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Tugend
#1
Aus: Sámaññaphala Sutta [Digha Nikáya,1,2]

Wie aber, großer König, ist ein Mönch tüchtig in Tugend?

· Da hat, großer König, der Mönch Lebendiges umzubringen verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entraten der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der Welt. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen. Das eben gilt ihm als Tugend. -

· Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht.
· Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen.
· Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern.
· Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrat, Putz weist er ab.
· Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er.
· Gold und Silber nimmt er nicht an.
· Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an.
· Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinnen nimmt er nicht an.
· Ziegen und Schafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elefanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an.
· Haus und Feld nimmt er nicht an.
· Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht.
· Von Kauf und Verkauf hält er sich fern.
· Von falschem Maß und Gewicht hält er sich fern.
· Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern.
· Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

Das eben gilt ihm als Tugend.
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#2
Lieber qilin!

Jetzt blieb mir aber die Spucke im Halse stecken.

Was bleibt dann noch? Wie lebt man dann?

Kann man überhaupt so leben heutzutage? Wenn ja, wohl nur in einem Kloster, was ich auch nicht ganz glaube kann.
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#3
Entschuldigung qilin.. ich war dieser Gast

Pichou
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#4
Hallo Pichou,

natürlich ist das alles vor dem historischen Hintergrund zu sehen -
es sind keine 'ewigen Wahrheiten'. Trotzdem halten sich Theravada-
Mönche auch heute noch weitestgehend daran - mit ein Grund,
daß z.B. Thich Nhat Hanh (Zen-Lehrer, hält aber als Vietnamese
die Theravada-Regeln ein) üblicherweise keine 'Westler' zu
Mönchen ordiniert...
Die Frage stellt sich aber auch bei katholischen kontemplativen
Orden wie den Trappisten, Kartäusern oder Karmeliten :)
Im Mittelalter gab's bei den Franziskanern z.B. noch die Regel,
daß sie grundsätzlich kein Geld bei sich tragen durften...

() qilin
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#5
Es ist schon, für einen normalen Menschen wie mich, einfach unvorstellbar, dass man so leben kann. Es fordert so viel Verzicht, so viel Disziplin und so viel Durchhaltevermögen.

Wenn ich mir das ganze vergegenwärtige, so weit wie ich es überhaupt kann, dann ist es einfach für einen "westler" nicht machbar, auch nicht in den vor dir genannten Orden. Dafür sind wir "Westler" doch viel zu materiell eingestellt.

Oder siehst du das anders?
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#6
Hallo Pichou,

ja, es fordert viel Verzicht, Disziplin und Durchhaltevermögen,
hier und heute vermutlich noch mehr als vor 2500 Jahren in Indien -
aber es gibt Leute, die das tun und dabei bleiben - heute wie damals.
Man kann's 'Glaubensstärke' nennen oder 'Fanatismus'... :wink:

() qilin
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#7
Lieber qilin!

Ich möchte es nicht fanatismus nennen. Fanatismus hat so einen bitteren Nachgeschmack und diese, von dir genannte, frei gewählte Lebensform schadet niemandem.

Ich glaube, dass solche Menschen einen Ausgleich schaffen können zum extremen Materialismus. Sie dienen doch als Beispiel dafür, dass es auch noch etwas anderes gibt, was einem das Leben lebenswert machen kann.

Nun kenne ich keine solche Person, aber ich vermute, dass sie doch nicht unglücklich in ihrem Dasein sind. In meinem tiefsten Inneren beneide ich solche Menschen. Sie bleiben von vielen Eindrücken, Erfahrungen, Druck verschont. Aber... das Leben hier erlaubt ein solches Dasein so oder so NICHT.

Würde man sich für ein solches Leben entscheiden, dann würde man doch hier in der Gosse landen. Es würde doch niemand verstehen.
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#8
Liebe Pichou,
Zitat:In meinem tiefsten Inneren beneide ich solche Menschen. Sie bleiben von vielen Eindrücken, Erfahrungen, Druck verschont. Aber... das Leben hier erlaubt ein solches Dasein so oder so NICHT.

Würde man sich für ein solches Leben entscheiden, dann würde man doch hier in der Gosse landen. Es würde doch niemand verstehen.
Nun, das Leben eines wandernden Bettelmönchs möchte ich im Europa von heute auch nicht unbedingt versuchen - aber ich kann Dir gern Adressen von Karmelitinnen- (oder Theravada-)Klöstern geben... :cheesy:

Ja, ich glaube auch, daß sie von viel verschont werden - und das ist wohl auch der Gedanke dahinter. Die Herausforderung heute ist aber vielleicht eher eine andere - Bruder David Steindl-Rast OSB hat einmal im kleinen Kreis vermutet, daß in der heutigen Zeit wohl mehr Menschen gefragt seien, die ihr 'stützendes Skelett' in sich haben wie die Wirbeltiere, die auch in der Evolution diejenigen mit der schützenden Außenhülle überflügelt hätten... :)

() qilin
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