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Gleichnisse Jesu : Methode um Zuhörer zu überzeugen ?!
#1
Sehr geehrte Forenfreunde,
und Forenfachleute,

... Jesus hat nach meinem Eindruck seine Kernlehrsätze nicht selten in Gleichnissen zum Ausdruck gebracht. Das hat mir insofern immer gefallen, weil der Mensch seit jeher ein praktisches Beispiel benötigt um die Botschaft auch wirklich zu verinnerlichen.

a) Weshalb die Gleichnisse relativ ausführlich waren und ob die jüdischen Zuhörer auch alles verstanden haben wissen mir leider nicht.
Für mich wissenswert: war das die Methode die einfachen JUDEN zu erreichen, die meist nicht gebildet und belesen waren ?

b) Von der Semantik her gesehen spielten offenbar Vergleiche eine wichtige Rolle um "richtig" bzw. "falsch" richtig einordnen zu können.
> kann man das soweit sagen ?

c) Sind die Urheberschaft der meisten Gleichnisse absolut unter Zeitzeugen zu suchen oder waren diese Gleichnisse eher durch
    Überlieferungen bekannt geworden ?
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#2
Sinn und Zweck der Gleichnisse

Mk 4,10 Als er mit seinen Begleitern und den Zwölf allein war, fragten sie ihn nach dem Sinn seiner Gleichnisse.
Mk 4,11 Da sagte er zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut; denen aber, die draußen sind, wird alles in Gleichnissen gesagt;
Mk 4,12 denn sehen sollen sie, sehen, aber nicht erkennen; / hören sollen sie, hören, aber nicht verstehen, / damit sie sich nicht bekehren / und ihnen nicht vergeben wird.
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#3
Es sieht so aus, als haette ich meine Edits nicht gespeichert. Nun denn.

Ich wollte anmerken, dass Gleichnisse auch schon im AT eine Rolle spielen und in der juedischen Weisheitsliteratur noch mehr bemueht werden, es also einen grossen Fundus an diesen Gleichnissen gab und von Autoren staendig neue hinzugefuegt wurden. Im Buch Jesus Sirach (39) steht:

1Wer sich aber vorgenommen hat, über das Gesetz des Höchsten nachzusinnen, der muss die Weisheit aller Alten erforschen und in den Propheten studieren.
2Er muss die Geschichten berühmter Leute kennen und über die Sprüche nachdenken, was sie bedeuten und lehren.
3Er muss den verborgenen Sinn der Gleichnisse erforschen und mit Rätselsprüchen vertraut sein.

Es gehoerte also durchaus auch zum guten Ton, dass ein Autor Gleichnisse in seinem Text benutzte. Einige davon waren mit Sicherheit vom Autor erfunden. Manche waren tatsaechlich schwer zu verstehen, was z.B. fuer die Gleichnisse im Markus-Evangelium gilt, die Matthaeus oder Lukas nicht uebernommen haben.
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#4
Das heißt manche Gleichnisse hatten die Menschen eher verwirrt statt aufgeklärt.
Die Parabel scheint meines Erachtens hierzu eine Alternative zu sein, die in der Ära der Aufklärung entstanden ist.
Beides hat an Bedeutung verloren.

Das hat nach meinem Eindruck damit zu tun, dass die Leitidee der MORAL und
die tiefgreifenden Änderungen durch tiefgreifende Gesetzes-Einführungen den Alltag heute bestimmen.
Ist das soweit richtig wiedergegeben ?!
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#5
(12-05-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: Das heißt manche Gleichnisse hatten die Menschen eher verwirrt statt aufgeklärt.

Ich habe das eher deshalb zitiert, weil das eine Antwort ist, die im NT selbst gegeben wird. Trotzdem wuerde ich diese Antwort so nicht woertlich nehmen. Die Aussage soll wahrscheinlich eher beim Zuhoerer ein "Aha"-Erlebnis erzeugen, weil er etwas versteht, was andere nicht verstehen. Der Zuhoerer ist also jemand, der zum Zirkel der Eingeweihten dazu gehoert. Das Gleichnis ist auch darauf ausgelegt, Diskussionen anzuregen und Neugier zu wecken.

Und diesen Sinn erfuellt es auch heute noch. Gerade die Gleichnisse sind es ja oft, die einem im Gedaechtnis haften bleiben.

Warum dies heute nicht mehr oefter angetroffen wird? Einerseits sind natuerlich auch literarische Stilformen Moden unterworfen. Und Gleichnisse erinnern halt an die Bibel, so dass manch einer nicht als "predigend" angesehen werden moechte, wenn er einen Text schreibt. In Kinderbuechern findet man aber Gleichnisse durchaus immer noch. Bei denen stoert sich halt niemand am erzieherischen Charakter.
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#6
Danke für den Hinweis. Was noch offen ist ob meine These zu den PARABELN soweit stimmig ist.
Da Gleichnisse immer noch intensiver Gegenstand von Bibelexegesen und Prediten sind kann man da nicht einfach von alten Hüten sprechen. In diesem Zusammenhang bleibt somit noch eine spannende Frage offen : gibt es eine offizielle, verbindliche Deutung der Gleichnisse durch den VATIKAN ?!

Ich fürchte nicht, denn ich habe schon recht unterschiedliche Deutungen in Predigten erlebt insbesondere bei dem Gleichnis der Talente. Wenn ich immer dieses Gleichnis höre kommt bei mir immer wieder der Verdacht hoch, dass dies ein Grundlehrsatz beinhaltet, auf den die Protestanten sich gerne berufen.
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#7
Gleichnisse sind das, was der Name sagt: Parallelgeschichten zu bestimmten Situation, die z. B. mit der Beziehung des Volkes zu Gott beinhalten. Anders als im Hellenismus erörtert das Gleichnis nichts "im Grundsatz", sondern situationsbezogen. Beispiel 'barmherziger Samariter': Der Samaritaner tut in einer bestimmten Situation der Not, das Notwendige. Unser hellenistisch geprägter Verstand macht daraus: Man muss Notleidenden "grundsätzlich" (möglicherweise weltweit) helfen - und wenn man sie dazu erst suchen muss.
Ob Protestanten besonders hellenistisch geprägt sind, wage ich zu bezweifeln. Dieses Gleichnis und viele andere werden in allen christlichen Gemeinden als "grundsätzlich" angesehen und diskutiert.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#8
(12-05-2016, 16:33)Ekkard schrieb: Unser hellenistisch geprägter Verstand macht daraus: Man muss Notleidenden "grundsätzlich" (möglicherweise weltweit) helfen - und wenn man sie dazu erst suchen muss.

Also meinst Du, wir sollen nicht mehr helfen ?
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#9
Isaak,
(12-05-2016, 16:33)Ekkard schrieb: Ob Protestanten besonders hellenistisch geprägt sind, wage ich zu bezweifeln.

Ich auch !
Beliebte protestantische Vornamen sind David, Sarah, Rachel, Rebecca, Joachim, Esther, Eva, Jeremia, Jesaja, Josua, etc.
Aber einen protestantischen Alexander, Makarios, Aeneas oder eine protestantische Medea oder Helena kenne ich nicht
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#10
(12-05-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: Die Parabel scheint meines Erachtens hierzu (zum Gleichnis) eine Alternative zu sein, die in der Ära der Aufklärung entstanden ist.
...
Das hat nach meinem Eindruck damit zu tun, dass die Leitidee der MORAL und
die tiefgreifenden Änderungen durch tiefgreifende Gesetzes-Einführungen den Alltag heute bestimmen.
Ist das soweit richtig wiedergegeben ?!
Bei Parabeln ist die Situation gegenüber dem Gleichnis verfremdet. Ich halte dies für ein Verkennung des Gleichnisses. Das Gleichnis beschreibt nur scheinbar eine z. B. Notsituation, in die man tatsächlich kommen kann. Bei der Parabel wird auf den "normalen Alltag" bewusst verzichtet (Ringprabel (Lessing), Zugparabel (Kästner)). Beim biblischen Weingärtner ist das beispielsweise nicht anders. Für mich sind die Übergänge fließend.

Dass Parabeln mithin besser verstanden werden, halte ich für unwahrscheinlich. Die geistige Auseinandersetzung mit der Verbindung Parabel - Realität ist in beiden Fällen erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#11
(12-05-2016, 16:44)Sinai schrieb: Also meinst Du, wir sollen nicht mehr helfen?
Das nicht. Das Gleichnis sagt nur, dass gewisse Geschäfte (z. B. zum Tempel zu eilen) warten müssen, wenn ein sichtbarer Notfall vorliegt, oder dass Gaffen bei Unfällen nicht hilft usw.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
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#12
(12-05-2016, 13:34)Kreutzberg schrieb: Die Parabel scheint meines Erachtens hierzu eine Alternative zu sein, die in der Ära der Aufklärung entstanden ist.

Gleichnis und Parabel sind verwandt. Aristoteles (rhet. 2,20) verwendet den Ausdruck parabole  für vergleichendes Erzählen. Gleichnisse wie Parabeln sind Lebenseinsichten vermittelnde, vergleichende Reden oder Erzählungen. Im Griechischen ist das Gleichnis als Sprachfigur seit Homer in Gebrauch.

Wo in biblischen Texten seit Luther "Gleichnis" steht, steht in den griechischen Grundtexten παραβολή (parabole).

Richtig ist, dass seit Aufklärung und Romantik (Lessing, Herder, Goethe, Schlegel u. a.) mit Parabel eine eigenständige literarische Gattung mit hohem Erkenntniswert bezeichnet wird.
MfG B.
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#13
ULANS Zitat aus der Bibel selbst wirkt auf mich sehr krypisch und unverständlich.
Das ist insofern schade, weil eine klare Aussage zum Selbstverständnis von Gleichnissen
könnte zumindest plausibel machen aus welcher Motivlage und welchem Zeitgeist diese Erzählform
entstanden sind.

Insofern die Analphabetenrate wirklich so groß war, bedurfte es einer guten Strategie um Botschaften
zu vermitteln. Der normale JUDE war schließlich nun alles andere als ein Schriftgelehrte.
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#14
(13-05-2016, 10:31)Kreutzberg schrieb: ULANS Zitat aus der Bibel selbst wirkt auf mich sehr krypisch und unverständlich.

Das liegt mehr am Markus-Evangelium als an sonst etwas. Wenn man annimmt, dass das Markus-Evangelium geschrieben wurde, als Jerusalem und der Tempel gerade zerstoert waren, musste eine Erklaerung her, wie Paulus seine Prophezeiungen gemeint hatte und warum dem juedischen Volk eine solche Unbill widerfuhr. Das heisst, dieser kryptische Zug und das Betonen des Nicht-Verstehens zieht sich durch das gesamte Evangelium, um die Schuldfrage deutlich zu beantworten. Verallgemeinern wuerde ich diese Aussage ueber Gleichnisse nicht.

(13-05-2016, 10:31)Kreutzberg schrieb: Das ist insofern schade, weil eine klare Aussage zum Selbstverständnis von Gleichnissen könnte zumindest plausibel machen aus welcher Motivlage und welchem Zeitgeist diese Erzählform entstanden sind.

Die Erzaehlform selbst ist viel aelter. Man findet Gleichnisse bei Jesaya, Jeremias, Ezechiel oder Daniel. Das heisst, da ist weniger "Zeitgeist" als "Klassiker". Im Prinzip kann man so auch bitterboese Behauptungen nett verpacken, wenn man z.B. an das Gleichnis der treulosen Weingaertner denkt.

(13-05-2016, 10:31)Kreutzberg schrieb: Insofern die Analphabetenrate wirklich so groß war, bedurfte es einer guten Strategie um Botschaften zu vermitteln. Der normale JUDE war schließlich nun alles andere als ein Schriftgelehrte.

Das ist ja bei NT-Texten nicht anders. Man kann davon ausgehen, dass die meisten geschrieben wurden, um vorgelesen zu werden. Evangelien hatten von Anfang an das liturgische Element, dass sie dem Jahreszyklus folgen. Im Prinzip wird also ein Unterkapitel (z.B. ein Gleichnis) im Gottesdienst vorgelesen, und dies ist dann der Ausgangspunkt dafuer, darueber zu predigen oder zu diskutieren.
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#15
Das Gleichnis als weiche Verpackung um teilweise "harte Botschaften" etwas bekömmlicher abzufedern, das klingt schon plausibel finde ich ....

Wenn man sich einmal von den bisherigen Analysen löst dürfte klar sein, dass das lernen an praktischen Beispielen
den Zuhörer auch eher dazu bewegt über die Gebote intensiv nachzudenken.

Offenbar zeigen Gleichnisse auch, dass es wohl nicht so ist, dass man die christliche Soziallehre auf
die 10 Gebote Mose beschränken kann. Ich erinnere mich noch gut, dass Pastore in der Predigt immer wieder betont haben,
dass die Gebote als Rüstzeug für ein sinnerfülltes Leben allemal ausreichen ...
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