsherrschaftlicher Sonderrechte und die Verbesserung der rechtlichen Stellung der Bauern als Voraussetzung für die Förderung der Produktion angedacht.

Aufklärung wurde sozusagen zum Gemeinbegriff für Kultur-, Bildungs- und Zivilisationsleistungen jeder Art. Praktisches Ziel der Aufklärer war es, einer größtmöglichen Anzahl von Menschen größtmögliches Glück und Wohlergehen zu bescheren.

Von der Bildungselite wurde die Vieldeutigkeit des Begriffs nicht geschätzt. Als die Frage, was denn Aufklärung letztendlich zu bedeuten habe, 1783 in der "Berliner Monatsschrift" aufgeworfen wurde, setzte sich Kants Aussage dazu als verbindliche Begriffsdeutung durch.

Einleitend zu seinen Ausführungen, was Aufklärung denn sei, meinte er:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung (Kant-W Bd. 11, S. 53).

Beachtenswert war auch M. Mendelssohns Beitrag, in dem er Kultur und Aufklärung als praktische und theoretische Seite der Bildung ansprach.

Mendelssohns Eintreten für den freien Gedankenaustausch und der von Aufklärern fallweise geäußerte Anspruch, dass Meinungs- und Pressefreiheit naturrechtlich begründetes Menschenrecht sei, konnten sich vorerst nicht durchsetzen. In den deutschen Staaten setzte sich nach 1790 unter dem Eindruck der ↗Französischen Revolution vorerst die Meinung fest, die vom preußischen Beamten und Reformer des Justizwesens Carl Gottlieb Svarez formuliert wurde, wonach der "gemeine Haufen" der Leitung einer aufgeklärten Elite bedürfe.

Als Zentralgestalten aufgeklärter Monarchen wirkten im protestantischen Umfeld Friedrich II. in Preußen, auf katholischer Seite Joseph II. in Österreich. Die Ausgangslagen in den protestantischen und katholischen Territorien waren unterschiedlich. Stand in den protestantischen Ländern der jeweilige Landesherr an der Spitze der Landeskirche und war, was Reformen betraf, weitgehend nur sich selbst verantwortlich, so war in den katholischen Ländern das Einvernehmen mit ↗Papst und Bischöfen herzustellen, was, wenn kirchliche Einrichtungen in ihren Rechten beschnitten werden sollten, zu erheblichen Spannungen und Verstimmtheiten führte. Dem Durchsetzungsvermögen der überragenden Herrscherpersönlichkeit Josephs II. ist es anzurechnen, dass die ↗katholische Kirche nach erheblichem Widerstand schließlich Diözesanregulierungen, die Aufhebung von Klöstern und Einziehung der Vermögen derselben sowie die Toleranzpatente für Protestanten (1781) und Juden (1782) hinzunehmen hatte.

Literatur:
E. Bahr (Hrsg.), Was ist Aufklärung. Kant, Herder, Hamann, Herder, Lessing, Mendelssohn, Riem, Schiller, Wieland. Stuttgart 1996.
W. Müller, Die Aufklärung, Verl. Oldenbourg, München 2002
W. Schneiders, Das Zeitalter der Aufklärung, Verl. C. H. Beck, München 2008


● Zum Inhaltsverzeichnis des Lexikons
MfG B.
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste