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Das Kaiser-Edikt von 380 n.Christus
#1
Sehr geehrte Forenfachleute,

... wie ich im jüngsten Terra X 3-Teiler sehen konnte hatte der römische Kaiser 380 nach Christus per Edikt andere Religionen als staatsfeindlich eingestuft. Das war offenkundig dann auch insbesondere das Ende der römische Götterwelt sowie des Mitraskultes. Für mich ist dieser Akt dennoch sehr erstaunlich, weil es eine radikale Abkehr der römischen Leitkultur bildete. Diese hatte doch zum Ziel durch Toleranz und Religionsfreiheit den FRIEDEN im IMPERIUM ROMANUM abzusichern.

Es kann natürlich sein, dass ich diesen Zusammenhang falsch verstanden habe. Wer kann mich diesbezüglich einmal aufklären, was Ursache für dieses Kaiser-Edikt war ?!
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#2
(06-04-2016, 14:20)Kreutzberg schrieb: Sehr geehrte Forenfachleute,

... wie ich im jüngsten Terra X 3-Teiler sehen konnte hatte der römische Kaiser 380 nach Christus per Edikt andere Religionen als staatsfeindlich eingestuft. Das war offenkundig dann auch insbesondere das Ende der römische Götterwelt sowie des Mitraskultes. Für mich ist dieser Akt dennoch sehr erstaunlich, weil es eine radikale Abkehr der römischen Leitkultur bildete. Diese hatte doch zum Ziel durch Toleranz und Religionsfreiheit den FRIEDEN im IMPERIUM ROMANUM abzusichern.

Es kann natürlich sein, dass ich diesen Zusammenhang falsch verstanden habe. Wer kann mich diesbezüglich einmal aufklären, was Ursache für dieses Kaiser-Edikt war ?!

Mit der Absolut-Stellung des Christentums wurde wahrscheinlich versucht, ein alle Völker und Stämme des Imperiums einigendes Identifikationsmerkmal zu schaffen und damit den als Einigungsmerkmal gedachten früheren Kaiserkult zu ersetzen.
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#3
Zunächst gab es nur ein Edikt (Cunctos populos, 29.2.380), das an die christlichen Bürger des Reichs gerichtet gewesen war. Mit diesem wurden alle von der nizänische Trinitätslehre abweichenden christlichen Häresien verboten. Es diente vornehmlich dazu, die nizänische Orthodoxie auch im Osten durchzusetzen. Die Meinung, dass mit diesem Edikt das Christentum als Staatskirche eingerichtet worden sei, ist zwar weitverbreitet, beschreibt aber den Sachverhalt nicht richtig bzw. unvollständig.

Der Prozess, der das Heidentum nach und nach zurückdrängte und schließlich eliminierte, hatte mit 380 begonnen und war 392/393 abgeschlossen.

381 wurde die Konversion vom Christentum zum Heidentum verboten. 382 wurden den Kulten und Priesterschaften in Rom alle staatlichen Förderungen entzogen. Die heidnischen Tempel durften zunächst offen bleiben, Opferdienste mussten allerdings unterbleiben. 386 erhielt der Präfekt des Ostens, Cynegius, Vollmacht, heidnische Tempel zu schließen. 389/390 wurde das Serapaion in Alexandria zerstört, die dortige Bibliothek verbrannt. 391 wurde das ausdrückliche Verbot, heidnische Tempel zu besuchen und an heidnischen Kulten teilzunehmen, erlassen. Zugleich wurden die Behörden angehalten, Verstöße gegen dieses Verbot streng zu ahnden. 392 wurde das Verbot aller Formen heidnischer Kulte auch auf deren Ausübung in Privathäusern ausgedehnt. Der Kaiser war um die Durchführung seiner Anordnungen sehr bemüht. In Folge dessen endeten 393 auch berühmte heidnische Kulteinrichtungen wie  das Orakel von Delphi, die Olympischen Spiele und der Vesta-Kult in Rom.
MfG B.
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#4
Wie stand den der römische Kaiser den anderen Religionen gegenüber ? Es gab doch sicherlich nicht nur den Mitraskult und die römische Götterwelt ? Ich könnte mir bspw. vorstellen, dass die Griechen bspw. auch nachdem sie Mitglied des IMPERIUM ROMANIUM geworden war immer noch lange Ihrer Götterwelt nachhingen. Vor diesem Hintergrund blendete der betreffende 3-Teiliger die Konsequenzen des Kaiser-Ediktes weitgehend aus.

Damit kein Missverständnis aufkommt : die Staatsreligion Christentum sollte die Erosion des Zerfalls aufhalten. Wenn das zutrifft handelt es sich hier eindeutig um eine politisch-strategische Entscheidung und eine Abkehr des Prinzips der Religionsfreiheit die vorher lange Zeit ein Garant des Friedens im IMPERIUM ROMANUM bildete.

Im übrigen müsste auf Grundlage der obigen Fakten auch das danach folgende Frankenreich an der Doktrin der ausschließlichen Staatsreligion des Christentums festgehalten haben. Ist das soweit korrekt ?!
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#5
(07-04-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: Wie stand den der römische Kaiser den anderen Religionen gegenüber ? Es gab doch sicherlich nicht nur den Mitraskult und die römische Götterwelt ?

Solange die römischen Kaiser das Amt des pontifex maximus bekleideten, waren sie allen im Reich gepflegten Religionen und Kulten gleichermaßen verpflichtet. Auch wenn sie sich ab Konstantin (mit der Ausnahme Julian) um das Christentum besonders bemühten, herrschte den heidnischen Religionen gegenüber eine "restriktive Toleranz".

Ab Theodosius, der das Amt des pontifex maximus nicht mehr annahm, ging es allen(!) heidnischen Religionen nach und nach an den Kragen. Heidnische Kultstätten wurden systematisch zerstört und oftmals mit christlichen Kirchen überbaut.

Obwohl alle heidnischen Kulte ab 392/393 verboten waren, lassen sich heidnische Kulthandlungen allerdings auch noch im 5. Jh innerhalb der Grenzen des römischen Reichs (zB in Olympia) archäologisch nachweisen.

(07-04-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: Im übrigen müsste auf Grundlage der obigen Fakten auch das danach folgende Frankenreich an der Doktrin der ausschließlichen Staatsreligion des Christentums festgehalten haben. Ist das soweit korrekt ?!

Im Frankenreich hatte ab Pippin d. J.  das katholische Christentum die Rechtsstellung einer Staatsreligion, zumal die Herrschaft ab 751 katholisch-christlich (von Gottes Gnaden) legitimiert war. Durch Karl d. Großen wurde das Römische Reich erneuert und die Kirchenhoheit ausgebaut. Ab Otto I. galt der König bzw. Kaiser  als "theokratischer" Herrscher und im Westen als Repräsentant der Christenheit.
MfG B.
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#6
(06-04-2016, 14:20)Kreutzberg schrieb: Sehr geehrte Forenfachleute,

... wie ich im jüngsten Terra X 3-Teiler sehen konnte hatte der römische Kaiser 380 nach Christus per Edikt andere Religionen als staatsfeindlich eingestuft. Das war offenkundig dann auch insbesondere das Ende der römische Götterwelt sowie des Mitraskultes. Für mich ist dieser Akt dennoch sehr erstaunlich, weil es eine radikale Abkehr der römischen Leitkultur bildete. Diese hatte doch zum Ziel durch Toleranz und Religionsfreiheit den FRIEDEN im IMPERIUM ROMANUM abzusichern.

Es kann natürlich sein, dass ich diesen Zusammenhang falsch verstanden habe. Wer kann mich diesbezüglich einmal aufklären, was Ursache für dieses Kaiser-Edikt war ?!

(07-04-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: . . .  handelt es sich hier eindeutig um eine politisch-strategische Entscheidung und eine Abkehr des Prinzips der Religionsfreiheit die vorher lange Zeit ein Garant des Friedens im IMPERIUM ROMANUM bildete.

Du willst es aber genau wissen.
Die Religionsfreiheit schuf solange ein friedliches Miteinander der Völker, bis der aggressive Alleinstellungsglaube (monotheistischer Jahwe-Kult) dazukam.  Dann war die Idee "friedliches Miteinander durch Religionsfreiheit" plötzlich Schnee von gestern . . .
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#7
Naja das hört sich schon etwas besser an. Im Frühmittelalter wurde die Religionsfreiheit ja dann auch bald wieder hergestellt. Insgesamt hätte das Edikt von 380 nach Christus auch zu neuen Spannungen reichsintern führen können, denn die römische Götterwelt war wohl noch im Imperium Romanum sehr tief verankert.

Für mich diesbezüglich allerdings auffällig : Phasen der Toleranz und Intoleranz wechselten sich dann immer wieder ab, bis Napoleon mit der Sekularität das Problem des religiösen Einflusses auf die Staatspolitik (fast) erfolgreich unterband.

Was vielleicht noch zu klären wäre (das würde auch in der Philosophie passen) hat denn mit diesem besagten historischen Einschnitt auch das Zeitalter der DOGMATIKER begonnen. Das sind ja eigentlich die Urheber dieses Übels gewesen.
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