(11-04-2015, 19:19)Harpya schrieb: Muss man das jetzt verstehen ?
Nun, wenn man da mal 1 und 1 zusammenzaehlt...
Es wird ja nicht ohne Grund von vielen Neutestamentlern angenommen, dass das Markus-Evangelium eine direkte Reaktion auf die Zerstoerung Jerusalems im Jahre 70 war. Paul, der frueher kam, hatte das baldige Ende der Welt verkuendet, bei dem Gott wieder auf die Erde kommen und den Glaeubigen zum Sieg verhelfen wuerde. Nun war die Zerstoerung Jerusalems und des Tempels so etwas wie das Ende der Welt, zumindest das Ende des 2. Tempel-Judentums; nur Gott war nicht gekommen.
Das musste jetzt irgendwie verdaut werden. Dabei fiel der Blick auf das Alte Testament, und hier vor allem Jesaja, z.B. Kapitel 53 (und andere). Wenn Du das liest, wirst Du wahrscheinlich verstehen. Das Markus-Evangelium hat die Geschichte so als erfuellt gezeichnet, dass der Messias tatsaechlich schon auf die Erde gekommen war, nur dass die Glaeubigen so verhaertet waren, dass sie ihn nicht erkannt haben (steht so bei Jesaja); und bei Markus tun das die Juenger uebrigens auch nicht, weil sie ebenfalls eine falsche Vorstellung davon haben, wie dieser Messias aussehen wuerde.
Sie sind also privilegiert, wie Du sagst, verstehen aber trotzdem nichts. Und fast genau so steht das bei Jesaja, auf den Markus sogar direkt am Anfang seines Evangeliums verweist. Er hat Jesaja wohl sogar als Geruest fuer seine Geschichte verwendet. Es wird also verstaendlich, wenn man das in die richtige Zeit (AD 70) mit der richtigen Theologie (Paulus) und der richtigen Quelle (Jesaja und viele weitere AT-Quellen) zusammensetzt.