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Schlußfolgerungen zum Problem Schwund der Mitgliederzahlen der beiden ...
#1
Schlußfolgerungen zum Problem Schwund der Mitgliederzahlen der beiden
großen Konfessionen in Deutschland ...
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Sehr geehrte Forenfreunde,

... es soll Studien geben, die bei den beiden konfessionsgebundenen Kirchen einen Mitgliederschwund von bis zu 90 Prozent bis zum Jahre 2050 voraussagen. Das behauptete jedenfalls ein Pfarrer in der Zeitung. Es mag vielleicht interessant sein, wer diese Zahlen erhoben hat. Diese Aussage ist jedoch wenig aussagefähig, weil ein derartiger Rückgang wie seit 2008 sich nicht einfach hochrechnen läßt, dennoch als Basisinformation für Katholiken und Protestanten sehr wichtig ist.

a) Die Idee der Kirchen sich in Zukunft mehr und mehr als sozialer Dienstleister zu begreifen ist sicherlich ein Weg aus der Krise. Dennoch müssen die regionalen Einrichtungen irgendwann versuchen neue Mitglieder zu gewinnen, denn die Mangelverwaltung ist keine Antwort auf das betreffende Grundsatzproblem. Für mich ist in diesem Zusammenhang wissenswert, ob die lokalen Kirchenverwaltungen dieses Problem in der Hoffnung ausblenden, dass der Schwund irgendwann von selbst stoppt. Die Annahme irgendwann bleibt der harte Kern der Glaubensgemeinschaften übrig ist durchaus begründet.

b) Kann man denn überhaupt eine belastbare Studie durchführen die eine Mitgliederentwicklung bis 2030 behandelt ?!
Ich denke das ist wenig sinnvoll, weil man niemals im Vorfeld sagen kann ob neue Angebote an Pfarrmitgliedern und Gläubige Zuspruch finden oder nicht.
Die Kirchenleitungen mögen jedoch keine Experimente und das verstärkt den Stillstand, den sich die Kirche eigentlich nicht mehr leisten kann. Allerdings gibt es ja möglicherweise auch offene Gespräche hierzu hinter den Kulissen die der normale Gläubige nicht mitbekommen soll ... !!!
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#2
Einen Mitgliederschwund von 90 % innerhalb der nächsten 34 Jahre halte ich für ziemlich absurd. Eine solche Prognose ist sicherlich nicht seriös. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich der Mitgliederschwund fortsetzen wird. Schon auf Grund der demographischen Entwicklung.

Ich denke schon, dass die regionalen Einrichtungen versuchen neue Mitglieder zu gewinnen. Nur kämpfen eben auch die Kirchen, ebenso wie andere Institutionen wie Gewerkschaften und Vereine mit massiven Nachwuchsproblemen.
Der Grund liegt wohl nicht darin, dass jüngere Menschen im Durchschnitt weniger religiös wären als ältere. Nach manchen Umfragen scheint sogar genau das Gegenteil der Fall zu sein. Die Neigung zu glauben scheint mit zunehmendem Lebensalter eher zurück zu gehen.

Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich meine generell in unserer Gesellschaft (zumindest in Deutschland) eine zunehmende Abneigung gegen Verantwortung erkennen zu können. Man scheut sich, verbindlich zu werden, man scheut sich, "Farbe zu bekennen". Man fordert einen starken Staat, der sich um alles kümmert, so dass der Einzelne möglichst wenig Verantwortung übernehmen muss, will sich selbst an diesen staatlichen Entscheidungen aber nicht beteiligen. Man ruft ständig nach neuen Gesetzen (z.B. im Bereich Verbraucherschutz) um selbst so wenig wie möglich entscheiden zu müssen. Die Jugend (aber nicht nur diese) ist risikoscheu und meidet zunehmend den Gang in die berufliche Selbständigkeit, oft auch demotiviert durch verbeamtete Lehrer und einen total bürokratisierten Staat. Das gesellschaftliche Klima ist zunehmend wirtschafts- und unternehmerfeindlich.

Diese obige Entwicklung betrifft auch die Kirchen (wird allerdings auch häufig von ihnen selbst betrieben). Die Menschen schätzen zwar den sozialen Dienstleister Kirche, sind häufig selbst gläubig aber nicht bereit, sich selbst an dieser Arbeit in irgend einer Form zu beteiligen, da es ja mit der Übernahme von Verantwortung bzw. mit "Farbe bekennen" verbunden ist. Man müsste evtl. "seinen Mann" stehen, aber das ist in unserer profillosen Duckmäusergesellschaft irgendwie nicht mehr en vogue.

Wie sich die Mitgliederentwicklung fortsetzt, ist schwer zu sagen. Das hängt auch immer damit zusammen, ob folgenschwere Ereignisse über eine Gesellschaft brechen oder nicht.
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#3
Zitat:Schlußfolgerungen zum Problem Schwund der Mitgliederzahlen der beiden ...
Kirchen:

z.Zt. Zusammenlegung von Kirchengemeinden, Verkäufe von Grundstücken und Gebäuden, Verkäufe und Umwidmungen von Kirchen.

Das alles passiert zur Zeit.
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#4
Die ganze himmlische und höllische Mythologie von Gott und der Erlösungstat Christi trägt uns doch nicht mehr durchs Leben! Das ist doch eine geradezu magische Weltauffassung, die nicht einmal reicht, um auf einfache Weise ein anständiger Mensch zu sein. Wie soll damit zu einer vernünftigen Gemeindearbeit animiert werden?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#5
Das was EKKARD sagt trifft wohl einen zentralen Nerv des beschriebenen Sachverhalts.
Die meisten theologischen Predigten welche ich in den letzten Jahren gehört habe
berücksichtigten leider in keinster Weise die Lebenswirklichkeit der meisten Christen.

Das zeigt auch das konkrete Probleme, auch konkrete Antworten verlangen.
Dieser Sachverhalt müsste aber eigentlich den Kirchenleitungen inzw. doch klar sein,
oder etwa nicht ?!
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#6
Danke, Kreutzberg! Ich denke ausgebildete Theologen sind einfach betriebsblind; d. h. der Kirchenbetrieb absorbiert ihr Denken (und Handeln: z. B. Kirchen bauen, Kirchen schließen, Geld verwalten, Kirchenvorstände wählen). Wir können ja mal überlegen, welche Fragen des Lebens an einen Pfarrer/Priester zu richten wären, die nicht ebenso gut an Ärzte, Psychologen oder Streetworker zu richten wären ...
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#7
Ich habe einen Pastor gekannt der ständig mit den Problemen seiner Pfarrmitglieder konfrontiert wurde. Der hat dann diese Betriebsblindheit überwunden, weil hier Bibelsprüche natürlich nicht mehr helfen. Die meisten Pfarrangehörigen halten Priester als Vertrauensperson bei Problemen des Alltags jedoch inzw. für inkompetent wenn nicht sogar schlimmer. Das ist hart, aber leider auch eine wichtige Realität der Gegenwart.
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#8
Auch ich habe schon einen Pfarrer sagen gehört, dass er die ganze Woche Verwaltungsstellenleiter ist.

Nur beim Gottesdienst würde er zum Seelsorger. Auch ich denke, eine bedenkliche Entwicklung.
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#9
Selbst die Mitgliederzahlen der Grosskirchen sind groesstenteils nur Augenwischerei. Darunter sind viele Karteileichen. Bei den Protestanten betraegt der Anteil der Mitglieder, die aktiv am Gemeindeleben teilnehmen, etwa 5%. Das ist ein Abschied auf Raten.

Interessant in diesem Vergleich sind die etwas radikaleren Krichen, wie z.B. Freikirchen. Dort ist die Anzahl eingeschriebener und aktiver Mitglieder weitgehend deckungsgleich, was ihre auf den ersten Blick geringe Mitgliederzahl doch ziemlich relativiert; und dort ist die Entwicklung der Mitgliederzahlen auch oft immer noch positiv.

Dies laesst mich vermuten, dass weniger Lehren von Himmel und Hoelle das Problem der Grosskirchen sind, sondern eher die Distanz der Hierarchie zu den Mitgliedern.
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#10
Viele Menschen sehnen sich nach klaren Antworten auf ihre weltanschaulichen Fragen. Nach einfachen Lösungen. Diese bekommen sie bei den Freikirchen geliefert. Deshalb wohl auch der Zulauf auf viele Freikirchen. 

Bei den Großkirchen hat sich sowohl bei den Theologen als auch bei den meisten Gläubigen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Glaubenslehre zum Großteil nur noch symbolisch zu verstehen ist. Dadurch werden einfache Antworten und Lösungen unmöglich. Der Gläubige steht "allein" da. Da fragen sich natürlich viele, was das Ganze eigentlich noch soll. 

Um Ekkards Frage von oben aufzugreifen, welche Fragen von Theologen besser zu beantworten wären als dies andere Berufsgruppen könnten fällt mir ehrlicherweise nichts ein. Wenn wir die Sache mit der Erlösungstat Christi als erledigt betrachten, verliert die Theologie eigentlich jede Kompetenz.
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#11
Ja, Ulan, das denke ich auch. Die Distanz zwischen Kirchenleitungen und Mitgliedern ist ziemlich groß (geworden). Ich denke durchaus auch, dass das ein großer Teil des Problems ist, das die Kirchen haben. Aber vielleicht haben wir Gläubigen auch zu viel Distanz untereinander.

Das haben die freikirchlichen Gemeinden, in die ich schon mal einen Blick geworfen habe, deutlich besser gemacht.

Es ist tatsächlich wahr, das Freikirchen bei der Mitgliederentwicklung deutlich besser dastehen und auch bei der Aktivierung dieser, denke ich.

Manchmal freuen sie sich auch und danken Gott, dass sie günstig die eine oder andere Kirche von den "großen" kaufen können.

Könnten wir da nicht auch mal überlegen, ob wir noch etwas von den Freikirchen lernen können?


Ob die Begriff "radikaler" wirklich der richtige ist, da habe ich noch meine Zweifel, ich würde jedoch davon warnen, den Begriff zu benutzen. Die verschiedenen Freikirchen sind sicherlich sehr unterschiedlich. Das habe ich von Leuten sagen lassen, die sich da deutlich besser auskennen als ich.

Auch an der Frage, ob es sich Freikirchen wirklich einfacher machen, da habe ich meine Zweifel.

Ich denke, es ist durchaus besser dann auch konkret Pferd und Reiter zu nennen.

Gruß
Gerhard
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#12
(22-04-2016, 23:39)Gerhard schrieb: Das haben die freikirchlichen Gemeinden, in die ich schon mal einen Blick geworfen habe, deutlich besser gemacht.

Es ist tatsächlich wahr, dass Freikirchen bei der Mitgliederentwicklung deutlich besser dastehen und auch bei der Aktivierung dieser, denke ich.


Was sind eigentlich "Freikirchen" ?
Sind sie wirklich frei ?    Oder handelt es sich im Gegentheil um extrem unfreie, starre, ultrakonservative, patriarchalische Gebilde ?
So wie vor 3500 Jahren in Syrien ?

Das Wort "Frei" soll uns nicht irreführen.
War doch der "Freihof" bis 1795 der Ort, wo die Leute gehängt wurden . . .
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#13
Für Historiker: Natürlich will ich eine Quellenangabe nicht schuldig bleiben

Franz Joseph Wohlmuth , Freimann
„Franz Joseph Wohlmuth (* 24. Februar 1739 in Salzburg, † 26. März 1823 ebenda), war ein Salzburger Freimann (Scharfrichter) und Abdecker, der ab 1757 und in der Stadt Salzburg von 1761 bis 1817 beruflich tätig war. Er bewohnte wie alle Freimänner das alte bis heute erhaltene und historisch bedeutsame Scharfrichterhaus an der Neukommgasse. Er besaß im Nebenberuf als Aufseher aber auch eine Wohnung im Haus Herrengasse 28/30, dem Frauenhaus (Freudenhaus).
Franz Joseph Wohlmuth war als Sohn des Freimannes Franz Wohlmuth (und seiner Frau Anna) ein Mitglied einer alten Wasenmeister- bzw. Freimanndynastie [1]
Nach Abschluss seiner Lehrzeit vollführte der junge Franz Joseph im Jahr 1757 sein Meisterstück, (wie damals üblich:) eine Enthauptung.
(Vom Freimann wurde stets erwartet, dass er den Kopf mit einem einzigen Streich vom Rumpf trenne). 1761 erhielt er die Salzburger Freimannsstelle.
Der zeitgenössische Stadtsyndikus Hieronymus von Kleimayrn nennt Franz Joseph Wohlmuth ... im Hängen nicht so berühmt [...] als im Köpfen... [2]

[1] Seit alter Zeit galt der Wasenmeister- und der Henkersberuf als „unehrlich“.
[2] Quelle: Zitat aus den Akten nach Hans Widmann: Von Verbrechen und Strafen in der erzbischöflichen Zeit - ein halbes Jahrhundert lang "Freimann" in Salzburg, in: Jahresberichte des städtischen Museums Carolino Augusteum, Salzburg 1907, S. 97 - 123
Literatur:
Widmann, Hans: Von Verbrechen und Strafen in der erzbischöflichen Zeit - Ein halbes Jahrhundert lang "Freimann" in Salzburg, in: Salzburger Museum Carolino-Augusteum, Jahresbericht 1907, S. 108."
Franz Joseph Wohlmuth – Salzburgwiki

Lustigerweise hat das Wort Frauenhaus eine wahre andere Bedeutung.
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#14
(23-04-2016, 00:21)Sinai schrieb: Was sind eigentlich "Freikirchen" ?
Sind sie wirklich frei ?

Das Wort "frei" bedeutet hier lediglich, dass diese Kirchen nicht mit dem Staat verbandelt sind und z.B. ihre Mitgliedsbeitraege von diesem eintreiben lassen, wie es die Grosskirchen in Deutschland tun. Das ist in den meisten Faellen eine bewusste Entscheidung, da sie meist als Koerperschaften des oeffentlichen Rechts anerkannt sind und deshalb das Recht haben, den Staat mit der Geldeintreibung zu beauftragen.

Allerdings wird der Begriff oft auch etwas allgemeiner verwendet, schlicht als Abgrenzung zu den Grossorganisationen. Die ehemalige Abgrenzung durch freiwillige Mitgliedschaft ist ja heute auch bei den Grosskirchen gegeben, auch wenn einige Freikirchen grundsaetzlich die Zwangsmitgliedschaft von Kindern ablehnen.
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#15
(22-04-2016, 23:39)Gerhard schrieb: Ob die Begriff "radikaler" wirklich der richtige ist, da habe ich noch meine Zweifel, ich würde jedoch davon warnen, den Begriff zu benutzen. Die verschiedenen Freikirchen sind sicherlich sehr unterschiedlich. Das habe ich von Leuten sagen lassen, die sich da deutlich besser auskennen als ich.

Ich meinte "rakikal" nicht im Sinne von "extremistisch", sondern, wenn man dem Duden folgt, Bedeutung 1a (von Grund aus erfolgend, ganz und gar; vollständig, gründlich), also das Spektrum was man wohl besser mit "evangelikal" bis "fundamentalistisch" bezeichnen wuerde.
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