Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Brexit - Die Stunde der Populisten
#1
Großbritannien hat gewählt. Das Vereinigte Königreich wird die EU verlassen. Sollte das das Ende der europäischen Idee sein? Oder ist es möglicherweise das Ende des Vereinigten Königreichs? Wird das den Rechtspopulisten und Rechtsextremen Europas in die Hand spielen?

Als vor wenigen Wochen der österreichische Bundespräsident gewählt wurde, hat man das denkbar knappe Wahlergebnis für den gemäßigten Kandidaten (das von den Rechtspopulisten – wegen ein paar Blödheiten, die die Bezirkswahlbehörden zu verantworten haben, möglicherweise mit Erfolg - angefochten wird), als ein Ereignis abgetan, das in dem unbedeutenden kleinen Land hinter den Bergen, in dem man rechtspopulistischen bis rechtsextremen Ideen schon immer mit einer "gewissen Offenheit" gegenübergestanden hat, mal passieren kann.

Jetzt hat es einen der Großen erwischt. In Großbritannien wird es einen gehörigen Rechtsruck geben. Nigel Farage, der Chef der rechtspopulistischen UKIP-Partei und Brexit-Befürworter jubelt: "Wir haben es geschafft", sagt er, "ohne dass eine einzige Kugel abgefeuert wurde", legte er, den "Erfolg" für sich und seine Partei beanspruchend, kommentierend nach. Eine an Schwachsinn grenzende Rhetorik, die die Mehrheit der Engländer aber offensichtlich nicht stört. Dass vor einer Woche die Europabefürworterin, Jo Cox, von einem seiner Sympathisanten erschossen wurde, hat Farage offenbar nicht bemerkt.

Großbritannien ist in der Krise, nur weiß es die Mehrheit der Briten noch nicht!

Die Tories sind gespalten.  Ein Populist, Boris Johnson, wird Cameron ablösen. Es wird gewählt werden. Die Rechtspopulisten werden auf Kosten von Labour ins Parlament einziehen. Der Finanzplatz London wird erheblichen Schaden nehmen. Betriebe, für die die EU der Absatzmarkt ist, werden abwandern.

Ein Großbritannien außerhalb der EU, mit allen Rechten, aber ohne Pflichten, so wie es sich die Rechtspopulisten wünschen und versprochen haben, wird es nicht geben können.
MfG B.
Zitieren
#2
Fuer Europa ist das sicherlich ein ziemlich fatales Ergebnis. Die Abstimmung im Vereinigten Koenigreich hat allen Populisten in Europa gezeigt, dass ihre national ausgerichtete Anti-Europa-Politik mehrheitsfaehig ist. Solche Parteien haben jetzt Oberwasser. Die Gefahr fuer Europa ist sehr gross, da schon im naechsten Jahr, also vor Ende der Austrittsverhandlungen mit dem Vereinigten Koenigreich, wichtige Wahlen anstehen. Das laehmt einerseits Reaktionen seitens Europas, aber noch viel wichtiger: der naechste franzoesische Praesident koennte Marine Le Pen heissen. D.h., Kerneuropa koennte auseinanderfliegen bevor GB ueberhaupt raus ist.

Ich weiss auch nicht, ob GB so schwere Auflagen bekommen wird, wie jetzt orakelt. Klar, es waere wahrscheinlich taktisch gut, ein Exempel zu statuieren, das Nachahmer abschreckt. Allerdings wird Deutschland, entgegen aller oeffentlichen Beteuerungen, wahrscheinlichlich massiv bremsen, da GB einer der wichtigsten deutschen Absatzmaerkte ist. Die Zentrifugalkraefte in Europa muessen auch nicht unbedingt nur durch populistische Parteien getragen werden. Traditionell eng mit GB verzahnte Wirtschaften wie Irland oder Daenemark koennten eventuell aus rein praktischen Ueberlegungen dem britischen Beispiel folgen, vor allem dann, wenn die Auflagen fuer GB ihnen als hinderlich fuer die eigene Wirtschaft erscheinen.

Ich habe also die Befuerchtung, dass die naechsten Aufloesungserscheinungen schon auftreten werden, bevor irgendwelche negativen Auswirkungen des britischen Beispiels fassbar werden. Ausserdem sollte man die Eigendynamik solcher Entwicklungen nie unterschaetzen. Die weiterschwelende Euro-Krise und absehbarer Streit um Geld wegen des Wegfalls eines Nettozahlers werden das Ihre dazu beitragen, dass das Thema auf dem Tisch bleibt.
Zitieren
#3
Naja wer 20 Jahre chronisch ne Scheidung propagiert, und sich immer wieder hinein vertieft, wird wohl irgendwann ne unumgängliche Erfahrung machen müssen.

Der Großteil der ü50 Menschen aus England haben sich für das Brexit entschieden, wohingegen die jüngeren Menschen, gerade die jüngste Generation von 18-25 Jahren deutlich mehrheitlich dagegen entschieden haben.

Spannend wird es wie es jetzt mit Nordirland und Schottland wird.

Mir war es vorher klar, dass irgendwan die Bombe "da tritt jemand aus der EU aus", sich immer mehr zuspitzen und mal platzen wird.
Zitieren
#4
Würde die EU in den anstehenden Verhandlungen GB über die bereits von Margret Thatcher erreichten Zugeständnisse hinaus weiter entgegenkommt, könnten u.a. Wilders, Mari Le Pen und der rechte Flügel der AFD gestärkt werden und der Brexit könnten weitere EU-Staaten zu einem entsprechenden Referendum mit evtl. Austritt veranlassen. Neben den extrem negativen wirtschaftlichen Folgen könnte dies die endgültige Verabschiedung von der Idee eines vereinten Europas einleiten.

Die EU trug wesentlich dazu bei, dass keine Kriege auf westeuropäischem Boden geführt wurden und hier die längste Friedensperiode der Geschichte eintrat. Kriege zwischen ehemaligen EU-Mitgliedern sind zwar auch durch weitere Austritte nicht zu erwarten, aber neben dem wirtschaftlichen Gewicht Europas dürfte auch dessen weltpolitisches Gewicht leiden.

Ich sehe in mir eher einen Europäer als einen Deutschen, schätze auch die Freizügigkeit des Reisens und die Möglichkeit, ohne größeren bürokratischen Aufwand seinen jeweiligen Beruf auch in anderen Staaten der EU-Staaten ausüben zu können, wenn ich diese Chance auch nie selbst nutzte, und bedaure die vom Brexit ausgelöste Entwicklung sehr. Ich hatte dieses Ergebnis des britischen Referendums nicht erwartet und mit einem Freund um eine Flasche Champagner gewettet, dass zu Gunsten eines Bremain gestimmt wird. Ich habe mich getäuscht. Schade, sehr Schade, das.
Zitieren
#5
Im Stern-Ticker les ich, dass es eine Pedition für ein zweite Volksabstimmung geben soll.
Das Parlament soll das Anliegen für eine Debatte in Betracht ziehen.
Zitieren
#6
Ein Schuß vor den Bug für die EG
Ein Schuß ins Knie für Great Britain.

Hoffentlich kapiert man in der EG, daß es an der Zeit für Reformen ist, vor allem im sozialen Bereich.
Und da der Haupt-Aktivist der Neoliberalität jetzt draußen zu sein scheint stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht eine neu EG, ein neues Europa zu formen in dem nicht nur finanzielle Aspekte eine Rolle spielen, sondern die Sozietät, die Gemeinschaft der Staaten Europas.

Mal sehen was sie draus machen
Das ist meine ganz persönliche Ansicht. 
Zitieren
#7
Ich glaube nicht, daß andere Staaten jetzt noch aus der EG ausscheren werden.
Man wird am Beispiel BGs sehen und erkennen das der Virus der Separation das eigene Land zerstören wird.
Schottland wird sich abspalten.
Und in Nordirland sind neue Unruhen zu erwarten.

Und wenn die Menschen schlau sind und hinsehen, werden rechtspopulistische Parteien hoffentlich an Popularität verlieren.
Das ist meine ganz persönliche Ansicht. 
Zitieren
#8
(24-06-2016, 08:34)Bion schrieb: Als vor wenigen Wochen der österreichische Bundespräsident gewählt wurde, hat man das denkbar knappe Wahlergebnis für den gemäßigten Kandidaten (das von den Rechtspopulisten – wegen ein paar Blödheiten, die die Bezirkswahlbehörden zu verantworten haben, möglicherweise mit Erfolg - angefochten wird), als ein Ereignis abgetan, das in dem unbedeutenden kleinen Land hinter den Bergen, in dem man rechtspopulistischen bis rechtsextremen Ideen schon immer mit einer "gewissen Offenheit" gegenübergestanden hat, mal passieren kann.

Also als ein Bürger des kleinen Landes hinter den Bergen möcht ich mich gegen die Aussage, "rechtspopulistischen und rechtsextremen Ideen offen gegenüberstehen", auf das schärfste verwehren.
Nur weil ein rechtsliberaler Politiker beinahe zum Bundespräsidenten  gewählt wurde, heißt das nicht das die Österreicher rechtsextreme Ideen vertreten.
Bei uns maschiert niemand mit Glatze und Springerstiefel auf den Strassen, es werden keine Ausländerheime angezündet in denen sich Menschen befinden.
Das passiert wohl eher nördlich von Österreich.
Und das die Briten die EU verlassen wollen ist zweifelsohne ein Zeichen, ein Zeichen das in dieser koruppten Organisation sich einiges ändern muss, sonst wird sie zerfallen.
Zerfallen wie alle Bündnise bis Heute zerfallen sind. Eusa_naughty


Ich mag die Menschen, auch wenn sie nicht aus Österreich kommen, allerdings nicht bedingungslos

Zitat repariert/Bion
Die Kunst zu leben, ist zu glauben, auch wenn man es nicht sehen kann.
Zitieren
#9
(24-06-2016, 17:51)deja-vu schrieb: Ich glaube nicht, daß andere Staaten jetzt noch aus der EG ausscheren werden.
Man wird am Beispiel BGs sehen und erkennen das der Virus der Separation das eigene Land zerstören wird.

Hmm, ich weiss nicht ob wirklich Grossbritannien der alleinige Haupttraeger der Lasten sein wird. Die Verluste des DAX waren heute etwa doppelt so hoch wie die des FTSE100. Das ist die Einsicht, dass eine Rezession in Deutschland jetzt recht wahrscheinlich ist.

Wenn Boris Johnson jetzt auch noch mit seiner Ankuendigung Ernst macht, dass Grossbritannien den formalen Ausstiegsantrag erst in einer langen Zeit von jetzt an stellen wird (er scheint 2018 anzupeilen), um vorher Grossbritannien in Ruhe umzupositionieren, wird der Rest der EU mehr unter der Sache leiden als Grossbritannien.

Und die EU hat keinerlei Einfluss auf den Zeitplan. Eine Rausschmissklausel gibt es nicht. Die Wahl des Zeitpunkts obliegt einzig dem Mitgliedsland, das austreten will.
Zitieren
#10
(24-06-2016, 18:24)Nachdenk59 schrieb:
(24-06-2016, 08:34)Bion schrieb: Als vor wenigen Wochen der österreichische Bundespräsident gewählt wurde, hat man das denkbar knappe Wahlergebnis für den gemäßigten Kandidaten (das von den Rechtspopulisten – wegen ein paar Blödheiten, die die Bezirkswahlbehörden zu verantworten haben, möglicherweise mit Erfolg - angefochten wird), als ein Ereignis abgetan, das in dem unbedeutenden kleinen Land hinter den Bergen, in dem man rechtspopulistischen bis rechtsextremen Ideen schon immer mit einer "gewissen Offenheit" gegenübergestanden hat, mal passieren kann.

Also als ein Bürger des kleinen Landes hinter den Bergen möcht ich mich gegen die Aussage, "rechtspopulistischen und rechtsextremen Ideen offen gegenüberstehen", auf das schärfste verwehren.
Nur weil ein rechtsliberaler Politiker beinahe zum Bundespräsidenten  gewählt wurde, heißt das nicht das die Österreicher rechtsextreme Ideen vertreten.
...
Ich mag die Menschen, auch wenn sie nicht aus Österreich kommen, allerdings nicht bedingungslos

Du hast da einen Oesterreicher zitiert (oder zumindest jemanden, der da wohnt); also war das eine oesterreichische Innenansicht und kein Kommentar von ausserhalb.
Zitieren
#11
Richtig!

Auch ich bin ein Bürger dieses Landes, schätze die politische Lage aber anders ein.

Zu Herrn Hofer:

Rechtsliberal ist eine doch sehr schmeichelhafte Bezeichnung für das politische Zuhause Herrn Hofers.

Hier ein Persönlichkeitsbild des rechten Kandidaten für das österreichische Bundespräsidentenamt:
*http://www.profil.at/oesterreich/volksempfaenger-was-norbert-hofer-wahl-biographie-portrait-6368391
MfG B.
Zitieren
#12
In einer Union geht es um Teilhabe und Teilen, um Mitsprache und Mitarbeiten, kurz um allerlei Rechte und Pflichten. Wenn uns die EU "um die Ohren fliegt", dann deswegen, weil zu wenige Menschen Pflichten wollen. Ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass der beschriebene Rechtsruck Ausdruck von grenzenloser Bequemlichkeit ist: Es geht uns doch gut, wozu "Brüssel" (also all die vielen Regeln und politischen Streitereien)?
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
Zitieren
#13
(24-06-2016, 22:30)Ekkard schrieb: In einer Union geht es um Teilhabe und Teilen, um Mitsprache und Mitarbeiten, kurz um allerlei Rechte und Pflichten. Wenn uns die EU "um die Ohren fliegt", dann deswegen, weil zu wenige Menschen Pflichten wollen. Ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass der beschriebene Rechtsruck Ausdruck von grenzenloser Bequemlichkeit ist: Es geht uns doch gut, wozu "Brüssel" (also all die vielen Regeln und politischen Streitereien)?

Das stimmt zwar als Teilaspekt, und der grundsaetzlichen Idee stimme ich zu. Allerdings verkennt die Aussage meiner Ansicht nach vollkommen die Krise, in der die EU gerade steckt. Es geht eben nicht allen gut. Ganz im Gegenteil, immer mehr Menschen in Europa geht es ausgesprochen schlecht. Es sind zum guten Teil diese Leute, von denen die EU-Ablehnung kommt (natuerlich nicht nur). In Deutschland geht es noch, auch wenn dort im grossen Stil ein Proletariat herangezuechtet wird, das gerade so ueber die Runden kommt und wahrscheinlich nie eine ausreichende Rente sehen wird. In Spanien sind immer noch 20% arbeitslos, bei unter 25-jaehrigen gar 45%. Im ganzen Mittelmeer-Raum der EU waechst eine verlorene Generation heran.

Da kann man natuerlich damit argumentieren, dass Arbeitslosigkeit weniger schlimm ist als Lebensgefahr durch Krieg (wobei man allerdings nicht vergessen sollte, dass einige EU-Laender keine Sozialhilfe kennen und Langzeitsarbeitslose gar nichts bekommen). Wichtig ist hier aber dieser Aspekt: waehrend das Fluechtlingselend die Politik beherrscht, kuemmert die zunehmende, wirklich schlimme Armut in Europa, salopp gesagt, kein Schwein. Selbst linke Parteien scheinen diese Klientel vergessen zu haben. Und die Leute fuehlen sich vergessen.

Dieser Apparat aus 28 Staaten hat sich in eine Ecke manoevriert, in der er kaum noch handlungsfaehig ist. Irgendetwas muesste mit dem Euro passieren, also entweder Abwickeln oder eine gemeinschaftliche Wirtschafts- und Steuerpolitik. Fuer Letzteres haben die Politiker zu lange gewartet, so dass sich dafuer niemand mehr bereit finden wird. Da bleibt nur noch Abwickeln. Allerdings erlaubt das der EU-Vertrag nicht. Er muesste neu verhandelt werden, und alle 28 muessten zustimmen. Als Resultat passiert nichts, ausser Negativzinsen (wegen der Staatsverschuldungen), die den Banken die Lebensgrundlage entziehen. Mal sehen, wann wir die mal wieder retten muessen.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Italien, das absolut null Chancen hat, aus seiner derzeitigen Wirtschafts- und Schuldenmisere herauszukommen, so lange es den Euro behaelt, hier sehr bald die Reissleine ziehen wird. Was uebrigens, laut EU-Vertrag, den automatischen EU-Austritt nach sich zieht. Die Chancen, dass so etwas passiert, bevor die Briten aus der EU raus sind, stehen gar nicht so schlecht. Das waere dann aber ein wirkliches Problem, gerade fuer Deutschland.
Zitieren
#14
Nun bietet sich die Chance in Europa endlich umzudenken, weg von einer rein marktwirtschaftlich orientierten neoliberalen Position hin zu einer sozialliberalen Politik die die EU-Bürger und deren Interessen, nicht die der Banken und Finanzwirtschaft, in den Vordergrund stellt und vertritt.
Politik hat primär den Bürgern zu dienen, nicht dem Finanzmarkt. Das sollte endlich begriffen werden.
Das ist meine ganz persönliche Ansicht. 
Zitieren
#15
Wir Populisten sind halt nicht so begeistert von Brüssel.

An sich bin ich ja ein international eingestellter gebildeter Mann, der in Schule und Uni Englisch und Französisch beide verhandlungsreif gelernt hat. Somit wäre ich prädestiniert für den Europagedanken

Aber wenn ich mir die Lockungen und Versprechungen aus Maastricht Revue passieren lasse, und schaue was die wahren Resultate sind, dann darf ich schon ent-täuscht sein . . .
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Stunde der Autokraten Bion 9 6947 30-03-2020, 19:27
Letzter Beitrag: Geobacter
  Brexit Sinai 3 3654 13-10-2019, 20:16
Letzter Beitrag: Geobacter
  Brexit und deutsche Automobilindustrie Sinai 4 3245 17-04-2019, 15:08
Letzter Beitrag: Bion

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste