Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Geschichtsfälschungen in Sekten
#1
Nach langer Zeit (ich war im Krankenhaus und Reha) melde ich mich wieder mit einem Thema zurück. Diesmal geht es nicht gegen eine Sekte (Mormonen, ZJ, Scientology, u.a.), sondern um etwas, was mir als geschichtsinteressierten Menschen aufgefallen ist. Wie diese Gruppen mit der eigenen Geschichte umgehen. Da wird getrickst, verschleiert, verschwiegen und verharmlost, und, mit dem Finger auf andere gezeigt, die ja viel schlimmer als man selbst ist. Ein Beispiel:

Zeugen Jehovas behaupten von sich, sie wären nie in den Krieg gezogen, für kein Land. Nun gibt es aber Ausgaben des Wachturms aus der Zeit des 1. Weltkrieges, wo die "Brüder im Felde" explizit gegrüßt wurden. Im 1. Weltkrieg gab es also sehr wohl Soldaten in den Armeen! Unerheblich, ob sie in der kämpfenden Truppe, oder in Versorgungseinheiten Dienst taten. Ein anderes Beispiel, diesmal von den Mormonen:

Mormonen behaupten, dass ihr Gründer Joseph Smith die erste Vision mit 14/15 Jahren hatte. Sein Cousin Oliver Cowdery sagte hingegen eidesstattlich aus, dass er damals 17 Jahre alt war, also im Jahr 1823, und nicht 1820. Warum verschweigen Mormonen das? Vielleicht, weil mit dem Datum noch andere Dinge verbunden sind, wie etwa die Erweckungsbewegung, die der ersten Vision vorausging, und die ebenfalls 1823, und nicht 1820 stattfand?
Meine Frage: Warum lügen Sekten über ihre eigene Geschichte?
#2
(22-08-2016, 06:09)Jutta schrieb: Nach langer Zeit (ich war im Krankenhaus und Reha) melde ich mich wieder mit einem Thema zurück.
Hallo Jutta, hoffentlich geht bei dir Gesundheitlich wieder alles gut. Du warst lange nicht mehr hier.

(22-08-2016, 06:09)Jutta schrieb: Diesmal geht es nicht gegen eine Sekte (Mormonen, ZJ, Scientology, u.a.), sondern um etwas, was mir als geschichtsinteressierten Menschen aufgefallen ist. Wie diese Gruppen mit der eigenen Geschichte umgehen. Da wird getrickst, verschleiert, verschwiegen und verharmlost, und, mit dem Finger auf andere gezeigt..
Ideologischer Idealismus/Politik, Religion, Esoterik, übernatürlicher Krimskrams..
Das alles sind strategische Spielfelder auf denen sich Soziopathen immer besonders gut und erfolgreich verwirklichen. Soziopathen haben ein besonderes Erfolgserlebnis, wenn es ihnen gelingt ihre Mitmenschen zuerst weitmöglichst zu verunsichern, um ihnen dann eine Patentlösung in Form von irrationalen Heilsversprechen zu verkaufen, welche den Opfern das Gefühl gibt, zu einer Elite von Wissenden und Kenner einer Wahrheit zu gehören, die weit über alles Schulwissen hinausgeht. Und das bringt es dann halt mal mit sich, dass auch unser geschichtliches Schulwissen nicht mehr mithalten kann, wenn man zur dieser auserwählten Elite gehört, die sich im Besitz der alles umfassenden, absoluten Wahrheit, wähnt.

(22-08-2016, 06:09)Jutta schrieb: Zeugen Jehovas behaupten von sich, sie wären nie in den Krieg gezogen, für kein Land. Nun gibt es aber Ausgaben des Wachturms aus der Zeit des 1. Weltkrieges, wo die "Brüder im Felde" explizit gegrüßt wurden.
Man muss das differenziert betrachten. Icon_cheesygrin
Heute lebende Zeugen Jehovas sind tatsächlich nie in den bewaffnet Krieg gezogen und sie können auch darauf setzen, dass es die Zeugen Jehovas 1914 noch gar nicht gegeben hat. Man nannte sich damals noch ernsthaft "ernsthafte Bibelforscher".. Die Zeugen Jehovas in ihrer heutigen elitären Selbstverständnis, gab es damals noch nicht.


Bezüglich dem soziopathischen Chrakter des Gründervaters der Mormonen, die sich im elitären Selbstverständinis auch nur unwesentlich von den ZJ unterscheiden, sollen hauptsächlich sexuelle Macht-Bedürfnisse eine Rolle gespielt haben..
was natürlich nicht in die Geschichtsschreibung passt.
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#3
Hallo "Jutta"
Leider sind wir nicht in der Lage, Deine Behauptungen punkto Zeugen Jehovas und Mormonen zu verifizieren.
#4
Nun, die Mormonen-Geschichte ist einfach zu finden:
https://en.wikipedia.org/wiki/First_Vision

Anscheinend hat Joseph Smith selbst die Geschichte x-mal geaendert. Die LDS haben sich halt entschieden, eine spaete Version zu kanonisieren. Die Aussage Cowderys scheint aber, genau wie ein Bericht von Joseph Smiths Mutter zu einem verknuepften Thema, darauf hinzudeuten, dass da in der Erinnerung definitiv die Jahre verrutscht sind. Da Joseph Smiths fruehe Berichte zu seiner ersten Version noch ganz anders aussahen als die kanonische Version, scheint da mal wieder seine Fantasie mit ihm durchgegangen zu sein. Seine allerletzte Version (von 7 ueberlieferten) scheint durch eine Verknuepfung mit historischen Begebenheiten eher auf die Cowdery-Zeit zu datieren zu sein.

Warum werden falsche Berichte kanonisiert? So etwas richtet sich wohl eher an die eigenen Glaeubigen. Die bekommen eine einheitliche Version serviert und werden nicht durch abweichende Texte zu Zweifeln gebracht. Die fruehe Version will wohl seitens der Kirche auch den Zusammenhang mit der Erweckungsbewegung loswerden, wie schon von Jutta angedeutet; obwohl dieser Aspekt Joseph Smith selbst wohl egal war, da er die Verknuepfung selbst gemacht hat.

Was die Zeugen Jehovas angeht, hatten die damals (1914) wohl andere Sorgen, weil mal wieder eine der Prophezeiungen gruendlich in die Hose gegangen war. Was jetzt nichts darueber aussagen soll, was in dem Watchtower zu Wehrdienstleistenden gesagt wurde. Ich weiss auch nicht, ob man sich damals dem Wehrdienst ueberhaupt entziehen konnte, wenn man wollte.


Uebrigens, ganz allgemein zum Thread-Thema, allerdings auf Mormonen bezogen, kann ich wieder mal die Doktorarbeit des Historikers Stuart C. Parker "History Through Seer Stones: Mormon Historical Thought 1890-2010" empfehlen, die sich mit genau diesem Thema intensiv auseinandersetzt.
PDF: *https://tspace.library.utoronto.ca/bitstream/1807/27599/3/Parker_Stuart_AC_201103_PhD_thesis.pdf
#5
Das diese Gruppen ihre eigene Geschichte fälschen, ist Fakt! Nur, WARUM tun sie es? Was bezwecken sie damit? Und, wie gehen sie damit um, wenn ihre Lügen aufgedeckt werden? Das sind die Fragen, die mich dabei beschäftigen. Ein Beispiel:

Ich lernte vor Jahren einmal eine ältere Frau, eine Zeugin Jehova, kennen. Wir unterhielten uns über die vielen falschen Prophezeiungen über das Zweite Kommen Christi (1914, 1918, 1924, 1975), und sie behauptete, dass die Leitung das nie gesagt hätte, sondern die Mitglieder das hinein interpretiert hätten. Bei unserem nächsten Treffen legte ich ihr Kopien aus Wachtturm, Erwachet und diversen Büchern der ZJ vor, wo genau dieses angeheizt wurde, und genaue oder ungefähre Daten genannt wurden. Sie behauptete, diese Kopien seien Fälschungen. Ich sagte ihr, ich könne ihr die Originale zeigen, woraufhin sie ganz still wurde, ihre Sachen einpackte, und ging. Dabei rief sie mir noch zu, quasi, um das letzte Wort zu haben, dass sie glaube, ich wäre eine Abtrünnige (so bezeichnen ZJ ehemalige ZJ).

Bei Mormonen habe ich etwas Ähnliches erlebt, ebenso bei einem Vertreter der Neuapostolischen Kirche. Frage: Warum reagieren die Mitglieder so, wenn man ihre Kirche bei einer Lüge ertappt hat? Warum kommen diese Mitglieder nicht auf die Idee, selbst nachzuprüfen?
#6
(25-08-2016, 02:48)Jutta schrieb: Frage: Warum reagieren die Mitglieder so, wenn man ihre Kirche bei einer Lüge ertappt hat? Warum kommen diese Mitglieder nicht auf die Idee, selbst nachzuprüfen?

Die werden fuer diese Situation trainiert. Diese Sekten wissen ja selbst, dass sie heute ihre Mitglieder nicht mehr so vollkommen von Informationen von aussen abschirmen koennen, wie das frueher der Fall war. Das funktioniert heute nur noch zum Teil. Also werden diese Unstimmigkeiten gegenueber den Mitgliedern oft angesprochen, dabei natuerlich unter der Praemisse, dass das alles Luegen von Feinden der Sekte sind, die nur deswegen ausgestreut wurden, um die "wahren" Glaeubigen um ihren Platz im Himmel zu bringen. Dabei werden ihnen Erklaerungen geliefert, die diese Unstimmigkeiten scheinbar "wegerklaeren". Es wird auch ganz klar gemacht, dass man mit solchen Verfuehrern keinen Kontakt pflegen darf, um des eigenen Seelenheils willen.

Insofern entspricht die Reaktion der Frau, die Du geschildert hast, genau der, die ich hier erwarten wuerde.

Uebrigens heisst das auch, dass man mit solchen Fakten-Dumps bei den meisten Sektenmitgliedern absolut keinerlei Chance hat. Falls es Dein Ziel ist, irgendjemanden von einer solchen Sekte abzubringen, ist das der falsche Ansatz. Ich persoenlich habe mich eigentlich immer nur dann eingemischt, wenn mein mormonischer Kollege irgendwelche asiatischen Kollegen anwerben wollte (bei Europaeern traute er sich nicht), die natuerlich keinerlei Vorkenntnisse diesbezueglich hatten und die von ihm bekommenen Informationen nicht dort einordnen konnten, wo sie hingehoeren; allerdings auch dies nur, wenn ich gefragt wurde.
#7
Zitat: Das diese Gruppen ihre eigene Geschichte fälschen, ist Fakt! Nur, WARUM tun sie es? Was bezwecken sie damit? Und, wie gehen sie damit um, wenn ihre Lügen aufgedeckt werden? Das sind die Fragen, die mich dabei beschäftigen.

Wahrheiten sind immer Modelle von denen sich der (geistig) gesunde Mensch, diejenigen aussucht, die als am WAHRscheinlichsten die Wirklichkeit/Realität beschreiben. Aber es gibt auch diese anderen Menschen, die sich lieber jene aussuchen, die am wenigsten wahrscheinlich sind, dafür aber emotional schön und bedeutsam. Es geht also darum, eine Realität zu erfinden, in der man sich selbst als besonders schön und überaus bedeutsam wieder zu spiegeln meint. Und damit man sich diese Illusion aufrecht erhalten kann, muss man sie notfalls auch mit hässlichen Strategien gegen eine Wirklichkeit verteidigen, die unablässig an dieser Illusion kratzt,
Also sprach der Herr: "Seid furchtbar und vermehret euch".........
#8
(25-08-2016, 02:48)Jutta schrieb: Das diese Gruppen ihre eigene Geschichte fälschen, ist Fakt! Nur, WARUM tun sie es? Was bezwecken sie damit? Und, wie gehen sie damit um, wenn ihre Lügen aufgedeckt werden? Das sind die Fragen, die mich dabei beschäftigen.

Diese Gruppen passen einfach nicht
ihre Weltanschauungen der Geschichte an,
sondern "formen" die Geschichte nach ihren
(quasi-totalitären) Weltanschauungen.

Wenn Zweifel an der Geschichtsdarstellung
und somit der Lehre der Sekte aufkommen,
kann das auch der Macht
der Sektenführer schaden,
was diese auf jeden Fall
verhindern wollen.

Wenn man ihre Lügen dann aufdeckt, gilt man
als Gedankenverbrecher, der gemieden
wird, da er nicht ungestraft vernichtet werden
kann, solange die Sekte politisch unbedeutend
ist.
Man muss noch Ordnung in sich haben, um einen
tanzenden Stern zu gebären.
#9
Ein Beitrag von Sinai wurde entfernt! Durch die UDSSR begangene Kriegsverbrechen, die Stalin nach Kriegsende den Deutschen zu unterschieben versucht hat, sind hier OT.

Thema ist hier der Umgang von Sekten mit der (eigenen) Geschichte!
MfG B.
#10
(25-08-2016, 17:41)Severus schrieb: Diese Gruppen passen einfach nicht
ihre Weltanschauungen der Geschichte an,
sondern "formen" die Geschichte nach ihren
(quasi-totalitären) Weltanschauungen.
"Weltanschauungen" ist nicht der zutreffende Begriff, sondern "Ideologie". Ideologie richtet sich an idealen Zielen aus und erfindet Denkweisen, die diesen Zielen dienen. Diese Denkweisen werden als Offenbarungen oder Wahrheiten empfunden.

(25-08-2016, 17:41)Severus schrieb: Wenn man ihre Lügen dann aufdeckt, gilt man
als Gedankenverbrecher, ...
Das ist typisches Merkmal von Ideologien.
Ich kann nur alte Argumente wiederholen: Man muss Wahrheiten als das sehen, was sie sind, und nichts hinein "geheimnissen" oder beschönigen. Wahrheiten sind temporäre, relative Urteile durch Menschen(!). Und sie tragen den Stempel des möglichen Irrtums.

Richtig ist: Das wollen die Macher der Wahrheiten nicht wahrhaben. Ideologisch verbogene Menschen neigen nämlich dazu, Gewissheiten zu suchen, die es in dieser Welt nicht geben kann. Sie wittern Lügen, wo Unsicherheit ist, und sie akzeptieren Lügen, wenn sie von Autoritäten als wahr verkündet werden. Das ist in den Religionen und allen Ideologien vollkommen gleich.
Mit freundlichen Grüßen
Ekkard
#11
(09-04-2017, 21:29)Ekkard schrieb: Ideologie richtet sich an idealen Zielen aus und erfindet Denkweisen, die diesen Zielen dienen.

Ich glaube sogar, daß das stimmt.
#12
(09-04-2017, 13:52)Bion schrieb: Ein Beitrag von Sinai wurde entfernt! Durch die UDSSR begangene Kriegsverbrechen, die Stalin nach Kriegsende den Deutschen zu unterschieben versucht hat, sind hier OT.

Thema ist hier der Umgang von Sekten mit der (eigenen) Geschichte!

Waren die Stalinleute keine Sekte ?
#13
Sinai macht wegen nochmaligen Absetzens eines gestern entfernten Spams eine Woche Pause.

Wer einen neuen Gedanken einbringen will, macht dazu ein neues Thema auf. Das steht jedem frei. Mir ist nicht einsichtig, wo da das Problem sein soll. Dass Mod-Anmerkungen in der laufenden Diskussion nicht kommentiert werden, ist Sinai ebenfalls bekannt. Dafür stehen Feedback oder PN zur Verfügung.

Da hier - von Spams abgesehen - nichts mehr kommt, wird der Thread geschlossen.
MfG B.


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Sekten : ein häufig missbrauchter Begriff mit negativem Stigma Kreutzberg 60 8324 12-11-2023, 16:04
Letzter Beitrag: petronius
  Sekten in der Kirche Jutta 7 13067 19-07-2014, 15:24
Letzter Beitrag: Jutta
  Homosexualität in Sekten Witch of Hope 361 660914 15-09-2010, 18:42
Letzter Beitrag: alwin

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste