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Die Türkei – Partner und zukünftiges EU-Mitglied?
#1
Die Pressefreiheit in der Türkei ist praktisch aufgehoben. Wer den Präsidenten kritisiert, muss mit einer hohen Gefängnisstrafe rechnen. Minderheitenrechte gibt es nicht. Kurden stehen unter Generalverdacht.

Die Europäische Gemeinschaft verschließt die Augen in der Hoffnung, dass ihnen die Türken die Flüchtlinge vom Hals halten.

Um die Türken bei Laune zu halten, werden Geldzahlungen geleistet, Visafreiheit für türkische Staatsbürger gewährt und die Beitrittsverhandlungen beschleunigt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Rechnung aufgeht.

Am Beispiel Polen und Ungarn. Wie soll man Staaten zur Ordnung rufen, die im Begriff sind, die Demokratie scheibchenweise abzuschaffen, wenn man einen Staat ins Boot holt, der in dieser Hinsicht schon viel weiter ist als die Genannten?
MfG B.
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#2
(20-03-2016, 23:38)Bion schrieb: Am Beispiel Polen und Ungarn. Wie soll man Staaten zur Ordnung rufen, die im Begriff sind, die Demokratie scheibchenweise abzuschaffen

Ist die Demokratie wirklich der alleroberste Wert ??
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#3
(21-03-2016, 01:02)Sinai schrieb:
(20-03-2016, 23:38)Bion schrieb: Am Beispiel Polen und Ungarn. Wie soll man Staaten zur Ordnung rufen, die im Begriff sind, die Demokratie scheibchenweise abzuschaffen

Ist die Demokratie wirklich der alleroberste Wert ??

Ja, weil diese die fuer da Individuum am wenigsten gefaerliche Regierungsform ist. Wie das (verkuerzte) Churchill-Zitat so schoen sagt: "Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind."

In Zeiten der Unsicherheit haben die Menschen leider das unselige Verlangen nach einem starken Fuehrer, der es dann richten soll. Es wird aber eigentlich immer nur schlimmer durch so etwas. Oder gibt's da auch nur ein einziges Beispiel, wo die Abschaffung der demokratischen Werte irgendetwas besser gemacht haette?

In der Tuerkei ist das die Landbevoelkerung, die durch ihre Stuetzung von Erdogan jetzt die ganzen Fortschritte, die die Tuerkei in den letzten Jahrzehnten gemacht hatte (durchaus auch in Erdogans Anfangsjahren), rueckgaengig macht. Mit der Demokratie killt er die Wirtschaft gleich mit. Orban produziert auch nur heisse Luft. Viele Menschen moegen so etwas aber anscheinend und fuehlen sich noch gut dabei, wenn sie belogen werden (siehe auch Donald Trump als Beispiel eines Populisten).

Insofern gefaellt mir der Deal mit der Tuerkei ueberhaupt nicht. Die in der jetztigen Situation auch noch zu belohnen, wo die Verfolgung der Kurden wieder aufgenommen wurde und Journalisten wegen dieser unseligen Gesetze zur "Majestaetsbeleidigung" (sprich irgendetwas nicht Postives ueber Erdogan) in den Knast kommen, ist der reine Hohn. Die Missachtung des Verfassungsgerichtshof zeigt, dass er auf dem Weg zur Diktatur ist. Da auch noch Hoffnungen auf einen EU-Beitritt zu machen, ist grundverkehrt.

Zudem wird die Aufhebung der Visa-Pflicht in ein paar Monaten wahrscheinlich den Kurdenkonflikt von der Tuerkei in die EU ueberschwappen lassen. Das verspricht ueberhaupt nichts Gutes.

Dem Vertrag mit der Tuerkei fehlt neben dem Zuckerbrot auch die Peitsche. Er enthaelt keinerlei Druckmittel, was normalerweise nicht gut ist.
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#4
Es ergibt keinen Sinn, der Türkei die Syrienflüchtlinge aufzuoktroyieren und den Kurdenkonflikt zu ignorieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
(21-03-2016, 17:06)Ulan schrieb:
(21-03-2016, 01:02)Sinai schrieb:
(20-03-2016, 23:38)Bion schrieb: Am Beispiel Polen und Ungarn. Wie soll man Staaten zur Ordnung rufen, die im Begriff sind, die Demokratie scheibchenweise abzuschaffen

Ist die Demokratie wirklich der alleroberste Wert ??

Oder gibt's da auch nur ein einziges Beispiel, wo die Abschaffung der demokratischen Werte irgendetwas besser gemacht haette?

Wenn es nur ein einziges Beispiel sein soll, so wäre das heutige Rußland des Putin zu nennen !
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#6
Regimekritiker werden dort gemobbt und ermordet. Welchen Vorteil hat das?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Putin macht schon richtig.
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#8
Oder nimm den Gaddafi.  Solange er Libyen mit Eiserner Faust regierte, war das Land wundervoll.  Kostenlose Gesundheitsversorgung für alle,
Arbeit für alle (aber selbstverständlich auch Arbeitspflicht), Schulbildung für alle, Gemeindewohnungen für alle.  Doch dann kamen die Amis mit ihrer blöden Democracy, der Gaddafi wurde ermordet und jetzt versinkt das Land im CHAOS
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#9
Trotzdem ist das Argument Unsinn. Die "Eiserne Faust" kehrt Minderheiten gewaltsam "unter den Tisch" wenn nicht gar "unter die Erde". In der Demokratie ist auch immer Raum für Minderheiten bzw. Minderheitsmeinungen. Das scheint für die Mehrheit bisweilen ein Akzeptanz-Problem zu sein. Aber auch Gesellschaften unterliegen einer historischen Entwicklung. In dieser steht nicht von vorne herein fest, was in der Zukunft das Beste sein wird. Also muss einer Minderheit das Lebens- und Äußerungsrecht zugestanden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#10
(22-03-2016, 12:59)Ekkard schrieb: In der Demokratie ist auch immer Raum für Minderheiten bzw. Minderheitsmeinungen.

Das haben wir heute in Brüssel gesehen
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#11
(22-03-2016, 13:10)Sinai schrieb:
(22-03-2016, 12:59)Ekkard schrieb: In der Demokratie ist auch immer Raum für Minderheiten bzw. Minderheitsmeinungen.

Das haben wir heute in Brüssel gesehen
In wie fern? (Demokratie ist definitiv nicht die "Herrschaft durch Gewalt"!)
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
(22-03-2016, 00:47)Sinai schrieb: Wenn es nur ein einziges Beispiel sein soll, so wäre das heutige Rußland des Putin zu nennen !

Was hat Putin denn Grosses vollbracht? Er hat es versaeumt, die Wirtschaft voranzubringen und lenkt, wie alle Herrscher mit innenpolitischen Schwaechen, durch aussenpolitische Abenteuer ab. Aber natuerlich ist er ein begnadeter Blender, der es der eigenen Bevoelkerung einreden kann, es ginge ihr besser, auch wenn es ihr schlechter geht. Und wer auf die Wahrheit hinweist, wird aus dem Weg geraeumt. Da immer weniger Russen sich Auslandsreisen ueberhaupt leisten koennen, sind sie der Propaganda natuerlich auch ziemlich alternativlos ausgeliefert.

So ein Macho-Getue kommt aber anscheinend in einigen Kreisen gut an.
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#13
Und was hat die Rabenmutti denn Grosses vollbracht? Millionen Arbeitslose und Harz4 Bettler, no future Generation, working poor, Pensionsraub, Sittenlosigkeit, Kinderpornographie, Drogendesaster vor den Schulen, SchwarzarbeiterInnen ohne medizinische Versorgung, Obdachlose, Terror und Gewalt überall, etc etc etc
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#14
(22-03-2016, 23:18)Sinai schrieb: Und was hat die Rabenmutti denn Grosses vollbracht? Millionen Arbeitslose und Harz4 Bettler, no future Generation, working poor, Pensionsraub, Sittenlosigkeit, Kinderpornographie, Drogendesaster vor den Schulen, SchwarzarbeiterInnen ohne medizinische Versorgung, Obdachlose, Terror und Gewalt überall, etc etc etc

Nun, ich habe Merkel nicht gewaehlt. In einer Demokratie kannst Du aber jemand anderen waehlen, wenn Du willst. Wenn ich hier schaue:

Millinonen Arbeitslose und Harz4 Bettler: Stimmt. Auch wenn die offiziellen Zahlen gut aussehen, tun sie das nur, weil alle moeglichen Leute nicht einbezogen wuerden. Allerdings wuerde ich von einer rechten Partei wie der CDU hier auch wenig Abhilfe erwarten. Da muss man dann eine andere Partei waehlen.

no future Generation: Zum Teil. Hier gilt es, alte Zoepfe in der Wirtschaft abzuschneiden. Da will aber niemand heran, und selbst hier auf dem Forum ist die Stimmung dazu eher ablehnend.

working poor: Ja, das ist eine grosse Schande und wird sich in ein paar Jahrzehnten raechen. Dagegen wollen aber nur die Linken etwas unternehmen.

Pensionsraub: Nee, das ist Unfug. Das ist einfach die demographische Realitaet hier. Da die Deutschen keine Kinder in die Welt setzen, muessten sie verstaerkt Einwanderer hereinlassen, um dem abzuhelfen (wie die USA z.B.). Allerdings hilft es nicht, wenn diese Einwanderer dann unter die "working poor" oder Harz4 Punkte fallen, was also wieder bedeutet, dass Deutschland dringend Wirtschaftsreformen braucht. Unser Exporthoch hat das nur verdeckt.

Sittenlosigkeit: Ein rechtes Anliegen. Allerdings bin ich der Ansicht, dass sich der Staat aus diesem Feld heraushalten sollte.

Kinderpornographie: Das gab's schon immer, und frueher eigentlich mehr als heute. Das faellt nur deshalb heute mehr auf, weil es heutzutage verfolgt wird. Vor zwei, drei Jahrzehnten kuemmerte so etwas niemand.

Drogendesaster vor den Schulen: Das war schon zu meiner Schulzeit so. In einer 60.000 Einwohner-Stadt. Das ist also auch heute mehr etwas, wo eher hingeschaut wird, nicht, dass es zugenommen haette. Waehrend meiner Schulzeit gab's, glaube ich, viel mehr Drogentote als heute.

SchwarzarbeiterInnen ohne medizinische Versorgung: Ja, die gibt's. Nur, da Schwarzarbeiter kein anerkannter Beruf ist, sieht's halt mit der Versorgung schlecht aus. Das gilt uebrigens auch fuer einige der Kategorien, die Du weiter oben genannt hast. Ich bin ja fuer eine einheitliche, staatliche Krankenversicherung (richtigen Wettbewerb gibt's ja jetzt schon nicht, also kann man sich das sparen), wo jeder ausnahmslos Mitglied sein muss. Ist aber in Deutschland kein Thema, weil da wieder der Heimatstolz zuschlaegt, weil bei "uns" ja alles perfekt ist.

Obdachlose: Wird es immer geben. Es gibt halt Leute, die keine "staatliche Bevormundung" wollen und deshalb lieber auf der Strasse leben als in Unterkuenften, wo sie kontrolliert werden. Es braucht aber mehr sozialen Wohnungsbau in den beliebteren Ballungsraeumen. In dem Punkt wuerde ich zustimmen.

Terror und Gewalt überall: Das ist eher eine subjektive Wahrnehmung. Im Prinzip ist die Anzahl von Straftaten in Deutschland immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau, ausser bei Diebstahl, weil der nicht richtig verfolgt wird. Dass die Polizei ein paar Reformen braucht, ist auch geschenkt.

Da Du einen Mischmasch aus rechtsaussen und eher linken Positionen vertrittst, sehe ich die Qual der Wahl. Dazu kommt, dass sich einige Parteien inhaltlich so quasi abgeschafft haben, aber der Post ist schon lang genug.

Im Prinzip suchst Du eine Partei, die wirtschaflich linke Positionen vertritt, aber gesellschaftlich sehr konservative. Die gibt's in Deutschland in der Tat nicht wirklich. Die Linken kaemen wohl am naehesten, haben zum Teil aber auch gesellschaflich liberale Positionen. Die AfD passt auch nicht, da sie wirtschafltich einen strikt neoliberalen Kurs verfolgt, der arme Leute noch aermer machen wuerde.
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#15
(22-03-2016, 23:43)Ulan schrieb:
(22-03-2016, 23:18)Sinai schrieb: Und was hat die Rabenmutti denn Grosses vollbracht? Millionen Arbeitslose und Harz4 Bettler, no future Generation, working poor, Pensionsraub, Sittenlosigkeit, Kinderpornographie, Drogendesaster vor den Schulen, SchwarzarbeiterInnen ohne medizinische Versorgung, Obdachlose, Terror und Gewalt überall, etc etc etc


Im Prinzip suchst Du eine Partei, die wirtschaflich linke Positionen vertritt, aber gesellschaftlich sehr konservative.


Ein interessanter Gedanke !    Das wäre als die Position der  THERMIDORISTEN zu bezeichnen.
Gegen den "Thermidor" polemisierte und schrieb schon Trotzki

Was wäre darunter zu verstehen?

Der Jakobiner Napoleon Bonaparte wurde nach dem Thermidor zum General ernannt, wurde später Empereur.

Der Bolschewik Stalin rottete die NEP mit Putz und Stingel aus und errichtete eine staatliche Kommandowirtschaft mit Fünfjahressystemen und dem Stachanowsystem; gleichzeitig war Stalin ein Militarist ersten Ranges, führte im Heer den absoluten militärischen Gehorsam wieder ein, führte den militärischen Drill der Zarenzeit wieder ein (wer den Stechschritt der Roten Armee bei den Paraden am Roten Platz sah, wußte daß Exerzieren wieder sehr groß geschrieben wurde), schuf wieder goldene Rangabzeichen für die Offiziere ein, Stalin schuf den Begriff "Großer Vaterländischer Krieg" und propagierte die Liebe zur Heimat, er belohnte Frauen für die Mutterschaft, glorifizierte die Familie.

Dann ab 1953 war es Rotchina mit Mao, dann Albanien mit Enver Hodscha und Rumänien mit Ceaușescu und Nordkorea mit Kim il Sung das kleine "Gallierdorf" im fernen Osten.

Aber auch vor 900 Jahren, zur Zeit der Kreuzzüge, gab es dieses Phänomen.
Die Kreuzritter waren eigentlich Christen, gingen für den Christus in den Tod, sie schüttelten aber das "linke" Gebot der Gewaltlosigkeit ('wenn dir einer auf die linke Backe schlägt halt ihm auch noch die rechte hin') und der Feindesliebe ab und wurden gefürchtete Kämpfer. Gleichzeitig erschlugen sie im Rheinland die "jüdischen Wucherer" 1096 erstes organisiertes Judenpogrom im Abendland. Links und Rechts verschmolzen hier interessanterweise.

Im Prinzip verhielt sich Adolf Hitler nicht anders. Auch ein verschmelzen linksextremer und rechtsextremer Ideale.
Die Rote Fahne (links) hatte im Zentrum das Hakenkreuz (rechts). Der Begriff National-Sozialismus ist ebenso eine bewußte Verschmelzung von links und rechts.

Hier fällt mir ein, daß Stalin das Judentum bekämpfte. Der Kampf gegen Trotzki und Sobelsohn und nach dem gewonnenen "Großen Vaterländischen Krieg" der Kampf gegen den "Zionismus". Stalin phantasierte von einer jüdischen Ärzteverschwörung, er starb dann unvermutet und die nachfolgende Untersuchung ergab die Haltlosigkeit dieser Beschuldigung..

Eine heißumfehdete Thematik, aber hochinteressant.
Ich werde einen Thread dazu eröffnen:  Der Thermidor in der revolutionären Politik
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