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Subventioniert der Staat Kirchen?
#27
(10-09-2015, 19:33)indymaya schrieb: Fakt ist, dass fast 2/3 der deutschen Bürger Christen sind. Die Kirchen bilden zum einen ihren sozialen Rahmen und zum anderen bringen sie auch eine Dienstleistung von Seelsorge über Kinderbetreuung, Krankenversorgung u.s.w.  Auch das muss irgendwie geregelt werden wie Firmen ja auch ihre Chefs und Manager haben.
Ist doch wohl ein Witz, dass Kirchen ihre Leistungen zugunsten des Staates und der Allgemeinheit auch noch selbst finanzieren sollen.

Ich glaube, Du hast das mit dem Geld fuer die Kirchen immer noch nicht so ganz begriffen. Von den Zahlungen, die die Kirchen fuer ihre Leistungen zugunsten des Staats bekommen, war hier noch gar nicht die Rede. Das bekommen sie doch sowieso bezahlt. Seelsorge wiederum ist eine Mitgliederleistung und sollte auch von diesen bezahlt werden.


Vielleicht sollte man das noch mal etwas strukturieren, damit die Argumente nicht dauern durcheinandergehen. Wir haben also folgende Zahlungen:

A. Allgemeine Kirchensubvention
Betrag: 3,77 Milliarden Euro dieses Jahr.
Dies ist ein Drittel der gesamten Kirchensteuer, die als direkte und nicht zweckgebundene Zahlung vom Staat an die Kirchen geht, aus kirchen- und sozialpolitischen Erwaegungen. Dieser Betrag uebersteigt die direkt aus den Kirchensteuern finanzierten sozialen Leistungen bei weitem, was sich auch in der Betonung der Kirchenpolitik in der Zielsetzung aeussert.

Problematik hier: Neben der Verquickung von Kirche und Staat mit Einflussnahme des letzteren auf die Religionsgemeinschaften (wie von Ekkard angesprochen) kommt es hier auch zu einer gravierenden Ungleichbehandlung der Religionen. Im Prinzip ist das weder mit der Trennung von Staat und Kirche noch mit der Religionsfreiheit so recht vereinbar.

B. Zahlungen wegen der Aufloesung kirchlicher Staaten vor ueber 200 Jahren
Betrag: ca. 640 Millionen pro Jahr.
Die Zahlungen sind Laendersache und werden, je nach Land, sehr unterschiedlich gehandhabt. Nur Bremen und Hamburg zahlen nichts (Hamburg hatte den Dom der Stadt einfach gekauft und abgerissen, womit der Punkt erledigt war). Baden-Wuerttemberg zahlt am meisten, NRW z.B. aber nur einen, bezogen auf die Bevoelkerungszahl und die Zahl der enteigneten Fuerstbistuemer und Kloester, relativ kleinen Betrag (20 Millionen), was zeigt, welcher Spielraum hier besteht.

Problematik hier: Behandlung des enteigneten Guts wie Privat- oder Firmeneigentum, obwohl es um die Liquidierung von Staaten ging und deren Staatseigentum immer noch wie Staatseigentum behandelt wird. Hier sollten die Kirchen sich ueberlegen, ob sie diesen Anachronismus nicht endlich von selbst beenden, so wie die Kirche in Oesterreich das laengst getan hat (wie von Bion als Diskussionspunkt angeregt). Auch hier kommt es wieder zu erheblichen Verquickungen von Kirche und Staat, wie das Beispiel Bayern zeigt, wo die Fuehrung beider Grosskirchen auf der staatlichen Gehaltsliste steht.

C. Sonstige Zahlungen
Betrag: unbekannt, da nicht separat aufgefuehrt.
Hierbei geht es um Dinge wie die staatlichen Entgelte für kirchliche Kindergärten, Erstattungen der Sozialkassen für Pflegeheime oder Krankenhäuser der Caritas und Diakonie, öffentliche Zuschüsse für kirchliche Bildungsarbeit oder Denkmalpflege. Hier finden sich all die Dinge, die gerne als Leistungen der Kirchen aufgefuehrt werden.

Problematik hier: An den Zahlungen selbst ist offensichtlich nichts auszusetzen. Entweder werden tatsaechlich erbrachte Leistungen im sozialen Feld bezahlt, oder es handelt sich um Zuschuesse (wie bei der Denkmalpflege), die andere Eigentuemer auch bekommen. Das einzige Problemfeld hier ist, ob der teilweise minimale oder vollkommen abwesende Beitrag, den die Kirchen hier selbst einbringen (und der letzlich auch aus der Staatssubvention stammt), das Brechen allgemeinen Arbeitsrechts rechtfertigt. Ich denke nein, und auch die Gerichte scheinen langsam zu dieser Beurteilung ueberzuschwenken. Gerade bei Krankenhaeusern, wo die Kirchen wirklich ueberhaupt nichts beisteuern ausser ihrem Namen, ist das nicht zu rechtfertigen.


Ich hoffe mal, diese ordentliche Auflistung bringt die Diskussion mehr auf den Punkt. Wobei ich sicherlich weitere Zahlungen vergessen habe (wie fuer die Auslandsarbeit der kirchlichen Werke, Besetzung von Runfunkraeten, etc.) aber das is eh schon genug.

(10-09-2015, 19:33)indymaya schrieb: Aber wenn du hier keine Steuern zahlst ist es eh nicht dein Ding.

Das Mitreden-Duerfen an der gezahlten Steuer festzumachen, ist mit dem Ersten Weltkrieg in Preussen als letzter Bastion zuende gegangen. Auch in Koeln. Nur zur Info hier, da das wohl vergessen zu sein scheint. So lange ich einen deutschen Pass habe, rede ich jedenfalls mit.


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